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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Nr. 231-257 (1. - 31. Oktober 1852)
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#0932
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ſei und ſchließt mit den Worten ; Ob die


hnndlungen über die Erhaltung des Zoll-
vereins innerhalb oder außerhalb der Ber-
liner Zolleonferenz führen wixd, läßt ſich
noch nicht abſehen; uns will es indeſſen
jedenfalls ſcheinen als eb die Stimmung
auf beiden Seiten einer Vexrſtändigung er-

heblich günſliger geworden ſei.“
BZwiſchen Wien und Berlin herrſcht,
wie Öfterr. Dl. melden, jetzt ein lebhafter
Depeſchenwechſel, welcher mit der in Frank-
reich ſchwebenden Kaiſerfrage im Zuſam-
menhang ſteht. — Es iſt dem Vernehmen
nach hoͤchſten Orts ein Vorſchlag wegen
Gründung einer kaiſerlichen Akademie der
Kriegswiffenſchaften vorgelegt worden. Das
Inſtitut würde nach denſelben Grundſätzen
errichtet, wie ſolche in mehreren auswärti-
gen Staaten angeordnet worden ſind. —
Wir erfahren, daß die £ k. Intendanz in
Mailand, welche die eingezogenen Jeſuiten-
güter verwaltete, zur Abrechnung aufgefor-
dert worden iſt, Da Italien anbelangend,
die Beſitzthümer dem Orden ohne Schmä-
lerung wieder zurückgegeben werden. — In
allen Berichten aus Peſth wird der mili-
täriſche Glanz, welcher ſich in dem dortigen
Lager entfaltet, übereinſtimmend als ein
außerordentlicher bezeichnet. Tauſende von
Schauluſtigen ſtrömen fortwährend dahin,
um den Truppenübungen beizuwohnen und
unſern ritterlichen Monarchen an der Spitze
ſeiner erlauchten Gäſte und umgeben von
einer eben ſo zahlreichen als glänzenden
Suite, zu ſehen, in welcher faſt ſämmtliche
Armeen Europas vertreten ſind. Täglich
tſt kaiſerl! Hoftafel im Lager zu 500 Ge-
decken, zu welcher, außer den anweſenden
Enzherzogen und allen fremden Prinzen, die
im Range höhern öſterreichiſchen und die
ſämmtlichen auständiſchen Offtziere geladen
werden! Augenzeugen ſchildern die Zelte,
welche für den Kaiſer und deſſen hohe
Gaͤſte im Lager aufgeſchlagen ſind, als un-
übertroffene Muſter von Zweckmäßigkeit,
Bequemlichkeit und ſolider Pracht. Der Ge-
ſundheitszuſtand der Truppen iſt ein voll-
kommen befriedigender. yn

Wien, 25. Sept. Wie man dem Lloyd
aus Peſth fchreibt, iſt der kurze Aufenthalt
des Kaiſers in Peſth von einem ſeiner Gna-
denacke bezeichnet, indem derſelbe, einer An-
zahl Geſuche Gehör ſchenkend, die Freilaſ-
fung mehrerer politiſchen Sträflinge anord-
nete, Die Zahl der in dieſem Jaͤhre Am-
neſtirten beträgt mit Einſchluß derjenigen,
denen der größere Theil der Strafzeit nach-
gefehen wurde, nahe bei 2000 Individuen.

Wien, 29. Sept. (T. D, d. A. A. 3.)
Der Kaifer iſt heute Nachts angekommen.
Der Großfürſt⸗Thronfolger iſt bereits wie-
der abgereist! Nach Berichten aus Syrien
ſind die Druſen kampfgerüſtet und wird
ein Aufſtand in Paläſtina befürchtet.

Oeſterreichiſche Monarchie.

Aus Verong ſchreibt man der Leipz. 3.
daß Marſchall Radetzky bei der geſicherien
und beruhigten Lage Italiens allen Ernſtes
daran Denfke, ſich für den Reſt ſeines Lebens
Hon den Geſchäften zurückzuziehen und auf
ſeiner Villa bei Laibach ein otium cum dig-
nitate zu genießen. Das Ableben des Her-
30g$ Wellington ſoll den greiſen Helden
ſehr angegriffen haben. Da die Subfertption
auf den Bau einer ſeinen Namen!traͤgen-
den Fregaute nicht in dem erforderluͤchen
Betrage zu Stande gekommen ift, ſo if das
Comite Willens, die Summe dem Staat
unter der Bedingung zu überlaffen, daͤß fie
zu einem Nationaldenkmal des Marfchalls
verwendet werde.

Fraukreickch.
‚X Baris, 28, Sept. Geſtern ” Nachmit-
tag gegen 1 Ubr iſt der Prinz Präſident
in Toulon angefommen, von den Forts


Kriegsſchiffen mit Artillerieſalven begrüßt,
die über 10 Minuten lang Meer und Ge-
ſtade durch ihr Donnerroͤllen erſchütterten.
Zugleich zogen alle zum Evolutionsgeſchwa-
der gehörigen Fahrzeuge ihre Flaggen auf,
ein herrlicher Anblick. Der Seepraͤfect und
die höchſten Behörden begaben ſich auf die
RKhede, dem Prinz Praͤſibenten ihre Huldi-
gungen darzubringen. Die dienſtthuenden
Chefs der Marine erwarteten Se, kaiſerl.
Hoheit im Arjenal, wo alles zur Ausſchif-
fung vorbereitet war! Bis zur Präfeetur
ſchloͤſſen ſich alle Civil- und Militärautori-
täten dem Gefolge des Prinzen an; die
Land= und Seetruppen bildeten den ganzen
Weg entlang Hecke. Um 3 Uhr ſtieg L,
Napoleon zu Pferd und nahm den Trup-
pen die Revue ab. Toulon iſt in ſeiner
Begeiſterung wie in ſeinen Kaiſervivats
hinler Marfeille nicht zurückgeblieben Die
Reiſe iſt fortwährend vom ſchönſten Wetter
beguͤnſtigt und Ludwig Napoleon erfreut
ſich der beſten Geſundheit,

£ Paris, 29. Sept. Ueber die Theil-
nahme am Marſeiller Complott verlautet
noch immer nichts Gewiſſes! Die heu-
ligen Blätter ſind voll Feſtlichkeitsbeſchret-
bungen aus Marſeille und aus Toulon,
wobei der Refrain wie immer lautet: „es
lebe der Kaiſer!“ — Der heutige „Moni-


die Normalſchulen.

England.

London, 28 Sept Verfloſſenen Frei-
tas vertheidigte ſich Lord John Ruffell in
einer bei einem Gaßmahl zu Perth gehal-
tenen Rede gegen den wider ihn erdobenen
Vorwurf, alg huldige er demokratiſchen Um-
kurz⸗ Principien. — Die Geſellſchaft der
Friedensfreunde läßt heute durch ihren Se-
cretär erklären, daß ſie mit der Oelzweig-
miſſion des Herrn Elihu Burritt in Paris
nichts zu thun habe. ;

Belgien.

Brüſſel, 28. Septbr. (5. . Die?
Kammer hat heute ihre Präfidentenwahl
vorgenommen. Verhaegen/ der frühere Praͤ—
ſident, deſſen Ernennuͤng das Miniſterium
zu einer Cabinetsfrage gemacht Datte, er-
bielt 46, dagegen de Ia Haye, der frühere
Vicepraͤſident, 54 Stimmen Der legtere
lehnte die Wahl ab üund es mußte deßhalb
ein zweites Serutinium vorgenommen wer-
den; bei dieſem erhielt Verhaegen 50, de
la Haye 48 Stimmen, Nun lehnte auch
Verhaegen die Wahl ab. Die Kammer
vertagte ſich darauf bis morgen.

Brüffel, 29, Sept (T S. d. Fr Bl.)
Die Kammern ſind bis zum 26. October
vertagt worden; es iſt eine Miniſterkriſis
eingetreten.

Spanien.

Madrid, 24, Septbr. (Köln. 3.) In
dieſer Nacht endete fein glorreiches und
thatenvolles Leben der Neſtor aller euro-


Caſtanos, Herzog von Baylen. Ein kleines
Unwohlſein waͤrf ihn am 20, di aufs Rran-
fenlager. Der General fühlte, daß fein
Ende nahe, und ließ ſeinen Freund, den
Cardinal Erzbiſchof ven Toledo, der ſich
immer in Madrid aufhält, am folgenden
Morgen zu ſich bitten. Se. Eminenz reichte
dem ſterbenden greiſen Helden die heiligen
Saeramente, die er mit der groͤßten See-
lenruhe und heiteren Sinnes empfing. Bis
heute Morgens gegen 5 Uhr unterbielt er


und ſanft. Caſtanos war der einzige Mann
in Spanien, der bei allen Umwaͤlzungen,
die ſeit dem Anfange dieſes Jahrhuͤnderts
das Land heimgeſucht haben ſſtets in ſei-
nem Amte verblieb. Alle Parteien achteten
ihn, keine wagte es, ihm ein Haar zu krüm-
men. Während der großen Finanzuoth von
1835 — 1838 erhielt auch der Sieger von
Baylen kein Gehalt. Ohne hierüber ein
Wort zu Verlieren, verkaufte er nach und
nach ſeine Habſeligkeiten um von deren
Ertrage ſein Leben zu friſten! Als der da-
malige Herzog von Infaͤntaͤdo dies ver-
nahm, ließ er den General eine Unterfiü-
tzung anbieten. Dieſer aber ſchlug ſie mit
den Worten aus, daß er als Soldat an
Entbehrungen gewohnt ſei. Ein Stück Brod
und ein Trunk Waſſer Leiche hin, ſein Le-
ben zu friſten, und ſo viel werde das dank-
bare Vaterland ihm doch vergönnen. Einige
Zeit hierauf befahl der damalige Finanz-
miniſter Mendizabal dem General 1000
Realen vom rückſtändigen Gehalte auszu-
zahlen Mit dieſen 1000 Realen Cunge»
fähr 70 Thaler) lebte der Greis faſt ein
Jahr! Er aß nur Waſſerſuppe hin und
wieder zur Stärkung etwas Hammelfleiſch,
und franf des Morgens und Abends eine
kleine Taſſe Chocolade; Wein am in der
Zeit nicht über ſeine Lippen! Caſtanos be-
ſaß viel Mutterwitz, und die gute Laune
hat ihn bis an ſein Lebensende nicht ver-
laſſen. Er war Capitän der Hellebardier-
leibwache der Königin und in dieſem Amte
wird ihm wahrſcheinlich General Pavia
folgen, der gerade in dieſem Augenblicke
die beliebteſte Perſönlichkeit am Hofe iſt.
Es iſt dies der wichtigſte Poſten; der Hel-
lebardiercapitän hat ſeine Wohnung im k.
Schloffe. Er darf zu jeder Stunde unge-
meldet vor dem Monarchen erſcheinen und
ſelbſt während der Nacht deſſen Schlaf ſtören.

Schweden und Norwegen.

Ehriſtiania, 24. Sept. (T, D, Dd. Fr.
Bl.) Der Eroprinz Guſtav von Schwe-
den iſt geſtorben.

Türkei. .

Konitantinopel, 14. Sept. (Oeſterreich.
Corr.) Die Polızei hat kürzlich mehrere
Kiſten mit Beſchlag belegt, worin mehrere
Tauſende von Exemplaren eines revolutto-
nären Katechismus, der in walachiſcher
Sprache abgefaßt und für die Donaupro-
vinzen beſtimmt war, gefunden wurden.
Als Verfaſſer der Broſchuͤre hatten ſich die
HH. Roſſetti und Bratiano genannt, von
welchen der letztere einige Zeit hindurch
neben Mazzini Ledru Roͤllin und Arnold
Ruge als Signatair revolutionärer von dem
Centraleomite zu London ausgegangener
Proclamationen ſigurirt hatte. Die Sprache
des Buches athmet die glühendfte Leiden-
ſchaft, iſt jedoch auf die Stimmung, den
Geiſt und die Faſſungskraft der romani-
ſchen Bevölkerungen ſehr ſchlecht berechnet.
Es ſtammt allen Anzeichen nach aus einer
Winkelpreſſe in Belgien.

Mannheim, 29. Sept. (M. I) Nach
Eröffnung der heutigen Sitzung zur Verhand-
lung über die Anklage gegen Johann Joſeph
Link und Franz Jofeph Gaier von Wagen-
ſchwend wegen gefährlichen Diebſtahls und
gegen die Ehefrau des Letzteren, Marga-
retha, geb. Roswagen, Begünſtigung des
Diebſtahls, beſtimmten Sigung ſtellte der
großherzogl. Staatsanwalt den Antrag, dieſe
Verhandlung zu vertagen, weil 4 von den
geladenen 8 Zeugen durch Krankheit am
Erſcheinen verhindert waren. Der Schwur-
gerichtshof ging jedoch auf dieſen Antrag
 
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