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len baden. 2

Ja, baden! ſchrie Karl nach und alle meine
Gegenvorſtellungen halfen nichts. Wenn ich
nicht bei der Parthie ſein wolle, meinten beide,
ſo müſſe ich ihnen wenigſtens einen Kahn mie-
then, denn fie könnten ſich ja mit den Schiffern
nicht verſtändigen! Was wollte ich thun? fie
in ihrem Zuſtand allein der Führung eines
Gondoliere anvertrauen? das ging nicht an;
unmböglich konnte ich meine zwei Landsleute in
dieſem Zuſtand verlaſſen! . Alfo miethete ich,
zuletzt nachgebend, eine Gonvel und fuhr, von
dieſer Badefahrt eine ſchlimme Abkühlung ah-
nend, längs des Golfes hin gegen den Wacht-
thurm, der wegen ſeiner Aehnlichkeit mit dem


genannt wird.
Dieſer Thurm von Piſa liegt ungefähr drei-

auf einer kleinen Inſel, die außer einem ſich
täglich abloͤſenden Wachtpoſten von acht Mann
unter dem Kommando eines Korporals keine
Bevölkerung hat. Einige hundert Schritte vor
der Inſel machten wir Halt. Karl und Gu-
ſtav entkleideten ſich und ſprangen ins Waſſer,
während ich und die zwei Schiffer auf vem
Kahn zurückblieben.

» Meine erſte Furcht erwies ſich als ungegrün-
det. Ich mar ſchon darauf gefaßt, meine Lands-
leute aus dem Waſſer ziehen zu müſſen; doch
ſte gerirten ſich ſchwimmend geſchickter als ge:z
hend. Nach einiger Zeit kehrten beide wohl-
behalten in den Kahn zurück, und ich freute
mich ſchon der glücklich befeitigten Gefahr, alg
das Speetakel losging. ESchluß folgt.)

Die Eroberung von Coulouſe
(Fortfegung.)

„So mag denn die Gräfin fterben,” vief
Credo „da8 iiſt vielleicht Gerechtigkeit.“ —

Sie liebt alfo? ſchrie der Greis auf,

Credo gab keine Antwort.

Sie liebt alſo?“ wiederholte der Greis und
ſtand auf.

Credo wandte das Geſicht weg.

„Sie liebt alſo?“ ſchrie der Greis noch
einmal. ;

Credo wollte ſich wieder wegwenden, ‚abe
der alte Graf wiederholte noch einmal ſeine
Frage, und diesmal mit einer ſo ſchrecklichen,
niederſchnietternden Miene, daß Credo in dump-
fem Tone ſagte: „Nein, ihn liebt ſie nicht,
weil ſte einen Anderen liebt.“

Da ſtieß der Greis einen Schrei des Ent-
ſetzens aus und wiederholte: „Einen Andern;“
riß mit einer Kraft, die nur die Wuth auf
einige Augenblicke verleihen Lann, den Dolch
aus Credoſs Hand, ſetzte ihn ihm auf die Bruſt
und ſagte: „dann mußt Du mir ihn nennen !‘ —

Michael nennt er ſich, gnädiger Herr!“
Wie ein Donnerſchlag traf dieſer Name den
Alten. Der Dolch ‚entfiel ſeiner Hand, und
mit der Stimme der Gräber ſagte er : „Der
Fluch des Herrn hat mein Geſchlecht heimge-
fucht! Laß mich, Credo.“

Der Diener wäre gern geblieben, aber der

nicht ſterben willft, wenn es nicht wahr iſt,
oder wenn es wahr, daß Du mir es nicht ſchon
längſt geſagt haſt.“ Credo ging, und der
Greis blieb allein. 4



Während dieſe Scene zwiſchen Eredo und
ſeinem Herrn Statt fand,. ging etwas ganz
Anderes in der unteren Galerie vor. Wir
erinnern uns noch des Momentes, wo Signis
den ſehnlich erwarteten Augenblick benutzte
wo fie allein mit Othe war, vor ihn tret
und auf ſeinen ſchmerzlichen Ausruf antwortete

Otho hatte es vernommen, wie die Gräfin das

Andenken ihrer Liebe in ſein Herz zurückrief;
er konnte noch an die Dauer dieſer Liebe glau-
ben aber er hatte auch Gruͤnde dagegen. Als
ſie aber mit ſolchem Feuer ihm entgegentrat,
durchzuckte der Gedanke daran ſeine Seele, und
er betrachtete Signis mit durchbohrendem Blicke,
als wollte er die Geheimniffe ihres Herzens
leſen. Die Gräfin war immer noch wuͤnder-


Locken in reicher Fülle ihr blaffes Geſicht; ihr
Auge hatte das verführeriſche Feuer bewahrt,
das ſte mit ſolcher Anmuth hinter den langen
ſeidenen Wimpern zu verbergen wußte; ihre
Braunen woͤlbten ſich wie früher auf der rei-
nen weißen Stirn, noch war ihr Wuchs keck
nnd ſchmächtig wie früher; ihre Zähne glänz-
ten weiß und makellos wie früher; ſte war im


fech8&zehnten, und doch war ihr Alter in Ge-
ſicht und Haltung zu leſen; die Zeit haͤtte ihr
das unerklärliche Siegel aufgedruͤckt, das aus
Allem ſpricht und doch nirgends beſtimuit gefaßt
werden kann! Die bezaubernde Anmuth der
Sugend, die alle Züge einer zarten Blume in
ſich vereint, mit dem Schleier der Beſcheiden


Benehmen die jungfräuliche Schüchternheit er-
kennen läßt; Alles das war verſchwunden.
Vor ihm ſtand ein ſtolzes, raſches, kühnes
Weid; in dieſem Herzen mußten die Leiden-
ſchaften getobt, in dieſen Augen die Liebe ge-
glüht, um diefe Lippen der Zorn gezuckt haben.
Otho trat zurück und betrachtete ſie ſchweigend.
Signis that desgleichen; aber Otho war nicht
mehr der ſchöne, kecke und ſtürmiſche Mann,


Unbedachtſamkeit ſprach, raſch und geſchmeidig
genug um über eine Mauer zu klettern, über


dunkeln Corridor entlang zu ſchleichen! Er
war ſchon mehr als der vollendete Mann-
Sein Haar wurde ſchon dünner um die von
Naͤchdenken oder Sorgen gefurchte Stirn; und
wenn er noch als ein Krieger in ſeiner vollen
Kraft daftand, fo haͤtte ihn doch ſeine Eleganz
verlaffen; das eijerne Kleid, das ihn immer


rauber Kälte aufgedrückt.
Blick des Mannes, ohne das Auge niederzu-
ſchlagen, ſie wußte wohl, welche Frage dieſer
Blick an ſie richtete, und fagte, den Kopf ein
Wenig ſenkend:

Mein Herr, fuͤrchten ſie nichts, die Liebe
iſt in meinem Herzen erſtorben. Ich will keine
Rechenſchaft über Ihre Eide von Ihnen, fragen
auch ſie nicht, was ich mit meinen gemacht
Babe n 8l . j
Wer Hat e8 Ihnen gefagt, Signis 2“ ent-
gegnete Otho. - ;

„Ihre Thaten, wie Ihre Worte; was Sie
erzählt, was Sit verſchwiegen haͤben. Ihr
Herz fuͤhlt keine Liebe mehr, Otho, weder für
mich noch für Andere; für Nichts in der Welt


(Sortfeßung folgt.)

Literariſche und Kunft: Rotizen.

„Kaifer Karl“, eine epiſche Trilogie von D.
$ Gruppe i eine In correcten fließenden Verſen
Jeſchriebene Dichtung ,, deren Lectüre Jedermann
unterhalten und befriedigen wird. Der Verfaffer
befingt die Kriegsthaten und ritterlichen Tugenden
Karls des Großen, untermengt mit einzelnen Zügen
aus dem Sagenkreis ſeines Zeitalters ,, wobet to-
mantifche Abenteuer nicht vergeffen find, wie 3. B.
jenes der kaiſerlichen Zochter Emma, Ddie, als
während einer Nächtlichen Schäferfiunde Schnee
gefallen war, ihren Geliebten Eginhard auf höchſt-
eigenen Schultern zum Palaft hinaus und nach
Haufe trug, daͤmit nicht durch deffen Fußtritte bet
Tagesanbruch das geheime Rendez-vous verrathen
mwürde. — Ein in ſeiner Art zöchſt eigenthümliches


Mann im Zoggenbdburg“, na den Original-
handſchriften herausgegeben von € duard Bülo w
(Leipzig 1852 bet Georg Wigand). Diefer arme

Manı , feines Standes ein Weber in dem Dorfe
Vattweil bei Lichtenfteig, und fchon im Jahre 1798
verſtorben, hgt eine Selbfibiographie, ein Tage-
huch und eine Abhandlung über Shake{peare hinter-
Taffen, Die voll der Körnigfen Lebensregeln, voll
der trefflichften Bemerkungen über Religionund -
Natur find. Mancher Aufgeklärte des neunzehnten
Jahrhunderts kann noch zu diefem gefunden Tog-
genhurger des achtzehnien in die Schule gehen.
— Ein anveres BuchH „Neber das Wefen des
hriſtlichen Staate s“ von Rabiner Dr. Stein,
möchten wir befonderg den Ültramontanen empfed-
fen, die unfer Journal, wenn auch nicht gruͤndlich
zu leſen, doch regelmäßig zu überfliegen ſcheinen
da fie e8 fo häufiger Angriffe würdigen. Ein Jude,
der das Weſen des Chriftenthums in ſeiner ſitllichen
Srundlage, d. 9. in der reinen, aufopferungsfaͤ⸗
htgen Liebe und Hingebung an die Menfchheit , in
der Unterordnung jedes felbftfüchtigen Zwedes un=.
ter die heiligſte Pflicht für das Wohl der Miimen-


der Chriſten beſchämen. — Ueber die berühmte
Rachel ſagt, bei Gelegenheit ihres neulichen
Franfurter Haſtſyiels ein bekannter Kritifer:; „Mit
der Vortragsmanter der ſchwerfalligen und monos
tonen Allexandriner vermag uns felbſt die Kunft
einer Rachel nicht zu verſohnen. vier ſpricht ſie
ein Dutzend Verſe init einer Rapidität, alg ſeien
ſie von einer Locomotive in ſtürmiſchem Flug davon
gefragen, dort debnt fie andere, alg habe fevde
Silbe eine Zentnerlaſt anhängen; bier laͤßt ſie ihre
Stimmmittel gewaltig donnern und brauſen, alg
folle eine Welt zertruͤmmert werden, dort fluͤſtert
ſie leiſe und kaum vernehmbar. Dieſe Contrafte,
dieſe grellen Uehergänge und Effecte, denen man
die Aöſicht zu ſehr anſieht, mißfallen und verſtim-
men ung, Wir dürfen indeß der Rachel nicht zum
Vorwurf machen, daß ſie dem Geſchmack ihrer
Nation Rechnüng lrägt und der Convenienz ihrer
Bühne ſich unterordnet.“ Dies Urtheil enthält viel
Wahres. Wir felbft haben die Rachel früher oft
geſehen und verglichen fie damals an einem andern
Zrt mit einer, durch Victor Hugo’s grauen= unDd
blutgterige Feder variirten neuen Ausgabe der alt-
franzöſiſchen Klaffifer: ſie übertündt die Monofonie
der mißverſtandenen drei Einheiten (deg Grund
gefeßes aller wahren Dramatik), mit den grellen
Farben der neufranzöfifchen Nomantik. Zadurch
machte ſie den Arengen Racine dem heutigen
Flatterſinn der Parifer wieder mundgerecht, unDd
wurde zugleich für ung ein lebendiger Wetterzeiger
des jeßigen Geſchmacks der Franzoſen. Dies Ur-
theil hindert ung nicht, die Nachel für eine außer-
gewöhnliche Ereheinung zu erflären, denn die dar-
ſtellende Kunſt hat ihr Möglichſtes geleiſtet, wenn


vor der und.für die fie wWirkt, erklärt werden muß-

w *

Buntes.

„.. Die Nattonalbiblioihef zu Paris empfängt
täglich im Durchfhnitte 30 Bände neuer Bücher,
wag binnen einem Jabrhundert ungefähr 1 Million
Bände ausmacht.

.. Die Herzogin von Montpenfier trug Fürzlich
bet einem Conzerte am Hofe zu London ein Halss
band, das allgemeine Bewunderung erregie. Es
war daſſelbe, velches einſt der unglüclichen Marie
Antoinetie fo viele Zhränen Foftete, daffelbe, welches
fpäter der Katfer Napoleon ankaufte, um eS Hor-
tenſe Beauharnais, ſeiner Stteftochter u. Schwa-
gerin, zu ſchenken, daſſelbe, welches Louis Phi-
lipp von der letztern für 700,000 Frfg. kaufte, um
eg ſeiner Geniahlin zu ſchenken! die es ihrer
Schwiegertochter, der Herzogin von Montpenfier,
als Hochzeitsgefchent gab. ;

Die Bewegung in dem hamburger Hafen iſt
nie ſo groß gewefen, wie eben ietzt fo daß man
denſelben bedeutend Vergrößern muß, zu welchem
Zwecke der Senat 386,398 Mark ausgeworfen hat.
Wie ſehr die Handelsthätigkeit dieſes Hafens zu-
genommen, mag man aug Folgendem erſehen:
Am 1, Juni 1836 beſtand die hamburger Haͤndels-
flotte aug 146 Fahrzeugen, im Jahre 1846 aus
223, und 1852 aus 361. Im Jahre 1840 ltefen
in den Hafen ein 2937 Schiffe mit 149,621 Lafßt
und unter dieſen 343 Dampfer, im Jahre 1851
aber 4169 Schiffe, worunter 607 Dampfer, zufams
men mit 249,179 Laftı .

.. SHr. . Mouillard zu Brüffel hat ein 12
bis 13 Franken koſtendes chirurgiſches Werkzeug
erfunden, welches den Dienft der Blutegel verfieht
und diefelben angeblich mehr als erfeßt, da $
nie ſeine Dienſte verfagt. Die in den brüffeler
Spitälern damit gemachten Verſuche ſollen fehr
befriedigend ausgefaͤllen ſein.

Redigirt unter Verantwortlichkett von G. Keichard.

Druck und Verlag von G. Re ichlard.
 
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