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ſo müſſen Sie mir ſchon geftatten, @raf, daß
ich eine Prüfung mit Ihnen anftelle. Wenn
ich nilch recht erinnere, fo ſteht irgendmo. in
der Bibel geſchrieben, daß Jacob ſteben Jahre
um ſeine Geitebte — ich glaube fie hieß Ra-
hel dedient habe; demnach dürfte es wohl
nicht zu viel verlangt ſein, wenn ich ein Pro-
bejahr von Ihnen fordere, Haben Sie ſich
naͤch Aolauf dieſer Friſt als ein treuer Ritter
bewiefen fe . So darf ich des Lohns der
Treue gewärtig ſein! ergänzte Adalbett ihre
MRede, indem er ihre Hand ergriff und dieſelbe
feurig an ſein Herz drückte. So kann es mir
niemand verwehren, noch ein zweites Probe-
jahr zu verlangen! rief die Marquife, Adalbert
ihre Hand entziehend, mit ſchalkhaftem Ton.

Während Adalbert und die Marquife hier
fern von dent bunten Maskengewimmel in trau-
lichem Geſpraͤch faßen und der erftere in ſeinem
Entzücken alles um ſich her vergaß, lehnte an
einem Dder Marmorpfeiler am entgegengefeßten
Ende des Saal8 eine in einen ſchwatzen Do-
mino gehuͤllte Mannsgeſtalt und ſtarrte aus
der kodtbleichen Larve mit glühenden Augen re-
gungoͤlos naͤch jenen beiden hinüber. Seine
Häanvde baͤllten ſich krampfhaft und mit gepreß-
ter Stimme ſtieß er die Worte hervor! Gott
ſei Dank die Stunde iſt nicht mehr fern,
wo ich den übermüthigen Rudolf von Geroldseck
meine ganze Rache fühlen laſfen fann! Sein
eigener Sohn bietet mir, ohne e8 zu ahnen, die
Hand dazu! ;

Mehrere Wochen ſpäter — e8 war um die
Beit des Vorfruͤhlings empfing Adalbert eines
Morgens ein Schreiben aus der Heimath! Das
Zögern und die ängſtliche Miene, womit der
alte. Gregor ihm daͤffelbe überreichte, fiel ihm
auf.. Bon banger Ahnung ergriffen, ſchaute
er naͤch der Aufſchrift — e8 war nicht die Hand
ſeines Vaters. In zitternder Haft erbrach er
den Brief und 1a8. Es war eine Meldung
vom Oberſten von Hagenau, daß ſein Vater
in Foͤlge einer heftigen Erkältung auf der Jagd
ſchwer erfranft.und daß wenig Hoffnung zur
Wiederherſtellung vorhanden ſei.

Z Goͤrtſetzung folgt.)

Die Marketenderin von Fontenoy.
Erzählung aus der Regierungszeit Ludwigs XV.
(Fortfegung.)

Den 11. Mai ſtrahlte die Sonne recht hell,
aber die Scheibe war umgeben von einem ro-
then Band, wie um anzuzeigen, daß an dieſem
Tage die Felder von Fontenog mit dem Blute
der Helden Frankreichs befleckt werden würden.


ner der Geſchuͤtze, der auf der ganzen Reihe
bis 9 Uhr anhielt; dann erſt ſetzten fich die
Verbündeten in Bewegung! Antoing wurde
durch die Holländer zweimaͤl angegriffen, die,
durch das Geſchütz vom linken Ufer der Schelde
niedergeſchmettert und zurückgedrängt durch das
franzoͤſiſche dußvolk ihre erſte Stellung wieder
einnaͤhmen und ſie während der ganzen Dauer
der Schlacht nicht mehr zu verlaſſen magten,
Der Herzog von Cumberland, der die Vers
bündeten zum Rückzuge gezwungen fah, entſchloß
ſich tzu einem kühnen Wagniß, das unwider-
ruͤflich das Schickfal des Tages entſcheiden mußte.
Er vereinigte feine Engländer in Ddrei Abthei-
lungen (nicht in Drei in die Tiefe gedehnte Rei-
hen, wie es mehrere Geſchichtſchreiber berichten)
und rückte gegen die Schanzen von Barry.
Meine Herren, faͤgte er zu feinen Offizieren,
es gibt nurt ein Mittel, den Sieg wieder zu
erringen, der uns beinahe entriſſen iſt; man
muß unter dem Feuer der Schanzen und des
Dorfs über den Hohlweg ſetzen und das fran-


als der Stabführer des engliſchen Heekes, den
der Herzog von Cumberland vorausgeſchickt,
zurückkehrte und erflärte, die Stellung ſei nicht


Nichts kann den engliſchen Feldherrn auf-
halten er befiehlt, die Bewegungen fortzuſetzen
und rückt muthig vor. Seine Grenadiere, die
die Spitze der gedrängten Reihen bilden, ſind
faſt ganz vernichtet, aber die Ueberreſte erreich»


der ihnen die Franzoſen verbirgt! Sogleich
pflanzen ſie 6 Geſchütze auf, deren Hinaufſchlep-
pen ihnen gelungen war! Bis dahin hatte ſich
der Marſchall von Sachſen begnügt, ſein Ge-


volk und Reiterei! die die beiden Stellungen
verbanden, waren in der Ebene geblieben, Ge-
wehr bei Fuß!

Sobald die franzöſtſchen Leibwachen die in
erſter Reihe ſtanden, ſahen, daß die Engländer
ihten6 Geſchuͤtze auf dem höchſten Flächenpunkte
der Anhöhe aufpflanzten, ſtürzten die Tapferſten
vormwärts, um ſich derſelben zu bemächtigen;
aber wie groß war ihr Erſtaunen als ſte ein
ganzes Heer in gedrängten Reihen dieſe furcht-
bare Stellung erklettern ſahen.! Sogleich gin-
gen ſte zurück, den franzöſiſchen Heerführer von
den Bewegungen der Engländer zu benachrich-
tigen. } S

Der Marſchall befahl ſofort den franzöſt-
ſchen und Schweizerleibwachen vorzugehen. Die
aͤußerſten Glieder des feindlichen Heeres rückten
ſchon die hintere Seite der Anhöhe hinab und


heiderfeits gruͤhen ſich! Ein Hauptmann der
engliſchen Leibwachen ruft! Gebt Feuer, ihr


ibm eine Stimme, wir ſchießen nie zuerſt. Diefe
erſte Ladung war mörderiſch; die Franzoſen
waren genöthigt das Feld zu räumen. Die


brodjen, die Englaͤnder benutzen den Augenhlick
von Verwirrung und ſchließen ihre 3 Reihen
zu einer einzigen Angriffämenge zufammen,

Ein Thell der franzöfifhen und Schweizer-
leibwachen . hielt noch Stand.
Krieger machten Fuß für Fuß die Stellung
ftreitig, welche fie inne hatten. Tournefol an
ver Spitze eines Iheil8 feiner Rotte, movon
heinahe alle Offiziere ruhmvoll gefallen waren,
gab feinen Genoffen das Beifpiel einer feltenen
Tapferkeit. Trog dieſes heldenmüthigen Wi-
derſtandes und des Verluftes, den die Englän-
der durch das Feuer der Geſchütze von Fon-
tenoy erlitten, ſetzten ſte nichts deſtoweniger ihr
Vortuͤcken fort , durch die Ueberlegenheit ihres
Feuers und das Gewicht ihres Andranges, Al-
[e8 vor ſich niederwerfend, was ſie aufzuhalten
verſuchte.

Groͤher Gott rief Tourneſol aus, die
Schlaͤcht iſt verloren!

Verdammt/ ſagte Jolivet, in zerfetztem Kleide
und vom Pulverdampf geſchwärzt, wenn die
Englaͤnder uns aus Fontenoy werfen, jage ich
mir meine letzte Ladung durchs Hirn!

Ja, die Schlacht iſt verloren, wiederholte
Tournefolz ein dumpfes Murmeln geht durch
die Reihen, der Marſchall habe ſchon Befehl
gegeben, Geſchütz und Heeresabtheilungen von
Antoing zuruͤckzuziehen. Könnte ich nur dem
Marſchaͤll mich nähern, ich würde ihm ſagen,
daß noch eine Ausſicht auf Erfolg vorhanden
iſt, ein glücklicher Umſtand, den man aber bes
nußen müßte ohne einen Augenblick zu ver-
fieren. Sieh' Jolivet, die feindliche Angriffs-
menge iſt durch keine Reiteret unterſtützt und
die der Verbündeten iſt noch zu welt entfernt,
ihr eine raſche Hülfe zu bringen, Gott wenn
der Maͤrſchall einen allgemeinen Reiterangriff
ausführen ließr, der Sieg wäre noch unſer.


Ein hübſcher Offlzier, deſſen prächtige Feld-
ruͤſtung einen hohen Herrn anzeigter hielt in
Tourneſols Nähe und hoͤrte deffen Anſicht.

Feldwebel, fagte er, Dein Angriffsplan ſcheint!
mir ſo richtig, daß ich ihn im Augenblick dem
Marſchall mittheile! Dein Name? ;

Tourneſol. 8

Nach der Schlacht werde ich mich daran
erinnern. * }

Marſchall, ſprach der Herzog v. Richelieu
— dies war die hohe Berfönlichkeit, „die in
Tourneſol's Nähe gehalten — der Feind wird
uns bald überflügeln, noch iſt es jedoch Zeit,
ſein Vorrücken aufzuhalten, und wir können
unſererſeits die Englander erdrücken : ihre furcht-
bare Angriffsreihe iſt durch keine Reiterei gedeckt.

Ich war im DBegriff, Herzog, diefe Reihe
durch Geſchuͤtz und Fußvolk zu brechen , aber
Ihre Anſicht ſcheint mir ſo richtig, daß ich den
Befehl zu einem allgemeinen Angriff an die
königliche Leibwache ſchicken werde.

Kaum haͤt die Reiterei des königlichen Haua
ſes die Befehle des Marſchalls empfangen, ſo
ſtürzte ſie in geſtrecktem Laufe und allgemeinem
Angriffe vorwärts auf die engliſche Reihe! Vier
Geſchuͤtze, die man dieſer Bewegung haͤtte
folgen laſſen, eröffneten ein ſo wohlgenährtes
Feuer, daß ihte Kuͤgeln im Augenblick die feind-
lichen Reihen lichteten. Durch dieſe Oeffnungen
ſtürzte das Fußvolk das im Siurmſchritt der
Reiterei des königlichen Hauſes gefolgt war,
auf die Flanke der gedehnten Reihe. Der Stoß
war fürchterlich; erdrückt und niedergeſchmettert
von allen Seiten, wurden die Englaͤnder ge-
zwungen ſich aufzulöſen.

Der Herzog v. Cumberland zog übrigens
in guter Ordnung den gefährlichen Weg zu-
rück/ den er ſo kühn durchſchritten! Der Ver-
luſt der Engiänder war ungeheuer; über die
Haͤlfte der Sffiziere und 10,000 Maͤnn blieben
auf dem Schlachtfelde.
Ser Marfehall von Sachſen, durch Kranf-
heit erſchöpft, hatte bald zu Pferde, bald in
einem Wägelchen von Weide gefahren, oder ge-
tragen in einer Krankenſänfte, an diefem Tage
die größte Thätigkeit entfaltet; wollte aber nichts
deſtoͤweniger der Erſte ſein, der den König be-
treff dieſes neuen und glänzenden Erfolges be-
gluͤckwünſchte.

Noch donnerte das Geſchütz Als aber Lud-
wig XV. ven Marſchall auf ſich zukommen ſah,
begriff er, obgleich das Feuer noch nicht ganz
ſchwieg, daß Alles beendigt fel und Frankreich
einen neuen Sieg einzeichnen koͤnne.

Herr Marfchall, rief der Koͤnig, Frankreich
hat ſich heute auf’s Neue verfhuldet, es dankt
Ihnen abermals einen Sieg. j .

Sire! Eure Majeftät haben mehr als ich
zu dieſem Siege beigetragen. Ihre Gegenwart
inmitten des Heeres hat Ihre Krieger angefeuert
und ſie unbezwinglich gemacht. — —

Haben wir bedeutende Verluſte zu beklagen,
Herr Marſchall?

Sire, Jedermann hat feine Pflicht gethan,
das heißt Euer Majeſtät anzeigen, daß Sie viele
Familien zu tröſten haben werden.

Aber Marfchall, Sie ſprechen mir nicht von
meinem Vetter, dem Herzog v. Richelieu..

Man will gefehen haben, daß er den Feind
an der Spitze eines Banners Ihrer franzöſiſchen
Leibwachen angreift.

Ich ſelbſt habe ihn mitten im Handgemenge
begegnet, ſagte Herr von Ia Rocheguͤhon.

Sollte ihm ein Unglück begegnet ſein, rief
der König mit unruhiger Stimme. *

(Schluß folgt)

Verantwortlicher Redaeteur: G. Neichard.

zöſtſche Mitteltreffen durchbrechen.

Druck und Verlag von G. Reichard.
 
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