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keit unſrer Criminalpolizei gelingen wird,
den oder die Urheber des Betrugs zu ent-
decken; aber es mag dieſer Faͤll die Vor-
ſicht der Zeitungsredactionen aufs neue
ſchärfen, und jedenfals würde die Voſſiſche
Zeitung hiex vielen Schaden verhindert ha-
ben, wenn ſie ſich vor dem Entſchluß zur
Aufnahme des Schreibens von unbekannter
Hand an ein leicht zu erfragendes Mitglied
des Ausſchuſſes gewendet haͤtte

In Berlin ſtand am II. d. vor den
Schranken des Stadtſchwurgerichts ein jun-
ges, erſt 20 Jahre altes Fraͤuenzimmer un:
Er der Anklage der 6faͤchen vorſaͤtzlichen
Brandſtiftung und des wiederholten Haus-
diebſtahls. Die Angeklagte geſtand, die
Brandſtiftungen lediglich Ddeßhalb verübt
zu haben, um ſich beim Löſchen des Feuers
hervorzuthun, und dadurch Belohnungen zu
erzielen/ ſowie auch bei Gelegenheit derfel-
ben Diebſtähle unentdeckt verüben zu kön-
nen. Zu den verübten Diebſtaͤhlen ſollte
lediglich Putzſucht das Motiv geweſen ſein.
Die Geſchwornen ſollen die Angeklaͤgte auf
Grund der Unzurechnungsfähigkeit für nichts
ſchuldig erklärt haben.

Berliu, 19. Sept, (D. A, 3.) Preußen
hat nach dem Septembervertrage die Zu-
ſtimmung der Zollvereinsſtaaten zu dem-
ſelben zu erwirken; es iſt alſo gar nicht in
der Lage mit dieſen Staaten die Verhaͤnd-
lungen, die zu dieſem Ende eingeleitet ſind,
auf die Weiſe abzubrechen, daͤß es dieſe
Zuſtimmung, wenn dieſelbe noch nach Ab-
lauf einer beſtimmten Friſt ertheilt werden
ſollte, abwieſe. Hieraus folgt, daß die Frift,
welche in der preußiſchen Erklärung vom
30, Augußt gefeßt iſt, einen peremtoͤrifchen
Charakier nicht haben kann. Ein ſolcher
folgt auch aus den Worten dieſer Erklärung
nicht. Preußen erwartet in derfelben, daß
die Ruͤckaußerung der Coalition in einer
in der erſten Haͤlfte des Monats Septem-
ber anzuſetzenden Sitzung abgegeben werde,
ohne welche es nicht mit der Geſammtheit
der jetzt an den Conferenzen betheiligten
Staaten fortverhandeln könnte. Daraus
folgt nicht, daß die Antwort, wenn ſie erſt
am 16, oder 17. eintreffe, abgewieſen wer-
den müſſe, fondern nur fo viel, daß man
in der zweiten Hälfte Septembers einftwei-
len nur mit denjenigen Staaten foriverhan:
deln wolle, die mit Preußen in Bezug auf
das Verbaͤltniß zu Hannover einverſtaͤnden
ſeien. Deßhalb iſt auch die Eröffnung nur
den Commiſſaren von Hannover, Braun-
ſchweig / Oldenburg und Thuͤringen gemacht;
laͤge eine Erklärung des foͤrmlichen und ve-
finitiven Abbrechens darin, ſo müßte ſie den
Commiſſaren der Coalitionsſtaaten gemacht
ſein Wahrſcheinlich wird die Antwort der
Coalition in wenigen Tagen hier eintreffen,
und mon hat Grund zu hoffen, daß ſie be-
friedigend ſein wird, wenigſtens wird nicht
on allen Coalitionsſtaaten eine zum Ab-
bruche führende Antwort gegeben werden.

Paderburn, 18 Sept, Das Weſtphä-
liſche Kirchenblat fagt: „AWie uns aus

angeblich guter Quelle verſichert wird, hat

Se, Mag der König von dem Cardinal-
Fürſtbiſchof ein Gutaͤchten erbeten in Be-
kreff der durch die bekannten Erlaͤffe her-
beigefuͤhrten Verwicklungen.“

Schwerin, 19. Sept. Ein Extrablatt
der „Meckl. 3.“ meldet die heute Morgen
erfolgte Entbindung der Frau Sroßherzo-
gin Auguſte von einem Prinzen.

Haunpver, 20. Sept. Die Hannoverſche
Seitung in ihrer Wochenfhau hofft, daß
Preußen 106 feiner füngften Erflärung vom
17, d, M. nach Einlauf der Antwort der
Staaten des Darmftädter Bündniffes dit
Verhandlungen mit denfelben, wenn auch
getrennt mit denen von Hannover 26., fort-

ſetzen werde. — Bezeichnend iſt, daß die
zficioſen Berliner Organe die Erflärung
Preußens vom 17. nody mit keiner Sylbe
erwähnt haben! Die Zeit“ hat nur das
Abhalten der Sigung gemeldet.

Wien, 17. Sept. Die für Eiſenbahn-
bauten zu verwendende Summe des neuͤen
Anlehens wird in drei Theile getheilt wer-
den und es foll ein Theil für den Ausbau
der Laibach· Trieſter Linie und zwar auf
allerköchſten Befehl verwendet werden, da
die Vollendung dieſer Linte eine dringende
Nothwendigkei iſt, foll anders nicht der
vege Verkehr der erſten Handelsſtadt der
Vonatchie gefährdet werden. Der zweite
Theil iſt ür Ungarn beſtimmt und zwar
wird es hier die Bahn nach Debreczin,
Großwardein, Szegedin, Arad und Temes-
var fein, welche zuerſt in Angriff genommen
Wwird. Der dritte Theil enoͤlich iſt für die
Bahn von Galizien nach Ungarn yrofeckirt
und es wird dieſelbe durch das Wiıslodkthal
von Rzeszow auf die Städte Czuder, Strg-
zow, Fryoͤztak Krosno, Jasliska, bei Ducla
Yorbei, über Tokay nach Peſth gehen. —
Van verſichert in unterrichtelen Kreiſen,
ſcreibt die „Br. Ztg.“, daß Se Maijefät
Willens wären, auch Dalmatien im Dcio-
ber mit Ihrer Gegenwart zu bechlen und
dieſes Kronland in feinen vorzüglichften
Städten zu befuchen,

Wien, 19. Sept. Die Einzeichnungen
auf das eroͤffnete Staatsanlehen von achtzig
Millionen Gulden erreichten naͤch Empfang
der letzten telegraphiſchen Anmeldungen vor


lionen. Es fehlen aber nöch die Schluß-
berichte aus einigen Kronlaͤndern. Eine
wefentlide Redueitung der eingezeichneten
Beträge iſt hiernach unvermeidlich gewoͤrden.

Neuere Poſten.
Nach einer Tel! Depeſche der Köln. 3.
ſind die Unterhandlungen Fraͤnkreichs mit
Belgien in Beireff des Handelsvertraͤgs er-
folglos abgebrochen.

Eine Tel. Depeſche aus Lauſanne ſagt:
die Herzogin von Orleans habe in Folge
eines Waͤgen Umſturzes das Schlüſſelbein
gebrochen ihr Befinden ſei leidlich.

Die Verheerungen, welche der zu feltner


gexichtet, dauern noch fort, doch iſt derſelbe
wieder im Fallen.

In der Zollfrage nichts Neues. Hanno-
ver dringt ohne Unterlaß auf eine Aus-


chener Conferenzen ſieht man mit Spannung
entgegen.

Mannheim, 21. Sept. (Mh. I.) In
der zweiten Sitzung ſtanden vor dem Schwur-
gericht Peter Beifel, 18 Jahre alt, und
Daniel Beiſel, 26 Jahre alt, Söhne des
Leonhard Beifel von Eberbach, angeklagt:
des gefährlichen Diebſtahls/ und deren Muͤt—
ter, Kaͤtharina Beifel, geb. Röfig, ange-
flagt der Begünftigung diefes Berbrecheng,
Ihr Wohnhaus ſieht neben dem des Baͤckers
Hiob Beifel, beide mit der Giebelſeite gegen
die Straße, das eine vom andern nur durch
ein gepflaſtertes Gäßchen von 4 Fuß Breite
getrennt, übex welchem in einer Höhe von
20 5. die Dächer beider zweiſtöckiger Häu-
ſer bis auf 2 Fuß Entfernung zujammen-
aufen. Auf dem Speicherraume des Hioh
Beiſel liegt gegenüber der Speicherkanmet
des Leonhaͤrd Beiſel, in welcher ſeine Söhne
Daniel und Peter ſchlafen, die verſchloſfene
Mehlkammer. Aus dieſer waren dreimat
vor Oſtern, ſo oft Hiob Beiſel eine neue
Mehllieferung erhalten hatte, Mehl entwen-
det worden und jedesmal deuteten Spuren


durch dieſe in die verſchloſſene Kammer ge-
kommen fei. In der Nacht von Oſterſonn-
tag auf Montag, den 12. April d, J.,
wiederholte ſich der Diebſtahl; auch dies-
mal war die Dachbedeckung in Unordnung
und auf beiden Dächern Mehlſpuren er
fitlich. Ofeich am Morgen des 12, wurde
nun im Haufe des Leonhard Beifel nach-
eſehen und in der Schlafkammer auf dem
Speicdher entdeckt, daß eine durchſägte Latte
im Dadhe gegenüber der Mehlkammer hers
ausgenommen werden konnte und daß die
Ziegel in jener Gegend verſchoͤden waren.
In dieſer Kammer nanden in einer Kifte
zwei mit Mehl gefüllte Faßchen und dane«
ben noch ein Kiſtchen mit Mehl,. Auch lag
ein 6' langes, 1’ 1' breites tannenes Brett
auf dem Boden, an weſchem Mehlſpuren
ſich befanden! Am 21. April wurde auch
noch im Keller des Leonhard Beiſel nach-
geſucht, wo man in einem engen dunfeln
Nebenkeller noch eine Stütze, ein Faͤßchen
und einen Ständer mit Mehl angefüllt auf-
fand. Die Leonhard Beiſel'ſche Ehefrau
gab zu, dieſe in der Schlaffammer ihrer
Söhne aufgefundenen Gefaͤße hier unter-
gebracht zu haben, damit fie diefelben nicht
mehr fehe! Das aufgefundene Mehl wog
7612 Pfund, wurde per Pfund durchſchnitt?
lich zu 6 kr. geſchätzt und von dem Beſtoh-
lenen und pon Sachverſtändigen ats demn!
ſeinigen gleich anerkaͤnnt! Peler Beifel, ein
Junge von ſchwächlichem Körperbau, be-
hauptete anfänglich in den Verhören, der
anterdeſſen nach Amerika ausgewanderte
Knecht des Hiob Beiſel habe ihm das Mehl
etwa 3 Wochen vor Oſtern Nachts heruͤber-
geſchoben, damit er e6 ihm aufbewahre.
Später geſtand er jedoch zu, daß er es {n
der Nacht vom 11. auf den 12 April ent-
wendet habe, nach vorheriger Verabredung
mit feinem Bruder Daniel und unter Def-
ſen Mitwirkang; er habe durch Heraus-
nahıne von Ziegeln und der Latte in ihrem
Dache eine Oeffnung gemacht, von Ddiefer
das Brett auf das Dach des Hiob Beiſel
hinübergelegt, dort gleichfalls Ziegeln aus-
gehoben die er auf das Brett gelegt habe,
dann ſei er in die Mehlkammer hineinge-
idlüpft, babe ein mitgebrachtes Saͤckchen
mit Mehl gefüllt und diefes hinübergetra-
gen, wo ſein Bruder Daniel es idm ab-
genominen und in die Gefäße ausgeleert
habe. Dies habe er zweimal wiederholt,
die Ziegel wieder eingefebt, das Brett zu-
Eckaezogen und auch ihr Dach wieder in
Ordnung gebracht, Daͤniel Beiſel wollte
in der Vorunterſuchung anfaͤnglich von dem
in ihrer Schlaffammer vorgefundenen Mehl
nichts wiſſen, gab dann zu, ſein Bruder
habe ihm gefagt, der Bäckerknecht habe es.
ihm herübergeſchoben, damit er es ihm auf-
bewahre, geftand aber endlich mit feinem
Bruder uͤbereinſtimmend; nur wollte er
ihn gewarnt und ſeine Thaͤligkelt darauf
beſchränkt haben, das Saͤlkchen ihm abzu-
nehmen und auszuleeren. Beide hatten ſich
darauf berufen, daß ihre Familie von Le?
bens= und Geldmitteln ganz entblößt ge-
weſen ſei. In der heutigen Verhandlung
wiederriefen ſie nun mit ziemlicher Keckhen
ihr Geſtändniß, ſie haben es nur auf Zu="
reden ihrer Mutter abgelegt, damit ſie dus


holten ihre früheren Angaben. Außer ih-
vem widerrufenen Geſtändniß und dem
Beſitz von entwendetem Mehl lag jedoch
gegen ſie vor: das Zeugniß 1) von dret
Mitgliedern der Hausſuchungsmannſchaft,
daß ihre Mutter damals erklaͤrt habe, dies
ſei erſt das zweitemal, daß ihre Söhne von
dem Mehl des Hiob Beiſel geholt haben.
Die Leonhard Beiſelſche Ehefrau bemerkt
hierzu, wenn ſie dies geſagt habe, müßte
 
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