154 Kramer: Erkenntnifs u. Heilung der Ohrenkrankheiten.
theilnng gemacht wurde. Dieses Verfahren wurde durch Cleland
1741 zuerst vervollkommnet, indem dieser einen silbernen, aber
biegsamen Catheter durch die Nase einzubringen versuchte. Mont-
pellier’sche Arzte verwandelten nach einer Reihe von Jahren den
biegsamen Catheter, als unbequem in der Anwendung, in einen
unbiegsamen. — Wathen (1755) theilte die ersten Krankenge-
schichten mit, bei denen durch Einspritzungen in die Tuba Eu-
stachii ein wenigstens theilweise günstiges Ergebnifs von ihm er-
zielt worden ist. Von der Diagnose der Krankheiten dieses Ka-
nals war damals noch nicht die Rede. — Nach Herrn Kramer
hat Leschevin diese Operation nur an Leichen vorgenommen. —
Büchner, Gniditsch und Wildberg dürfen als ganz unwichtig für
die Krankheiten des Gehörorgans übergangen und ihnen auch
Morgagni zugesellt werden, dessen wenige Sectionsberichte über
Eiterungen und Caries im Gehörorgan wenig Aufschlufs geben,
da das Organ weder bei Lebzeiten noch nach dem Tode der
Kranken genau untersucht worden ist.
Bei all’ diesen Mängeln der besten literarischen Arbeiten da-
maliger Zeit war in der Praxis die Behandlung der acuten Gehör-
krankheiten leidlich; man fügte sich mit gutem Erfolge den au-
genfälligen allgemeinen therapeutischen Indicationen. Allein über
die acuten Krankheitszustände hinaus reichte die Einsicht der
Arzte am Schlüsse des i8ten und am Anfänge des iqten Jahrhun-
derts nicht; wovon Lentins verunglückter Versuch (1793) den
besten Beweis liefert. Er verlor sich in Speculationen über die
krankhaften Veränderungen der Aqua Cotunni und deren Heilung,
und seine therapeutischen Vorschläge sind praktisch unbrauchbar.
(Diese Vorwürfe verdient Lentin nicht, denn er trieb zuerst warme
Luft in die Eustachische Röhre. Ref.)
Bei dem gänzlichen Mangel einer gründlichen Diagnostik der
Ohrenkrankheiten (sagt der Herr Verf.) gewannen selbst die
abenteuerlichsten Dinge Eingang ; man ergriff am Ende des 18.
und zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Durchbohrung des
Trommelfelles, die Electricität, den Galvanismus als
allgemeine Heilmittel der Taubheit mit einem Enthusiasmus, bei
dem man nur bedauern kann, dafs er nicht eine bessere Richtung
genommen hat. Allein weder Cooper, noch Himly, Itard, Deleau
u. A., welche die Durchbohrung des Trommelfelles ganz beson-
ders empfohlen, haben den Beweis gründlich geführt, dafs diese
Operation die Lobsprüche wirklich verdiene, welche ihr so reich-
lich gespendet worden sind. Keiner von ihnen bat vor der Ope-
theilnng gemacht wurde. Dieses Verfahren wurde durch Cleland
1741 zuerst vervollkommnet, indem dieser einen silbernen, aber
biegsamen Catheter durch die Nase einzubringen versuchte. Mont-
pellier’sche Arzte verwandelten nach einer Reihe von Jahren den
biegsamen Catheter, als unbequem in der Anwendung, in einen
unbiegsamen. — Wathen (1755) theilte die ersten Krankenge-
schichten mit, bei denen durch Einspritzungen in die Tuba Eu-
stachii ein wenigstens theilweise günstiges Ergebnifs von ihm er-
zielt worden ist. Von der Diagnose der Krankheiten dieses Ka-
nals war damals noch nicht die Rede. — Nach Herrn Kramer
hat Leschevin diese Operation nur an Leichen vorgenommen. —
Büchner, Gniditsch und Wildberg dürfen als ganz unwichtig für
die Krankheiten des Gehörorgans übergangen und ihnen auch
Morgagni zugesellt werden, dessen wenige Sectionsberichte über
Eiterungen und Caries im Gehörorgan wenig Aufschlufs geben,
da das Organ weder bei Lebzeiten noch nach dem Tode der
Kranken genau untersucht worden ist.
Bei all’ diesen Mängeln der besten literarischen Arbeiten da-
maliger Zeit war in der Praxis die Behandlung der acuten Gehör-
krankheiten leidlich; man fügte sich mit gutem Erfolge den au-
genfälligen allgemeinen therapeutischen Indicationen. Allein über
die acuten Krankheitszustände hinaus reichte die Einsicht der
Arzte am Schlüsse des i8ten und am Anfänge des iqten Jahrhun-
derts nicht; wovon Lentins verunglückter Versuch (1793) den
besten Beweis liefert. Er verlor sich in Speculationen über die
krankhaften Veränderungen der Aqua Cotunni und deren Heilung,
und seine therapeutischen Vorschläge sind praktisch unbrauchbar.
(Diese Vorwürfe verdient Lentin nicht, denn er trieb zuerst warme
Luft in die Eustachische Röhre. Ref.)
Bei dem gänzlichen Mangel einer gründlichen Diagnostik der
Ohrenkrankheiten (sagt der Herr Verf.) gewannen selbst die
abenteuerlichsten Dinge Eingang ; man ergriff am Ende des 18.
und zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Durchbohrung des
Trommelfelles, die Electricität, den Galvanismus als
allgemeine Heilmittel der Taubheit mit einem Enthusiasmus, bei
dem man nur bedauern kann, dafs er nicht eine bessere Richtung
genommen hat. Allein weder Cooper, noch Himly, Itard, Deleau
u. A., welche die Durchbohrung des Trommelfelles ganz beson-
ders empfohlen, haben den Beweis gründlich geführt, dafs diese
Operation die Lobsprüche wirklich verdiene, welche ihr so reich-
lich gespendet worden sind. Keiner von ihnen bat vor der Ope-