Heere, furchten von Abd⸗el Kader nach ſei-
ner Freilaſſung einen neuen Schilderhebungs-
verſuch — eine Furcht, die mindeſtens vor-
eilig iſt.
Enaland.
London, 19. Setbr. Trotz den Ver-
ſicherungen Louis Napolcons traut die eng-
liſche Preſſe, mit Ausnahme des miniſteriel-
len Herald, ihm wenig friedliche Geſinnung
zu. Chroniele 3, B. meigt, „ein Kaiſerxeich
innerhalb der von den Siegern bei Leipzig
und Waterloo gezogenen Grenzen ſei eine
Carricatur, die den fabelhaften Ehrgeiz des
glücklichen Abenteurers nicht befriedigen
koͤnne, am wenigſten nach einer Reihe von
Erfolgen, die geeignet wären, einem beſchei-
deneren Manne den Kopf zu verdrehen.“
Wir erinnern hierbei daran, daß Chroniele
ſchon öfter, wie erſt neulich mit dem er-
fundenen Vertrag der nordiſchen drei Groß-
mächte , ſich in Betreff Napoleons ver-
rechnete.
Schweiz.
Von der Grenze, 19. Oet. Die Re-
gierung von Zug hat in Folge des Kriegs-
koſtennachlaſfes beſchloſſen den Gemeinden
die 95,959 Srank,, weiche ſie 1848 an die
Kriegsſchuld zu leiſten hatten, wieder zu-
rückzubezahlen.
Mannuheim, 20. Oet. (M. J) Die
Schwurgerichtsſitzung dieſes Vormittags
wurde mit dem Vortrag der Anklagebe-
gründung und des Veriheidigers des An-
geklagten Heinrich ausgefüllt; Nachmittags
ſprach der Vertheidiger des Angeklagten 3.
Leonhard Stadelmann Zum Schluſſe wurde
noch den Sachverſtändigen zur Auͤfklärung
einiger erhobenen Umſtände das Wort ge-
geben 3 jedoch gaben nur die chemiſchen Sach-
verſtändigen noch eine Erklärung ab, die
Gerichtsaͤrzte verzichteten auf jede weitere
Erörterung.
Aus Mannheim 16. Oct. bringt die
Didaskalia einen Bericht über die Sta-
delmann’fhe Vergiftungsgeſchichte, den wir
ſeiner überſichtlichen Klarheit wegen wört-
lich mittheilen, Er lautet: Unter großem
Zudrang des Publikums dauert die Ver-
handlung über die Vergiftung der Frau
Stadelmann nun ſchon drei Tage und wird
vorausſichtlich noch eben ſo viel Zeit in An-
ſpruch nehmen Geſtern iſt die wichtigſte Zeugin/
Karoline Schlechter, abgehört worden. Dieſe
ſagte unter Anderm aus, daß Chirurg
Heinrich ein braunröthliches Pulver den
Brüdern Stadelmann gebracht und dieſes
der kranken Frau, welcher er, alg ein von
ihrem Bruder geſendeter Arzt, aug Eber-
bach vorgeſtellt worden war, gereicht habe.
Dieſe habe es gern genommen, aber bald
darauf ein Brennen im Gaumen verſpürt,
weßhalb ſie ſpäter dieſe Pulver nicht mehr
habe nehmen wollen, worauf aber der
Schwager ihr mit einer Gerte gedroht habe,
ſo daß ſie ſich ſeufzend dazu verſtand, die
anderen Pulver zu nehmen. Die Stimme
der Kranken ſei ſchon nach dem erſten oder
zweiten Pulver ſehr abgefallen; ſie habe
über brennenden Durſt geklagt; ſey ſehr
ſchwach geworden, habe die fruͤher blühende
Geſichtsfarbe ganz verloren u. ſ. w. In
dieſem Zuſtande wurde ſte von Handſchuhs-
heim weg, vorgeblich in ein Bad, in der
That aber nach Robrbach in die Wohnung
des Chirurgen Heinrich gebracht, wo ſie
nach 36 Stunden ſtarb. Die Leiche wurde
ſecirt; ?s zetaten ſich Geſchwüre im Mund,
Gaumen und in der Lunge; die Bauchhoͤhlẽ
wurde nicht weiter unterfucht. Der ſecirende
Arzt erklärte, Frau Stabelmann ſei an der
Lungenſchwindſucht geſtorben und ſtellte daͤ—
rüber ein ſchriftliches Zeugniß aus, durch
welches der Wiltwer allen Ungläubigen den
Mund ſtopfte. Dennoch verbreitete ſich gleich
das Geruͤcht, die Stadelmann ſei keines
naluͤrlichen Todes geſtorben. Schuhmacher
Hacker, bei welchem die Stadelmann'ſchen
Kinder in der Koſt waren, haͤtte dieſe Ver-
muthung gegen die Schweſter der Verſtor-
benen ausgeſprochenz er haͤtte nämlich von
dem zehn Jahre alien Kind des Stadel-
mann gehört, daß ſein Vaͤter vierzehn Tage
vor dem Tod der Frau Stadelmann zu ihm
geſagt habe; in vierzehn Tagen bekommt ihr
ſchwaͤrze Kleider, und nach Verlauf dieſer
Zeit erbielt er die Nachricht von dem Tode
der Fraͤu Stadelmann. Ein Schwager der-
ſelben, Friedensrichter in der baher! Pfalz,
ſoll ſogar Anzeige bei dem Stadtamt Mann-
heim gemacht/ jedoch zur Antwort erhalten
haben, man könne ohne nähere Beweiſe
nicht auf Einleitung einer Unterſuchung ein-
gehen. Erſt auf die Anzeige der oben er-
waͤhnten Zeugin wurde die Uaterſuchung
eingeleitet, weßhalb die Beriheidigung auch
befirebt war, die Glaubwürdigkeit dieſer
Zeugin zu ſchwächen. Unter Anderm wurde
geltend gemacht, ſie habe vertrauten Um-
gang mit dem Ehemann der Vergifteten
gehabt, und darüber ſich auf das Zeugniß
der Frau Rückert von hier berufen! Diefe
konnte aber nichts aus eigener Wahrneh-
mung ſagen, ſondern bezog ſich auf das,
was ihre Magd ihr mitgetheilt habe! Dieſe.
der Vertheidiger beeidigt! Dieſer Moment,
da alle Zuhörer ſich erhoben, war ſehr ein-
drucksvoll und gab einen überzeugenden
Beweis von dem großen Borzug des öf-
fentlichen Verfahrens! Unter großer Span-
nung wurde die Zeugin befragt, konnle aber
nichts Nachtheiliges gegen Karoline Schlech-
ter ausſagen. Ein anderer Zwiſchenfalt war
ebenfalls ſehr bezeichnend. Es war viel von
einem Gläschen die Rede, in Bezug auf
welches die Angeklagten nach der Ausſage
der Schlechter geäußert haben ſollen: „Wenn
das gefunden würde, ſo wär! es um uns
geſchehen.“ Niemand wollte wiſſen, wohin
dies Gläschen gekommen, und daͤher ſuchte
man die Ausſage der Schlechter zu ver-
dächtigen. Da bat eine ſchon früher abge-
hörte Zeugin, welche noch im Saale an-
weſend war, um Gehör. Es war die Che-
frau des Lehrers Riegel von Handſchuhs-
heim, bei welchem die beiden Stadelmann
zur Zeit des begangenen Verbrechens ge-
wohnt hatten. Bieſe deponirte: „ſie habe,
nachden die Stadelmann ihre Wohnung
verlaſſen, ſolche genau durchgeſehen und in
einem Pult ein Gläschen der Art, wie das
in Frage ſtehende, gefunden, aber weiter
nichl beachtet und weggeworfen. Der be-
handelnde Arzt, Dr. Michaclis von Hei-
delberg, ſagte aus, daß die Verſtorbene le-
diglich an den ihr von ihrem Manne ge-
gebenen Queckſilber⸗Pillen erkrautt gewefen
ſei; Stadelmann gab auch in der heutigen
öffentlichen Sitzung zu, daß er ſeiner Frau
15 bis 20 Stück ſolcher Pillen in zwei
Tagen gegeben habe. Die von Or. Micha-
elis dagegen augewendeten Mittel hatten
ſchon eine Beſferung herbeigeführt, alg
plötzlich eine Wendung zum Schlimmen ein-
trat. Dr. Michaelis hatte darüber gleich
Anfangs ſeine Bermuthungen, ohne jedoch
irgendwie einzuſchreiten. Stadelmann äu-
ßerte gegen ihn, er wolle ſeine Frau in
das Hoͤſpital nach Mannheim bringen, was
er billigte. Statt deſſen wurde ſie zu Chirurg
Heinrich nach Rohrbach gebracht, Der
Kutſcher, der ſie fuhr, ſagt aus, man habe
der Kranken unterwegs gar nichts alg
Waſſer gegeben, während die übrige Ge-
ſellſchaft! nämlich der Ehemann, Ehirurg
Heinrich und deffen Frau, es ſich recht gut
ſchmecken ließen. Den andern Tag, als er
einen Louisdor verſprochen, wenn „ſie“ ab-
flattere! Dem Lehrling des Chirurgen und
andern Perſonen wurde Stadelmann als
ein Arzt vorgeſtellt, der die Kranke nach
Wildbaͤd bringen ſolle. Ueber die Behand-
lung/ welche dieſe von dem Chirurgen er-
fahren habe, fagte der Lehrling unfer An-
derm: ſie habe nicht erhalten, was ſie ge-
wünſcht, nicht einmal Waſſer, ſie ſei auf
Stroh gelegt worden, ohne Dedez eine
Nachbarin holte ihr aus Mitleid ein Kopf-
kiſſen; Ehirurg Heinrich habe jedesmal die
Thüre verſchloſſen, wenn er ihr Arznei ge-
geben; er habe gehört, daß ſie ſolche nicht
habe nehmen wollen, da habe er ihr mit dem
Stock gedroht. Den andern Morgen ſei es
in der Kammer, in welcher die Kranfe lag,
ſtill geweſen; das ſei ihm aufgefallen, weil
die Kranke den vorigen Tag fortwährend
gefammert habe, deßhalb habe er ſeinen
Herrn darauf aufmerkſam gemacht, die
Kranke könnte geſtorben ſein. Darauf habe
ſein Herr ihn geheißen, nachzuſehen, Wo er
ſie todt auf dem Boden liegend gefunden
habe. Das fet ihm aufgefallen, er habe
auch ſeine Vermuthungen darüber ausge-
ſprochen. Chirurg Heinrich ſuchte dieſen
Zeugen zu verdächtigen und berief ſich auf
einige Entlaflungszeugen, die ſofort abge-
hört wurden. Da ergab ſich aber, daß Frau
Stadelmann ſchon den Abend vorher um
11 Uhr geſtorben war, daß Chirurg Hein-
rich und ſeine Frau allein darum wußten
und daß daher die Scene mit dem Lehr-
ling eine Comödie war, um dieſen glauben
zu machen, Heinrich wiſſe nichts von dem
Tod der Frau Stadelmann. Nach einigen
Anzeichen iſt es ſogar möglich, daß dieſe
eine@ gewaͤltſamen Todes geftorben iſt.
Heinrich eilte felbſt nach Mannheim, wo
ſich die Familie Stadelmann befand, um
die Nachricht von dem Tode jener Frau
zu hinterbringen, was großen Jubel erregt
haben ſoll! Run ging es alsbald hinter die
Berückung anderer Mädchen und wirklich
ſoll Stadelmann verlobt geweſen fein, als
ihn der Arm der Gerechttgkeit erreichte.
Aus Mannheim, 18. Oetbr. berichtet
man der Schw. Kr.: Chirurg Heinrich hat
ſich heute früh wieder geſund gemeldet und
fonnte in die Sitzung gebraͤcht werden! Auf
Befragen des Präſtdenten, warum er ſich
wahnſinnig geſtellt habe, erwiederte er, er
habe dieß nicht gethan. Er ſei außer ſich
geweſen, er ſei in der Nacht in ſeinem
Kerker mißhandelt worden, ohne angeben
zu Ffönnen, von wem dieß geſchehen ſei,
ſodaun auch: er habe Wein getrunken, und
wiſſe nicht was aus ihm zuletzt geworden.
Wie die Angeſchuldigten überhaupt, war
auch er heule niedergeſchlagener, ſchweigſa-
mer, alg in den frühern Sitzungen! Heute
ſprach der faſt einzige entlaſtende Zeuge,
der praktiſche Arzt Maier von Odenhetm,
welcher die Frau in den letzten Tagen be-
handelt und die Leichenöffnung vorgenom-
men hatte ſeine Ueberzeugung aus, daß
eine große Tuberkuloſe vorhanden geweſen,
räumt aber ein, daß dieſe durch Queckſil-
bergaben zu ſo ſchnellem tödilichem Ver-
laufe habe führen können. Ueber die ſyphi-
litiſche Krankheit räumt er ein, daß er ſich
möglicherweiſe geirrt haben könnte! So ſind
denn die bis jetzt vorgenommenen Zeugen-
ausſagen mit Ausnahme der heute beeidig:
ten Zeugin Schlechter, die auf den Eid
ihre früheren Angaben beſtätigt keine ei-
gentlich directen Anſchuldigungen des Haupt-
verbrechens, leiten aber immer mehr zu der
Ueberzeugung hin, daß die ſchwarze That
begangen woͤrden fet. —
— unter Berantwortlichteit von G, Neichard-
ner Freilaſſung einen neuen Schilderhebungs-
verſuch — eine Furcht, die mindeſtens vor-
eilig iſt.
Enaland.
London, 19. Setbr. Trotz den Ver-
ſicherungen Louis Napolcons traut die eng-
liſche Preſſe, mit Ausnahme des miniſteriel-
len Herald, ihm wenig friedliche Geſinnung
zu. Chroniele 3, B. meigt, „ein Kaiſerxeich
innerhalb der von den Siegern bei Leipzig
und Waterloo gezogenen Grenzen ſei eine
Carricatur, die den fabelhaften Ehrgeiz des
glücklichen Abenteurers nicht befriedigen
koͤnne, am wenigſten nach einer Reihe von
Erfolgen, die geeignet wären, einem beſchei-
deneren Manne den Kopf zu verdrehen.“
Wir erinnern hierbei daran, daß Chroniele
ſchon öfter, wie erſt neulich mit dem er-
fundenen Vertrag der nordiſchen drei Groß-
mächte , ſich in Betreff Napoleons ver-
rechnete.
Schweiz.
Von der Grenze, 19. Oet. Die Re-
gierung von Zug hat in Folge des Kriegs-
koſtennachlaſfes beſchloſſen den Gemeinden
die 95,959 Srank,, weiche ſie 1848 an die
Kriegsſchuld zu leiſten hatten, wieder zu-
rückzubezahlen.
Mannuheim, 20. Oet. (M. J) Die
Schwurgerichtsſitzung dieſes Vormittags
wurde mit dem Vortrag der Anklagebe-
gründung und des Veriheidigers des An-
geklagten Heinrich ausgefüllt; Nachmittags
ſprach der Vertheidiger des Angeklagten 3.
Leonhard Stadelmann Zum Schluſſe wurde
noch den Sachverſtändigen zur Auͤfklärung
einiger erhobenen Umſtände das Wort ge-
geben 3 jedoch gaben nur die chemiſchen Sach-
verſtändigen noch eine Erklärung ab, die
Gerichtsaͤrzte verzichteten auf jede weitere
Erörterung.
Aus Mannheim 16. Oct. bringt die
Didaskalia einen Bericht über die Sta-
delmann’fhe Vergiftungsgeſchichte, den wir
ſeiner überſichtlichen Klarheit wegen wört-
lich mittheilen, Er lautet: Unter großem
Zudrang des Publikums dauert die Ver-
handlung über die Vergiftung der Frau
Stadelmann nun ſchon drei Tage und wird
vorausſichtlich noch eben ſo viel Zeit in An-
ſpruch nehmen Geſtern iſt die wichtigſte Zeugin/
Karoline Schlechter, abgehört worden. Dieſe
ſagte unter Anderm aus, daß Chirurg
Heinrich ein braunröthliches Pulver den
Brüdern Stadelmann gebracht und dieſes
der kranken Frau, welcher er, alg ein von
ihrem Bruder geſendeter Arzt, aug Eber-
bach vorgeſtellt worden war, gereicht habe.
Dieſe habe es gern genommen, aber bald
darauf ein Brennen im Gaumen verſpürt,
weßhalb ſie ſpäter dieſe Pulver nicht mehr
habe nehmen wollen, worauf aber der
Schwager ihr mit einer Gerte gedroht habe,
ſo daß ſie ſich ſeufzend dazu verſtand, die
anderen Pulver zu nehmen. Die Stimme
der Kranken ſei ſchon nach dem erſten oder
zweiten Pulver ſehr abgefallen; ſie habe
über brennenden Durſt geklagt; ſey ſehr
ſchwach geworden, habe die fruͤher blühende
Geſichtsfarbe ganz verloren u. ſ. w. In
dieſem Zuſtande wurde ſte von Handſchuhs-
heim weg, vorgeblich in ein Bad, in der
That aber nach Robrbach in die Wohnung
des Chirurgen Heinrich gebracht, wo ſie
nach 36 Stunden ſtarb. Die Leiche wurde
ſecirt; ?s zetaten ſich Geſchwüre im Mund,
Gaumen und in der Lunge; die Bauchhoͤhlẽ
wurde nicht weiter unterfucht. Der ſecirende
Arzt erklärte, Frau Stabelmann ſei an der
Lungenſchwindſucht geſtorben und ſtellte daͤ—
rüber ein ſchriftliches Zeugniß aus, durch
welches der Wiltwer allen Ungläubigen den
Mund ſtopfte. Dennoch verbreitete ſich gleich
das Geruͤcht, die Stadelmann ſei keines
naluͤrlichen Todes geſtorben. Schuhmacher
Hacker, bei welchem die Stadelmann'ſchen
Kinder in der Koſt waren, haͤtte dieſe Ver-
muthung gegen die Schweſter der Verſtor-
benen ausgeſprochenz er haͤtte nämlich von
dem zehn Jahre alien Kind des Stadel-
mann gehört, daß ſein Vaͤter vierzehn Tage
vor dem Tod der Frau Stadelmann zu ihm
geſagt habe; in vierzehn Tagen bekommt ihr
ſchwaͤrze Kleider, und nach Verlauf dieſer
Zeit erbielt er die Nachricht von dem Tode
der Fraͤu Stadelmann. Ein Schwager der-
ſelben, Friedensrichter in der baher! Pfalz,
ſoll ſogar Anzeige bei dem Stadtamt Mann-
heim gemacht/ jedoch zur Antwort erhalten
haben, man könne ohne nähere Beweiſe
nicht auf Einleitung einer Unterſuchung ein-
gehen. Erſt auf die Anzeige der oben er-
waͤhnten Zeugin wurde die Uaterſuchung
eingeleitet, weßhalb die Beriheidigung auch
befirebt war, die Glaubwürdigkeit dieſer
Zeugin zu ſchwächen. Unter Anderm wurde
geltend gemacht, ſie habe vertrauten Um-
gang mit dem Ehemann der Vergifteten
gehabt, und darüber ſich auf das Zeugniß
der Frau Rückert von hier berufen! Diefe
konnte aber nichts aus eigener Wahrneh-
mung ſagen, ſondern bezog ſich auf das,
was ihre Magd ihr mitgetheilt habe! Dieſe.
der Vertheidiger beeidigt! Dieſer Moment,
da alle Zuhörer ſich erhoben, war ſehr ein-
drucksvoll und gab einen überzeugenden
Beweis von dem großen Borzug des öf-
fentlichen Verfahrens! Unter großer Span-
nung wurde die Zeugin befragt, konnle aber
nichts Nachtheiliges gegen Karoline Schlech-
ter ausſagen. Ein anderer Zwiſchenfalt war
ebenfalls ſehr bezeichnend. Es war viel von
einem Gläschen die Rede, in Bezug auf
welches die Angeklagten nach der Ausſage
der Schlechter geäußert haben ſollen: „Wenn
das gefunden würde, ſo wär! es um uns
geſchehen.“ Niemand wollte wiſſen, wohin
dies Gläschen gekommen, und daͤher ſuchte
man die Ausſage der Schlechter zu ver-
dächtigen. Da bat eine ſchon früher abge-
hörte Zeugin, welche noch im Saale an-
weſend war, um Gehör. Es war die Che-
frau des Lehrers Riegel von Handſchuhs-
heim, bei welchem die beiden Stadelmann
zur Zeit des begangenen Verbrechens ge-
wohnt hatten. Bieſe deponirte: „ſie habe,
nachden die Stadelmann ihre Wohnung
verlaſſen, ſolche genau durchgeſehen und in
einem Pult ein Gläschen der Art, wie das
in Frage ſtehende, gefunden, aber weiter
nichl beachtet und weggeworfen. Der be-
handelnde Arzt, Dr. Michaclis von Hei-
delberg, ſagte aus, daß die Verſtorbene le-
diglich an den ihr von ihrem Manne ge-
gebenen Queckſilber⸗Pillen erkrautt gewefen
ſei; Stadelmann gab auch in der heutigen
öffentlichen Sitzung zu, daß er ſeiner Frau
15 bis 20 Stück ſolcher Pillen in zwei
Tagen gegeben habe. Die von Or. Micha-
elis dagegen augewendeten Mittel hatten
ſchon eine Beſferung herbeigeführt, alg
plötzlich eine Wendung zum Schlimmen ein-
trat. Dr. Michaelis hatte darüber gleich
Anfangs ſeine Bermuthungen, ohne jedoch
irgendwie einzuſchreiten. Stadelmann äu-
ßerte gegen ihn, er wolle ſeine Frau in
das Hoͤſpital nach Mannheim bringen, was
er billigte. Statt deſſen wurde ſie zu Chirurg
Heinrich nach Rohrbach gebracht, Der
Kutſcher, der ſie fuhr, ſagt aus, man habe
der Kranken unterwegs gar nichts alg
Waſſer gegeben, während die übrige Ge-
ſellſchaft! nämlich der Ehemann, Ehirurg
Heinrich und deffen Frau, es ſich recht gut
ſchmecken ließen. Den andern Tag, als er
einen Louisdor verſprochen, wenn „ſie“ ab-
flattere! Dem Lehrling des Chirurgen und
andern Perſonen wurde Stadelmann als
ein Arzt vorgeſtellt, der die Kranke nach
Wildbaͤd bringen ſolle. Ueber die Behand-
lung/ welche dieſe von dem Chirurgen er-
fahren habe, fagte der Lehrling unfer An-
derm: ſie habe nicht erhalten, was ſie ge-
wünſcht, nicht einmal Waſſer, ſie ſei auf
Stroh gelegt worden, ohne Dedez eine
Nachbarin holte ihr aus Mitleid ein Kopf-
kiſſen; Ehirurg Heinrich habe jedesmal die
Thüre verſchloſſen, wenn er ihr Arznei ge-
geben; er habe gehört, daß ſie ſolche nicht
habe nehmen wollen, da habe er ihr mit dem
Stock gedroht. Den andern Morgen ſei es
in der Kammer, in welcher die Kranfe lag,
ſtill geweſen; das ſei ihm aufgefallen, weil
die Kranke den vorigen Tag fortwährend
gefammert habe, deßhalb habe er ſeinen
Herrn darauf aufmerkſam gemacht, die
Kranke könnte geſtorben ſein. Darauf habe
ſein Herr ihn geheißen, nachzuſehen, Wo er
ſie todt auf dem Boden liegend gefunden
habe. Das fet ihm aufgefallen, er habe
auch ſeine Vermuthungen darüber ausge-
ſprochen. Chirurg Heinrich ſuchte dieſen
Zeugen zu verdächtigen und berief ſich auf
einige Entlaflungszeugen, die ſofort abge-
hört wurden. Da ergab ſich aber, daß Frau
Stadelmann ſchon den Abend vorher um
11 Uhr geſtorben war, daß Chirurg Hein-
rich und ſeine Frau allein darum wußten
und daß daher die Scene mit dem Lehr-
ling eine Comödie war, um dieſen glauben
zu machen, Heinrich wiſſe nichts von dem
Tod der Frau Stadelmann. Nach einigen
Anzeichen iſt es ſogar möglich, daß dieſe
eine@ gewaͤltſamen Todes geftorben iſt.
Heinrich eilte felbſt nach Mannheim, wo
ſich die Familie Stadelmann befand, um
die Nachricht von dem Tode jener Frau
zu hinterbringen, was großen Jubel erregt
haben ſoll! Run ging es alsbald hinter die
Berückung anderer Mädchen und wirklich
ſoll Stadelmann verlobt geweſen fein, als
ihn der Arm der Gerechttgkeit erreichte.
Aus Mannheim, 18. Oetbr. berichtet
man der Schw. Kr.: Chirurg Heinrich hat
ſich heute früh wieder geſund gemeldet und
fonnte in die Sitzung gebraͤcht werden! Auf
Befragen des Präſtdenten, warum er ſich
wahnſinnig geſtellt habe, erwiederte er, er
habe dieß nicht gethan. Er ſei außer ſich
geweſen, er ſei in der Nacht in ſeinem
Kerker mißhandelt worden, ohne angeben
zu Ffönnen, von wem dieß geſchehen ſei,
ſodaun auch: er habe Wein getrunken, und
wiſſe nicht was aus ihm zuletzt geworden.
Wie die Angeſchuldigten überhaupt, war
auch er heule niedergeſchlagener, ſchweigſa-
mer, alg in den frühern Sitzungen! Heute
ſprach der faſt einzige entlaſtende Zeuge,
der praktiſche Arzt Maier von Odenhetm,
welcher die Frau in den letzten Tagen be-
handelt und die Leichenöffnung vorgenom-
men hatte ſeine Ueberzeugung aus, daß
eine große Tuberkuloſe vorhanden geweſen,
räumt aber ein, daß dieſe durch Queckſil-
bergaben zu ſo ſchnellem tödilichem Ver-
laufe habe führen können. Ueber die ſyphi-
litiſche Krankheit räumt er ein, daß er ſich
möglicherweiſe geirrt haben könnte! So ſind
denn die bis jetzt vorgenommenen Zeugen-
ausſagen mit Ausnahme der heute beeidig:
ten Zeugin Schlechter, die auf den Eid
ihre früheren Angaben beſtätigt keine ei-
gentlich directen Anſchuldigungen des Haupt-
verbrechens, leiten aber immer mehr zu der
Ueberzeugung hin, daß die ſchwarze That
begangen woͤrden fet. —
— unter Berantwortlichteit von G, Neichard-