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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Nr. 231-257 (1. - 31. Oktober 1852)
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#0943
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N: 235

Mittwoch, 6. Oetober




dur
Bertch




Rückantwort der Coalition,

Indem die kön preußiſche Regierung in
der Sitzung vom 30. Auguſt 1852 unter
Zuſtimmung der Regierungen von Haͤnno-
ver, den thüringifchen Staaten, Braun-
ſchweig und Oldenburg die von den Unter-
zeichneten im Auftrag ihrer Regierungen
dezuͤalich der handelspolitiſchen Verhaͤltniſſe
zu Oeſterreich geſtellte Frage durch ſoforti-
ges Eingehen auf den maͤteriellen Inhalt
des vorgelegten Entwurfs eines Handels-
und Zollverirages ermwiedert, und den von
ihr nicht beanſtandeten Theil deſſelben in
Form und Inhalt der Verhandlung zum
Grunde legen zu wollen erklärt hat, iſt, wie
die von den Unterzeichneten vertretenen Re-
gierungen mit Befriedigung anerkennen, ein
foͤrderſamer Schritt auf demjenigen Wege
der gegenſeitigen Annäherung geſchehen,
welchen die genannten Regierungen durch
ihre bisherigen Erktärungen zu betreten be-
fliſſen waren, und deſſen weitere Verfolg-
ung Gegenſtand ihrer aufrichtigen Wünſche
und Beftrebungen iſt. Je mehr indeß hierin
die von den Unterzeichneten vertretenen
Regierungen den Abſichten der kepreubiſchen
MRegierung zu begegnen glauben, um ſo
weniger dürfen ſie mit Stillſchweigen über-
gehen, daß die von der k preußiſchen Re-
gierung gewonnene Auffaſſung der dieſſei-
tigen Erklärung mit deren Inhalt nicht ganz
übereinftimmt. In dieſer Beziehung erlau:
ben ſich die Unterzeichneten an den Inhalt
ihrer unterm 21. v, M, abgegebenen Er-
flärung zu erinnern, welcher daͤhin lautete,
daß die von ihnen vertretenen Megierungen
den September⸗Vertrag unter denjenigen
Modificationen , welche ſich in der bisheri-
gen Verhandlung ergeben haben , und zu
deren ſchließlichel Redaction ſofort geſchrit-
ten werden könne, anzunehmen bereit ſeien,
- Jofern über die übrigen noch unerledigten
Punkte und insbefondere über Die commer-
ciellen Berhältniffe zu Oeſterreich das nö-
thige Einverſtandniß erzielt werde Damit
aber dieſes Einverſtändniß welches die ge-
dachten Regierungen als eben jene Bereit-
willigkeit ſonach bedingend betrachteten, bal-
digſt erzielt und ihnen dadurch die Moͤg—
lichkeit geboten werde die Annahme des
Septembẽr Vertrags und den Abſchluß der
neuen Zollverträge definitiv auszaſprechen,
richteten ſie an die k. preußiſche Regierung
die Frage; in wie weit ſie Ddie mit der
Coilettiv-Erklärung vom 25. Mai d. I
vorgelegten Entwürfe und insbeſondere den
Entwurf eines Zoll - und Haͤndelsvertrags
als Grundlagen der Verhandlungen mit der
3, f. öfterreichti{hen Regierung anzuerkennen,
und in welcher Faſſung ſie den erwähnten
Zoll- und Handelsvertrag demnächſt aͤnzu-
nehmen bereit fei. Wenn nun die koͤnigl.
preußiſche Regierung bei der Beantwortung
dieſer Frage von einer Erwaͤhnung des
vorgelegten Entwurfs eines Zolleinigungs-
verirags Umgang genommen hat, ſo glau-
ben die von den Unterzeichneien vertreienen
Regierungen bei dieſem Stillſchweigen, wenn
e$ gleich einen erheblichen Theil ihrer Wün-
ſche unbefriedigt laͤßt! ſich doch beruͤhigen

zu können, und zwar in Betracht der gleich-
zeitig erfolgten Erklaͤrung, daß die koͤnigl.
preußiſche Regierung die kuͤnftige Herbei-
führung einer allgemeinen Zolleinigung als
leitenden Geſichtspunkt für den abzuſchlie-
ßenden Zoll und Handelsvertrag anerkennt.
Sind aber die genannten Regierungen hier-
nach bereit ſich der f preubiſchen Anſicht
inſoweit anzuſchließen, daß zu dem Zweck
der Herbeiführung einer ſpaͤteren allgemei-
nen Zolleinigung für jetzt nur ein Zoll-
und Handelsvertrag abgeſchloſſen werde,
ſo wird die E, preußiſche Regierung billig
genug ſein, zu erwägen, daß jenes Einver-
ſtändniß welches alg die Annahme des
Septembervertrags und den Abſchluß der
neuen Zollvertraͤge bedingend bezeichnet
worden ift, erſt dann als erreicht betrachtet
werden kann, wenn das Zuſtandekommen
des Zoll=z und Handelsvertrags keiner Un-
gewißheit mehr unterliegt. Nun hat aber
die f. preußiſche Regierung nicht die An-
nahme des zu Wien verabredeten Vertrags-
entwurfg in Ausſicht geſtellt, ſondern nur
zugeſtimmt, daß derſelbe den Verhandlungen
mit der kaiſ. öſterreichiſchen Regierung zum
Grunde gelegt werde, und ſie hat dabei
ſchon im Voraus, neben dem Ausſchluß
der auf die Zolleinigung bezüglichen Be-
ſtimmungen, weſentliche Sätze des Entwurfs
des Zell und Handelsvertrags beanſtandet
und insbefondere die ſo wichlige Beilage I
im Gaͤnzen ſpäterer Entſchliehung vorbebal-
ten. Das Zuſtandekommen des Vertrags
erſcheint daher um ſo weniger geſichert, als,
wie die £ preußiſche Regierung nicht ver!
kennen wird, niemand es in ſeiner Hand
hat, allen den Wechſelfällen vorzubeugen,
welche zwiſchen dem Beginn von Verhand-
lungen und deren Abſchluͤß eintreten können.
Diẽ k. preußiſche Regierung hat beim Be-
ginn der gegenwärtigen Berhandlung die
Frage der Annahme des September Ver-
trag$ vorangeſtellt. Dieſe Frage iſt unter
der Bedingung eines Einverſtändniſſes in
Bezug auf die handelspolitiſchen Verhält-
niffe zu Oeſterreich bejaht worden, Zur
Erledigung dieſer ietzteren Frage iſt nun-
mehr von der F, preuͤßiſchen Reßierung der
erſte Schritt geſchehen, und wenn die kön.
Regierungen von Preußen und Hannover
ſich zugleich fuͤr die Nothwendigkeit einer
baldigen definitiven Entſcheidung über An-
nahme und Ausführung des September-
Vertrags ausſprechen, ſo dürfen die von
den Unterzeichneten vertretenen Regierungen
ſich um ſo mehr zu der Erwartung berechs
tigt halten: daß die königl. preußiſche Res
gierung keinen Anſtand nehmen werde, die
über den Zolls und Handelsvertrag durch
ihre neuefte. Erklärung inmitten der Con:
ferenz bereits begonnenen Verhandlungen
ihrem Abſchluß zuzufuͤhren, und damit die
genannten Regierungen in den Stand zu
jeßen zu dem Abſchiuß der Verträge über
Erneuerung und Erweiterung des Zollver-
eins zu ſchreiten. Die von den Unterzeich-
neten pertretenen Regierungen hegen ihrer-
ſeits keinen lebhaftern Wuͤnſch, lals dieſe
Verhandlungen beſchleunigt zu ſehen, und
ſie werden auf alle Weiſe dazu beitragen,

dieſelben zu fördern und zu erleichtern. Sie
ſind aber auch der Ueberzeugung, daß dieſe
Verhandlungen bei ernſtem Angriff in kure
zer Zeit zu Ende gebracht werden tönnen
und eine Verzögerung des Abſchluſſes der
Zollvereins-Verträge um ſo weniger zur
Folge haben werden, als dieſem jedenfaͤlls
noch die Erledigung einiger wichtigen bei
der Conferenz angebrachten Antraͤge vorz
auszugehen haͤt. Mit Regulirung der coms
merciellen Verhältniſſe zu Oeſterreich
die in der Erklärung der kön. preußiſchen
und der kön. hannoverſchen Regicrung vom
30, v. M, berührte Frage der Daucr der
neuen Zollvereinsverträge in engem Zufam-
menhange. Wenn die Unterzeihneten, nad
deren Vorlagen vom 25. Mai D, . „die
Dauer des jetzt zu ſchliehenden Zollvereins
auf eine weit kürzere Friſt als 12 Jaͤhre
beſchraͤnkt ſein ſoll, auf dem damaligen An-
trage der Verabredung einer im Jahr 1859
beginnenden Zolleinigung mit Oeſterreich in
ihrer Erklärung vom 21. v. M. nicht mehr
bebarrten, ſo waren ſie gerade Deßhakb. in
der Lage in eben dieſer Erklaͤrung die Noth-
wendigkeit einer noch zutreffenden Beſtimmung
über dieſen Punkt hervorzuheben! Die Con?
ferenz wird ſich daher auch mit dieſer Frage
allerdings noch zu beſchäftigen haben und
die von den Unterzeichneten vertretenen Re-
gierungen hoffen, daß zur Förderung der
großen nationalen Aufgaͤbe um deren Lö-
ſung es ſich handelt, aug die königl. han-
noverſche Regierung in dieſer Beziehung
5 Zugeſtändniß nicht wird verweigern
wollen.

Depeſche des preuß. Miniſteriums.

Nach der /Preußiſchen (Adler=) Zeitung?
geben wir nachſtehend die Depeſche, welche
unter dem 27, v. M, in der Zollvereins-
angelegenheit von dem preußiſchen Mini-
ſterpräſidenten an die f preuß Geſandt-
ſchaften bei den betreffenden Zollgereinsre-
gierungen erlaſſen iſt: „In der Crflärung,
welche preußiſcherſeits in der Sitzung der
hieſigen Zolleonferenz vom 30. Aug, D.. J.
abgegeben worden, iſt die Nothwendigkeit
dargethan, die Frage über den Umfang des
künftigen Vereins rechtzeitig bindend feſtzu-
ſtellen und es iſt in Verbindung Hiermit
die Hoffnung ausgeſprochen, daß in einer
in der erſten Hälfte des Monats Septem-
ber anzuberaumenden Sitzung die wegen
einer gemeinſchaftlichen Grundlage der Ver-
handlungen gewünſchte Rückäußerung er-
folgen werde, ohne welche man dieſſeits In
weitere Verhandlungen mit der Gefammit-
heit der Zollverbündeten nicht würde ein-
ireten fönnen, Indem wir fene Hoffnung
ausſprachen, glaubten wir uns des allfeittz
gen Einberſtändniſſes damit um ſo mehr
verſichert halten zu dürfen/ als wir über-
zeugt waren, man werde von allen Seiten
erkennen, daß es durch die ganze Lage der
Sache und durch Gründe der innern Noth-
wendigkeit geboten ſei, einer Ungewißheit
ein Ziel zu ſetzen, welche unleugbax nad-
theilig auf alle Vexhaͤliniſſe einwirfen und
deren baldige Befeitigung im gemeinſamen
Intereſſe liegen muß z wir befinden uns in-
 
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