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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 27,1.1834

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No. 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.37273#0173
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N°. ü. HEIDELBERGER 1834.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Denn so allgemeinen Eindruck diese Schrift machte, so war
er doch zu ungleich, um den Erwartungen Wolfs, wiewohl sie
nie allzuhoch gespannt waren, zu entsprechen. Zwar verbannte
Niemand den Scharfsinn, die Gelehrsamkeit und dieCombinations-
gabe des Verfassers; auch gaben die Meisten einen Hauptpunkt
der Untersuchung zu, nämlich den spätem Gebrauch derSchreib-
Itunst. Aber was W. eben so sicher hingestellt zu haben sich
schmeichelte, die Nichteinheit Homer's (er nahm wenigstens vier
Verfasser der homerischen Gedichte an. W.'s Leben, i. Bd.
S. 3oy.), wie grofsen und verschiedenartigen Widerspruch fand
sie nicht von Kennern, besonders ältern, während jüngere und
vor allen W.'s zahlreiche Schüler, geblendet von des Meisters
glänzender Dialektik, die auffallende Hypothese wie ein Evange-
lium aufnahmen! Nur Weniger, z. B. Herders, Aeulserungen
darüber waren zweideutig. Alle Andern sprachen höchst be-
stimmt, und manche leidenschaftlich, dafür oder dagegen. Launig
rief Göthe:
„Sieben Städte zankten sich drum, ihn geboren zu haben;
Nun, da der Woif ihn zerrifs, nehme sich jede ihr Stück/'
Aber wie ernst eiferte Kästner:
„Homer, den Liebling des Apoll,
Las man Jahrhunderte hindurch bewundrungsvoll;
Kaltkritisch wird nunmehr gelesen,
Was darthut, er sey nie gewesen."
Schiller gar fand den Gedanken an rhapsodische Aneinander-
reihung und verschiedenen Ursprung der homerischen Gedichte
barbarisch. Wieland ironisirte gegen W. selbst am 26. April
1795. (Wolfs Leben, 2. Bd. S. 220.): 9 diese Kritik mufs uns
armen Spätlingen in der epischen Dichtkunst sehr schmeicheln,
Weil doch nun der alte Sänger auf einmal seinen Heiligenschein
verliert, und wird wie unser Ejner.a Trocken aber setzte er
hinzu: 9Psychologisch zwar kann ich es mir sehr gut denkent
dafs Homer progressiv und nach und nach die 2 Epopeen nach
XXVH. Jahrg. 2. Heft. 11
 
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