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Wolf s Loben und Studien Von Körte.


dem vorhandenen Plane zusammengesetzt habe. So entstand mit
Oberon. Ich hatte die ihm zum Grunde liegende Fabel als fah.
tische Ueberlieferung im Kopf. Nun war Dies in meiner 8ee!e
wie ein organischer Keim, der nach und nach immer mehr
Sprossen und Blüthen aus sich hervortrieb. Ich habe nie einen
eigentlichen Plan dazu entworfen, wie etwa Maler sich eine Shizze
zu einem historischen Gemälde vorzeichnen. Ein dunhles Gefühl
leitete mich von Einem zum Andern , und die genetische Dich-
terkraR wirhte so lange fort, bis Alles in einander griff und zu
einem Ganzen verschmolz. Warum sollt' es mit dem homerischen
Erzeugnis nicht ebenso gegangen seyn?« Wolf erwiederte,
jeder Schöpfer eines Kunst werhs müsse sich nach der Empfang.
Hchheit seines Zeitalters richten, und das Homer s habe durchaus
eine SO künstlich durchilochtene Comppsition nicht gefafst. Aber
der Dichter-Veteran gerieth über diese Aeufserung fast in Zorn,
und Sagte nicht ohne jenen Stolz der Künstler, die nur ihres
Gleichen als Richter anerkennen, y es scheine ihm doch erstlich
sehr anmafsend, einen Genie-Messer, wie einen Nil-Messer, be-
stimmen und die trefflich organisirten Ionier da hinein zwängen
zu wollen. Dann habe es zu jeder Zeit privilegirte Köpfe gege-
ben ^ die ihren Zeitgenossen vorangeeilt und erst von der fol-
genden Generation ganz gefalst worden. Zum Beweise führte er
Hallers Gedichte an, die bei ihrer ersten Erscheinung den
Gottschedischen Wasserschluchern unverständliche Dithyramben
geschienen, 20 Jahre nachher aber das Lieblingsbuch jedes Ge-
bildeten gewesen wäre« u. s. w. Auch Göthe, der gerade an
der Achillais arbeitete, schrieb dem bühnen Kritiker, bei Zusen-
dung des Wilhelm Meister, mit grofser Feinheit: y Vielleicht
sende ich Ihnen bald mit mehrerem Muthe die Anhündigung eines
epischen Gedichts, in der ich nicht verschweige, wie viel ich
jener Ucberzeugung (er meinte die Wölfische in den Prolegome-
nen) schuldig hin, die Sie mir fest eingeprägt haben. Schon
l&nge war ich geneigt, mich in diesem Fache zu versuchen, und
immer schreckte mich der hohe Begriff von Einheit und Unteil-
barkeit der homerischen Schriften ab; nunmehr, da Sie diese
herrlichen Werke einer Familie zueignen, ist die Kühnheit ge-
ringer, sich in grössere Gesellschaft zu wagen, und den Weg
verfolgen, den uns Vofs in seiner Luise so schon gezeigt hat.R
Alles theoretischen Urtheiis enthielt er sich; kehrte aber auch
gar oft ganz zu seinem alten Glauben zurück (m. $. GÖthe's
Briefwechsel mit Schiller, die Briefe vom 27. April Vs* M&i ^
 
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