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Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

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Hcidelbcrgcr Wochcnblätter.

X«. 154. Dtittwoch, dtn 7. August 1839.

Ereignisfe.

Karlsruhe, 29. Iuli. Diskussion des Kom-
missionsberichts dcs Abc;cordnelkn Aschbach übcr
dic Morion des Abgcordliclen v. Rollcck aus 2oie»
derhcrsteUung cinigen Rechtszuslandcs in Sachen
der Prcffe; als Nachlrag zu unserem Berichre übcr
die ü5ste öffenlliche Sitzung der zwcilen Kammer.
(Forls. d.Rede d.Adg. Welckeri. DieCensurfrciheit
für große Bücher ift die Preßsreiheit sür Gelchrte,
jene sür Zeil- und Flugschristen ist die Preßsreiheit
für die Bürger, für's bürgerliche Leben, die bür-
gcrlichc und politische Preßsreiheil. In dcm Sinne,
wie wir hicr in der Kammer von 1L19 an sür
Prcßsreiheit gesprochcn haben, in dem Sinne, wie
dieBundesakle und die Versaffungsurkunde sie unS
verhcißen, ift sic rcchl eigenkllch sür die Aeilnngen
und Flugschriflcn, denn, meineHerren, diescssind
die Borlheiie der Prcffe, daß dcr Vürger zu dem
Mitbürgcr spricht, daß die räglichen Erschcinungen
des politischen und bürgerlichen Lebens besprochen
werden ckönnen, daß aus die Mißgriffe dcr Ler-
wallung ausmerksam gcmacht wird, und daß jedes
ttnrechl, wclches geschiehr, zu den Ohrcn der Nc-
gierung und der Bolksvertrerer komml. Es sind
nur diese Blätter dcr Orr, wo über die täglichen
Verhäitnisse und Bedürsniffe des Lebenö dcr Bür-
gcr gcsprochen wird, wo er Kenntniß, Belehrung,
Nall) und Schutz finden kann. So wie srüher
die sreie wcchselseittge Mitlheilung und Sprache
stattsand in den öffenrlichen Bolköverhandlungen,
in welchen noch bis zum sünszehnrcn Iahrhuuderte
mehr oder mmder alle sreien Männer Theil an der
Gesehgebung und Nechrsprechung und Berwalrung
Aniheil nahmen, so soU jetzt die politische Prcßsrei-
heil allen die Theilnahme am Gemeinschasrlichen
sichern. Ietzl, mcine Herren, bei dem Nepräsen-
ralivsyftem bleibr der Bürgcr zu Haus, er hat nicht
mitzusprechcn bei den öffenrllchen Angelegenhciten
und Gerichten, er hat nicht daö Recht, hier öffent-
lich sich auözusprechen, nichr die Zeir und Gelegen-
heit, hier aUes inir anzuhörcn. Die fteie Preffe
Lcr Zeirungen, Zeit» und Flugschriftcn muß ihm
ersetzen, was jenc Theilnahme an dcn öffenrlichen
Geschaslen srüher aUen freien Bölkern, unsern
deutschen Borsahren, wie den Nömern und Grie-
chen leistcte. Dcshalb ift auch unscre hcurige Re-
präsentativverfaffung, wie der Abg. Aschbach aufö
Neue es ausgesprochen har, eine Täuschung, wenn
ßch die Bürger nichr aussprechcn und nichls hörew

dürfcn übcr die Angelegenheiten des Tagcs. Der
Hcrr Präsident dcs Ministcriums deö Inncrn hat
ferner um uns zur Zufriedcnheit mit eincr vieUeichr
etwas gemilderten Ecnsur zu stimmen, von Klagen
übcr Mißbräuche der Preffe in einzclnen Zeimngen
gesprochen und gcsagt, wie diese Ntißbräuche wcgen
der auswärtigen Negierungen mil strengen Eensur-
instruklionen abgefteUl werden müffcn. Meine
Herren, ich weiß nicht, ob der Hcrr Präsidcnr des
Ministeriums des Innern absichtlich odcr zusäUig
hier zwei Berlmlrnisse clwaö mil einander vermischt
hat, die vor aUcn Dmgcn gcschieden werden müffen,
nämlich die Zcüungen in dcn sünf Monaten, als
unsere Preffe srei war, und die ^eit nachher. Was
die Zcir der sreicn Preffe bclriffr, so hal hier, in
diesem Saale, cin Ministcr seierlichst erklärr, daß
es keineswcgs ein Alißbrauch der Preffe sey, welchcr
die Negierung genöthigl habe, daö Preßgesetz zu-
rückzunchmen, und daß man in Badenohne Een-
sur völlig genügcnde Mittel hatte, aUcs ttnpassende
zu bekämpsen, und so geschah es denn auch wirk-
lich. Eimge Bläktcr, die, nichl zur besondxrn
Freude der wahrcn Frcunde der Prcßsreiheit, zu
weir gingen, wuidcn unrerdrückt; andere waren
daran, zu sterben, und zwar nicht durch gewalt-
samcs Bersal ren der Negierung, sondcrn durch
das öffentlichc Einschrciren der Gerichle. Es hat
dcr Herr Präsidenr des Ministcriums des Jnnern
großes Gewicht daraus gelegt, auf die Möglichkeit,
daß in Baden ein zu freies Worr gesprochcn wcr-
den konne über auswärüge Berhältniffc und da-
durch ein großes Mißvcrhältniß dem Staate ent-
stehcn müßre. Ich glaube mich nichr durch diese
Besorgniffe abschrccken jaffen zu müffen von den
Fordcrungen und Wünschen der Kammer. Mcine
Herren, werscn Sie cinen unbefangenen Blick auf
Holland und Belgien und die Schweiz; Holland
und Belgien und alle schwcizcr Slaaten sind auch
rleine Sraareu. Die Preßsreiheir aber, selbst nach-
dem Belgicn und die Schweiz allcn großen Mäch-
ten feindlich gegenüber standen, lebt dennoch in
Belgicn und in allen Staaren der Schweiz, wie
in Holland, und wird ferner dort lebcn» Die
freie Preffe wird dcn Frieden mit ciner fremden
Macht nicht stören. Die Prcsse dcr kleinen König-
reiche von Dänemark, Schwedcn und Griechen-
land ftört ebensalls nicht den Frieden mit Eurvpa,
und-der Friede mit der Schweiz wird auch nicht
gestört, obgleich in Basel-Stadt und Baseb.Land-
schaft, in Aargan und Genf vollständig fres üder
 
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