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Sonntag, den 7. November

Journal.

1852

Deutſchland.

München, 2. Nov. Se. Maj der Kö-
nig hat ſich heute Mittag in Begleitung
der Herren v.! Wendland, Dönniges und
einiger Anderer in die Gebirgsgegend bei
Lengries zu den daſelbſt veranſtalteten Jag-
den begeben.

Lus dent Weintariſchen, 3. Nov,
Unſere Landtagswahlen ſind faſt vollendet.
Die meiſten Abgeordneten gehören dem
Stande der juriſtiſchen Staatoͤdiener an,
einige ſind Guͤlsbeſitzer und Geiſtliche,

* Berlin, 2. Novbr. Es wird vielfach
davon geſprochen, daß namentlich auch Sach-
ſen ſich Preuhen in der Zollvereinsange-
legenheit wieder anzunähern beſtrebt fei.
In dieſer Beziehung weist die Fr. Pı dar-
auf hin, daß Preußens Intereſfe keine be-
ſondere Förderung durch einen Anſchluß
Sachſens ohne die andern Coalitionsſtaa-
ten erlangen würde, weßhalb es auch frag-
lich bleiben dürfte, ob Preußen bei einer
etwaigen Geneigtheit Sachſens, ſich ihm
wieder aͤnzuſchliehen, darauf ſo ohne Wei-
teres eingehen würde und fönne. . ;

* In Oldenburg hat am 29. Oet. der
Landlag mit 36 gegen 19 Stimmen die
Reviſion im Ganzen, fo wie ſie von der
Regierung ‚in Vorſchlag gebracht worden
war, angenommen, und damit ſcheint die
Verfaſſungsangelegenheit vorläufig ihren
Abſchluß gefunden zu haden.

Kiel, 30. Oet. Soeben wird eine „Be-
Fannımachung des k. Finanzminiſters Spon-
neck! veroͤffentlicht, nach welcher das Zoll-
amt von Rendsburg dem Oberinſpecterat
von Holſtein genommen und dem Oberzoll-
inſpectorat von Schleswig zugelegt wird.
* Frankreich.

Paris, à Nov. Im vorigen Samſtag
ſind Praͤſident und Vieepraͤſident des Se-
nats in St. Cloud empfangen worden, um
Ludwig Napoleon den Redactionsentwurf
des Senatsconfultes für Wiederherſtellung
des Kaiſerreichs vorzulegen. Ueber Inhalt
und Tragweite dieſes Aetenſtücks ſind ſo
viele und verſchiedenartige Gerüchte ver-
breitet, daß man am Mügfien thut, wenn
man die offteielle Mittheilung deffelben ab-
wartet. Abdrel Kader iſt für die Pariſer
fortwaͤhrend ein Gegenſtand der Neugierde
und der Huldigungen. Sie ſcheinen die
Abſchlachtungen von Tauſenden franzöſiſcher
Offtziere und Soldaten in Afrika vergeſfen
oder verziehen zu haben und der Emir
muß einen hohen Begriff von ſolchem Edel-
ſinn bekommen. Die Journale rühmen ſein
ſchönes Geſicht, ſeine hübſchen Augen, ſei-
nen ſchönen Teint, ſeine hübſchen Haͤnde,
ſo daß ſich unter der Menge der Audienz-
fuchenden auch viele Damen befinden und
die Pariſer nun Abdrel-Kader „la helle
Kader‘ nennen.

Paris, 2. Novbr. Die Vorbereitungen
zum feierlichen Einzuge des Kaiſers in den
Tuilerien werden mıt "einer Haſt betrieben,
die beinahe auf Eventualitäten ſchließen
laͤſſen fönnte, welche das Ereigniß beihleu-
nigen dürften Die Arbeiten in den Tuile
rien werden ſeit einigen Tagen mit Der
doppelten Anzahl von Arbeitern betrieben,
und der Prinz Präſident beſucht beinahe täg-
lich den kuͤnfiigen Schauplatz ſeines Glan-
zes. Selbſt geſtern, alg am feierlichſt be-
gangenen Feſttage des katholiſchen Fraͤnk-
reichs, wurde Tag und Nacht über gear-
beitet. Der Marſchallsſaal, welcher zum

Thronſaale beſtimmt . {f, wird mit einer
Pracht und Reichthum ausgeftattet, wie
noch nie in dieſer verſchwenderiſchen Weiſe
Aehnliches geſehen wurde! Es werden aber
Gemächer in Bereitſchaft gefeßt, welche
ſchließen laſſen, daß der Hofſtaat des Kai-
ſers nicht ohne die glänzende Seite weib-
licher Etiketie ſich entfallen werde, Mau
will bemerkt haben, daß einer der belieb-
teſten Höflinge Sr. kaiſerlichen Hoheit mit
auberordentlichen Vollmachten verſehen nach
Oeſterreich abgieng, und dieſe Reiſe wird
mit ſener zarten Angelegenheit in Verbin-
dung gebracht. — Oroßmuth iſt eine Eigen-
ſchaͤft, die noch Niemand Ludwig Napoleon
hat abſtreiten wollen. Der Schw. Merkur
berichtet hierüber, daß ſein Buſenfreund, der
Dr. Conneau, ein ganz achtbarer Charakı
ter, immer die Summe von 600,000 Frk.
vor ſich hat, um verſchämter Armuth zu
Hülfe zu kommen. Dieſe 600,000 Fraͤnken
werden all halbjährlich in dem Maße als
ſie erſchöpft ſind, wieder ergänzt. Maͤnches
gelinderte Unglück wird daher den neuen
Herrſcher ſegnen, nicht minder als die Lu-
rusinduſtrie/ der der übrige Theil von den
12 Millionen der Civillike zufällt.

Paris, 3. Nov. Der „Moniteur“” ver-
öffentlicht heute ein Decret, kraft deſſen die
von Mſgr. Dupuch, dem vormaligen Bi-
ſchof von Algier, im Intereſſe der Religion
contrahirten Schulden von Staatswegen be⸗—
zahlt werden. Der hierfür bewilligte Cre-
dit beträgt 220,000 Fr.

Paris, 4, Novbr. Die heutige erſte
Senatsſitzung war vollzählig und dauerte
4 Stunden. Morgen findet abermals eine
Sitzung ſtatt und um 11 Uhr wird ſich
auch der Staatsrath verfammeln. Noch ver-
lautet über den Gang der Berathungen
nichts, doch iſt es natuͤrlich außer Zweifel,
daß das Ende derſelben die Proclamation
des Kaiſerreichs iſt.

England.

In Loudon will die Geſellſchaft des
clektriſchen Telegraphen ein Frankirungs-
ſyſtem für die Tlektriſchen Depeſchen ein-


Dieſe Marken waͤren kleine Quadraie von
Vapier mit dem Namen Frankotelegraph,
und würden in vorhinein in London und
in den übrigen Haupiſtädten verkauft werden.

London, 3. Nov. Geſtern gaben die
Freihaͤndler in Mancheſter ein glänzendes
Meeting, dem an 3000 Perſonen beiwohn-
ten, — Der Geſchichteſchreiber Macaulay,
welcher von ſeiner Krankheit geneſen ift,
yielt in Edinburgh unter begeifterten Bei-
fallsbezeugungen eine Anſprache an ſeine
Wähler. — „Times“ meint heute wieder:
Nicht Worte ſondern nur die Wachſamkeit
uud die Rüſtungen Europa's könnten eine
Bürgſchaft des Friedens geben.

Italien.

Nom, 22. Sctbr. Heute ſah man 17
Straßendiebe, welche die Umgegend von
Braeciano höchſt unſicher gemacht gefangen
nach der römiſchen Hauptwaͤche im Palazzo
Gregori bringen. Alle waren alg Guar-
diani (Feldwächter) verkleidet und mit Flin-
ten bewaffnet. *

In Malta hat am 20, v. M, ein
furchtbarer Sturm gewüthet. Das neapo-
litaniſche Schiff Giacoming gieng auf der
Höhe von St, Elmo mit Mann und Maus
zu Grunde. In der Nähe des Forts Ri-
caſoſi ſcheiterte die öſterreichiſche Brigg An-

gelo Nur 2 Menſchen aus ihrer aus 12
Perſonen beſtehenden Bemannung konnten
gerettet werden. Ein neapolitaniſches Schiff,
San Francesco di Paolo, ging im großen
Hafen von Malta zu Grunde; die Equi-
page rettete ſich, ſo wie die der türiſchen
Brigg Meſhoud, welche ebenfalls ſcheiterte.
Viele Schiffe ſind mehr oder minder be-
ſchädigt wordenz faſt der ganze Molo des
Hafens von Malta iſt zerſtoͤrt, und ein
Toeil der Batterie des Foris St. Angelo
iſt geſchleift. Aus letzteren Umſtänden kann
man die Gewalt des Sturmes ermeſſen.

Spanien.

Bareelona, 25 Oet. Waͤhrend ein Theil
des Puͤblikums ſich In der beginnenden -
Winterſaiſon in den Theatern unterhält und
an dem üppigen Tanz der in Spanien ſo
gefeierten Nena Perea im Jalko de Jerez
ſich ergötzt, hat geſtern ein anderer Theit
der Bevölkerung ſeine Saiſon der grauſamen
Stiergefechte geſchloſſen. Fuͤr letzleres Pub-
likum fand indeß heute noch eine beſondere
Vorſtellung anderer Art ſtatt, an welcher
gegen 50,000 Menſchen tiheilnahmen. Es
wurde nämlich in voriger Woche in einem
nahe gelegenen Städtchen ein Greis beſtoh-
len und verbrannt. Die Miſſethäter, drei
an der Zahl, von denen der eine ein Sohn
des Ermordelen war, wurden ergriffen und
da hier Belagerungszuſtand herrſcht, ſofort
ſtandrichterlich verurtheilt und ihre Hinrich-
tung heute vollzogen. Der Zug naͤch dem
Olaeis, dicht vor den Feſtungswerken der
Stadt, war ein langer, deſtehend aus vielen
Vermummten, Geiſtlichen und Gendarmen.
Die Mörder erſtiegen gefaßten Schrittes
das Schaffot und wurden ſitzend, wie es
in Spanien Gebrauch iſt, mit einem Hals-
eiſen an einem Pfahl ſtrangulirt! Der erſte
ſtarb ohne Reue und ohne Geſtändniß, die
beiden andern hatten indeß ihren Mord ein-
geſtanden und ſprachen noch einige Worte
zum Volk vom Schaffot aus, daffelbe vor
Thaten dieſer Art warnend.

Feuilleton.

Die Piteairuer.

Vor fechzig Jahren empoͤrten ſich die Mas
troſen eines engliſchen Kriegsſchiffes, Bountg,
geführt von Admiral Bligh, und ließen ſich
auf der kleinen Inſel Pitcairn im ſſtillen
Meere nieder, wo ſte jetzt bis auf 88 Mann
herabgekommen, mit drei Tahaiterinnen leben.
Die ganze Inſel, die vier Meilen im Umfange
hat, iſt wohl gebaut und koͤnnte 500 Men-
ſchen nähren. Die Bewohner leben in voll-
kommenſter Gemeinſchaft der Süter, haben
kein Geld (der ganze Metall-Reichthum der
Inſel beträgt 18 Doͤllars) und kennen keine
Spirituoſen. Sie leben von Cocusnüffen und
Erdäpfeln. Einmal die Woche wird Fiſch oder
Fleiſch gegeffen, Suellen hat die Inſel nicht,
die Bewohner müſſen das Regenwaſſer in Ci-
ſternen fammeln und aufbewahren. Cinmal
jährlich wird die zufällig entdeckte Infel von
einem engliſchen Kriegsſchiffe befucht, Werden
Schiffbrüchige nach der Infel verfchlagen, o
behält man ſte ſo lange da, bis ein Wallfiſch-
faͤnger in Sicht Fommt. Die Bewohner der
Inſel Biteairn haben jeßt einen der Ihrigen
alg Abgeſandten nach London geſchickt um zu
erwirken, daß etwas für den Unterricht auf
der Inſel geſchehe und dieſelbe öfterer von
 
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