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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Beilage-Blätter Nr. 1-13; 15-18: 20-22; 24-60; 62-157
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#1500
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Zeitung) an, die ſchnell und geſchickt von deut-
ſcher Heimath Kunde bringt, und im Cafe vel
Oriente findet man an den Abenvden einen klei-
nen Kreis deutſcher Landsleute, welche nach
alter deutſcher Manier ſich die Stunden gemüth-
lich verkürzen! Hieran knüpft unſer Reiſender
noch die weitern allgemeinen , jedenfallg beher-
zigungswerthen Benierkungen: Wenn auch hier
leider, wie überall, die politiſche Bedeutung
und thatfaͤchliche Repräſentation des deutſchen
Elementes fehlt, ſo iſt es doch jedenfalls ein
eitles und ungerechtes Geſchwätz wenn Tou-
riſten behaupten wollen, daß die Deutſchen in
Spanien ihre Nattionalität verleugnen und lie-
ber die äffiſchen Bedienten fremder Nationen,
als felbftſtändige Charaktere darſtellen wollen.
Ich habe Spanien in einer großen Ausdehnung
nach verſchiedenen Richtungen durchſtre ift und da
in vielen meiner Landsleute Männer von ächtem
Schrot und Korn kennen gelernt, die bieder
und wacker ihrem Landsmann die Hand ſchüt-
teln und mit Liebe am deutſchen Vaterlande
hängen: Erfahrungen, die ich überhaupt auf
meinen Reifen in drei Welttheilen gemacht habe.
Es iſt wahr, daß ſich mancher deutſche Lump
im Auslande befindet, und daß dieſer eine
Lump mehr ſchadet, als hundert ehrliche Leute
nützen, allein wegen diefes einzelnen Schurken
einen Stein gegen die ganze große Nation, die
in ihrer Mehrzahl ebenſo wohl im Auslande,
wie im Inlande von Vaterlandsliebe, Recht-
lichkeitsſinn und Treue beſeelt iſt, werfen zu
wollen, iſt eine Schmach und Niederträchtigkeit,
die nicht ſtarkegenug gerügt werden kann. Ich
habe den wohlhabenden deutſchen Bauer am
Ohio und Miſſourt, den reichen deutſchen
Haͤndelsherrn in Italien, den deutſchen Solda-
ten in Afrika, den geſchickten Handwerker an
der Themſe und Seine mit eben der Freude,
dem Stolze begrüßt, als meine beſten Freunde
am Nhein und an der Donau. Ich habe
überall deutſche Gaſtfreundſchaft, eine warme
ANufnahme, überall deutſche Zungen und Her-
zen, überall deutſchen Fleiß, Geſchicklichkeit
und Selbſtſtändigkeit gefunden. Das Vater-
landsgefühl des Deutſchen iſt ſtärker, als er
ſelbſt glaubt. Man gehe nur in ferne, fremde
Länder, ſo wird man fühlen, wie mächtig das
Herz für Deutſchland ſchlägt, und wie wohl-
thuend und wohlklingend die lange nicht ge-
hörte Mutterſprache einwirkt. — In Bareelona,
ſagt unſer Verfaſſer im Verlaufe ſeiner Schil-
derung dieſer Stadt, regt ſich immer mehr der
Sinn für Wiffenſchaft und Kunſt. Eihe Ge-
fellſchaft von Schriftſtellern beabſichtigt, die
gefeiertſten Heroen der deutſchen Literatur durch
Ueberſetzungen der ſpaniſchen Nation zugäng:
lich zu maͤchen! Schon während meiner Ans
weſenheit wurde mit den Gedichten Goͤthes,
Schillers, Klopſtocks u. ſ. w. ein erfreulicher
Anfang gemacht, und man beabſichtigt auch
ſpäter die ſtaatswirthſchaftlichen Lehren von
Rau, Mohl, Börne, ſowie die philoſophiſchen
Werke von Schlegel und Gervinus, folgen zu
laſſen! Schon war auch eine Ueberſetzung der
Werke von Jeh! v. Müller und von F. Liebig
im Buchhandel erſchienen. Auch die deutſche
Muſik ſteht hier wie in ganz Spaͤnien in gro:
ßem Anſehen. In dem großen Theater des
Lyees woͤhnte ich Concerten bei, in denen Mu-
ſikſtücke von Beethoven, Maria v. Weber,
Mozart und Andern mit entſchiedenem Beifall
aufgeführt wurden. Im ſchönen Valeneia
traf unſer Reiſender gleichfalls deutſche Landé-
feute, beſonders in der Calle de Laragoza, wo
ſie die größten und reichſten Gewölbe der Stadt
beſitzen! Sie ſtammen meiſt aus Böhmen,
machen hier gute Geſchäfte und ſtehen bei der
valeneianiſchen Bevölkerung in Anſehen und
Achtung, IN einer andern der dortigen
Straßen (Cale de WUnion) wyrangt über
der Thüre eines Haufes ein Schild mit der
Aufſchrift: Fabries di Cerveza de Prancisco!

Scherle. Der Beſttzer dieſer Braueret, ein
Badenſer aus Freiburg, iſt ein braver, ſchlich-
ter Deutſcher, der auf ein: „Srüß Dich Goͤtt
Landsmann, gib mir einen Trunk,“ einem
eine Flaſche Bier zu 4 Groſchen mit dem
Wunſche auf den Tiſch fegt: Wohl bekomms.“
In der Wirthsſtube läßt eine große Schwarz:
wälder Wanduhr ihren gleichmäßigen Schlag
erſchallen, und Bilder aus dem ſchönen Schwa-
benlande ſchmücken die Wand.
nun ganz gemüthlich in Valencia, der Stadt
des Cid, und gedenkt beim Gerſtenſaft der fer-
nen deutſchen Heimath! Uebrigens finden ſich
faſt in allen größeren Städten der pyrenaͤiſchen
Halbinſel deutſche Bierbrauereien, die mehr
oder minder gute Geſchäfte machen! Im viel-
geprieſenen Malaga ſind mehrere der angeſehen-
ſien Kaufleute Deutſche und wegen der ſchon
oben an unſern Landsleuten gerühmten Eigen-
ſchaften in ganz Spanien geachtet. Ihre Han-
delsverbindungen ſind von aushedehnter Art
und beſtehen meiſt in großartigen Ausfuhr-


und Nettigkeit wie hier Cadix wegen ſeiner
weiß angeſtrichenen Häuſer mit ihren vielen
grünen Balkons und Altanen, den engen, aber
reinlichen Straßen und den freundlichen, ſchö-
nen Menſchen, die hier wohnen, genannt wird,
traf unſer Wanderer zwar nur ein kleines
Häufchen von Deutſchen au, durfte aber die
Gaſtfreundſchaft und Zuvorkommenheit der-
ſelben um fo größer finden, ſo daß er mit
Freuden bekennt: Nirgends in ganz Spanien
habe ich mich fo heimiſch gefühlt, als im Kreiſe
dieſer (von ihm namhaft gemaͤchten) biedern
Männer, die ſich's zur Ehre rechnen, ächte

Reiſe von Sevilla nach den Hochebenen Caſti-
liens gelangte H. Ziegler nach Carolina,
einer 48 Leguas (1'/s fpan. Meilen —1
geogr. Meile) entfernt von Madrid am ſüdli-
chen Abhange der Sierra Morena freundlich
und frei gelegenen Stadt. In der zweiten Hälfte
des achtzehnten Jahrhunderts wurde ſie fammt
andern an drei deutſche Meilen von hier ſich
hinziebenden Anſtedelungen von Deutſchen
(Schwaben) und Schweizern gegründet und
läßt in ihrer regelmäßigen Bauart, in der
überall ſichtbaren Reinlichkeit, der Gleichheit
der breiten, großen Straßen, den planmäßig
angelegten freien Plätzen, der mit Bäumen
bepflanzten Landſtraße, namentlich der über
das Gebirge hinziehenden ſchönen Chauffee, den
lebendigen Hecken und gut, insbeſondere zum
Anbau des Roggens, hergerichteten Feldern,
ſo wie endlich in den blonden Haaren, blauen
Augen und Namen vieler Einwohner mit Sicher-
heit ihren germaniſchen Urſprung errathen.
Durch glänzende Verſprechungen der ſpaniſchen
Reglerung angelockt, fahen ſich die armen deut-
ſchen Einwanderer, ſtatt fertige Häufer, Naͤh—
rungsmittel und Vieh oder Befreiung von
Steuern und Zehnten auf ewige Zeiten, Pti-
vilegien, freie Religionsübung zu finden, bei
ihret Aukunft nicht nur in dieſer Hoffnung
getäuſcht, fondern ſelbſt dem Verderben und
der Verfolgung ausgeſetzt. Oft habe ich bei
meinen Spaͤziergängen geglaubt, in ein gut-
müthiges deutſches Auge zu blicken, oft wähnte
ich voͤn dem Munde der auf der Straße ſich
herumtummelnden Jugend deutſche Laute zu
vernehmen, aber auf meine Erkundigungen
wurde nie anders als ſpaniſch geantwortet.
Die deutſche Sprache iſt ganz untergegangen,
und auch von deutſchen Sitten und Gebräu-
chen iſt das Meiſte dem ſpaniſchen Einfluß
erlegen. Deutſchland ſtrömt ſein beſtes Blut
in die Welt — damit es im Lande einer
fremden Nationalität verlaufe. — Seine Um
ſchau nach dem deutſchen Element durch Spa-
nien hin beſchließt der Verfaffer mit Madrid
und findet auch bier für fein patriotiſches Herz
tröſtliche Befriedigung in der allgemeinen Ach-


tung, worin die Deutſchen, namentlich Kauf-
feute, ſo wie Künſtler und Haͤndwerker, ins-
beſondere Optiker Uhrmacher und Tifchler,


geſchätzt, in Spaniens Hauptſtadt leben-

Buntes.

„°, Wie’S in Amerika, dem „Land der Freiheit“
mit der Rechtspflege geht, kann man * 7*
bem Beifpiel abnehmen, In Weaverwil, Bezirk
Trinity, wollte der Sheriff (Gerichtsbeamter) an
einem Sonntage eine Befchlagnahme bei einem
gewiffen Dr. Sorten vornehmen. Die Fran des
— erklärte ihm aber, daß Alles im Haufe
ihr geböre, und daß er überdies kein Necht habe,
an einem Sonntage eine Erecutten vorzunehmen.
Der Sheriff kehrtẽ ſich aber nicht daranı „Wenn
Sie nicht abziehen, erfchieße ih Sie,“ rief jeßt
bie Srau und hielt idm ein VPifkol vor. Auch das
ran kehrte ſich der Sheriff nicht, worauf die Frau
ihmerichtis eine Kugel in die Seite fagte. Auf
dies hin zerſchmetterte ihr der Sheriff durch einen
iſtolenſchuß den Kopf und fein Gehilfe ftredte den
Doktor zu Boden.

Der verſtorbene Herzog von Wellingtion


im Gange für eine dortige Statue, Manchefter
will eine ſolche neben vder von Sir N. Peel haben,


benen Kanzlers ſich bewahren, auch die fünf Zaͤ
fen werden nicht zurüdbleiden wollen, etwa mit
einer Säule auf dem Felſen von Dover. Eine
Büßte des Herzogs aus feinen letzten Lebensfahren
von Herra Noble wird wohl in einer Weife ver»
vielfältigt werden, um feine Züge im Andenken
weiterer ereiſe zu erhalten.

“ In Sßgfel‘_efl)angte„ ſich ein Schneider an
der Thür eines feiner Gläubiger der ihn feiner
Schulden wegen und vermachte, gemäß
einem bei dem Erhängten gefundenem Briefe, feiz

Die iriſche Luft ſoll belanntlich die Eigens
ſchaft haben, diejenigen, welche ihrem. Einflufle
längere Zeit ausgefeßt find, zu Yeußeruggen ö4
Veranlaffen, die geeignet find, die Heiterfeit De$
Zörers zu erregen, ohne daß vder Sprechende IM
Seringften eine ſolche Wirkung beqßficb—fit‚'„‚t„@;@‚ß%%
jeßige Vice=-König von Frland, der — &o
Ealinton, iſt ein Schotte und verweilt noch nicht
gar Jange in Srland. Doch fcheint ſich an {hnt
jenes Naturgefeß bereits zu bewähren. In Limes
rick iſt nämlich ein neues Irrenhaus gegründet
worden, und ber Vice-König hat gebeten, man
möge der Anſtalt den Namen „Eglinton-Irrenhaus“
geben. Auch hat er kürzlich einen Toaft auf „DdDas
?Iugbltcibf)en und Gedethen des Irrenhaufes“ augs»
gebracht.

.° In Hal bet Brüffel fand am 12. September
ein fuͤrchtbarex Meuchelmord ftatt. Ein gewiſſer
Neunez aug Jenette war vor längerer Zeit von
dem Arzte Leclerq aug Hal bei einer Hirnentzün«
dung behandelt worden, Neunez behauptete , Dder
Arzt habe ausgeſtreut, er ſei närrifh und deßhalb
ſchwor er demfelben blutige Rache Schon fünfz
mal war er nach Hal gegangen, in der Abficht,


nicht erreichen. Am Sonntag (12.) früh ritt er
nach Hal und ließ fich, in dem Städtchen angefom-
men, zu einer Conſultation bei Dr. Leelerg anmel«
den. Alg dieſer eine Verordnung ſchrieb, ſchoß
Neunez ihn von hinten nieder; die Kugel fuhr hin-
ter dem linten Ohr durch. Die Krau des Arztes
fand idren Mann todt im Blute ſchwimmend. Der
Moörder hatte ruhig das Haus verlaffen, war {n
eine Schenke gegangen und hatte dort Waffer be-
gehrt, um die Hände vom Blute zu fäubern, wel-
ches er ſelbſt ais das des Dr, Leclerq, den er er-
mordet, bezeichnete. Er wurde Verbaftet. Mit
kaltem Blut erzaͤhlt er ſeine That und beklagt nur
die Wittwe des Arztes, der er eine Penfion aus?
ſetzen will.

‚. In Wien iſt am Sept von einer ledigen
Wäſcherin ein eigenthümlicher Mord begangen


Behörde die Anzeige, daß fie an diefem Tage auf
dem Wege von Mauer nach Aßgersdorf, wohln



atzgersdoefer Teiche einem bet vier Jahre alten
Kaaben begegnete, den ſie unverfehens erfaßte und
in den genannten Teich warf, wo derſelbe ertrun
ken iff. Sie will vies aus Verzweiflung gethal
haben, weil ſie die Eltern verloren, ſeit längerer
Zeit weder Erwerb noch Unterſtand finden konnte-
und ihres Lebens überdrüffig war. Sie wurde zUr
naterfuchung dem dortigen Landgerichte übergeben-

Redigirt unter Verantwortlichkett von G. Keichard.

Druck und Verlag von G Reichard.
 
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