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Kramer: Erkenntnifs u. Heilung der Ohrenkrankheiten. 153
zuerst die Ohrenkrankheiten als selbstständige Krankheitsformen
aufführte, vortreffliche Vorschriften bei heftigem Entzündungen
des Gehörorgans gab und bei langwieriger Schwerhörigkeit zur
Ocularinspecction des Gehörganges aufforderte. —- Zu Galens
Zeiten machte die Ohrenheilkunde einen nicht unbedeutenden
Rückschritt, indem die bei Celsus deutlich hervortretende Rich-
tung zum Individualisiren der Krankheitszustände offenbar in den
Hintergrund trat, man die verschiedensten Krankheiten , obgleich
theoretisch unterscheidend, in der Praxis aber nicht beachtend,
mit den heftigsten , erhitzendsten Mitteln behandelte. Länger als
ein Jahrhundert erhielten sich diese roh empirischen Grundsätze
Galen’s in vollem Ansehen. Die unschätzbaren anatomischen Ent-
deckungen im Rereiche des Gehörorgans gegen das Ende des
i5ten und in der ersten Hälfte des i6ten Jahrhunderts durch
Achillini, Berengar, Vesalius, Ingrassias, Eustachius, Fallopia
u. s. w. gewannen keinen Einflufs auf die pathologischen und
therapeutischen Ansichten der Arzte damaliger Zeit, so dafs wir
in der für jene Zeit am meisten in Ruf stehenden Abhandlung
des H. Mercurialis (de oculorum et aurium affectibus praelectio-
nes. i5gi.) nach Abzug der theoretischen Ausschmückung, in kei-
ner Beziehung mehr finden, als was Galen 14 Jahrhunderte frü-
her ausgesprochen hatte. — Fabr. Hildanus (Opera omnia 1646)
kam zuerst wieder auf den Weg gründlicher Untersuchung, rich-
tete aber nur seine Aufmerksamkeit auf den äussern Gehörgang
und dessen krankhafte Zustände. Er erfand zur bessern Unter-
suchung des Gehörganges das erste Speculum auris. — Bonet’s
Leichenöffnungen (Sepulchretum. 1679) haben wenig Werth, da
keine erläuternden Krankengeschichten beigefügt und die Unter-
suchungen des Gehörorgans nicht genau sind. —- Du Verney’s
Werk (Traite de l’organe de Tome etc. i683) verdient in anato-
mischer Hinsicht seinen grofsen Ruf; allein dieser darf nicht auf
den pathologisch - therapeutischen Theil übertragen werden. Ein
Gleiches gilt von den Leistungen eines Vieussens , Valsalva, Cas-
sebohm. — Die vereinzelten pathologischen Beobachtungen von
Wepfer, Willis, Riedlin, Friedr. Hoffmann u. A. konnten die
Diagnostik und Therapeutik der Ohrenkrankheiten wesentlich nicht
fördern. Den erfolgreichsten Anstofs zu weitern, wichtigen Fort-
schritten gab ein Postmeister in Versailles, Namens Guyot, in-
dem er zur Erleichterung eigner Schwerhörigkeit die Eustachische
Trompete durch die Mundhöhle einspritzte, worüber im Jahre
1724 der Pariser Akademie der Wissenschaften eine kurze Mit-
 
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