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Feuilleton.
Liebe in alter deit.
—— (Fortfegung.)

Margarethe hätte venı boshaften Lieutenant
die Nägel zeigen mögen, Elsbeth ſah ihn mit
den hellen Augen luſtig an und lachte laut,
aber Eberhard thut, als börte er's nicht.„Ich
ging die Jakobsſtraße hinauf,“ fuhr er fort,
„mein Käſtchen mit der Flöte unterm Arm, Er
weiß ju, Herr Vetter, daß ich da einen Schü-
ler habe, achtzehn Pfennige die Stunde. —
Wie ich am Kirchhof bin, kommt der alte Herr
geritten, und wie's gewoͤhnlich iſt, viele Men-
ſchen um ihn her. — Ich ſtehe ſtill, verbeuge
mich und nehme mein Hütchen ab, da hält er
ſein großes Pferd gerade vor mir an, und
ſieht mir in's Geſicht, daß ich die Augen nie-
derſchlagen muß. — Es muß hier wo ein
Durchgang ſein? fagte er mit ſeiner klaren
Stimme, da faftt ich endlich ein Herz und
ſpreche! Ja, Majeſtät, hier geradeüber geht e8
durch nach der Grünſtraße, und wie ich das
ſage, ſchrien ſie Alle: Hier iſt e8, da gerade
aus iſt der Durchgang, kommen Sie, Maſe-
ſtät, wir wollen Sie führen. — Da weiſt er
mit ſeinem Krückſtock auf mich und fagt! Zeig
Er mir den Weg mein Sohn. — Ih; gleich
voran, und wie ich nun neben dem Pferde bin,
ſagt er: Was hat er denn da unterm Arme?
— Eine Flöte, Majeſtät, ſage ich. — Iſt er
ein Mufikant? — Möchte gern ein tüchtiger
werden, ſprach ich; — da ſah er mich ganz
freundlich an und ſagte: Das iſt eine edle
Kunß ich wünſche Ihm Gluͤck dazu. Iſt Er
ein Berliner? — Ich ſtockte ein klein wenig,
aber dann ſagte ich herzhaft: Ja, Majeſtät. —
NMa, lerne Er was Ordentliches, ſpricht er
weiter, ſo wird Cr gut durch die Welt kom-

men. Ich dank Ihm .‚für Seine Mühe; und
damit lüftet er feinen Dreimafter und reitet
davon. —

„ Da Foftet Dir alſo die Ehre achtzehn Pfen-
nige,“ fagte Elsbeth lachend! „OD! was biſt
Du für ein armer Narr, Eberhard. Mit mir
ſollte der Nönig geſprochen haben, ich wollte
es ihın anders geben. — Majeſtät, hätte ich
gefagt, e6 iſt eine edle Kunft, die Mujika, aber
ich bin ein armer Knabe, hab? weder Freunde
noch Gönner noch Geld und Out in der Welt.
Darum, allerliebſter Herr König, thut Eure
Hand auf und helft einem jungen Künſtler, es
wird Euch nimmermehr leid thun, ich gelob's
bei allen Geigen und Flöten!“

Während der Zeit haͤtten ſich Alle nieder-
geſetzt, und die Antwort Eberhard's ward durch
das Gebet unterbrochen, das der Kanzelliſt
ſprach. Dann flüſterte er ihr aber halblaut zu,
„ſo dreiſt ſte auch wäre, follte ſie doch woͤhi
kecke Worte laffen, mwenn ſte den aͤlten Herrn
anſähe.“ Der Lieutenant dagegen rief: „Mit
Geld ſoll er rausrücken? ja, da kommt Ihr
ihm ſchlecht, dem alten Tabaksſpinner. Haben,
nehmen, da iſt er bei der Hand, aber geben,
da koſtet's Künſte.“ ; .

Nun redeten fie. manches hin und her über
den König, die Zeit und die Menſchen. Der
Kanzellift und Eberhard ſagten viel Löbliches,
der Lieutenant erzählte Geſchichtchen, und mifchte
ſeinen Groll hinein über die Ungerechtigkeit auf
Erden; denn wenn Recht und Verdienft gälten,
würde er nicht Lieutenant geblieben ſein. Man-
hes wußte er ſo richtig und naͤturlich darzu-
ſtellen, daß Frau Margarethe ihm trotz ihles
Groͤlles beipflichten mußte, befoͤnders al8 er
von der Regie fprach, und wie kein Menſch


ſeinen Tabak kaufen koͤnne, wo und wie er
wolle. —„Iſt es nicht eine Schande,“ ſagte.
er. „Muß man hinlaufen nach der Aceiſe und
ſeine Blechbüchſen mitbringen, muß ſtundenlang



vaar Kaffeehohnen von dem koͤniglichen Kauf-
mann einzuhandeln, der ſich ſeine Preiſe felbft

zwingt — Was war es ſonſt für Kaffee und
wie ſchnürt er uns jetzt die Gurgeln zu; und
ſonſt das halbe Geld jetzt noch einmal fo viel;
ſonſt roch er lieblich, wie Maiblumen, jebt
riecht er, wie Knoblauch. Und noch dazu
überall die franzöſiſchen Musjes, die er ins
Land geſchleppt hat. Sind die Oeutſchen frei-

lich zu gut dazu; aber ſolch übriges Geſtn-
del iſt überall in allen Winkeln und Ecken und
thul als fet e8 Herr im Lande.“ —

Zu dem haͤtte die Frau Kanzelliſten beifällig!
genickt und zufällig geſeufzt, zuweilen auch ein
Wort hinzugefügt, was ihr Mann mit Unwil-
len hörte. ; b

„Mag fein, wie es will“ fagte dieſer enD-
lich, „mir hat er Brod gegeben, ich bin ſein
Diener und babe fo viel, um den Kaffee und
den Tabak zu bezahlen. Ueberhaupt aber iſt
bei allen Klagen doch gute Zeit im Lande.
Tage werden Fommen, mo keine Regie mehr
ift, kein Tabaks- und Kaffeezwang, kein Zucker-
und Seifmonopol, und die Frage bleibt's, ob
arme Leute dann ſo gut ihr Brod finden,
wie jetzt.“ —

Hört, Sergeant, ſchrie der Lieutenant.
„Ihr ſeid ein Kerl wie er ſein muß im guten
deutſchen Lande, und es iſt Jammer und Schade,
daß nicht Alle denken, wie Ihr! Aber Manz
er ,“ ſagte er, und blinzelle mit ſeinen klei-
nen Augen Frau Margarethen an, „weiß der
Regie und ihren Spionen doch eine tüchtige
Naſe zu drehen, trinkt ſeinen guten billigen
Kaffee und raucht ſein gelbes Kraut ohne Stem-
pel und Tare.“ -

„Mag jeder thun, mwas er Luſt Hat, / er-
wiederte der Kanzelliſt mürrifh , „ achte mei-
nen König und ſeine Geſetze! Was der thut,
iſt wohlgethan, und es geziemt und ſchickt ſich
{hleht, dagegen zu wurren oder gar Betrug
zu maͤchen! Jetzt raiſonntren ſie freilich, nen:
nen ihn Tabaksſpinner, Kaffeebrenner und mit
mancherlei, noch viel ärgern ſauberen Namen,
und das weiß er Alles und lacht dazu. Aber
keiner wagt zu muckſen, und wartet nur, wenn
er nicht mehr ſein mird, mit den Nägeln wer-
den ſie ihn wieder ausgraben wollen.“ —

Der Lieutenant fuchte, naͤchdem er noch ei-
nige Spöttereien über den Kanzelliſten losge-
laſſen hatte, dem Geſpräch eine andere Wendung
zu geben, die {n Frau Margaͤrethen's Auge
nicht minder vortheilhaft für ihn war, — Ue-
berhaupt mor er heut liebenswürdiger, wie er
jemals gemwefen, wenigſtens kam e8 der Kan-
zelliftin. fo vor, Die ihm zum erftenmal mit
Jutereſſe zuhörte, denn Lieutenant Grabow
ſprach heute nicht von Schlachten, Paraden,
Rekrutenfangen und überliſten, Feldwaͤchen,
Prügeleien mit Studenten, oder Ueberfällen der
Panduren; er ſchwor und fluchte auch nicht, er
qualmte auch nicht ſo ſehr mit der Pfeife und
trank ſelbſt manierlicher, wie es der Frau vor-
famı. — Es beliebte ihm ein Stück ſeines eige-
nen Lebens zum Beſten zu geben, und das
wußte er mit guter Art zu thun. —

Hätt's nicht geglaubt,“ begann er, „daß
ich in meinem Leben noch eine Reiſe machen
müßte, und doch wirdis wohl nächſtens losgehen.
Was ſagt Ihr vazu, Frau Margarethe, wenn
der ungebetene Gaſt Euch plötzlich den Gefallen
erzeigt, und nicht wieder kommt? — Schlagt
Euer Kreuz hinterher und bittet Gott, daß er
ſich den Hals bricht auf den wohleingerichteten
bequemen Poſtwagen, die nach Preußen hinauf
gehen.“ *

„Daß Gott erbarm!” erwiederte Margarethe
lachend! „lieber Herr ich wünſche Niemandem
Böſes aber ein Poſtwagen nach Preußen iſt
ſprichwörtlich in der Leute Mund, eine Buße
für alle Sünden.“

Es muß doch fein,“” fagte Grabow. „Sch


chen würden Ich bin aus Preußen gebürtig,
ganz oben nach Litthauen zu, ging früh in
die Welt und ließ mich umbherftoßen, links und
rechts. — Nun, ich habe in meinem Leben
manches erfahren und bin dabei beſſer fortge-
fommen, wie viele, die längſt unterm Rafen
liegen. Bin gefund, wie ein Fiſch, habe Wür-
den und Chren, eine Penſion dazu, und hatie
manche Gelegenheit auch einen guten Thaler
zu ſparen! Habt wohl gehört , Frau Marga-
vethe,/ flüſterte er lachend „Wwie’8 fo im Krieg
Das Mein und Dein
wechſelt da, wie Geſtern und Heut, und ein
Narr, der's nicht zu benutzen verfteht.“ —

(Fortſetzung folgt.)

M a i lu ſt.

Durch Feld und Wald zu etlen,
Im friſchen Grün zu wellen —
Bet munterm VBögelfang —

O Götterluſt

In tiefer Bruſt,
Im Herzen, wonnig-bang!

Sewtegt von Blumendüften,
In Thälern wie in Klüften,
Von einem Blüthenmeer, —
Welch herrlich Sein
Im trauten Da
Dort drückt kein Kummer wehr!

Und wenn das Licht der Sonne .
Verbrettet Reiz und Wonne,
Vergoldend rings die Höhn —
Dann rubht m Bllck
Nur ſüßes Glück —
Mat, Du bleibſt ewig ſchön!

hermann Sıhulze.

Buntes.

Die Weſtſeite Zrlands in Frammen.
Die neuerlichen Berg= und Waldbrände in Zrtand
von der Südweft- bis zur Nordweft= Spige find
feltfam, wie das Schickfaͤl des Voltes. Der „Ne-
nagh Guardian“ meldet, der berühmte „Keeper“
(Berg in Tipperary) brenne in fürchterlicher Aus-
dehnung, die Flaminenmaſſe wüthe mit wideſter
Sewalt über eine (englifche) Meile Weges In der
Länge, und ihr Anhlick Naͤchts von Süden her ge-


man im letzten Jahrhundert wobhl nie in Irland
gefehen, Das Feuer ſoll zufällig entſtanden fein.
Die Berge in der Nachbarſchaft von Tralee (fn
Kerry), von Glounſkeheen bis nach Ddem alten
Killarney-Wege, haben in den letzten yaar Näch-
ten — na dem „Tralee Ehroniete! von Mitte
April — eine völlig vulkaniſche Erſcheinung dar-
gebofen. Eine Strecke von mehreren (engl.) Metz
len nach dem Gipfel fener Gebirgekette hinauf ſtand
die Haide in eıinem Flammenmeer, das fchönfte
Schaufpiel gewährend, vas wir je gefehen. Auch
die Paps in der Landſchaft Cork und Drung Hi
in Iveragh loderten hoch auf, und das Enfemble
muß von dem Theile der atlantifchen See, wo das
Auge einen Theil von beiden Feuern befaſſen Fonnte.
(denn die Flammenwoge auf den Tralee-Bergen
war auch an ihrer Suͤdſeite fichtbar), über alle
Maßen großartig geweſen fein. Keelac-1ohane- Wald
unweit Caftlemain fing zufällig am 22 Aprıl Feuer,
und ehe man es löſchen Fonnte, brannten 20 Arees
nteder. Alle Berge von Caftlemain bis Inch haben
während derſelben Woche in Flammen geftanden.
Mittwoch Nachts den 21, Ayrik gerieth ein Neiftg»
wald bei Bollingtogher in Brand. Mit ungeheurer
Wildheit wogten die Flammen fort und nahmen ſich
prachtvoll aus von den Höhen um Sligo, waren
aber nur mit großer Mühe zu löſchen! Später in
derſelben Nacht borft das Strauchholz auf dem
hochragenden Berge Benbulbin, 7 englifde Meilen
von Sligo, von ſelbſt in Flammen aus. Großars
tiaeres war nichts zu fehben. Die Stadt {chien mit
Fenerbergen umgürtet zu fein. Eigenthum ging
nicht verloren, da Benbulbin ein dürrer Berg odne
Anpflanzung und Begetation ift. Doch ift. gewiß
viel Wild umgefommen. Dies kann man wohl die
Feuerſäule“ nennen beim Auszug der Kinder Erin
aus dem europäiſchen Aegyptenlände.

Hei einer Tiſchgeſellſchaft behaupiete ein Derr,
es gähe allerdings zälle, wo eg ein Unglü@ fet,
wenn dreizehn bei Tiſch (äßen. — „Welhe ſind
das @“ fragten feine Tifchgenoffen. — „Wenn blos
für zwölf gefocht iſt,“ war die Antwort. 5

hätte nicht gedacht, daß ich eine Erbſchaft ma-

Verantwortlicher Redacteur: G. Keichard.

Druck und Verlag von G. Reichard.
 
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