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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 27-50 (1. Februar - 28.Februar 1871)
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https://doi.org/10.11588/diglit.25214#0166
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at$ SBaßrjeicßen ber wieber errungenen nationale«
SDiacßt unb jugteih «IS Vürgfcßaft gegen weitere
Vebroßung unb Vergewaltigung ber notßroenbige
unb unabwetSlihe Siegespreis für bie feßweren
unb opferreichen Kämpfe. SaS beutfeße Volf iß
ßh bewußt, b^itt nid&t eine gorberung beb Sie*
geSübermutßeS unb ber flBillfürgewalt ju ßeflen,
fonbern lebigllh einem ©ebote ber nationalen Ehre
unb jugleih ber nationalen (Sicherheit ju folgen,
©raf ViSmarcf ßat eb auSbrücflth ßeroorgeßoben,
baß wir oon granfreih nichtb begehren, alb unfere
yon ihm fo gefahrbete Sicherheit. 3Bte berechtigt
aber bie Sorge für btefe Sicherheit bem franjöf.
Volle gegenüber iß, baoon haben bie lebten 3Wo-
nate in weit f>oh>erem Vtaße alb irgenb eine 3dt
im Saufe biefeS 3«ßcßunbertS ßeugnih gegeben.

Sen ledigen republifanifhen 3Jta<htßabern in
Vorbeaur, oor Sittern bem Siftator ©ambetta war
eb yorbehalten, ben franjößfeßen SBaßn unb Sünfel
auf eine $öße ju ficigern unb mit einer jRücfßalt*
toflgfeit ßeroortreten Su taffen, bnreh welche bie
Vßtcffl ber Verficht unb beb eigenen Schufjeb für
Seutfcßlanb ooflettbS jur unabweiblichen ©eltung
gelangt ifi. Solchen 2luSbrühen beb ganatiSmuS,
wie ße yon Jener Seite gegen „bie gerben ,bcr
beutfeßen Varbaren" ju yernehmen ßnb, einer fo
trotzigen Ueberßebung. unb Seltßoergötternng ge*
genüber, wie ße granfreih inmitten ber größten
Siieberlagen befunbet, fann bab beutle flteih um
fo weniger barauf oergiefeten, ftch fiarfe Vürgfcßaf*
ten für feine fünftige flluße unb Sicherheit ju Oer*
fhaffen. Seutfcßlanb bewahrt eine Vfäßtgung ohne
©leihen, wenn eb nah aßen Triumphen unb Vor*
theilen, bie eb feit Seban errungen, unb troß aller
Erfahrungen, weihe eb feitbem über ben Sinn
unb ©eiji granfreicßS yon feuern ju mähen hatte,
boh in .ber ^jauptfaeße hei ber gorberung flehen
bleibt, weihe gleich nah Seban alb unerläßliche
griebenSbebhtgung begeih«et worben war. ^Von
biefer gorberung abgugehett, Ware eine Vetfünbi*
gung an bem wtebererwaeßten ©eifie ber beutfhen
Siation unb an bem SBoßle beb Vaterlanbeb, weihe
ber jeßigen Slegicrung beb flteiheS faum Semanb
in Europa jutrauen wirb.

VJenn eb für granfreih troß aller fllieberla*
gen, bie eb erfahren hat, hart unb bemüthigenb
fein fotl, bie früher burh ©ewalt ober Sifl yon
Seutfcßlanb abgeriffenen Vrooinjen wieber beraub*
jugeben, fo wäre eb boch taufenbfah befcßämenb
unb erniebrigenb für Seutfcßlanb, wenn eb nah
einem beifpfeHofen SfegeSjuge unb nah allen Dp*
fern an tßeuerem Vtut nfeßt bie Kraft haben foUfe
bie alten VeihSlanbe, weihe jept in feiner |)anb
ßnb, wieber für bab neu erfianbene Katferretcß fcfi=.
jußalten.

2I(S granfreih ben Krieg heraufbefhwor, galt
eb für bie granjofen alb felbßoerßänblfcß, baß fte
alb Sieger nicht blcb bab linfe fltß ei nufer für
flh in Veftß nehmen, fonbern bie preußifeße
SÄonarhie überhaupt unb bie Anfänge
ber beutfhen Einigung aufb flfeue antafien
würben. Surcß ©otteS gügutig unb burh Seutfh*
lanbb Kraft ifi eb anberb gefommen, unb nah ei*
ner SiegeSfütle, wie fte bie ©efhthte niht fettnt,

turwiffenfhaftett u. f. w. oerbanfett. Sie große s
SJienge ber Seutfhen fennt niht einmal bie fliamen !
jener eminenten @elet)rten, gorfher unb Senferu.
für fte fhnterjt eb mih, baß ße unter gaUtfcßen
Äehriht geworfen werben; allein bie Vtaffe ber
Station bläht fth in folh’ gefpreigter Unwtffenbeit,
grehheit, Vraßlerct unb Verachtung alleb Vicßt-
frünfifeßen auf, baß eine foloffale Züchtigung no-
tßig iß, um Seutfcßlanb fftuße. ju fhaffen unb ihm
feine ßeimifeße Entwtcflung niht ju yerfümmern.

3h würbe eine ßsitrümmerung granfreihb in
Heinere Königreiche für ein großeb Uttglücf ßal*
ten; aber ich Würbe fein Vebenfen tragen, ben
granjofen wieber 2lttcS abjuneßmen, wab fte unb
geraubt, niht btob Elfaß unb Sotßringen, fonbern
«uh Vurgunb, bie ViötßumSgebiete Spul, Verbun
u.. f. w. unb ben erfi unter Kaffer kart IV. j
SJeuffhlgnb entriffetten STlpeil yon 2lrelat (bab
ßponaib .mit Sßon)." 3m Verlauf fprtcßt ßcß bann

^>eher noh im Slögemetneit bat)iu aub.

„3wef SDinge i» Europa ließen Me diation nie
jum grieben fotumen, bab Eine war bie aufge*
blafene 3tuhmeb=, Ät'ieg«s unb Eroberuttgbfuht ber
granjofen,. unb bab ülnbere bie orientalifhe grage,
unb eb .fonnte niht zweifelhaft fein, baß feit 3ai)-
rett jwci*fDiähte im Einyerfiänbntß waren, btefe;
beiben grägen mit ber Shncibc beb Shwerteb jur:
Sofüttg ju bringen, um — na^bexn bie crjtcrc alb

»erlangt ©eutfhlanb nur einen Sheil beffen ^urüh
wab ißm granfreih früher entriffen hat, ohne im
Uebrigen bie territoriale Einheit granfreihb frgenb*
Wie ju gefährbett. ©rabe granfreih gegenüber
iß hierin ein f>o£)cr ©rab oon Viäßigung niht ju
»erfennen. 3luh in anberer Vejießung wirb 3)eutfh5
lanb bei ben grtebenbyerbanblungen aflerbittgb fein
ooUeb Steht beanfprueßen, aber gewiß mit ber Vtä*
ßigung, weihe feben ©ebanfen an Erniebrigung
ober bloße fDemüthtgung beb ©egnerb aubfhiießt.

Eb fantt granfreih niht erfpart bleiben ®eutfhs
lanb atth in finanzieller Vejiehung für bie
gewaltigen Dpfer ju entfhäbigen, weihe unferem
Volfe burh ben freyentlich heraufbefhworenett krieg
auferlegt worben ftnb, unb eb liegt auf ber $anb,
baß in biefer Vejießung bie Stchnnng beb beutfhen
Volfeb bebeutenb angewaeßfen iß. Slber auch in
biefem 5)ßunhtc bürgt ber Sinn unferer Stegierung
unb ber ©eiß beb beutfhen Volfeb bafür, baß bie
griebenbbebinguugett nid)t über bab 3Jiaß ber Vil*
ligfeit unb ber gebotenen Stücffthtbnaßnte auf bie
Verßältniffe granfreihb felber ßinaubgeßen werben.
SDeutfhlanb wirb feinerfeitb auh beim grkbcnb*
fhlujfe niht yergeßen, baß bie beiben benachbarten
Volfer ißre Eßre unb ißr Streben niht auf bau*
ernben 3miefpalt unb kampf, niht auf gegenfei*
tigeb Verberben, fonbern auf einen ßoßeren, ebleren
äßettfampf itt gemeittfamer gorberung ber Volfer*
woßlfaßrt unb ber geißtgen Entwicflung ju richten
ßabett. SDab £whße, wab unb ber griebe bringen
fönnte, wäre neben ber unmittelbaren Sicherung
SDeutfhlanbb bie beiberfeitige feße ©rünbuttg biefeb
tieferen Vewußtfeinb in ben beiben großen Volfetn
unb bamit bie ©runblegung eineb ehten bauernben
griebenb. _

SBem, 9. gebr. Saut bem „3ura" hat man
in Vruntrut noh feit beginn ber ^Belagerung
Velfert’b bab Vombarbement fo beutlih »ernommen,
Wie bieb feit leßtem Sonntag ber galt war. Seit
biefem Sage müßen Äanonen ßärfßen Äaliberb in
bie Vatterieen gebracht worben fein. SJtan ßort
ißren SDonner in ben Straßen unb ben Raufern
Vruntrutb, alb ob bib Velfort nur jwei Stunben
Entfernnng fei. Sebenbmittei ßnb, wie ber „3“*“"
berichtet, noh g?nug in ber geßung; bagegen fei
man mit ber fDtunition halb auf ber Sieige; baju
ßerrfhe unter ber ©arnifon unb ben Vürgern Sy*
pßub unb Vfattern. 3?oh miU bab genannte Vlatt
wißen, baß bem Dberßen ©enfert ein jweißünbiger
SBaßenßülßanb, um bie Sobten ju begraben, ab--
gefhlngsn worben fei,

Vcrn, 10. gebr. Sie Verbinbung ber 3nter*
nirten oon ber ©renje nah ^em 3«mrn wirb
heute beenbigt. Sie beßnttioe ©efammtjaßl ber
Snternirten fhloanft jwifhen 65,000 ut;b 66,000
3Wann.

— Sie Sorrefponbance be Verlin oeroßentliht
eine 3ufammenßellung über bie in granfreih
opertrenben beutfhen Slruteen. Siefer3«-
fammenftellung jufolge jäßlt bie I. Strmee ©oeben
56 Vataiüone, 56 Ebc., 34 Satt. II. Slrmee Vrinj
griebrih Äarl 98 Vataißone, 136 Ege., 61 Vatt.

III. Slrmee Äronprinj oon fßreußen 129 VataiÄ-e
56 E^c., 58 Vatt. IV. 3Umee Äronprlnj »o«
Sahfen 93 Vataiflone, 60 Eöc., 98 Vatt. V.
Slrmee SWantcuffel 118 Vataiflone, 94 Ebc., 9l
Vatterien. Stuf Etappen jur Vemacßung ber Ei#
fenbaßnen unb Straßen 27 Vataiflone, 16 E$c./
— Vatt. — 3n ©arnifon in fefteu Vtößen 89
Sanbw.*Vat., 24 Esc. , 33 Vatt. 3ufnmmen be#
ßnben ßh in granfreih: 615 Vataiflone, 401
ESc., 290 Vatt. mit einem Stanbe oon circa 780,000
33?ann.

Sie 3iffmm werben woßl eßer wie alles Ülnbere
baju angetßan fein, bie granjofen oon ber Votb*
wenbigfeit, grieben ju fhließen, ju überjeugen.

— Ueber bie V er w ü ßung en, bie baS Vom*
barbement in VariS anrihtete, bringt bie 3nbcp.
beige folgenbe Votijen: Ser i8urembürg=Valaft iß
nebß ben Seitenflügeln oon ben ©efeßoßen niht
oerlept, obfhon ber ©arten oon jaßlrethen Vom*
ben getroßen unb noh 85 Vomben, bie niht er*
plobirten, bort auSgegraben würben. Sagegen iß
bie Hirhe St. Sulptce bebeutenb befhäbigt. Äfoh
am 25. 3an. fhtugen 2 Vomben burh bas Sah/
ber ©ottesbeenß würbe waßrenb beS VombarbementS
in bem Souterrain ber f?irhe, in ber fog. Jtapefle
ber ßeil. 3migfrau obgeßalten. Sie näcbßc lim*
gebung oon VariS iß eine ootlfommene 2Büße.
3n St. Eloub unb ©arcßeS j. V. ßeßt fein einjt*
geS £)auS meßr (Sanf ben franjoflfhen ©efhoßen).
Vfan betaerft nur Srümmerßaufen, bie nicht ein*
mal meßr bie früheren ©ranjen bet einjelnen @e*
bäube erfennen laßen. Säglih fann man bort
»erjwcifclten Sjenen beiwohnen, oon folhen ßer*
oorgerufen, weihe in ißt Eigentum jurüeffeßren
wollen unb oft niht einmal bie ©tunbmauertt
meßr ßnben. Vom Schloß beS Vrfnsen fliapoteon
in Vieubon ßeßt nur noh bie grontmauer. 9luh
SeoreS ßat ßarf gelitten. Ser 9Beg oon bort
nah 3ßh iß heute noh mit flflöbelreßen bebeeft,
Weihe jur Unterhaltung ber flßahtfeuer gebient
hatten. 3« Vonbp unb VajailleS iß fetn |jau$
unbefhabigt geblieben, bie Saher ßnb fämmtlih
jerßert. Ser V«of »on St. Eloub, eiitßmalS fo
belebt, iß tn eine SQBftße oerwanbeit; bie größeren
Vaume ßnb alle gefällt, anbere »erbramif. Sluf
ber Straße oon Vonbp nah VoriS ßnb alle Väume
ntebergeßaueu worben, unb eS bebarf auf biefer
Seite wenigßenS 25 3abre um Me ©puren be1,
Velagernng ju »erwifhen. 3n Votfß iß ungefätß
bie Hälfte ber ©ebänbe ruinirt, SRomainoifle h«4
weniger gelitten. SaS Sorf SßoSnp iß burh ^'
beutfhen Vatterten halb jerßört worben. Sage*
gen ßat baS franjößfhe geuer großen Shaben tn
fflainep angerießtet, einem ßübfhcn Sorf, baS faß
nur auS Villen unb ©ärten beließt.

— flBäßrenb ber Velagernng bet Stabt Va*
riS erßielten biefliattonalgarblßen befanntlih l1/2 \
grS. ben Sag unb 75 Eent. Entfhabigung für
bte grauen; jene l1/* grS. Sößnung berehnen ßh
oom 25. September 1870 bis 1. 3anuar 1871
auf 43 flJitütonen. Sie 3nbepenbance Velge fügt
ßtnjut „SieS fonnte man reht woßl bie National*
werfßätten ber Vertßeibigung nennen." SerSemp^
gißt eine Siße ber Verluße, weih« bis Etoilbeoöl*

befeitigt betrahtet werben fann — bie jeber waß*
ren Kultur, folglich jeber wahren 3ttlmfWe/ jeber
Entwicfclung beS VobcnreihtßumS ßinberlihe unb
ßinbernbe Sürfenherrfhaft aus Europa auSjupeit*
fhen, bie Volpgamen ßinjttjagen, wo ße ßerge*
fommen ßnb, bamit jene h^rlihen Sanbßrecfen,
bie oormalS Sipe ber h’öhftett Kultur waren, ber
ahenblanbifhen Sinwanberung unb Eniwihelung
eröffnet werben, unb bte Sanber beS VitttelmeereS
würben baburh ju einem weit hoßeren Slufblüßen
fommen, als ße ßh in alten 3cikn erfreuten.

grüßet tßeilte ih bie fliuffenfurht oteler 2ln-
berer, ße tß aber hei mir gefhwunben, wenn ih
mir ein ßarfeS einiges Seutfhlanb benfe, wie eS
ßh jeßt geßaltet ßat. Ser kraft unb 3nleHl9ettS
ber beutfeßen Station iß bann fein Volf ber Erbe
gefährlich, wäßrenb fie aflein eine Sufunft unb
eine Verehiigung baju ßat. Söer, wie ih, feit
20 3<hren bie aflmahlfg ßetige ©ermanißrung
beS fliorbweßenS ber Union, bie 3luShreitung beS
germanifhen Elements in Slußralien, flleufeelanb,
Vraßlien, Eßili, Veru u. f. w. heohahtet ßat,
unb wie bie Söhne unfereS VolfeS wieber ßin*
hlicfen auf baS alte ©tammlanb, eine über bie
ganje Erbe oerhreitete unb boh jufammenßangenbe
einflußreihe gamilie, ber muß als Seutfcßer mit
greube unb Stolj erfüllt werben."

SBlt freuen uns aufrichtig ber fretmütßtgen

Sprahe, nah toclher ^)ecfer erfannt: „baß im
Völferlehen feiten golbene 3ugenbträume reifen/'
unb wenn er ßh auh früßer bte Einigung Seutfh*
lanbS anberS gebäht «nb gewünfht ßabett mag;
als ße ßh ß$t oofljogen ßat,Jo ßat er ßh boh
als aufmerffamer, auf ber |)öße ßeßenber Veoh*
achter auh nicht ber Ueberjeugung oerfhUeßctt
föttnen, baß wir jeßt einen großen gortfeßritt ge*
mad)t haben unb baß eS eine Verfünbigttng gegen
bie 3ufunft beS VaterlanbeS wäre, bemfelben beß*
ßalb ben Vücfen ju feßren, weil wir niht mit
einem Scßlag baS ganje 3id erreicht haben. Ver*
fentten wir übrigens niht, baß gerabe bte Erfaß*
rungen unb Kenntniffe,. weihe ßh ^eefer feit 20
3<*ßren im Staats* unb Völferlehen in ber gro*
ßen Sfiepublif oon Vorbamertfa ju fammeln ®e*
iegenßeit ßatte, unb im Vergleich betreiben mit
ben neuen 3ußanben, wie ße feit 1866 in Seutfh*
lanb angebaßnt würben, baS Vfeiße baju beigetra*
gen ßabett, ißm auh bie Ueberjeugung ju oerfhaf*
fen, baß, nahbem für ben großen Vau nun ein
fefter Voben gewonnen, auh b« ßcttg freißeitlk
hen Entwicfclung beS VolfS fein |)tnberniß meß4
Im 2Bcge ßeßt, um en'olth «uh bie Krönung be$
großen flßerfeS bamit juut Slbfhluß ju bringen.
 
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