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heiterem Angeſichi⸗ die Laute im Arın Unter
dieſem Bilde ſteht das Motto: „Wo um einen
frommen Tenor die andern Stimmen hüpfen


Dieſer Spruch aber rührt von einer Samm-
lung Motetten her, die Walther und Senftt
für Luther geſchrieben haben, und über die er
diefes Urtheil faͤllt. Die frommen und geiſt-
reichen Männer,- welche Luthers Zettgenoffen
und Freunde, die Haupttrlebfedern waren, daß
die Muſik nicht allein als ein Hauptbeſtandtheil
des Goͤttesdienſtes angeſehen, fondern dadurch
auch der weltlichen Muſtk eine tiefere und wür-
digere Bedeutung gegeben wurde, waren haußt-
ſächlich Agricola, erſter proteſtantiſcher Cantor
in Magdeburg/ Louis Senftl, balertfcher Capell-
meiſter, der durch ſein Talent den größten
Muſtkern der Nieverlande, Frankreichs und
Italiens gleich war OÖlareanus, Roland (zwei
proteſtantiſche Tonfeger), fein Freund Melanch-
thon , und ſein Beſchützer der Kurfuͤrſt von
Sachfen. Ein damals jehr geachteter Schrift-
ſteller ſagt daher, daß Luther der katholiſchen
Confeſſton durch den von allem dramatiſchen
Ceremoniell befreiten Choral-Gefang mehr Ab-
bruch gethan habe, als durch alle feine Lehren.
Das Werk dieſer allgemeinen Muſik⸗Reformaͤtion
war nun nicht mehr aufzuhalten, und fo er


proteſtantiſchen Stäbten, z3. B. in Nürnberg,
Augsburg, ähnliche Sammlungen von Motetten
und Chorälen, Refponforien 20., worin mehr
als hundert Tonſetzer der Vergeſſenheit entriffen
wurden! Wir nennen einige der bedeutendſten,
al8: Albrecht, SOckenheim! Iſaak von Prag,
Mouton, Morales, di Laſſo, Walther, Jos-
quinus de Pres u. fi w. In CEngland und
Schottland componirte der beruhmte Reformator
Knor Kirchenmelodien/ wie Luther 1540, welche
noch gebtauchlich ſind. Als ein ganz befon-
deres Curioſum aber muß hier angeführt wer-
den, daß Zelter, der Freund Goͤthels, von den
bedeutenden Choralmaͤnnern! (wie er ſich aus-
drückt) die mit unſerm Luther lebten, faſt alle
anfuͤhrt — ſelbſt Senftl — nur den Refor-
mator und Veredler des Kirchengefangs, Luther
felbft, nicht,

Nach diefen in Nuce geführten Andeutungen,
daß Luther nebſt der Reformation des proͤte-
ſtantiſchen Cultus auch der Reformator des
deutſchen/ ſowohl kirchlichen als weltlichen Ge-
ſangweſens war, dürften zur nähern Charakter{-
fitk dieſer Skizze noch einige Züge und Aus-
ſprüche dieſes großen Mannes an ihrem Platze
ſein. (Schluß folgt.)

Literariſche und Kunſt⸗ Notizen.

Wer erinnert ſih nicht mehr an das Aufſehen,
bag gegen die Mitte det Vierziger Jahre Georg
Herwegbh erregie? Zetzt find feine Gedichte vom
Markt des Buchhandels verfhwunden, vom ublt-
fum vergeffen — und das mit Necht, die befruch-
- tende Duelle der verweghſchen Mufe ſpruͤdelte
nicht aus einem gefunden Herzen, fondern war. der

Erguß eines überreizten Kreibeltsfichwindels , war
Beit»{?rafe. An dieſer Kraͤnkheit ging er für feine
Partei wie für die Literatur zu Gruuͤde. Jetzt hat
er in Osfar von Redwig feinen yolartfchen
Segenfaß gefunden. Redwitz wegen feines tene
Denziöfen Kofettivens mit dem Ultramontanismus
von einem Theil der Preffe ungebübhrlich gelob-
hudelt, wird das Schiekfak feines volerifchen Bors
gängers nicht lange von ſich abwehren Fönnen.
Gein neueftes Werk: „Sebidhte von Ogskar
von Rcdwipß” (Mainz 1852) gleicht mehr einer
Anleilung zu kraͤnkhafter Krömmelet, als einer, vem
moralifdhen Trieb einer ächten Dichterfeele ent-

Aromenden. Lyrit. Begreiflich iſt es freilich, daß

ſolche Mache in gewiſſen Kreiſen felbft über

die klaſſiſche Literatur erhoͤben wird. Wir unferer-
feits wollen vor dem Gifte warnen, daͤs in den
ſchnitzeiten Berfen diefes fchlechteften aller zu

Namen gefommenen. Dichter verborgen ift die NRed-

witz ſche Poefte wedt keine acht moralifden und
. wahrbaft religiöfen Gefühle , fondern verführt ven

fich ihr hingebenden zum heuelnden Pfetiften,
ür Freunde Mendelsfopn’{her Mufik die

Nachricht, daß die Veröffentlichung feines muftfa-

liſchen Nachlaͤſſes, die des zu früh verftorbenen

/ Meifters erfraunlidhe Schöpfungstraft von bigher
unbefannten Seiten zeigt, rafh voranfhreitet, Die)|
Mufikalienhandlung von- Breitkopf und Härtel In
ßeipgfig verſandte bereits das 27Re der nachgelaffenen

Die ſchon ſeit Sahren durch die Zeltungen ſpuckende
Nachricht, Meyerbeer habe eine Oper „die Afrt-
fanerin” vollendet, ſcheint ein Yuff gewefen zu fein.
Seßt hHeißt e8, er lege eben in Paͤris die letzie Sand
an die Partilux Übrigens habe die Sper einen an-
bern Titel. Meyerbeer liebte es von jeher, dem
Erſcheinen ſeiner Werte bandwurmartige Lärm-
voſaunen voranzuſenden — ein Mandver, daͤs fuͤr
den gebildeten Theil des Yublikums eben fo unin-
terefjanft, alg die Couliffenefecthaſcheret feiner
* für die wahre dramaͤttſche Kunſt verderb-
— —
Das Ltbenäum bringt eine vollſtändige Zu-
ſammenſtellung der Ramen aller jener Mitglieder
desenglifdhen Sber und Unterhaufes, die als Schrift-
feller, MRedacteure oder Herausgeber von Yerid-
diſchen Blättern zur literariſchen Zunfigenoffenfchaft
gehören. Unter anderm fiuden wir den Schatz-
fanzler Disraelt alg Romanfchreiber, den Lord
John Ruffell als Dramaktiker, den Lord Brougham
alg ©taat@hilofophen, den Lord Campbell als
Biographen, den Lord Normanby als Novelliſtiker,
den Lord Londonderry alg Redaͤeteux, den Lorde
kanzler Baron St. Leonards als jurtdifchen Autor,
den Herzog von Argyll als Hiſtoͤriker, den Carl of
Roſſe alg Naturforſcher den Sarl of Weſtmoͤreland
As Componifen, den Serzog von Wellington alg
Schlachten⸗ Bülletins⸗Schrelber und ſo weiter,

Die Eroberung bon Caulauſe.
Fortſetzung)

Leider haben mich nur Elend und Ver-
bannung einige Pflichten gegen die Damen
kennen gelehtt, den Muth. und die Ausdauer
im Leiden z aber kommt der Tag, wo ich wie-
der in mein Erbe einziehe, dann foll ſich eine
KirtHe für Unfere liebe Frau und Ddie veuige
Magdalena erheben.“ S

„Das iſt nochH nicht genug, ſchoͤnex Ritter,”
fuhr die ©väfin forts „Du mußt auch gegen
jeden Mitter den Saß vertheivigen, daß Feine
lebende Dame fehoͤner fei, al8 Ddie Heilige Jung-
frau, Die Mutter unferes Herın, „Und {hre
Begleiterin Marie Magdalena,“ fiel Regina,
der Eitelkelt ihrer Mutter fchmeihelnd, ein.“

Das will ich ermiederte der Ritter demüthtg.

„Du wirſt von num an den NMamen eines
Ritters der Damen ve8 Himmels führen und
nun für ſie Liebe fühlen.“

Raimund leiſtete mit aufrichtiger Ueber-
zeugung den Eid und haͤtte noch keine Ahnung
von ſeinen Folgen. Als ſie ihn darauf über
ſeine Reiſe und Hoffnungen befragt hatten, und
diefer auf alle Fragen mit gebogenem Knie
und geſenktem Haupte geantworeet, verſchwan-
den ſie und ließen den Orafen im Dunkeln,
denn unterdeſſen war der Abend hereingebrochen.
Da fühlte fich auf einmal der junge Graf von
zwei nervichten Fäuſten gepaͤckt und in die
Höhe geriſſen, und als er die Freiheit wieder
gewonnen hatte, fand er ſich auf dem Wege
nach Rom. Während er noch alles Mögliche
that, um ſich zurecht zu finden, fluͤſterte {bın
eine Stimme ins Ohr! Willſt Du die Hoch:
heilige Magdalena wiederfehen, fo beie {n
der Kirche des heiligen Peteus zu ihr, und
ine andere weichere! Willſt Dır die Hoͤchheilige
Jungfrau wiederſehen, bete zu ihr in der Kaͤ—
velle der Heimfuchung; und ehe er noch ant-

worten konnte befahl ihm eine dritte Stimme,
aber laut und herriſch: Nimm das Roß mit
Allem, was es trägt aber bei Deinem Leben,
kehte nie in diefen Palaſt zurüß, In vemz
ſelben Augenblicke Hatte ſich auch ANe8 entfernt,
und NRaimund. fühlte ſich allein. Auf deni
Wege ſtand ein wohlgezäumtes Bferd, an deſſen
‚ Sattel ein fetdner mit Golbſtücken gefüllter
|Beutel hing. Nach feiner Rückehr nach Rom
erzählte der junge Graf feinen Gefährten, waß
er erlebt hatte, Der Graf Comminges wollte
darüber laͤchen aber der erfahrenere alte Graf
won Touloufe wollte daͤrein ein untrügliches

Zeichen fehen, daß wenn der Schutz der Bi-

ſchöfe der Sache des jungen Grafen fehle, der
des Himiels ihr nicht mangeln wuͤrde, und
das wäre ein ganz anderer.” *

„Das ſtärkte ihn al8s er am anderen Tage


erſchien. So wie der junge Graf

„Herr von Terride,“ unterbrach ihn Wil-
helm von Minerse indent ev ſich erhob, „die
Ritter wollen eine Romanze und keinen ern-
ſten Bericht verſchlebe daher diefe nicht folange-
bis wir keine Zeit mehr dafür baben; erzäuͤle
die Sachen, wie ſte folgen, Was geſchah denn
in diefer Sitzung?“

„Es fet, ich will Euch das Allbekannte er-
zählen und dann das Geheimniß erklären Du8,
wie ich fehe, der Berläumdung Preis gegeben
worden iſt.“

Er hielt einen Augenblick inne und fuhr
dann fort:

Als die Grafen von Vouloufe, von Folr
und Comminges vor dem Coneile erſchienen,
waͤren achthundert Biſchoͤfe und Brälaten ver-
fammelt; Alle mit ihrer Mitra, ihrem Herme-
lin und Krummftabe, faßen -fie in vder Fonz ;
ſtantiniſchen Bafilifa unter vuͤrpurnen Balz
dachtnen Ddie Reihen entlang, während der
heilige Petrus in der Mitte des Choces auf
einem Stuhle von Chenholz unter einem Throne
himmel von Goͤldbrocat thronte. Der alte


der verſammelten Kirchenfürſten im Concilkunt
zu St. Gilles über ihn und die Seintgen das
Verdammungaurtheil ausgeſprochen hatten. Er
erſchien demüthig und gebeugt, ſeinen Sohn
an der Hand, und warf ſich Sr. Heiligkeit,
unſerem Herrn, zu Füßen, Diefer hob e
gnädig auf und umarınte den jungen Graͤfen
Aber der tapfere Bernhard Roger von Foir
trat mit erhobenem Haupte, ftolzem Bllcke
die Hand auf feinem Degengefäß, in die Ver-
fammlung und biteb in der Mitte darin ſtehen.
Darauf ertheilte der Papſt vem Grafen von
Toulouſe die Erlaubnip, feine Beſchwerden
vorzubringen, und dieſer antwortete mit beſchei-
denem Tone, daß ſein Herz zu ſehr verwuͤndet
ſei, um nicht vielleicht zuweilen aus den Schran-
ken der Mäßigkeit zu treten, und er den Gra-
fen Roger von Foix mit der Geltendmachung
ſeiner Rechte beauftragt hHabe,"

„Ohne Zweifel,“ unterbrach Minerve mit
rauher Stimme, „um bei erſter beſter Gelegen-
heit dieſe Worte abzuläugnen und dem Loyalen -
Foix mit Verrath zu vergelten, ſobald es ſich
der Mühe lohnt.“

„Wilhelm,“ verſetzte darauf der Maure
Ben⸗Oueld, „Du haſt kein größeres Unglück
erduldet, als wir Alle, warum biſt Du denn
aufgebrachter al8 wir; ſo höre doch ruhig zu.

Eortſetzung folgt.)

Buntes.

‚.. In Lille (Frankreich) iſt ein volitiſcher
N arr verhaftet worden. Derfelbe, feines Standes
ein Hutmacher, der, in Frankreich geboren, Längere
Zeit in London gelebt hHat, predigte auf. offener
©iraße den Stalz der feßigen RKegierung durd
eine MRevolution, die, wie er fagte, die lebte fein
würde. Er führte eine Proffamation bet fich, voll
der wahnwigiaften Profecte communififder daͤr⸗
bungs; einige. Stalpröbchen find folgende: „Art. 1
Die Kegenden Güter und das Seld werven alle
50 Sahre aufgenommen und unter die Buͤrger ver-
theilt. _ Die verfhtedenen Religtonen werden auf-
gelöst.“ Orfginell iſt folgender Artikel ; — „Der
BHürger, welchex in der Straße betrunken gefehen
wird, Micd zuerſt gewarnt werden; bei einem Kuͤck-
fall wird er nach einem Theile Frankreichs gebracht
werden wo es nur Waffer zu frinken gibt.“ En
weitexer Plan ift: „Alle Bürger können unentgelt*
lich die Wohnung, die ärztliche Hülfe und die Arznet
verlangen“, Nıun, der Teßte Wunfch iſt dem Ver-
faſſer der Prottamatton fchon gewährt, er wurde
von den Aerzten unterfucht, nach deren Befchluß er
nach einer Irrenanſtalt gebracht wmurde, um geheilt
zu werden.

Redigirt unter Verantwortlichlett von 2 Leichard.

Druck und Verlag von G. Re ich ard.
 
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