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N°. 6. HEIDELBERGER 1837.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Schriften über Irrenanstalten von PinelNoivak u. Engelken.
(Bes chluf s.)
Auf eine zweckmäfsige Weise wurde, wie der Verf. berich-
tet, der Raum der Prager Irrenanstalt erweitert durch Zimmer
für Kranke aus hohem Ständen, für Genesende, durch ein Ge-
sellschaftszimmer mit einem Billard und einer Hausbibliothek,
durch ein eigenes Arbeitszimmer. Mehrere der mit Ziegeln ge-
pflasterten Corridore wurden mit Quadersteinen ausgelegt; meh-
rere Gärten acquirirt, so dafs die Anstalt deren jetzt sechs zählt,
einer mit schönen Anlagen und einem Sommerhaus ausgestattet,
und der Plan dazu sowie die Ausführung von Geisteskranken
besorgt. Die der Anstalt gehörigen seither nur zur Hälfte von
Geisteskranken bestellten Felder werden nun ganz von ihnen be-
arbeitet. Die pünktliche Handhabung der Hausordnung wird
hauptsächlich durch Strenge gegen das Dienstpersonale und durch
milde Behandlung der Kranken erreicht. Hier stehen die Kran-
ken des Sommers um halb 5 Uhr, des Winters um 6 Uhr auf
und legen sich auch im Winter erst um g Uhr zu Bett, was Ref.
für einen grofsen Vorzug der Prager vor vielen öffentlichen Irren-
anstalten hält. Morgen-und Tischgebete werden gesprochen, den
meisten Kranken gewöhnliche Bestecke verabreicht. Vor und nach
dem Abendessen und zumal an Sonn- und Feiertagen wird die
Zeit mit Musik ausgefüllt, an den letzten Tagen auch die Erlaub-
nifs zu Besuchen bei den Kranken ertheilt, kleine Feste gehalten.
Die Anwendung der Zwangsmittel wird immer seltener. Schläge
bleiben, trotz Amelungs neuerlicher Empfehlung, verbannt. [Dies
gewifs mit Recht; nur kann es Ref., obwohl er selbst einen klei-
nen Apparat von Zwangsmitteln möglichst selten gebraucht, für
keinen Vorzug erklären, dafs der Zwangstuhl nie in Anwendung
kommen soll, durch welchen die Anwendung so mancher anderer
Mittel erst möglich gemacht und ein so mächtiger und heilsamer
Eindruck hervorgerufen wird. Viel wird in der Prager Irrenanstalt,
trotz der Abmahnung unverständiger Arzte, auf Beschäftigung
gehalten und der in Gärten und Feld die erste Stelle eingeräumt.
Überdies ist verschiedenen Handwerkern, wie Schustern, Schnei-
dern , Tischlern, Zimmerleuten und Maurern Gelegenheit zur Ar-
XXX. Jahrg. 1. Heft. 6
 
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