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Sonntag, den S. Februar

1852.

Li-

England.

London, 3. Febr! Die Königin hat heute
das Parlament in gewohater feierlicher
Weiſẽ eröffnet. Nachdem ſie im Hauſe der
Lords angekommen war und auf dem Throne
* genommen hatte, verlas ſie folgende
Rede:

Mylords und meine Herren!

Die Zeit iſt gekommen, wo, dem Brauche
gemäß, ich mich wieder Ihres Rathes und
Beiſtandes bei der Vorbereitung und An-
nahme der Maßregeln bedienen fann, welche
das Wohl des Landes erheiſchen mag.

Meine Beziehungen zu den auswär ti-
freund-
ſchaftlichſten Natur.

Die verwickelten Angelegenheiten der Her-
zogthümer Holſtein und Schleswig ha-
ben meine Aufmerkſauikeit noch immer in
Anſpruch genommen, Ich habe aͤllen Grund,
zu erwarten, daß der im verfloſſenen Jahre
in Berlin abgeſchloſſene Vertrag binnen Kur-


rung kommen wird.

Ich bedaure, daß der unglücklicher Weiſe
vor länger als einem Jahre an der Oſt-
gränze des Vorgebirges der guten Hoff-
nung ausgebrochene Krieg noch immer fort-
dauert. Es werden Ihnen Paͤpiere vorge-
legt werden, welche Ihnen volle Auskunft
geben werden über den Fortaang des Krie-
ges und über die behufs ſeiner Beendigung
ergriffenen Maßfregeln, .

Bährend ich mit aufrichtiger Genugthuung
die in dem größten Theile Irlands herr-
ſchende Nuhe beobachtet habe, muß ich Sie
zu meinem großen Bedauern davon in Kennt-
niß ſetzen, daß gewiſſe Theile der Grafſchaf-
ten Aymagb, Monaghan und Louth ſich durch
Veruͤbung von Freveln der ernſthaͤfteſten Art
ausgezeichuet haben, Die Gewalt der beſte-
henden Geſetze iſt ſchleunig zur Anwendung
gebracht worden, um die Uebelthäter zu ent-
decken und ein die beſten Intereſſen des Lan-
des gefährdendes Syſtem von Verbrechen
und Gewaltthaten zu unterdrücken. Meine
Aufmerkſamkeit wird ſich auch in Zukunft
dieſem wichtigen Gegenſtande zuwenden.

Meine Herken vom Hauſe der Gemeinen!
Ich habe verfügt, daß die Voranſchlagung
der Ausgaben des laufenden Jahres Ih-
nen vorgelegt werden ſoll.

Ihre Loyalität und Ihr Eifer gibt mir
das Vertrauen, daß Sie die hinreichende
Vorſorge für die Bedürfniſſe des Staats-
haushaltes treffen werden.

Da, wo im Vergleich zum vorigen Jahre,


klärungen gegeben werden, durch welche Sie,
wie ich hoffe, die Ueberzeugung gewinnen
werden, daß dieſe Erhöhung im Einklange
ſteht mit einer friedlichen Politik und mit
den Vorſchriften einer weiſen Sparſamkeit.
Mylords und meine Herren!
Die Verbeſſerung der Rechtspflegenin
ihren verſchiedenen Zweigen hat foriwährend
meine ſorgfältige Aufmerkſamkeit in Anſpruch
genommen, und zur Foͤrderung dieſes Zweckes
habe ich Geſetz-Vorſchläge entwerfen laſſen,
welche auf den Berichten der verſchiedenen
Commiffäre fußen, welche ernannt worden
ind, um die Thätigkeit und Einrichtungen
der höheren Gerichtshöfe und Aequiiatshöfe
zu prüfen.
Da Nichts in höherem Grade zum Frie-
den, zum Wohlſtaͤnd und zur Zufriedenheit
eines Landes beitraͤgt, als die raſche und

unparteiiſche Rechtspflege, ſo empfehle ich
dieſe Maͤßnahme etnſtlich Ihrer reiflichen
Ueberlegung.
Die Acte des Jahres 1848, durch welche
die Wirkſamkeit einer früheren Acte, die
Neu· Seeland Repräfentatig-Einrichtun-
gen verleiht, aufgehoben wird, erliſcht kurz
nach dem Beginne des nächſten Jahres Mit
Freuden gebe ich mich dem Glauben hin,
daß die Nothwendigkeitz ſie zu erneuen, nicht
vorhanden ift, und daß Fein Grund mehr
beſteht, weßhalb Neu-Seeland der Genuß
von Repräſentativ⸗Einrichtungen verſagt ſein
ſollte. Die Form dieſer Einrichtungen wer-
den Sie jedöch in Erwägung zu ziehen ha-
ben, und die Nachrichten, welche uns feit
dem Erlaß der betreffenden Geſetze zugegan-


Kenniniß der dortigen Zuſtände werden Sie,
wie ich hoffe, in Stand fetzen, zu einer für
jene wichtige Colonie wohlthätigen Entſchei-
dung zu gelangen.

Es gereicht mir zur großen Genugthuung,
daß ich Ihnen mittheilen kann, wie die grö-
fen, waͤhrend der letzten Jahre Statt ge-
habten Steuer-Crmäßigungen keine verhaͤlt-
nißmäßige Verminderung des Nattonal- Ein-
kommens zur Folge gehabt haben, Die Ein-
künfte des verfloſſenen Jaͤhres haͤben voll-
kommen ausgereicht für die Bedürfniffe des
Stadtshaushalts, waͤhrend die Steuer=Cr-
mäßigungen bedeutend zur Erleichterung und
zum Wohlſein meiner Unterthanen beigetra-
gen haben.

Mit Dank gegen den allmächtigen Gott
erkenne ich an, daß Ruhe, gute Ordnung
und williger Gehorſam gegen das Geſeß
im Allgemeinen im ganzen Lande herrſchen.

&3 ſcheint mir, daß der gegenwaͤrtige Zeit-
punkt geeignet iff, um rubig zu überlegen,
ob es nicht rathfam fein mag, mit der in
der vorigen Regierung erlaffenen, auf die
VBertretung der Gemeinen im Parla-
mente hezüglichen Akte die Veränderungen
vorzunehmen, durch welche ſich eine vollſtän-
digere Verwirklichung der Grundſätze, auf
die ſich jenes Geſetz gründet, am beſten er-
zielen läßt.

Ich hege das vollſte Vertrauen, daß Sie
bei jeder ſolchen Erwägung ſtandhaͤft an den
anerkannten Grundzügen der Verfaſſung feſt-
halten werden, durch welche die Prärogative
der Krone, die Befugniſſe beider Häuſer des
Parlaments und die Rechte und Freiheiten
des Volkes in gleicher Weiſe geſichert ſind.

Nach Ableſung dieſer Rede verließ die
Königin nebſt ihrem Gefolge das Parla-
mentogebäude. Im Oberhaufe, wo der
Lord⸗Kanzler kurz vor 5 Uhr ſeinen Platz
auf dem Wollſack einnahm, beantragte der
Larl v. Albemarle die Antwortsaͤdreſſe.
Dieſelbe war wie gewöhnlich ein bloßer
Wiederhall der Thronrede. Lord Leigh
unterſtützte den Antrag. Die Unterhaus-
Sitzung begann kurz vor 4 Ubhr und wurde
durch mehrere von Hrn. Hayter ausgehende
Anträge nach Ausſchretben verſchiedener
Wahlen eröffnet. Lord John Kuffelt
gab die Erklärung ab, er haͤbe der Königin
die Entlaſſung Lord Palmerſton's anhe-
rathen, weil diefer gegenüber dem franzoͤſt-


Billigung des Staatsſtreiches vom 2. Dee.
v. S, ausgelprochen habe, ohne vorher die
Krone über dieſen Schritt zu conſultiren.
Lord J. Ruſſell bemerkt hierbei indeß wei-
terhin, L. Napoleon ſcheine auch ihm durch

den Staatoſtreich im Intereſſe Frankreichs
gehandelt zu haben, und mißbilligt deßhalb
das feindfelige Auftreten der engliſchen
Preſſe! Lord Palmerſton gab ſeine
Unterredung mit Herrn Walewski zu, be-
ſtreitet aber, daß dieſelbe einen officiellen
Character gehabt habe. Der Adreſſeentwurf
auf die Thronrede wurde angenommen.

Feuilleton.
Heinrich der IV. als LVrautwerber.
Fortſetzung)

Herr von Retz ſchüttelte über dieſe Ent-
deckung bedenklich den Kopf; Ia NMochefoucault
und der Vormund bielten ſich überzeugt, daß
kein anderer als d Aubigné ihnen diefen Streich
geſpielt, ſchalten im Stillen die Mündel tüch-
tig aus, und zeigten ſich gegen die anweſende
Geſellſchaft fo ungnädig, daß ihr Zorn und
ihre Verlegenheit Feinem der geladenen Gäfte
verborgen blieb. Sufanna felbfit war unruͤhig
und beftürzt, da fie ſich ven eigentlichen Zu“
fammenhang dieſes Vorfalls mit den Ereignif:
fen der letzten Tage gar nicht enträthfeln Fonnte ;
indeß verminderte ſich doch ihre Traurigkeit bei
dem Gedanken, Ball und Coneert feien wohl
keine Vorbedeutung ſchlimmer Ereiguͤiſſe. Das
Klügſte aber glaubte der zierliHe Dampiere
errathen zu haben! Diefe Improvifation, meinte
er für fich, fet offenbar nur deßhalb veranſtal-
teh um 5’Aubigne’8S Raͤche deflo eclatanter zu
machen! Daher wußte er nichts eiligeres zu
thun, al8 ſich von dem Fraͤulein von Lepey
moͤglichſt ferne zu hHalten, und damit.er nickt
ſelbſt in die tragiſche Rataflrophe veß Balls
verwickelt werde, fich in aller Eile anderswo
zu verlieben, Das ſchien ihm auch zu glücken,
denn nach einiger Zeit ſchickte er ſich vergnügt
an, Mif einen andern Fräulein die ganze Nacht
U tanzen, lachte, ſcherzie, zog alle Welt in ven
Tanzſgal, placirte die Damen und gab luſtig
dem Orcheſter das Zeichen zum Spiel — kurz,
er machte den Feſtorduer und brachte allgemeine
Heiterkeit unter die Gefellichaft,

In dieſem Augenblick rauſchten beide Flü-
gel der Saalthüre auf; ein Herr in Stiefeln
und mit einer Peitſche in der Hand, der eben
in einem Ritt mit verhängtem Zügel von Saint-
Maixent kam, trat ein, 68 war — König Heinz
rich von Navaxra! Beim Anblick dieſes gelieb-
ten Fürſten erhob ſich alles, theils aus Eht-
furcht, theils aus Neugierde; Suſanna errd-
thete, threm Mund entfhlüpfte ein Ausruf der
Freude und ihte Augen fuͤllten ſich mit Zhräs
nen, Der Herr v. Ketz nahte ſich fhüchtern
dem Konig; dieſer machte ebenfalls einige
Schritte auf ihn zu, blieb dann in der Mitte
des Saales ſtehen und wendete ſich an ihn
als Herrn des Hauſes mit den Woͤrten: Herr
%. Reß, i höre, daß fchimpftiche Geruͤchte
über d Aubigne ſich verbreiten, und wo e8 die
Ehre eines Freundes gilt, da ift e8 nichts al8
Schuldigkeit, unverzüglich ſelbſt Herbeizueilen
und ihn zu vechtfertigen. Ich fomme, Ihnen
zu fagen, daß der Brief, den das Fräulein v,
Lepey erhalten hat, von mir kam und von mir
mit eigener Hand geſchrieben iſt. Dies Zeug-
niß wollte ich meinem d'Aubigné geben in Ge=-
Enwart dieſer achtungswerthen und glaͤnzenden
Geſellſchaft, die hier blos auf meinen Befehl
verſammelt ift, *

Bei dieſer Rede, die von den verſammelten
Häſten mit Enthuſtasmus aufgenommen wurde,
fühlte ſich Sufanna verſucht, ſich dem König
dankend zu Füßen zu werfen; aber in demſel-
 
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