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N" 49

Freitag, den 13, Februar

1852.

{l England.
*London, 7. Febr. In der geſtrigen

Sitzung des Oberhauſes wurde die Regie-
rung mehrfach wegen des Kaffernkriegs
interpellixt. Lord Nalmesbury fragte,
ob die Regiernng Vorkehrungen getroffen
habe gegen die Ausfuhr von Schießpulver
und Kriegswaffen, Ddie für die Feinde der
Colonie beſtimmt feien. Lord Grey mußte
antworten die Regierung habe kein geſetz-
liches Mittel, gegen dieſe Ausfuhren ein-
zuſchreiten nur am Cap ſelbſt habe ſie die
Ablieferung an die Wilden verhindern kön-
nen zaber allen ihren Bemühungen zum
Trotz ſeien dennoch ſchon anfehnliche Quan-
titäten von Waffen und Schießbedarf in
die Hände der Feinde gelangt. Im Un-
kerhaus verſprach die Reglerung auf eine
Interpellation von Hume, für die Miliz
keine Ausgaben zu machen, ohne vorher
die Meinung des Parlaménts gehört zu
haben, Lord John Ruffell gab dann
Aufſchlüſſe über die Mıfhandlung, die an-
geblich einem britiſchen Unterthan , Ma-
ther, in Florenz widerfahren ſei. Als die-
ſer Fremde ohne es zu woͤllen, einen öſter-
reichiſchen Offizier beieidigte, erwiderte die-
jer die Beleidigung wit einem Säbelhieb.
Die öſtexreichiſchen Behörden gaͤben zur
Rechtfertigung dieſer Handlung an, daß
ein Offizier im Dienſt in Oeſterreich im-
mer das Recht habe, gegen einen Be-
feidiger die Waffe zu gebrauchen. Man
gibt zwar zu, laͤgte Lord Granvilte,
daß es zu einer eigentlichen Beleidigung
nicht gekommen iſt, aber man verweigert
aug die Genugthuung, ſo lange Malher
nicht erklärt, daß er die Abſicht nicht ge-
habt habe, zu beleidigen. Der Miniſter
des Auswärtigen fügte hinzu: als er von
der angeblichen Mißhaͤndluͤng erfahren, habe
cr ſofort dem britiſchen Geſchäftsträger in
Florenz Inſtructionen zugehen laſſen, daß
eine Unterſuchung vorgenommen und dem
verletzten Theil auf dem Weg der Gerech-
tfgfeit Genugthuung gegeben werde.

Lord John Nufjfell legte geſtern auf
dem Tiſche des Unterhauſes ſtatiftiſche No-
tizen in Bezug auf die in England befind-
lichen fremden politiſchen Flüchtlinge
nieder.

Es iſt eine im Auslande ziemlich verbrei-
tete Meinung, daß die Eiferſucht und das
Mißtrauen der Engländer gegen Fremde
manches Talent in Wiſſenſchaͤft und Kunſt
nicht emporkommen ließen, Daß bet wirklich
hervorragender Befähigung, und ſelbſt an
dem excluͤſiveſten Drte Englands, in Orford,
dies keineswegs mmer der Fall iſt, bewei!
ſen neuerdings wieder zwei beachtenswerthe
DBeifpiele, Der durch feine ausgezeichneten
Kenntniffe in der Sansfrit= Literatur und
durch feine große für die oitindi{he Com-
pagnie unternommene Ausgabe der Vedas
auf das rühmlichft bekannte Dr. M Müller
hält jetzt nicht nur als Profeſſor Der nene-
ren Lleratur fleißig beſuchte Vorleſungen
über allgemeine vergleichende und über ro-
maniſche ©rammatif, über Geſchichte des
Epos und der deutſchen Literatur, ſondern
es ſind ihm ſogar Ceine außerſt ſeltene
Ehreh von Seiten der Univerſttät aug An-
erkennung für ſeine, Lehrern und Studenten
zu Gute kommende Gelehrſamkeit der Grad
eines Magister Artium und die damit ver-
bundenen Vorrechte der Univerfität ertheitt
worden. Hr. Dr. J. Bernays, Pribat-

Docent in Bonn, befannt alg einer der
ſcharfſinnigſten jüngeren Philologen, befuchte
ebenfalls vor einiger Zeit Orfoͤrd! Gais-
forbd, der Veteran der elaſſiſchen Philologie
in England, wurde auf die eminenien Kennt-
niſſe und die bedeutenden kritiſchen Anlagen
des jungen Gelehrten aufmerkſam, und fei-
nem Einfluſſe iſt es vornehmlich zuzuſchreiben,
wenn He Dr. Bernays jetzt von der Uni-
verſität Oxford den ehrenvollen Auftrag er-
halten hat, für England eine Ausgabe des
Lueretius zu veranflalten.

2

Feuilleton.

Heinrich der IV. als Brautwerber.
(Schluß)

dAubigné konnte der Bitte Sufanna’s nicht
widerſtehen und eilte nun zum Koͤnig, den er
damit beſchäftigt fand, die Huldigung der vor-
nebmſten Einwohner der Stadt zu emyfangen,
Sire, ſagte er lachend und heimlich zu ihm,
wollen Sie mir erlauben, wenn Sie diefen gu-
ten Bürgern Huld und Gnade werderr zuge:
ſichert haben, Ihnen eine Nachricht zu geben?
— Sie erſchrecken mich, erwiderte Heinrich in
demfelben Zon. Sollte der Herzog Mahenne
vor den Thoren ſein? — Nein, nein, Sire;
* ich Ihnen zu ſagen habe, iſt nicht fo ernſt-
haft.

Nach empfangener Huldigung gab der Kö-
nig dem d Aubigué Gehör, Wollte Oott, be-
gann dieſer nun, der Herzog von Mayenne
wäre wirklich vor den Thoren dieſer Stadt und
mein Arm koͤnnte ihn zerſchmeltern! wir wären
dann auch nicht mebr genöthigt, das Blut fo
vieler unglücklichen Opfer ſeiner Falſchhett zu
vergießen. Allein jeßt iſt die Rede von einem
andern Feinde. — Von einem andern Feinde?
— Den man verkleidet unter den andern ge-
funden hat. — Und was iſt das für einer? —
Es iſt ein Frauenzimmer. — Ein Frauenzim-
mer? Nun, dergleichen Gegner ſind nicht furcht-
bar — Sie vergeffen, Sire, welchen Wider-
derſtand Ihnen das Fräulein Tignoville gelei-
ſtet und welche Herrſchaft die Gräfin 9. Guiche
über Sie ausgeuͤbt hat. Sie waͤren weder im
Stande, die eine zu beſtegen, noch der andern
zu widerſtehen, ſo lange fie nicht ſelbſt floh
— Das iſt wahr; ich ergebe mid. — Diefer
Feind alſo, Ddeffen Gegenwart hätte verhindern
fönnen, die heutige Schlacht zu gewinnen, märe
e8 Ihren Soldaten möglich gewefen, fein Ge-
ſchlecht zu erfennen, iſt — Sufanna, {f die
Frau von Aubigne. — Was? Ihre eigene
Semahlin? — Ia, ſie ließ ſich heimlich unter
die Freiwilligen anwerben, und entfhloffen,
ihren Mann entweder vor dem Zode zu ſchü-
Ben oder mit ifm zu ſterben, fragte fie weder
nach dem Rathe der Klugbeit, nody nach den
ihr drohenden Gefahren; ſie hörte nur ihr zaͤrt-
liches, von der Unruhe über mein Schickfal ge-
qüälles Herz. Sire, ſie hat die Ehre gehabt,
unter ihren Fahnen zu fechten und ihr erſter
Verſuch iſt mit Ruhm gekrönt worden, denn
ſte hat einem ihrer getreuen Unterthanen das
Leben gerettet. Wer kann kommen und ſagen,
en fet mehr geliebt als ich?

Aubigné mußte nun ausführlich erzählen,
wie muthvoll Sufanna ihn gegen den hinters
lſtigen Angriff des Liguiſten vertheidigt haͤbe.
Heinrich Fonnte nicht an die Wahrheit des Er-
eigni{fe® glauben und verlangte, die Frau v
Aubigné fole felboft erſcheinen uND,e8 beſtäti-
gen, was für Sufanna’s Beſcheidenheit zu viel
geweſen wäre, hätte er nicht ſeinen Unglauben

fallen laffen, fobald er fie wirklich in der Rü-
ſtung eines gepanzerten Ritters eintreten fah.
Sie warf ſich ifm zu Füßen und baͤt um Ver-
zeihung ihrer vermeſſenen That, die ſte ohne
Einwilligung und felbſt ohne Vorwiſſen ihres
Mannes unternommen habe. Der König ent-
zückt über einen ſolchen Orad von Ergebenheit,
wünſchte der heldenmüthigen Frau in den ſchmei-
Helhafteſten Ausdrücken Glück. II wußte wohl,
ſagte er, daß ich nicht Urſache haben würde,
es zu bereuen, die Heirath des Fräuleins von
Lepey geſtiftet zu haben, und daß diefer kleine
Poltergeiſt mit welchem ich den Ball eröffnete,
großer Dinge fähig iſt. Doch Frau vr Au-
bigne, ich muß nun auch dankbar dafür ſein,
daß Sie mir den Freund erhalten haben; und
nie mehr ſollen Sie in Verſuchung gerathen,
auf dem Schlachtfeld Ihr Leben in Gefahr zu
ſetzen.! Gehen Sie nach Maillezais! Ihr Ge-
mahl wird Ihnen dahin folgen. Ich gebe ihm
das Gouvernement von dieſem Platz, welcher
dem, der ihn für mich erobert hat, bleiben
muß. — Dann ließ der König ſich eine weiße
Schärpe bringen und band ſte mit eigener Hand
ihr um. Dies, fagte er, der Heldin von Etam-
pes! Suſanna, welche noch heutigen Tages von
den Geſchichtsſchreibern mit dieſem Namen be-
ebrt wird, reiste Tags daxauf, entzückt, daß ſte
keine Trennung mehr fürchten mußte, mit ih-
rem Gemahl nach Maillezais ab, wo beide
viele Jahre lang zum Segen der ganzen Um-
gend lebten und bis ins hohe Alter das himm-
liſche Glück eines mit Herz und Seele verein-
ten Ehepaars genoſſen. Nur zuweilen befuch-
ten ſie ſpäter auf kurze Zeit ihren koͤniglichen
Freund, ſonſt ganz ihrer Liebe und dem Ge-
deihen der ihter Obhut anvertrauten Umgegend
von Maillezais lebend, daher Fommt e$ auch,
daß der große Feldherr Theoder Agrippa v.
5 Aubigne in der eigentlichen Regierungsperiode
Heinrichs IV. keine Rolle mehr ſpielt! Acht
Jahre nach Suſanna's Heldenthat bei Etampes
hatte auch Heintich endlich das, was Großva-
ter d Albret ſeine Braut genannt, und dazu
noch eine ſchöne Morgengabe erobert: er zoͤg
nämlich als Sieger über das beruhigte Frank-
reich friedlich in Paris ein und begann im
Verein mit feinem großen Freund und Mini-
ſter Mar v. Sullg durch Proelamation des
berühmten Edicts von Nantes die Reihe jener
wohltbätigen Reformen zu eröffnen, die ihm
für alle Zeiten den Namen des beſten der Kö-
nige, des Vaters feines Volkes ſicherten und
allmälig die Völker des gaͤnzen Erdtheils in
fo ſtaunender Huldigung zu ihm hinzogen daß
er, einft zum Spolte blos der kleine Bearner
ohne Geld und Land und Heer gehelßen bald
in den europatfchen Angelegenheiten mit einem
einzigen Wort mehr entſchied als die gewaltig-
ſten Herrſcher anderer Zeiten mit mächtigen
Heeren! So viel vermag auf dem Thron die
moraliſche Kraft, wenn der redliche Wille als
Miniſter ihr zur Seite ſteht; doch — jene glor-
reichſte Zeit des vierten Heinrich zu ſchlldern,
liegt außer dem Bereich einer novelliftifhHen
Erzählung die mit d Aubigués häuslicher Nie-
derlaſſung zu Maillezais ſchließt. }

Die Mühle des Copernikus zu
Frauenburg.

In Betrachtung der Geſtirne verſenkt ſaß
der greife Domherr, Nikolaus Coyperniku8,
zu Frauenburg in Preußen auf feiner felbſt-
geſchaffenen Sternwarte und blickte in ſtillem
Staunen über den Kryſtallſpiegel des zu ſeinen

Füßen ruhenden Haffes weg, auf die im Hin-
 
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