706 Gaudy, Korallen.
Geheimnifsvoller Zauber webt
Im berzentfesselnden Gesicht.
Nicht Kunst, nur keckes Leben spricht
Aus brauner Augen glänzendem Licht,
Wenn Freude der Polin Busen hebt,
Die im vaterländ’schen Tanz hinschwebt —
Sehnsüchtigen Werbens reizend Bild,
Wo sich die Jungfrau scheu, fast wild.
Des Jünglings bangem Flehn entzieht,
Und spröde dem lockenden Arm entflieht.
Welch Mannes Herz blieb trag und kalt,
Sinkt dann die lebensfrohe Gestalt
Zu des Altars Stufen flehend weich,
Zum Himmel der Augen Himmelreich
Erhebend, nur Eines Gedankens voll,
Darbringend der Gottheit Geschöpfes Zoll ?
Welch Mannes Herz blieb trag und kalt,
Wefs Herz in Begeistrung nicht aufwallt.
Wenn sanft einschmeichelnder Stimme Klang —
In Schöner Munde ist’s Gesang —
Von heil’ger Freiheitsgluth durchlodert,
Polonia’s Sohn zum Kampf auffodert? — (S. 69. 70.)
So war Pauline Kasztelanowna, erzählt der Greis, und nun
folgt eine individuelle Schilderung ihrer Schönheit, und der Greis,
der in früherem Gespräche die Liebe fast geschmäht hatte, wird
beredt, wie ein Jüngling. Er versetzt sich zurück zu dem Tage,
der in Polens Annalen funkelt, zum 3ten Mai 1791, und durch-
fliegt die Jammergeschicke seines Vaterlands bis zu seiner zweiten
Theilung (14. Okt. 1794.), dann kehrt er um zu Paulinens Vater,
dem edlen Kasztelan, dem geliebten, verehrten, gefürchteten
Greise, dem Vater der Rose vom Wieprz-Thal. Dieser sitzt,
dumpf blutend über des Landes Schmach, in seinem Zimmer, vor
ihm die Tochter, die das ernste Sinnen des Vaters mit dem Klange
der Saiten zu verbannen bestrebt ist. Beide werden durch Rosses-
hufschlag pnd Trompetenklang aufgeschreckt; es sind russische
Reiter. Der Führer, ein schlanker Jüngling, entschuldigt mit
eisernem Zwange der Dienstpflicht das verhafste Kommen.
Des Körpers Schöne, «in offnes Schreiben,
Das die Natur dem Günstling gewährt, —
Nie wird cs unbeachtet bleiben.
Geistvolle Anmuth sitt’gen Lebens,
Der Grazien Weihe, die vergebens
Den Störrischen die Schule lehrt —
Versöhnen den Herrn des Hauses fast
Dem Jüngling als Fremden bitter verhafst —
Doch nicht mehr Fremder, jetzt nur Gast. — (S. 81.)
Geheimnifsvoller Zauber webt
Im berzentfesselnden Gesicht.
Nicht Kunst, nur keckes Leben spricht
Aus brauner Augen glänzendem Licht,
Wenn Freude der Polin Busen hebt,
Die im vaterländ’schen Tanz hinschwebt —
Sehnsüchtigen Werbens reizend Bild,
Wo sich die Jungfrau scheu, fast wild.
Des Jünglings bangem Flehn entzieht,
Und spröde dem lockenden Arm entflieht.
Welch Mannes Herz blieb trag und kalt,
Sinkt dann die lebensfrohe Gestalt
Zu des Altars Stufen flehend weich,
Zum Himmel der Augen Himmelreich
Erhebend, nur Eines Gedankens voll,
Darbringend der Gottheit Geschöpfes Zoll ?
Welch Mannes Herz blieb trag und kalt,
Wefs Herz in Begeistrung nicht aufwallt.
Wenn sanft einschmeichelnder Stimme Klang —
In Schöner Munde ist’s Gesang —
Von heil’ger Freiheitsgluth durchlodert,
Polonia’s Sohn zum Kampf auffodert? — (S. 69. 70.)
So war Pauline Kasztelanowna, erzählt der Greis, und nun
folgt eine individuelle Schilderung ihrer Schönheit, und der Greis,
der in früherem Gespräche die Liebe fast geschmäht hatte, wird
beredt, wie ein Jüngling. Er versetzt sich zurück zu dem Tage,
der in Polens Annalen funkelt, zum 3ten Mai 1791, und durch-
fliegt die Jammergeschicke seines Vaterlands bis zu seiner zweiten
Theilung (14. Okt. 1794.), dann kehrt er um zu Paulinens Vater,
dem edlen Kasztelan, dem geliebten, verehrten, gefürchteten
Greise, dem Vater der Rose vom Wieprz-Thal. Dieser sitzt,
dumpf blutend über des Landes Schmach, in seinem Zimmer, vor
ihm die Tochter, die das ernste Sinnen des Vaters mit dem Klange
der Saiten zu verbannen bestrebt ist. Beide werden durch Rosses-
hufschlag pnd Trompetenklang aufgeschreckt; es sind russische
Reiter. Der Führer, ein schlanker Jüngling, entschuldigt mit
eisernem Zwange der Dienstpflicht das verhafste Kommen.
Des Körpers Schöne, «in offnes Schreiben,
Das die Natur dem Günstling gewährt, —
Nie wird cs unbeachtet bleiben.
Geistvolle Anmuth sitt’gen Lebens,
Der Grazien Weihe, die vergebens
Den Störrischen die Schule lehrt —
Versöhnen den Herrn des Hauses fast
Dem Jüngling als Fremden bitter verhafst —
Doch nicht mehr Fremder, jetzt nur Gast. — (S. 81.)