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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Beilage-Blätter Nr. 1-13; 15-18: 20-22; 24-60; 62-157
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#1547
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Freitag, den 3. December

er Journal.

1852


Frankreich.

Paris, 27. Nov.ı Eine Aeußerung, die
L. Napoleon vorgeſtern bei ’@elegenb‘etf ei-
ner Audienz des Centratemites der Kunſt-
ter geiban, hat die FJournaliftenwelt in
große Aufregung verſetzt Diefe Aeußerung
lauiet: „Il en est de Ccela cComme‘ du jour-


blique, mais en etre l’écho.“ *
— Nov. (Köln, 3) Die Ver-
heifungen des Moniteur über die Art und


dingungen gefnüpft und folglich von vorn
herein keineswegs allgemein, wird dennoch
einer Menge von Leuien, die nur ganz ges
legentlich zu Inſurgenten wurden, Und. be-
fonders, ihren verwaiften und detrupten
Familten zu Guͤte kommen. Wa8! die „ern-
fien Gedanken! des Staatgoberhauptes: und
die angedeuteten wohlthäligen Abſichten ge-
gen die armen und ' nothieidenden Klaffen
betrifft, fo will man biefe Worte dahin aus.
legen, als werde der neue Kaiſer bei ſei-
ner Thronbeſteigung ein grohartiges Sy-
ſtem von Unterflüßungs= und Verſorgean-
ſtalten für das Stadtz und Landproͤleta-
riat decretiren. — Die Handels- und Ge-
werbebewegung hat, wie der Conſtitution-
nel fagt/ weit davon entfernt, abzunehmen,
pielmehr bedeutend‘ zugenommen. Niemals
ift ſo viel gearbeitet worden. Alle Fabriten
ſind mit Beſtellungen überhäuft aͤlle Ar-


jeben ‚Lag 3zu.0 Die legten Berichte der
Douanenverwaltung ergeben, daß der Ein-
fuhrzoll während der letzten 10 Monate


Millionen mehr, . alg während der 10 ent-


füuhr der Rohſtoffe, welche unſere Fabriten
verarbeiten, hat am meiſten zugenommen.


im Oetober abgenommen, die des Rohei-
ſens tretz der Zollerhöhung ſich verdoppelt.
Die Ausfuhr franzöſiſcher Artikel, die in
letzter Zeit etwas abgenommen hatte, fängt
wieder an, beträchtlicher zu werden, — Ein
anderer Correſpondent Ddeffelben Blaltes


ich Ihnen ſchon vor mehreren Taͤgen mitz
heilen konnte. Der erſte Act des neuen


chen allen politiſchen Intriguen zu entfa-
gen, wird volle Begnadigung gewährt, Man
{häßt die Zahl der Perſonen, die auf diefe
Veiſe am 2. Dec. zu ihrem heimathlichen


7000} man kann daher denken, von wie
viel Familien das Kaiſerreich mit Freude
und Dankbarfeit begrüßt werden wird Auch
von den Slüchtlingen in London und Ier-
ſey iſt der Regieruͤng eine verhältnißmäßig
greße Anzahl Begnadigungsgefuche zUge-
gangen ; jedoch verſteht es ſich von felöſt,


Paris, 28. Nov. In den diplomatiſchen
Kreiſen iſt allgemein die Anſicht verbreitet,


Nächte der Titel Napoleon MM. nicht ge-
braucht werden wird. Dieſe Noͤtification wird
am 2. December von hier abgehen und foͤll


ıin einigen Fällen die Neberreichung derſel-
ben durch Specialgefandte ‚erfolgen,

Feuilleton.

Zur Geſchichte der Luftſchifffahrt.

Der Erfte, der die Erfindung zum Beſten
der Naturwiſſenſchaft auszubeuten fuchte, war
ein, Belgier, MRobertfon, , Am 18, Iult 1803
ſtieg er in Hamburg auf, blieb 52 Stunden
in der Luft und erreichte in einer Cnifernung
von 25 Staͤnden die Erde wieder, In einer
Höhe von mehr als 20,000 Fuß hatte er phy-
ſikaliſche Beobaͤchtungen ‚angeftellt, und wollte
bemerkt haben, daß die Einwirkung des Erd-
maunetismus um fo ſchwächer werde, je höher

lire dann die Magnetnadel langfamer, al8 auf
der Erhoberfläche, Dieſe Angaben Robertfons!
eten in wiſſenſchoftlichen Kreiſen große
Aufmerkſamkeit! Der Luftſchiffet glug nadh
Rußland und ftieg in Petersburg auf, während
die Variſer Akademie der Wiffenſchaften, und
in ihr namentlich Manner wie Laplace und
Berthollet, in jene Ungaben Zweifel feßten.
Auf ihre, Veranlaffung madfe Gay-Luffac mit
Biot am 20, Yuguft, 1804 eine Luftfahrt, um
zu ermitteln . ob in.der, That die magnetifhe
Kraft bei weiterer Entfernung von. der Erde
wirklich abnehme. . Sie Überzeugten ſich durdy
forgfältige Beobachtungen , daß die Kıaft der
Magnetnadel in Dden obern Luftſchichten nicht
ſchwächer wird, Robertfon hatte ſich geiret,
Auch fanden fte,..daß die Volta’fche Säule
Uund andere eleftrifcke Apparate in beträchtlicher
Döhe ganz in der Weife.wirken, wie auf der
Crde. MAuf einer zweiten Reife fand Say-
Luſſge dieſe Beobachtungen beſtätigt.

Nun kamen die Lufiſchiffer von Pröfeſſion,
kecke Waghaͤlſe, welche ganz Europa durchzogen
und zum Theil reiche Golderuten hielten : die
Frau Blanchard, Joͤkob und Eliſe OGarnerin,
Maryat, Frau Neihard, die beiden Oreen
und Andere. In Frankreich durfte zur Zeit
des Directoriuns und unter dem Conſulat
kein Feſt ohne Luftſchifffahrt fein, und Ddie
Regierüng hielt die Sache für erheblich genug,
um Gaͤrnerin, der eine Art von Luftfhijffahris-
divectox abgab, von Staatswegen zu befolden,

Die „große Himmelfahrt“, welde bei Ka-
voleons Kaiſerkrönung ſtattfand, ift berühmt
geworben,, Garnerin erhielt 30,000 Francs,
um einen Ballon von mächtigem Uınfang auf-
feigen zu laſfen, Am 16. Dee. 1804, 11 Uhr
Abends, wurde, ein.. prachtvolles Feuermwerk.
abgebrannt. Kaum war die letzte Rakete ver-
knallt al8 yonı Noͤtredanie- Platze ein Rieſen-

Parifer Am andern Morgen, bei
Tagesanbruch! ſahen einige Leute in Rom,
daß eine Fleine helle Kugel hoͤch über vem
Vatikan und der St. eterskirche ſchwehte
Anfangs war fie Faum ſichtbar, nahm aber
ſchnell an OGOröße zu, wogte bald majeſtätiſch
Und in ihrer ganzen Fülle, über der ewigen
Stadt; blieb einige Zeit über derſelben ſtehen,
und bewegte ſich dann nach Süben hin weiter.

Abend vorher in Patis aufftieg. Durch einen
in der That wunderbaren Zufall hatte Dder
Wind ihn von der Seine nadı der Tiber ge-
weht. Neber der roͤmiſchen Campagna‘ fank er,
ſtieg wieder empor, fanf abermals und berüßtrte
die Erde wieder. Er fiel in den Braceionefee,
8 man ihn heraus8zog, war man nicht wenig
erſtaunt! die Woͤrte! „Baris, 25. Frimaire
des Fahrts XIM.; Krönung des Kaifers Napo-
Lon durh Se, Heiligkett Pius VIL - zu leſen.“
Der Luftballon war binnen wenigen Stunden von
einer Stadt {n die andere gelangt; er verfün-
bigte in Mom die Kaifetkrönulg vom Tage
vorber! Noch ein Umftand am hinzu, um diefe
Luitfahtt noch wunderbarer zu machen, Al8 .
der Ballon in der Campagna zuerft den Boven
ſtreifte, war er an einem alten Denkmal. hän:
gen geblieben. ©8 ſchten anfangs, al8 Db. gr
nicht wieder auffteigen fönne, aber ein ftarfer
Wind frieb ihn empor; jedoch an den Ecken
5e6 Denkmals blieb ein Theil der Kaiferkrone
haften, . Diefes Denkinal iſt Nero’s Grabmal.
Neber diefen Umftand mwmurden natürlich aller
Orten Betrachtungen angeflelt; man hob her-
vor, Daß Diefe neugebackene Kaiferfrone am
Srabe eines Slutdürftigen Thrannen zerſchuet-
kert worden fei. Mapoleon, der mandıe klein-
liche Seite hatte, war über diefen Zufall ent-
jeBlich ärgerlich; kein Menſch durfte in feiner
Segenwart von Luftballon und Garnerin reden,
und dieſer Letztere erhielt nun von der Regierung
keinen Seller mehr. Der Luftballon ſelber
wurde im Batikan aufgehängt, wo er bis 1814
blieb. Eine langſtglige Tateintfbe‘ Inſchrift
erzählte die wunderbare Reiſen fhwieg aber
von der am Grabe Nero’8 zerfchellten Krone.

8ra Bfanchard betrich Die Lufſchifffahrt
gewerb&mäßig und war daͤbel fo fiher und
unbefümmert, daß ſie maändmal während der


Morgenlicht abwartete um bei Sonnenſchein
niederzufahren. Ais fie 1812 in Turin auf-
ftieg, famı fle fo boch in die Xuft, daß ihre

Hände und Geſicht mit einer Eiskruͤſte über-
Egen Murden, Im Sahre 1817 hielt fie zu
Nantes eine Auffahrt, die damit enDdete , Daß
fie in einem Moraft beinahe erſtickt wäre! Das
war ihre 53 Fahrt, Am 6, Jult 1819 mwurde
zu Paris in Tivolt ein großes Feſt veranftaltet
und die Blandhard Ddurfte nicht fehlen. Sie
nahm. einen Fallfhirm mit ſich, an welchem
ein Kranz von bengaliſchen Flammen angebracht
war, denn das Publikum follte das Schauſpiel
eines Feuerwerks in hoher Luft genießen. Sie
hielt einen feurigen Speer in der Dand, um
zur geeignefen Zeit die Flammen anzuzünden.
Aber zum Unglück gerielh durch eine falfche
Bewegung das Mundftück,.. die Deffnung des
DBallons mit dem feurigen Sheer in Berührung
und plötzlich ſties eine ungeheure Feuerfäule
über dem Ballon Hervor. — Die Hundert-
taufende von Zufhauern ftanden vor Schrecken
wie verſteinert. Das Waſſerſtoffgas hatte fich
entzündet, Die Blandhard verfuchte die Deff-
nung zu ſchließen und auf Diefe Weife den
‚Brand zu loͤſchen, überzeugte ſich aber balı,
daß alle ihle Bemühungen vergeblich fein würz
den, ſetzte ſich ruhig in ihre Gonvdel und warz
kete den Verlauf der Dinge ab. Das Gas
brannte mehrere Minuten lang, Dder Ballon
MWuLde nadı und nach ſchlaffer und gerieth ing
Fallen! Aber er fank nur langfam, und haͤtte
ihn der Wind in's freie Felv getrieben , . fo
wäre die Blauchaͤrd waͤhrſcheinlich mohlbehalten
dayon gefommen, Mber er ftel auf ein hohes
Daus, Die Gondel glitt Lom Dache binab nadı

Dieſe Kugel war derſelbe Luftball, welcher am

der Strage zu. Die Luftfchifferin rief:Zu
Hülfe!“ Und das waren ihre letzten Worte.
 
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