Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 30,1.1837

DOI Heft:
No. 26
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.39123#0416
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
408

Belletristik.

soll es heifsen relatives Pronomen statt anzeigendes; S. 55
Anmerk. Interjectionen statt C o n ju n ct i o ne n ; S. 85 §. 276
gehören die dort angeführten Beispiele zu den Ausnahmen, sie
finden sich in den leyes de las partidas Lib. I., das Beispiel,
welches fehlt, ist: he comprado un libro.

BELLETRISTIK.
Zur Erklärung und Beurtheilung von Bürgers Lenore. Einladungsschrift
zur Promotionsfeier des Pädagogiums und zur Eröffnung des Jahres-
curses 1835, von Wilhelm Wackernagel. Basel, bei A. Wieland,
Universitätsbuchdrucker. 4. 22 S.
Da diese gelehrte und mit feinem Takte für Volkspoesie ge-
arbeitete Schrilt wohl schwerlich auf dem Wege des Buchhan-
dels verbreitet wird, so dürfte eine kurze, jedoch genaue Ana-
lyse des Inhalts den Lesern dieser Blätter willkommen seyn. Die
Lenore ist von jeher unter Bürgers Balladen obenan gestellt wor-
den. Bürger selbst nennt diese Romanze in einem vertraulichen
Briefe an Boie eine »unsterbliche«; A. W. Schlegel that den
gleichen Ausspruch (Char. u. Kr. II, 44)* Der Vf. hält es daher
für keine müfsige Aufgabe, zusammenzustellen, was die Poesie
der Deutschen und anderer Völker Ähnliches aufzuweisen hat.
Zu allen Zeiten haben Sagen und Mährchen davon erzählt,
wie übermäfsiger Schmerz der hinterlassenen Lieben die Todten
in ihrer Ruhe störe; die Wehklage weckt sie auf, jede Thräne,
die über ihrem Grabe vergossen wird , fällt ihnen schwer und
hlingend auf die kalte Brust, dafs sie aus dem Schlafe auffahren,
und ihre Leichenhemden werden nafs vom vielen Weinen. Sie
möchten gern das alte Leben verschlafen und vergessen; aber die
Liebe mahnt sie wider ihren Willen. Vollständig ist dieser Ge-
danke in einem schönen deutschen Märchen (Kinder- u. Hausm.
d. Br. Grimm II, 118. poet. von Chamisso , Ged. Ausz. II. S. j 47
—»149) ausgedrückt, wo das Kind im thränennassen Todtenhemd-
chen vor das Bett der Mutter kommt. In einem Volksliede des
Kuhländchens (Meinert I, 89. 90.) flüchtet ein von der Stiefmut-
ter gepeinigtes Kind ins Grab der rechten Mutter, die es abmahnt.
Die littauische Klageliederpoesie bietet (Rhesa, Litt. Volksl. S.
22 — 24. vergl. Chamisso S. i54* i55.) nur Eines dar, wo die
Todte (eine Mutter) vom Weinen des zurückgebliebenen (Kindes)
erwacht, und hier wird die Klage sogar durch tröstliche Ver-
heifsungen beschwichtigt. In einem serbischen Liede (Talvj,
Volksl. d. Serben I. 67.) beunruhigt die Verzweiflung einer Jung-
frau ihren gestorbenen Geliebten:
„Nicht die Erd’ ists die mich drückt, o Mutter,
Nicht die Ahornbretter meiner Wohnung:
Was mich quält, der Schmerz ists der Geliebten.
Wenn sie seufzt, so bangt der Seel’ im Himmel;
Aber wenn sie sich verschwört verzweifelnd,
Bebt die Erde und der Leib erzittert, “
 
Annotationen