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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Beilage-Blätter Nr. 1-13; 15-18: 20-22; 24-60; 62-157
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#1247
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NS


Sonntag/ den 11 Januar

1—

Deutſehland.

Wien, 5. Jan. Heute haͤlt der Zoll-
congreß ſeine erſte Sitzung. Es ſoll ſchon
feit einigen Tagen hier ein amtliches Me-
morandum circuliren, welches unſere Regie-
rung den Delegirten der deutſchen Staaten
vorlegen will. Wenn ich genau unterrichtet
bin, ſſo enthält dieſes Actenſtück zwei Ent-
würfe. Der erſte iſt ein Vorſchlag zu einem
Handelsvertrag zwiſchen Oeſterreich
und dem Zollverein der mit 1, Jan 1854
in Kraft treten und vorläufig auf5 Jahre
in Geliung bleiben ſoll. Beide Zollgebiete
peben alle Durchzugsabgaben auf, geben
die Ein= und Ausfuͤhr der Feldfrüchte und


und ermäßigen den Zoll auf Erzeugniſſe
diesſeits und jenſeits um gewiſſe Procente.
Vährend dieſer Zeit ſoll der Zollertrag der
beiden Gruppen nach den Maſſen der Ein-
fuhren ermittelt und nach den gewonnenen
Ziffern ein Vertheilungsmodus der Zollein-
nahmen feſtgeſtellt werden. Während dieſes
fünfjährigen Zwiſchenactes würde man ſich
auf die gänzliche Zolleinigung vor-
bereiten, die uns zugleich die längſt erſehnte
Einheit der Münze, des Maßes und Ge-
wichts bringen würde. Man verſichert mich,
und zwar aus einem völlig unbefangenen
Munde, daß Oeſterreich die größte Nach-
giebigkeit gegen die Zollvereinoſtaaten zeige.
Preußen ſoͤll bei der vorgeſchlagenen künf-
tigen Verfaſſung volle Parttät mit
Oeſterreich zugefichert werden. —
5. SJan. Ein Vertrag iſt, wie wir
Lernehmen zwiſchen der Bank und der

Staatsvermwaltung abgeſchloſſen wor-
den.! Der Staͤat würde nach und naͤch die

Reichsſchatzſcheine einztehen und die
Bank ſie durch Noten erſetzen, um die Ein-
heit des Vapiergeldes herzuſtellen! Es iſt
wahrſcheinlich, daß der Schatz keine Zinſen
für dieſe neue Emiſſion zahlen würde.

— 6, Jannar.! Der am 5. d. Mon.
ſtattgefundenen Eröffnung der Handels- und
Zollconferenzen wohnten von öſterreichi-
ſcher Seite nebſt dem Miniſterpraͤſtdenten
Fürſten v. Schwarzenberg, der Finanz-
und Handelsminiſter v. Baumgartner
und die Minifterrialäthe v. Zhterry und
Dr. Hod bei. Bon k bayerifher Seite
war der Geſandte Graf v. Lerchenfeld
und der Miniſterrath Dr. v. Hermann;
von würtembergiſcher Seite der außeror-
dentliche Geſandte Frhr. v. Lin den und
der Finanzdirecter v. Sigel; von hanno-
verſcher der Generalſteuerdirector Albrech 8
von fächſiſcher der außerordentliche Geſandte
Frhr! v. Könneriß und der Oberpoſtdi-
rector Freiherr v. Schimpff, ſowie der
Ztandeaͤbgebrdnete Wünning; von badi-
Ier der außerordentlide Gefandte Frhr.
B, An d(amw und der Minifterialrath Ha ck;
von Furhefüfder der Hiniſterreſideut Frbhr.
DOoN SOachten und Eabinetsrath von
Meyer; von heffifher der außerordenliche
Gejandte Freiberr v. Dradenfels und
Minifterialrath v, B;jegeleben; von her-
zoglich braunſchweigifcher der Geſchaͤftsira-
ger Frhr. . Zedlig und der Finanzdi-
Tector v. AmSberg; von großh. olden:
burgifher der ??hmfterrefibent von Phi-
Lippsborn; für Frankfurt der Senator


reſident v. Graffen erſchienen. Der Ver-


treter von Naffau, Regierungspräfident
Bollpracht, hatte ſich wegen zufällig ver-
ſpäteten Eintreffens entfhuldigen laſſen;
jedoch ſei deffen Ankunft naͤchſtens bevor-
ftehend. — Die „Wiener Ztg.“ veröffent:
licht die bei der Eröffnungsfeierlichfeit von
dem Minikterpräfidenten, Fürſten Schwar-
zenberg, gehaltene Nede, In derſelben
erflärt der Fuͤrſt die Beforgnif von einer
Gefährdung des Fortbeſtandes der bisheri-
gen haͤndelepolitiſchen Berbindungen von
Seite Oeſterreichs für durchaus unge-
gründet Dem gegenwaͤrtigen Unterneh:
men Oeſterreichs wuͤrden ſich große Schwie⸗—
rigkeiten in den Weg ftellen, aber dieſe
feien nicht unüberwindlich, vorzüglih weil
dadurch eine Dauernde Befriedigung Der
Wünſche und Bedürfniffe der deutſchen Bol-
fer, die Einigkeit und Macht des deutſchen
Bundes, und fomit. die wahre Wohlfahrt
Deutſchlands ſicher erſtrebt werdez zugleich
weil der gegenwärtige Augenblick für die
Erreichung Ddiefer Sinigung ein ſehr gün:
ſliger ſei Defterreih genüge ſich aller-
dings felbit, es ſei aber, um den großarti-
gen Gedanken einer mitteleuxopäiſchen ZoN-
und Handelseinigung auszuführen und da-
durch die Bande der Freundfchaft zwiſchen
dem Kaiſerſtaat und den deutſchen Fürſten
und Völfern feſter zu Fnüpfen, gern 3zu
Opfern bereit! Die demnächft in Berlin
bevorſtehenden Verhandlungen würden die
Gelegenheit bieten, Oeſterreichs Verſchläge
zur Tusführung zu bringen. Die Rede des
Fürſten Schwarzenberg beantwortete der k.
dayeriſche Geſandte, Graf v. Lerchen-


licher Anwefenden und die Hoffnung auf
ein gutes Gelingen des angefangenen Wer-
kes ausſprach. — Die Beilage zur Augsb.
Allg. Ztg. enthält den auf dem am S. D.
M, eröffneten Zollcongreß zu Wien
vorgelegien „Entwurf der allgemeinenen
Artifel eines Handels und zoll- und
eventuellen Zolleinigungsver-
trags zwiſchen Oeſterreich und den in deſ
ſen Zoͤllverband aufgenommenen Staaten
einer und Preußen fammt den übrigen
mit ihm zu einem Zollverein verbundenen
deutſchen Bundesftaaten anderſeits.“ Der
Handele= und Zollvertrag ſoll danach, ſo-
bald er ins Leben getrefen, durch eine ſtän-
dige Commiſſion in Sranffurt geleitet
werden und bis zum 3l. December 1858
dauern, an welchem Zag der Eintritt des
Zolleinigungsvertrags vorbeftimmt iſt. Soll-
ten letzterem Hinderniffe ſich entgegenſtellen,
ſo ſoll es jedem der contrahirenden Theile
frei ſiehen, durch eine bis längſtens Ende
Juni 1858 erfolgte Kündigung aus dem
Jereine zu ſcheiden. — Nachdem geſtern
der Zollcongreß eröffnet wurde, werden
morgen die Vekhandlungen beginnen.

England.

London, 6. Januar. Der „Morning
Herald“ enthält Folgendes in Bezug auf den
Rücktritt Palmerſton's: Ehe Lord Pal-
nerſton ſich hinſichtlich der Cabinet⸗Zwiſtig-
keiten in Bezug auf die Finsbury-Koſfuth-
Angelegenheit mit feinen Collegen und in
höheren Regionen arrangirt hatte, machte
Graf Walewsfi dem edlen Ex-Seereiaͤr
des Auswärtigen einen Beſuch und theitte
ihm den von deu Prinzen Louis Napoleon

als zu dieſem Schritte gezwungen betrachtet
habe. Das Ergebniß dieſer Zuſammenkuͤnft
war, daß Lord Palmerſton das von dem
franzöſiſchen Präſidenten beobachtete Ver-
fahren guthieß, indem ihm die von dem
Grafen Walewsfi angeführten Gründe ge-
nügend ſchienen/ daffelbe zu rechtfertigen,
Lord J Nuffell, davon in Kenntnif ge-
ſetzt, beſchwerte ſich ſchriftlich bei Lord Pal-
merſton darüber, daß er einen ſo wichtigen
Schritt, wie die Gutheißung des Siaais-
ſtreiches, gethan habe, ohne ſeine Collegen
zu Rathe zu ziehen, die er auf dieſe Weiſe
compromittirt habe! Lord Nalmerſton er-
wiederte hierauf, ſeine Zufammenfunft mit
dem Grafen Walewoͤli ſei eine Privat-Un- -
terredung geweſen und weder Inhalt noch
Ergebniß derſelben verpflichte die Miniſter
zu einer beſtimmten Handlungsweiſe! Die
britiſche Executive Fönne,. wenn es ihr be-
liebe, Fraͤnkreich augenblicklich den Krieg
erflären, ohne irgend ein von ihm amtlich
gegebenes Verſprechen zu brechen! Graf
Walewstt habe ihm duͤrch unzweifelhafte
Documente bewiefen, daß Louis Napoleon
in ein paar Tagen von der Gegenpartei in
der Verſammlung (die ihren Staatsſtreich
vorbereitet gehabt hätte) gefangen genom= -
men und in Vincennes eingeſperrt worden
wäre, hätte er nicht den erſten Schlag ges
führt, wozu er ſoͤlcher Geſtalt gezwuͤngen
geweſen ſet! So weit billigte Lord Pal-
merſton das Verfahren des Präſidenten;
aber er hob Dervor, wie er damals noch
nichts von den Verhaftungen, den Strahen-
kämpfen und den übrigen auf den neuen
Zuſtand der Dinge unmittelbar folgenden
Vorgaͤngen gewußt und deßhalb nicht fuͤr
nöthig gehalten habe, ſeine Collegen förm-
lich über Dinge, die erſt eingeleitet geweſen
jeten, zu Rathe zu ziehen. Außerdem er-
klärte er er Dalte es nicht für nöfhig, daß
ein Staats-Secretaͤr, das anerkannte Haupt
eines Deypartements ,, feine Collegen über
jede Angelegenheit befrage, die von Rechts
wegen und zweifelsohne unter ſeinen Bereich
falle! Lord Palmerſton glaubte, dieſe Ant-
wort werde den Premier vollkommen be-
friedigen; ja er hielt ſogar eine Amende
honorable für nicht unwahrfcheinlichh. Wie
groß war daher fein Erftaunen, als er-die
Aufforderung erhielt, fein Amtsfiegel
in die Hände des Premier=Minifters nie-
derzulegen! Am Montag, den 22 Dec.,
fand ein Cabinetsrath Statt, . Die Mit-
glieder des Miniftertums wußten bis zu
jener Zeit nicht das Geringfle über jene
Vorgaͤnge, und erſt in dem Cabinetsrathe
wurden ſie davon in Kenntniß gefeßt, daß
Lord Palmerſton nicht länger im Amte ſet.
Da feine Entlaſſung ein Fait accompli war,.
fo Fonnte von einer Diseuſſton oder einem
Ausföhnungs : Berfuche natürlich nicht die
Rede fein. Nach dem Cabinetsrathe begab
ſich der Premier nach Windſor und theilte

ausgeführten Staatsſtreich mit, fo wie
die Gründe, durch welche der Präſident ſich

dort die Entlaſſung Palmerfion’s mif.

Feuilteton.
Heinrich der IV. als Brautwerber.
Fortſetzung)

Dort mit ſeinem künftigen Beruf bekannt
gemacht, erhielt er den Ia Gaucherie, einen
redlichen und welterfahrenen Mann, zum Hofz
meifter, der ihn zwar nicht mit vielem Bücherz
leſen plagte, dafür aber in unterhaltlichen Gez
 
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