Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1042

Dr. Schultheis und Schulz Exegesen

Der andere grosse Vortheil der Union ist schon da, und
liegt in ihr seihst. Sie hat Reformirte und Lutherische aus
einigeh dogmatischen schroffen Gegensätzen, welche vorlängst
leider ! partheiartig in die beiden Kirchen durch Lehrmeinungs-
streit und Lehrgebote eingedrängt worden waren, herausge-
hoben und ein unpartheiisches Einverständniss über das Ge-
meinsame und Notlüge, worin alle Redliche und Sachkundige
sich einander unmerklich genähert hatten, von aller äuiseren
Hinderung befreit, ohne dass dadurch die mögliche Verschie-
denheit in Auslegung des Besonderen und der denkbaren sub-
tileren Modificationen gehemmt, ohne dass weiterhin ein heu-
chelndes Zurückhalten veranlasst, aber auch ohne dals über
das Wahrheitsuchen ein (nie zulässiges) Accordieren durch
blolse Anbequemungen und Connivenzen geschlossen ist.
Der historische Gang dieser für die Gesinnungs- und
.Kraftvereinigung derer , welche gegen Glaubenszwang pro-
testieren, sehr wichtigen, aber so gar langsam geltend ge-
wordenen Aufhebung der K i r ch e n z w i tr a c h t ist äus-
serst belehrend. Er zeigt, wie Zwitracht entstehen ntusste.
Erzeigt aber auch das wahre Irenikon Eintracht wird, so-
gar in Lehren und Lehrarten, ohne irgend pslichtwidrige Auf-
opferungvon besondern Ansichten und von der gewissenhaften
Eorscliungs- undUeberzeuguugsfreiheit überhaupt, durch sich
selbst hergestellt, wenn immer nur die Ausübung der Ueber-
zeugungspflicht darauf, dass sie allein durch Sach-
gründe, nicht durch äussere Motive, mit Ruhe und Wohl-
anständigkeit würken dürfe und solle, hingewiesen wird.
Die menschlichen Gemüther hat, Gottlob! der ewige Geist
der Geister werden lassen, und sie sind auch, wie die Erfah-
rung selbst bei diesem Anlass lehrte, nicht so verdorben, dass
nicht die Gründe des Whhren, wenn sie nur unverkümmert
in ihrer ganzen Klarheit dargestellt werden dürfen , nicht aber
durch Nebenrücksichten und Leidenschaften überwogen wer-
den, erst bei den Fähigeren, und dadurch nach und nach ge-
wiis auch bei den Meisten, deutlich und aus Einsicht vor-
herrschend würden. Oder wie anders kam es denn, dass den-
noch, nachdem man über die bei der Reformation neu ver-
suchten und um so persönlicher vertheidigten Auslegungen der
von Jesusnicktausgelegten VYorte: Dies ist! einander bis
in den dreissigiähtigen Krieg und YVestphäliscben srieden
hinein oft herzlicher, als den Türken, gehasst und durch die ge-
botene Eintrachtsformel die sogar Zwitracht beider Kirchen zum
äusserlichen Gesetz gemacht hatte, endlich doch ungefähr seit
der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts eine ruhigere Ueber-
 
Annotationen