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gen, die ein Paar menſchenfreundliche Muh-
men, welche wie ſte fagten, Elobeih über
Alles liebten, doch bemerkt haben wollten, und
ſie boshaft die ganze Zeit über darauf anſahen.


freude fand leider viele Anfechtungen und ward
irre geleitet. Elsbeth's blaue Augen flimmet-
ten und blitzten bald wieder, ſie war ſo freu-


fammlung war Linſtimmig in dem Lobe ihrer


zürnte mit thr! Er hatte feln neues Recht be-
nutzt! das ſchöne Mädchen in ſeine Arme ge-
nommen und geküßt, und ſie haͤtte es ſtill und
geduldig gelitten. Aber als feine Lippen ſie
berührten, fühlte er keine Erwiederung; ſein
Auge, ſo nah dem ihren, konnte, wie durch
einen Spiegel in ihre tieffie Seele hinabblicken.
— Ein unaus ſprechlicher Hohn ſchimmerte ihn
an und ein Abfcheu, der ſich mit der fchaden-
frohen Begier miſchte, ihn zu verſpotten. Selt-
ſamer Weife aber waͤren ihre weichen Züge
dabei ganz freundlich, ein Ausdruck ſicherer
Ruhe ſchien jene verborgenen Empfindungen
Lügen zu ſtrafen, und dieſe doppelte Falſch-
heit machte ihn wild und furchtſam zugleich, -

Endlich ſetzte er ſich in eine Ecke ve8 Zim:
mer8 und ſprach leiſe mit thr. „Nun,“ mein
liehes, theures Bräutchen,“ fagte er, und ver-
ſuchte eine Zärtlichkeit, „nun bift Du ganz
mein/ nun kann Dich Niemand mehr nehmen,
auch der Narr von Muſtkant nicht mehr,. der
ſeine Abendbeſuche wohl in Zukunft taffen wird.“

Meint Shr, mein würdigſter Herr Braͤu—
tigam 2 erwiederte ſte ſpöttiſch, „Nein, im
Gegentheil, ich denke deu armen Knaben nun
recht oft zu ſehen, denn jetzt werdet Ihr doch
nicht mehr eiferſüchtig ſein?“

„Eifexſüchtig,“ fprach Grabow, „iſt die ge-


daß Du mich liebſt, und e8 kann wohl ſein,
daß ich dem Narren noch Gutes thue.

Sie ſah ihn mit durchdringenden Augen an,
als wollte ſie errathen, was er dachte. „Lie-
Len“ ſagte ſte dann lachend, „Euch lieben?
Ihr wißt nicht, was Ihr ſprecht. — Ihr habt,
Gott weiß es durch welche Mittel, meine El-
tern bethoͤrt, und ich halte Euch nun ſelbſt für
einen Kobold oder Hexenmeiſter! — Weil Ihr
mebr gefonnt, ‚al8 der Zauberer mit ſeiner
Wunderlampe, fo Hhabe ich mich nicht wider-
feßt; was follte ich thun, da Ihr Fluch und
Schande über mich bringen wolltet? Nun habt
Ihr mich, weil ich mußte, aber Ihr habt mich
auch nicht. Alles kommt mir wie ein Traum,
wie ein Scherz vor, aus dem Tag und Ernſt
mich wohl erloͤſen werden. —

„RKind,“ fagte @rabow mit einem finſtein
höhniſchen Blicke, „für den Scherz iſt die Sache
zu ernſthaft und für den Ernſt ſcheiaſt Du mir
wahrlich zu ſpaßhaft gelaunt. Haſt Du keine
Liebe um fo fchlimmer für Dichz dann haſt
Du freventlich leichiſinnig gelogen. Ich bin
aber der Mann nicht, der ſich narten und
foppen läßt von einein Weibsbilde. Alt bin
ich aber was ich will, will ich. Vol vem
Prieſter haſt Du Dein In ausgefprochen, daͤ—
von erloͤſt Dich keiner. Jeder unbändige Sinn

Du biſt mein.“

Wie er das ſprach und ſie unheimlich düſter
anftarrte, ward fie plößlich bleich! Vor ihrem
innern Auge that ſich eine unermeßliche Wüſte
der Zukunft auf, ihre Seele zitterte davor, ein

furchtbarer Schmerz leuchtete in ihren Blicken.
Nach wenigen Minuten aber leuchieten die Au-
gen wieder hell, und da ſie fah, daß Andere
ſie beobaͤchteten, faßte fie des DBräutigams
Hände, nNeigte ſich zu ſeinem Ohr und fagte.
leiſe: „Ihr kennt mich gar nicht, lieber alter
Herr, fonſt würdet Ihr mir nicht drohen. 8


meinen Bräutigam zu ſehen, und vor Euern
zornigen Blicken fürchte ich mich ganz und gar
nicht. — Denkt nur nicht daran, mig zu er-


Ich habe Euch gefagt, nehmt wich nicht, {ch
bin ein Robold, das werdet Ihr empfinden.“
ie drohte ihm ſchalkhaft mit dem Finger.

„Mein Täubchen“ ſagte er dann freudig
leiſe. „Du weißt noch gar nicht, was der
Grabow für ein Kerl ift. . Biſt Du ihm gut,
ſo wirſt Du ein Leben führen, wie keine Cvel:
dame; wilſt Qu ihm Streiche machen, ſo glaube
mir, er ſetzt Dein Koͤpfchen zurecht.“

Hört erwiederte ſie noch luſtiger. „Got-
tes Auge waͤcht über alle Menfhen, daran
glaubt Ihr freilich nicht. In meine Bruſt hat
er aber heſondere Kraft und Gläubigkeit ge-
legt. Seht, ich mürde ſicher meiner Eltern
Gebot erfüllen und mit Cuch an den Altar
treten, im feß en Vertrauen, daß doch feine
Hülfe nahe ſei.
den, mein lieber Bräutigam. Ich bin wach
und gerüftet dazu alle Zeit; ich bin ſo ohne
Zagen, daß ich immer laͤchen muß üöer all’


wahrt Euch ſelbſt vor Schaden, denn ich ſuche
immer umber nach den rechten Mitteln, ich
finde ſie ſicher, und dann ſeid Ihr verloren.“


liebes Bräutchen ,“ xief der Alte laut lachend
und küßte ganz närıifch ihre kleinen Hände,
„Ihr macht mich glücklich, theuerſte Elsbeih,
denn das müſſen die ächten Liebesmittel ſein.“

„Bat man je fo etwas erlebt,“ fluͤſterte


vorhin war wohl gar eine Freuͤdenthräne! Sie


lichen Menſchen.“

„Weil er Geld und Gut hat,“ ſagte die
andere, „und einen Titel für ihr Geſtchtchen,
an dem eigentlich doch nichts iſt. Es iſt Heu-
gelei aber ſie war von jeher Hoffärtig. —
Wie ſie verliebt zufammen flüftern und lachen.
Pfut! e8 iſt nicht anzufehen von ehrbaren
Jungfern.! Laß ung gehen.“ —.

*

Und bald gingen ſie Alle, ſelbſt der Bräu-
tigam, Grabow war nach ‚und- nach ſtiller
geworden, beſonders feit beim Verlobungsmahle
Elsbeths Uebermuth immer höher ftieg. Nun
wußte er, woruͤber ſte lachte; ſie verhöhnte feine
Mühe, ſeine Zuneigung, ſie gab ſich nicht das
Anfehen fn zu verachten oder zu haſſen, fle
verſpottete ihn! — Er Fonnte ſich nicht in
dieſen Zwieſpalt von Sonderbarkeiten finden,
Wäre ſie böfe gewefen, zornig, gletchgültig,
5a8 Alles hatte er vorher bevechnet, aber der
bitteve übermüthige Srett fraß grimmig in
ſeiner Bruſt und verkehrte faſt die Liebe in
Rache. Eins nur ſtand feſt! Er woͤllte fie
haben und Gott ſelbſt nicht auskiefern. Wie


erpreſſen, ihren übermüthigen Sinn hinſterben
ſehen wollte in kleinlicher Verzagtheit, das zu
denken gewährte ihm Erheiterung.

Aber früh brach er auf, die Gäſte folgten
und wie ſie fort waren, riß Elsbeth die Blu-
men aus dem Haar, fie warf das Seidenkleid
fort, den Spitzenkragen dazu und den Ring
Gleuderte ſie verächtlich in einen Kaften. —
Die Mutter ſprach einige zürnende Worte, aber
die Tochter fah ſie ſtreng und ſcharf an, daß
ſie roth wurde und die Augen niederfchlug. —

„O! mein Kind,“ fagte ſte leiſe und faſt
weinend, „Gott iſt mein Zeuge, nur zu Dei-
ner Ehre und Glückſeligkeit habe i Alles
fügen helfen.“ —

Mutter,! verfetzte ſte ruhig, „ich will glau-


ter, wie Du ſprachen, wenn fie Elend über
ihr Kind brachten. Ihr habt mich fortgeftoßen
in mein Glück, nun ſo laßt es denn waͤchfen,
und wundert Euch nicht, mwenn die Frucht
anders ſchmeckt, als die Blüthe.“
Die Mutter wollte etwas erwiedern, al8 an
die Thüre geklopft wurde und die alte Frau
hereintrat, bei welcher, wie ſie wußten, Eber?




hard wohnte — Sie fah erſchrocken aus und
vang die Hände mit ſchnierzlichem Ausruf, ehe
ſie ſprechen konnte. Erſt na einiger Zeit
fing ſie an zu erzaͤhlen, wie in der ‚Mittag»
ſtunde ein Offizier und zwei Corporale in {fr
Haus gekommen feien, wie ſte nach dem jun-
gen Menſchen, dem Eberhard, gefragt hätten.
Darauf wären ſte In ſeine Stube gegangen
und hätten laut und heftig mit ihm geſprochen.
— „Da haben wir einen huͤbſchen Vogel er-
wiſcht,“ haͤtte der Lieutenant lachend gefagt,
Aeugnen hilft Ihm gar nichts, ein Berliner
iſt Gr nicht, das wiffen wir beffer und wollen
es Jlm beweiſen. — Vorwärts, angezogen und
keine Umſtände. Er iſt Soldat un für DIE -
Betrügerei ſoll er ſeinen verdienten Lohn er-

halten.“ ; ?
Goͤrtſetzung folgt.) *

Aus dem Umgang mit Emanuel Lellenberg!

Als ich nach Hofwyl gekommen war, ſo

Eſichtigte ich natuͤrlich gleich in den erſten

Tagen die ganze Wirthfchaft, Scheunen und

Ställe, Milchkeller und Geräthewerkſtätten.

Düngerhof und die umliegenden Felder haͤtte i
gründlich geſchaut und frug endlich naiv genug

nach der Branntweinbrennerei. Denn ich war

lange genug {n einem Lande Verwalter gewe-

fen, mo man eine Landwirthſchaft ohne Brens
nerei ungefähr für gleihbedeutend Hält mit ei-

nem Weſſer ohne Klinge oder einer Lalerne!
ohne Licht. Fellenberg fah mich groß an und
meinte blos, ich müſſe die Bedeutung von

Hofwyl doch noch nicht recht erfaßt haben, weil

ich hier nach der Brannutweinbrennerei frage.
Später hat er mir dann gar oft noch im“
Scherz diefe meine Frage vorgehaͤlten und al8

ich im Winter 1843 auf 44 {n meinem hes

miſchen Laboratorium einen Feinen Deftillir-
apparat mit ©eddafhem Refrigerator aufftellte,

Alkohol zu

unterſuchen, bat er mich ausdrücklich darum/

die Zöglinge von dieſen Deſtillatiansverſuchen

nichts wiſſen zu laſſen, wie deun auch die

Lehre von der Branntweinbrennerel aus dem

landwirthſchaftlichen Uuterricht geſtrichen mwor-
den war. Denn, fagte er, die Branntweins
brennerei gehört nicht zur Landwirthſchaft/ iı
nur zufällig Dazu gefommen. und mittelbar wie
unmittelbar ein Verderhen für diefelde. Ihöricht”
iſt der Wahn, al8 koͤnnte man ohne ſte im
Winter das Vieh nicht durchbringen wie nieine

und viel tauſend andere Wirthſchaften beweiſen.

Das Branntweintrvinfen iſt aber das thieriſchefte

Laſter des Menſchen.

Buntes.

Ein ſehr origineller Sonderling war Pterre
tamefangere, Redacteur eines Movdejournals
in Varis. Er war ein abgefagter Feind von Regen»
foirmen, und nahm deshalb nie einen folchen mit;
ſo kaufte er ſich
— bamit feine Toilette nicht nothleide — einen- -
Nenen. Cr fam nie anders naͤch Haus, als fich
etwas neu Gekauftes mitzubringen; heut feidene —
Strümpfe, morgen einen Hut, Handfchube 2C. , und
fo fam e6, daß ſich nach feinem am 22. Febr 1831
erfolgten Tode in feiner Garderobe über 1000 aar _
feidne Strümpfe, 2000 Paar Schuhe, 6 Dußend
blaue Röcke I1 Tabaksdofen und' 47 Regenſchirme
vorfanden.

.. 3n _einem Schrifichen über die Kartoffelkrank-
heit („Die Kartoffel und deren Krankveit. Cin-
Beitrag zum rationalen Bau der Kartoffeln. Von
Dr. Sarl ©. U. Hoyer. „Detimold, Meyerfche Dof-
buchanalung“) finden wir am Schluſſe ein „Rars
toffelied“ in plattdeutfcher Mundart , deſſen letzte
Strophe wir unfern Lefern hier mittheilen: .

Drum, Lüe, ſied vdankbar! Franz @ta{fe ſchall
ewen, —.

Dei üsk det herligen Kartuffeln hat gewen s

Un dei et nig wilt weten, un det nig wid Danken, .

Mag Eckern verteren, un davon —

I Srünne pon Kartuffeln, Fomt, fötet * an:

Et iewe Franz Drafke! dei herlige Man !

Verantwortlicher Rrdackeur: G. Reichard. *
 
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