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HEIDELBERGER

1837.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Historische Literatur,
(Bes chluf s.)

Ref. halt aber den Mann allein für einen wahren und auf-
richtigen Geschichtschreiber, der seine Individualität nicht ver-
steckt, vorausgesetzt, dafs diese Individualität achtbar ist. Ein
Trotzen auf.höhere Ansicht, auf objective Erkenntnifs, auf ein
poetisches Gemüth , kurz, auf etwas Exclusives oder gewisser-
mafsen Geoffenbartes, ist dem Publicum, das sich Ref. und ge-
wifs auch Herr Kortüm wünscht, sehr lächerlich. Herr Kortüm
wird mit dem Ref. in dem Alter, worin er ist, es Andern über-
lassen, saevas currere per Alpes, ut pueris mulierculisque pla-
ceat, utque fabula fiat. Vielleicht hätte Herr Kortüm w'ohlge-
than , Manches nicht so sehr zusammenzudrängen, als in dem
Werke geschehen ist und den Schwachen am Geist durch öftere
Absätze und häufigere Scheidung des Zusammenhangs der Bege-
benheiten von den Zuständen zu Hülfe zu kommen. Ob der Vf.
übrigens Recht hat, Karl den Grofsen S. 176 im häuslichen
Leben glücklich zu nennen, und ob seine Töchter, die Herr Kor-
tüm in Turnkünsten geübt nennt, so sittsame Jungfrauen waren,
als sie hier beschrieben werden, darüber wollen wir hier nicht
disputiren. Herr Kortüm mag das selbst verantworten; wenn aber
Ref. das Beispiel der Töchter Karls andern Prinzessinnen em-
pfehlen sollte, so würde er sich doch etwas bedenken. Auch
würde er in einer allgemeinen Geschichte des Mittelalters nicht
so ausführlich von Karls des Grofsen Beerdigung und der unbe-
deutenden Inschrift über seinem Grabe geredet haben, als S. 76
— 77 geschehen ist. Gedrängt und vortrefflich ist dagegen Al-
les, was Karls Bauwesen angeht, angegeben, und Ref. bat in dem
gedrängten Bericht manchen Wink gefunden , der ihm ganz neu
und sehr belehrend war. Dafs Herr Kortüm der Geschichte der
Hohenstauffen etwas mehr Umfang gegeben hat, als man in einer
allgemeinen Geschichte des Mittelalters erwarten würde, wird
man ihm aus vielen Ursachen Dank wissen. Er steht auf seinen
eignen Füfsen, er giebt Bericht aus den Quellen und betrachtet
die Geschichte in einem andern Lichte als seine Vorgänger; aus-
serdem ist die Einsicht in die Verhältnisse des Mittelalters ohne
eine ganz genaue Kenntnifs dieser Geschichte nicht zu erlangen.
Er hat auch, weil er die Geschichte der Hohenstauff'en sehr spe-
ziell behandelt, dem ersten Bande zwei Actenstüeke aus dem
Wiener Archiv angehängt. Das eine ist ein Schreiben der zu
Bamberg versammelten Wahlfürsten an den König Friedrich II.
von Sicilien, vom Jahre 1212; das andere ein Brief des Kanzlers
Peter a Vineis über des unglücklichen Conrads Erziehung. Dem
letztem, dem die That und die Erfahrung widerspricht, legen

XXX. Jahrg. 2. Heft.

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