vann klopft der Senfenmann an, und Alles,
was ich habe wäre dann freilich ihr Eigen!
thum. — Da iſt Elsbeih“ fuhr er Iuftig fort,
„bei der habe ich ſchon angefragt, aber da foll
ich Wunder thun und dann wiederkommen.“
— Er ſah ſich nach den Beiden um, ſte waren
aber hinausgegangen/ und eine dicke Falte legte
ſich auf Grabow's Stirn, die er mühfam wie-
der fortbrachte. — Margarethe fagte nichts,
der Kanzelliſt ſah zum Fenſter hinaus, ob Els-
beth etwa an der Thüre ſtehe, der Lieutenant
hing ſeinen Mantel um, und leife z0g er aus
bohnen, den er der Kanzelliſtin in die Hand
Drückte, — „Nebmt,“ faͤgte er, viſt für Euch
beflimmt; Moecakaffee, bekommt ihn Niemand
ſonſt, brennt ihn morgen früh, ganz heimlich.“
Margarethe ſchwankte einen Augenblick zwiſchen
Furcht und Freude. — „Wenn er es nur
nicht erfährt“, flüſterte ſie und deutete auf ihren
Mann, „oder ein Angeber gar.“ —
Pah!! fagte der Lieutenant, „thut mir leid,
wenn Ihr Furcht habt; aber ſolcher Kaffee iſt
eine Seltenheit.“
In dem Augenblick machte der Kanzelliſt
das Fenſter zu, Margarethe ſteckte den Beutel
unter die Schürze, und escamotirte ihn in der
naͤchſten Minute mit merkwürdiger Geſchicklich-
kelt unter die Bettdecke. — Die wirthſchaftliche
Sparſamkeit hatte über alle Bedenken geſtegt.
Der Lieutenant nabm nun ſchnellen Abſchied,
mwaß vielleicht auch deßhalb geſchah! da er drau-
ßen lautes Lachen und Elsbeth's fröhliche Stimme
hörte. Als er die Thür aufmachte,. ſtand ſie
an der Küche, und Eberhard, vor ihr, hielt
ihre Hand in den ſeinen. — „Du biſt nicht
klug!, ſagte fie, „der alte Eiſenfreſſer! zum
Todtlachen wär's, wenn er ſich verliebt hätte.
und zärtlich würde.“
„Wie Du nur darüber lachen kannſt“, ſagte
Eberhard traurig.
„Und wie Du nur darüber ernſthaft fein
Fannfi“, ſprach ſie dagegen! „G8 iſt zu lächer-
lich , dieſe Vogelſcheuche als Bräutigam zu
denken.“
Herr Grabow wußte nicht, was er denken
ſollte, galt das ihm, oder einem Andern %. aber
die dunkle Ahnung, mit der ſein Selbſtgefühl
ſtritt erhoͤhte wenigſtens den Zorn in ihm. Er
ſchämte ſich, gelauſcht zu haben, die Thür riß
er weit auf, ſchrie mit donnernder Stimme
ſein: Gute Nacht, alter Sergeantt“ und ſprengte
die beiden Verſchworenen austinander.
„Nun, Herr Muſikant,“ ſagte er ſo ſpaß-
haͤft, als er konnte, „fort nach Haus, hier iſt
Feierabend für heute, begleite er mich ein Stück-
chen! Er iſt ein kluger, junger Menfh, der
mit dem Koͤnig geſprochen hat, und von dem
ich gern auch guten Rath geben möchte.“
Eberhard nahm Abſchied. Elsbeih aber reichte
dem Lieutenant, der auch ihre Hand forderte,
nur den kleinen Finger und ſagte: „die übrigen
Vier wären ſchon fort, er müffe ſich mit dem
einen begnügen.“
„Das iſt der Goldfinger, der Ringftnger“,
erwiederte Grabow mit einem luſtigen Lachen;
„ja Elsbethchen, daran hab iH auch genug.
Bewahrſt Du mir den nur, ſo will ich die
uͤbrigen vier auch wohl bekommen.“ — Er
hielt den Finger mit Gewalt feſt und wollte
ihn kuͤſſen, als das übermüthige Mädchen Dau-
men und Zeigefinger zuſammenbog, und in
demſelben Augenblicke, wo ſeine Lippen die Fin-
gerſpitzen beruͤhrten, ſo unſanft an ſeine Nafe
traf, daß er zurückflog und ſte losließ.
„Das nehmt für Eure loſen Worte, böſer
Herr,“ rief ſie laut lachend, womit Ihr mir
ſolche hohe Ehren und Gedanken in den Kopf
fetzen wollt. Gute Nacht, mächtigſter Herr
Lieutenant, und Dir, Eberhard, denke daran,
was ich geſagt habe.“
So ſprang ſie in die Stube zurück, und der
blaſſe Kanzelliſt/ mit dem Lichte in der Hand,
halb friumphirenden Lächeln, als der Lieutenant
mit einem Fluche die Perücke zurecht ſchob,
welche ihre ſtolze Haltung verloren hatte. „Der
Sihelm“, ſagte er halb laut, „Spaß iſt Spaß,
aber er ſoll bald ſehen, daß Ernſt Ernſt haben
wil,“ So ging er forl. —
Eberhard ging ſchweigend an feiner Seite,
und dankte Gott, daß der Lieutenant nichts fragte,
denn der unverhoffte Naſenſtüber hatte ihn ſo
hätte, wäre irgend ſeine Zunge gelöſt worden.
An der nächſten Ecke wollte er ſich auf und
davon machen, und eben faßte er nach dem
Hute, als Grabow ihn anredete
„Ich habe immer geglaubt“, ſagte der Lieu-
tenant, „daß Er ein Berliner waͤre.“
„Ich bin auch einer“, meinte der Muſtkant.
„Das hat Er zwar dem König heut auch
hat ihm was vorgelogen. Lüg Er nicht, ich
weiß es beſſer.“
„Oho!“ rief der junge Menſch, ich weiß es
aber noch beſſer.“
„Laßt's ja nicht laut mwerden“, fagte Gra-
bow. „Er iſt groß und ſchlank, gäbe einen
prächtigen Grenadier; dahinter ſind ſie her, iſt
ein ſeltenes Wild.“
„Ich fürchte mich nicht“, ſagte Eberhard.
„Wenn ich auch nicht hier geboren wurde, ſo
ward ich doch in der Stadt getauft, was eben
ſo gut iſt. — Meine Mutter wollte ihre Nie-
derkunft hier halten, wie es alle Mütter thun
aus den Orten weit und breit, um ihre Kinder
vor dem bunten Rocke zu ſchützen, weil Berlin
einmal das Privilegium hat, daß keiner Sol-
dat zu werden braucht. Sie war aber zu ſpät
ausgefahren und ſo wurde ich freilich vor dem
Thore geboren, aber gleich hereingebracht und
getauft.“
„So ſteht's alſon, murmelte Grabow vor
ſich hin. — „Ih würd's aber doch keinem ſa-
gen“, fügte er laut hinzu.
Eberhard ſchien über dieſe Antwort ein wenig
betroffen. „Was hab ich denn zu fürchten“,
ſagte er zaghaft, aber Grabow antwortete nur
mit ſeinem heiferen ſpöttiſchen Lachen. Dann
ſtreckte er die Hand aus und ſagte: „Hört
Muſtkant, Euer Weg geht dort und der meine
hierhin. Lauft was Ihr könnt, junger Menſch,
und huͤtet Euch in meine Fährte zu gerathen-
Wißt, es hat noch Niemanden gut gethan, der
mit dem Grubow in Streit gerieth, oder ihm
etwas nehmen wollte, was er für ſich beſtimmt
hatte! Gute Nacht, Muſtkus; pfeif er ſich
Lieder auf ſeiner Pickelflöte ſopiel Er. will,
aber flöte Sr nicht der Elsbeth in die Ohren,
und wenn Er vernünftig wäre, blieb Er fort
aus dem Hauſe des Kanzelliſten, denn was Er
denkt/ daraus kann doch niemals was werden.
Verſtanden?“ — Er wickelte den flatternden
Soldatenmantel feſter um ſeinen breiten Kör-
per nickte drohend mit dem Kopfe und ſchritt.
dann um die Ecke.
Fortſetzung folgt.)
Der verhängnißvolle Maskenball.
Novelle von (*).
2
Zum Eden wird das Erdenrund,
Fried und Liebe thronen,
Und wo im tiefen HerzensgrunG
Des Hımmels Gaben wohnen !
Herr Berthold, wohlbeftallter Rentver-
walter der von SG**fdhen Familie, war ein
liebenswürdiger junger Mann von ungefähr
25 Sahren, auf deſſen Gemüth weder der
Aetenſtaub, noch das ewige Zaͤhlen-Einerlei
ſeines Amtes Einfluß zu haben ſchien, obwol
er ſich mit ſeltenem Fleiß und rühmenswerther
Ausdauer ſeinen Geſchäften widmete, auch war
er „gar g'ſcheidt“, wie die Leute ſagten; und
weil er außerdem in Benehmen und von Ge-
ftalt (iebenswürbig, endlich, wa die Haupts
preuß. Thalern) war, fo wurde ihm oft genug
mehr odet weniger deutlich der Spruch vor-
gehalten; „es ift nicht gut, daß der Menſch
allein fet“. Es dreht ſich ja heut zu Tage
Alles um die Liebe und — um’8 Geirathen:
Eine Erzählung ohne Liebebinhaͤlt iſt eine Suppe
ohne Salz, ein Frühling ohne Blumen; ein
junger Mann ohne das Gefühl der Liebe iſt
ein langweiliger Menſch, über den die ſchöne
großer Theil unſrer Ehemänner hundert Mal
der nachrückenden Generation Warnung über
Warnung vor dem Heitathen, wie vor der
Liebe zurufen ſte ändern nichts damtt! Was
wäre auch das Leben ohne Liebe? Eine Erde
ohne Sonne alto ohne Licht und ohne Wärme!
— Daß es in ſolchen Fällen nicht an freund-
ſchaftlichen Empfehlungen fehlt, bewährte ſtch
auch wieder an unſerm Freunde: Da kam
die Baſ Müller, und meinte, 8 wär! eben
doch hübſch, wenn der Herr Vetter jetzt ein-
mal ernſtlich an’8 Heirathen dächte , und die
Mamſell Louiſ' da gegenüber mwär’ die rechte
Frau für ihn, „denn? %.. und nnn ging’8
an ein Aufzaͤhlen von Vorzügen, — 3, B
wie hübſch, wie gut, wie Haushältertfch;, wie
liebenswürdig und — wie reich ſie ſei, u f i
— daß man ſich gleich bis zum Sterben in
ſte hätte verlieben mögen! Das war aber erſt
eine freundſchaftliche Empfehlung.“ Dann kanı
noch die Frau Nachbarin, und zwar „„fo hinme
ten ’rum“”, wie man zu ſagen pflegt; die Frau
Muhme der Herr Vetter u. f w. Aber das
zog Alles nicht! Freund Berthold fagte zwar
immer: „Sa, ja, fle hätten Recht fogar ganz
Recht“, das Aber behielt er jedoch immer für
ſich, denn „Widerſpruch reizt“! — Er Hatte
ja ſchon längſt gewählt, und zwar, wienes
oft der Fall iſt, ohne alle Empfehlung! Das
war nun freilich den „aus purer Freundſchaft!
Reeommanditenden nicht recht, und an ſcharfen
Kritiken war von jetzt an kein Mangel! Das
genirte aber unſern Heiraths-Kandidaten wenig;
er fand ja für all’ die Spottereien und bos-
haften Ausfälle ſeiner ſo beſorgt geweſenen
Freunde und Freundinnen reichen Erſatz in
dem Befiß ſeiner Antonie. Sie war fo gut,
und beſaß bei einem liebenswürdigen Aeußern
ein ſo ſanftes, inniges Gemuͤth! Freilich hatte
ſie nicht, wie Manche ihrer Nebenbuhlerinnen
über Tauſende von Brabanter Thalern zu ge:
bieten, brachte dagegen andere Schätze mit, die
mehr als alle diefe wogen. Berthold war kein
Idealiſt, aber ſein Wahlſpruch: „Geld macht
ſelten glücklich!“ war hier , bei dem wichtig-
ſten Schritte felnes Lebens, gewiß am Platze. —
So floß heiter und ungetrübt den beiden
Gluͤcklichen das Leben dahin! Doch nicht im-
mer ſtraͤhlt die Sonne, — bar oft zieht
ungeahnt ein Unwetter hHerauf, das den Blu-
mengarten des Lebens mit Einem Schlage ver-
nichtet! Berthold kamen zwar manchmal dieſe
ſo gänzlich wolkenlos, daß es Thorheit gewe-
ſen ware, die glücklichen Stunden ſeines Lebens
durch unnütze Sorgen ſich zu verbittern; —
(SFortfegung folgt.) ı 134
Buntes.
Im Jahr 1813 faßen in traulichem Kreife
mehrere Soldaten am Wachtfeuer und unterhielten
ſich von Kameraden,, welche defertitt maren., Eia
wegen feiner zweiveutigen Geſinnung nicht im beſten
Rufe Rehender Zambour, Nameng Milch, tret
fpäter auch herau. „Marfch l“ rief ein alter —
bart. Ich babe immer gehört, wenn DdIE äUi};(CfP
zu nahe am Feuer fteht;, fo LAuft fte über!
S
Berantw ortlicher Redacteur: ⏑ .
Druck und Verlag von G. Reichard.
was ich habe wäre dann freilich ihr Eigen!
thum. — Da iſt Elsbeih“ fuhr er Iuftig fort,
„bei der habe ich ſchon angefragt, aber da foll
ich Wunder thun und dann wiederkommen.“
— Er ſah ſich nach den Beiden um, ſte waren
aber hinausgegangen/ und eine dicke Falte legte
ſich auf Grabow's Stirn, die er mühfam wie-
der fortbrachte. — Margarethe fagte nichts,
der Kanzelliſt ſah zum Fenſter hinaus, ob Els-
beth etwa an der Thüre ſtehe, der Lieutenant
hing ſeinen Mantel um, und leife z0g er aus
bohnen, den er der Kanzelliſtin in die Hand
Drückte, — „Nebmt,“ faͤgte er, viſt für Euch
beflimmt; Moecakaffee, bekommt ihn Niemand
ſonſt, brennt ihn morgen früh, ganz heimlich.“
Margarethe ſchwankte einen Augenblick zwiſchen
Furcht und Freude. — „Wenn er es nur
nicht erfährt“, flüſterte ſie und deutete auf ihren
Mann, „oder ein Angeber gar.“ —
Pah!! fagte der Lieutenant, „thut mir leid,
wenn Ihr Furcht habt; aber ſolcher Kaffee iſt
eine Seltenheit.“
In dem Augenblick machte der Kanzelliſt
das Fenſter zu, Margarethe ſteckte den Beutel
unter die Schürze, und escamotirte ihn in der
naͤchſten Minute mit merkwürdiger Geſchicklich-
kelt unter die Bettdecke. — Die wirthſchaftliche
Sparſamkeit hatte über alle Bedenken geſtegt.
Der Lieutenant nabm nun ſchnellen Abſchied,
mwaß vielleicht auch deßhalb geſchah! da er drau-
ßen lautes Lachen und Elsbeth's fröhliche Stimme
hörte. Als er die Thür aufmachte,. ſtand ſie
an der Küche, und Eberhard, vor ihr, hielt
ihre Hand in den ſeinen. — „Du biſt nicht
klug!, ſagte fie, „der alte Eiſenfreſſer! zum
Todtlachen wär's, wenn er ſich verliebt hätte.
und zärtlich würde.“
„Wie Du nur darüber lachen kannſt“, ſagte
Eberhard traurig.
„Und wie Du nur darüber ernſthaft fein
Fannfi“, ſprach ſie dagegen! „G8 iſt zu lächer-
lich , dieſe Vogelſcheuche als Bräutigam zu
denken.“
Herr Grabow wußte nicht, was er denken
ſollte, galt das ihm, oder einem Andern %. aber
die dunkle Ahnung, mit der ſein Selbſtgefühl
ſtritt erhoͤhte wenigſtens den Zorn in ihm. Er
ſchämte ſich, gelauſcht zu haben, die Thür riß
er weit auf, ſchrie mit donnernder Stimme
ſein: Gute Nacht, alter Sergeantt“ und ſprengte
die beiden Verſchworenen austinander.
„Nun, Herr Muſikant,“ ſagte er ſo ſpaß-
haͤft, als er konnte, „fort nach Haus, hier iſt
Feierabend für heute, begleite er mich ein Stück-
chen! Er iſt ein kluger, junger Menfh, der
mit dem Koͤnig geſprochen hat, und von dem
ich gern auch guten Rath geben möchte.“
Eberhard nahm Abſchied. Elsbeih aber reichte
dem Lieutenant, der auch ihre Hand forderte,
nur den kleinen Finger und ſagte: „die übrigen
Vier wären ſchon fort, er müffe ſich mit dem
einen begnügen.“
„Das iſt der Goldfinger, der Ringftnger“,
erwiederte Grabow mit einem luſtigen Lachen;
„ja Elsbethchen, daran hab iH auch genug.
Bewahrſt Du mir den nur, ſo will ich die
uͤbrigen vier auch wohl bekommen.“ — Er
hielt den Finger mit Gewalt feſt und wollte
ihn kuͤſſen, als das übermüthige Mädchen Dau-
men und Zeigefinger zuſammenbog, und in
demſelben Augenblicke, wo ſeine Lippen die Fin-
gerſpitzen beruͤhrten, ſo unſanft an ſeine Nafe
traf, daß er zurückflog und ſte losließ.
„Das nehmt für Eure loſen Worte, böſer
Herr,“ rief ſie laut lachend, womit Ihr mir
ſolche hohe Ehren und Gedanken in den Kopf
fetzen wollt. Gute Nacht, mächtigſter Herr
Lieutenant, und Dir, Eberhard, denke daran,
was ich geſagt habe.“
So ſprang ſie in die Stube zurück, und der
blaſſe Kanzelliſt/ mit dem Lichte in der Hand,
halb friumphirenden Lächeln, als der Lieutenant
mit einem Fluche die Perücke zurecht ſchob,
welche ihre ſtolze Haltung verloren hatte. „Der
Sihelm“, ſagte er halb laut, „Spaß iſt Spaß,
aber er ſoll bald ſehen, daß Ernſt Ernſt haben
wil,“ So ging er forl. —
Eberhard ging ſchweigend an feiner Seite,
und dankte Gott, daß der Lieutenant nichts fragte,
denn der unverhoffte Naſenſtüber hatte ihn ſo
hätte, wäre irgend ſeine Zunge gelöſt worden.
An der nächſten Ecke wollte er ſich auf und
davon machen, und eben faßte er nach dem
Hute, als Grabow ihn anredete
„Ich habe immer geglaubt“, ſagte der Lieu-
tenant, „daß Er ein Berliner waͤre.“
„Ich bin auch einer“, meinte der Muſtkant.
„Das hat Er zwar dem König heut auch
hat ihm was vorgelogen. Lüg Er nicht, ich
weiß es beſſer.“
„Oho!“ rief der junge Menſch, ich weiß es
aber noch beſſer.“
„Laßt's ja nicht laut mwerden“, fagte Gra-
bow. „Er iſt groß und ſchlank, gäbe einen
prächtigen Grenadier; dahinter ſind ſie her, iſt
ein ſeltenes Wild.“
„Ich fürchte mich nicht“, ſagte Eberhard.
„Wenn ich auch nicht hier geboren wurde, ſo
ward ich doch in der Stadt getauft, was eben
ſo gut iſt. — Meine Mutter wollte ihre Nie-
derkunft hier halten, wie es alle Mütter thun
aus den Orten weit und breit, um ihre Kinder
vor dem bunten Rocke zu ſchützen, weil Berlin
einmal das Privilegium hat, daß keiner Sol-
dat zu werden braucht. Sie war aber zu ſpät
ausgefahren und ſo wurde ich freilich vor dem
Thore geboren, aber gleich hereingebracht und
getauft.“
„So ſteht's alſon, murmelte Grabow vor
ſich hin. — „Ih würd's aber doch keinem ſa-
gen“, fügte er laut hinzu.
Eberhard ſchien über dieſe Antwort ein wenig
betroffen. „Was hab ich denn zu fürchten“,
ſagte er zaghaft, aber Grabow antwortete nur
mit ſeinem heiferen ſpöttiſchen Lachen. Dann
ſtreckte er die Hand aus und ſagte: „Hört
Muſtkant, Euer Weg geht dort und der meine
hierhin. Lauft was Ihr könnt, junger Menſch,
und huͤtet Euch in meine Fährte zu gerathen-
Wißt, es hat noch Niemanden gut gethan, der
mit dem Grubow in Streit gerieth, oder ihm
etwas nehmen wollte, was er für ſich beſtimmt
hatte! Gute Nacht, Muſtkus; pfeif er ſich
Lieder auf ſeiner Pickelflöte ſopiel Er. will,
aber flöte Sr nicht der Elsbeth in die Ohren,
und wenn Er vernünftig wäre, blieb Er fort
aus dem Hauſe des Kanzelliſten, denn was Er
denkt/ daraus kann doch niemals was werden.
Verſtanden?“ — Er wickelte den flatternden
Soldatenmantel feſter um ſeinen breiten Kör-
per nickte drohend mit dem Kopfe und ſchritt.
dann um die Ecke.
Fortſetzung folgt.)
Der verhängnißvolle Maskenball.
Novelle von (*).
2
Zum Eden wird das Erdenrund,
Fried und Liebe thronen,
Und wo im tiefen HerzensgrunG
Des Hımmels Gaben wohnen !
Herr Berthold, wohlbeftallter Rentver-
walter der von SG**fdhen Familie, war ein
liebenswürdiger junger Mann von ungefähr
25 Sahren, auf deſſen Gemüth weder der
Aetenſtaub, noch das ewige Zaͤhlen-Einerlei
ſeines Amtes Einfluß zu haben ſchien, obwol
er ſich mit ſeltenem Fleiß und rühmenswerther
Ausdauer ſeinen Geſchäften widmete, auch war
er „gar g'ſcheidt“, wie die Leute ſagten; und
weil er außerdem in Benehmen und von Ge-
ftalt (iebenswürbig, endlich, wa die Haupts
preuß. Thalern) war, fo wurde ihm oft genug
mehr odet weniger deutlich der Spruch vor-
gehalten; „es ift nicht gut, daß der Menſch
allein fet“. Es dreht ſich ja heut zu Tage
Alles um die Liebe und — um’8 Geirathen:
Eine Erzählung ohne Liebebinhaͤlt iſt eine Suppe
ohne Salz, ein Frühling ohne Blumen; ein
junger Mann ohne das Gefühl der Liebe iſt
ein langweiliger Menſch, über den die ſchöne
großer Theil unſrer Ehemänner hundert Mal
der nachrückenden Generation Warnung über
Warnung vor dem Heitathen, wie vor der
Liebe zurufen ſte ändern nichts damtt! Was
wäre auch das Leben ohne Liebe? Eine Erde
ohne Sonne alto ohne Licht und ohne Wärme!
— Daß es in ſolchen Fällen nicht an freund-
ſchaftlichen Empfehlungen fehlt, bewährte ſtch
auch wieder an unſerm Freunde: Da kam
die Baſ Müller, und meinte, 8 wär! eben
doch hübſch, wenn der Herr Vetter jetzt ein-
mal ernſtlich an’8 Heirathen dächte , und die
Mamſell Louiſ' da gegenüber mwär’ die rechte
Frau für ihn, „denn? %.. und nnn ging’8
an ein Aufzaͤhlen von Vorzügen, — 3, B
wie hübſch, wie gut, wie Haushältertfch;, wie
liebenswürdig und — wie reich ſie ſei, u f i
— daß man ſich gleich bis zum Sterben in
ſte hätte verlieben mögen! Das war aber erſt
eine freundſchaftliche Empfehlung.“ Dann kanı
noch die Frau Nachbarin, und zwar „„fo hinme
ten ’rum“”, wie man zu ſagen pflegt; die Frau
Muhme der Herr Vetter u. f w. Aber das
zog Alles nicht! Freund Berthold fagte zwar
immer: „Sa, ja, fle hätten Recht fogar ganz
Recht“, das Aber behielt er jedoch immer für
ſich, denn „Widerſpruch reizt“! — Er Hatte
ja ſchon längſt gewählt, und zwar, wienes
oft der Fall iſt, ohne alle Empfehlung! Das
war nun freilich den „aus purer Freundſchaft!
Reeommanditenden nicht recht, und an ſcharfen
Kritiken war von jetzt an kein Mangel! Das
genirte aber unſern Heiraths-Kandidaten wenig;
er fand ja für all’ die Spottereien und bos-
haften Ausfälle ſeiner ſo beſorgt geweſenen
Freunde und Freundinnen reichen Erſatz in
dem Befiß ſeiner Antonie. Sie war fo gut,
und beſaß bei einem liebenswürdigen Aeußern
ein ſo ſanftes, inniges Gemuͤth! Freilich hatte
ſie nicht, wie Manche ihrer Nebenbuhlerinnen
über Tauſende von Brabanter Thalern zu ge:
bieten, brachte dagegen andere Schätze mit, die
mehr als alle diefe wogen. Berthold war kein
Idealiſt, aber ſein Wahlſpruch: „Geld macht
ſelten glücklich!“ war hier , bei dem wichtig-
ſten Schritte felnes Lebens, gewiß am Platze. —
So floß heiter und ungetrübt den beiden
Gluͤcklichen das Leben dahin! Doch nicht im-
mer ſtraͤhlt die Sonne, — bar oft zieht
ungeahnt ein Unwetter hHerauf, das den Blu-
mengarten des Lebens mit Einem Schlage ver-
nichtet! Berthold kamen zwar manchmal dieſe
ſo gänzlich wolkenlos, daß es Thorheit gewe-
ſen ware, die glücklichen Stunden ſeines Lebens
durch unnütze Sorgen ſich zu verbittern; —
(SFortfegung folgt.) ı 134
Buntes.
Im Jahr 1813 faßen in traulichem Kreife
mehrere Soldaten am Wachtfeuer und unterhielten
ſich von Kameraden,, welche defertitt maren., Eia
wegen feiner zweiveutigen Geſinnung nicht im beſten
Rufe Rehender Zambour, Nameng Milch, tret
fpäter auch herau. „Marfch l“ rief ein alter —
bart. Ich babe immer gehört, wenn DdIE äUi};(CfP
zu nahe am Feuer fteht;, fo LAuft fte über!
S
Berantw ortlicher Redacteur: ⏑ .
Druck und Verlag von G. Reichard.