Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 44,2.1851

DOI Heft:
Nr. 42
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43434#0192
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
670 Westermann: Ueber die Urkunden in den Attischen Rednern.
In der zweiten Abhandlung ergeben sich ähnliche Fehler bei der
Prüfung der testimonia, dass sie gegen den üblichen Gerichtsstyl ver-
stossen, z. B. Namen des Vaters oder des Demos oder auch beide weg-
lassen, dass sie geradezu der Aussage des Redners widersprechen, we-
nigstens etwas bezeugen, was gar nicht nöthig war oder sich von selbst
verstand; dass sie grosse Unkenntniss der Attischen Institutionen an den
Tag legen, und ihre Unächlheit auch durch unbeholfene Ausdrucksweise
verrathen. So heisst es z. B. in den Zeugnissen der Midiaua immer
Δημοσθένης, ώ μαρτυροΰμεν oder gar Μειδιάς ό κρινόμενος υπό Δημο-
σθένους, in der Rede gegen die Neaera kehrt sechs Mal das nichtssagende
N. ή νυνι άγωνίζομενη wieder. Dadurch erhellt zugleich, dass verschie-
dene Hände bei diesen Fälschungen beschäftigt waren. Unter den Hand-
schriften hat Σ verhältnissmässig davon am freisten sich erhalten, indem
nur die Einlagen zur Midiana, den Reden περί στεφάνου und gegen Neaera
darin vorkommen, gerade diese fehlen wieder {mit Ausnahme der letzt-
genannten Rede} im Aug. 1. Diess lässt ebenfalls auf verschiedene Ver-
fasser schliessen, welche aber sämmtlich mit ihren Produkten wenig Ehre
einlegen.
Um nun mit den Aktenstücken zur Rede π. στ. zu beginnen, so
gibt das erste {§. 135} gegen Aeschines, dass ihm den Hyperides als
Pylagoren der Areopag vorgezogen habe, als der Demos einstmals ihn zu
dieser Stelle designirt batte, nur eine sehr abschwächende Variation der
scharfen Worte in §. 134, das zweite greift auf ähnliche Weise fehl,
wie die Fictionen der Timocratea. Wenn dort bei der γραφή παρανόμων
das Praesidium den Proedren übertragen wird, und dem Verfasser nicht
von ferne einfällt, dass er damit die Thesmotheten, die wirklichen Ge-
richtspraesidenten iguorirt, so werden hier in einem Prozesse derselben
Gattung die Thesmotheten durch die Strategen ersetzt, welche die Zeugen
beeidigen sollen. Andere Verstösse dieser beiden Stücke, welche zum
Theil schon von Droysen in seiner Schrift „über die Echtheit der Urkun-
den in Demosthenes Rede vom Kranze“ p. 127 ff. 179 ff. besprochen sind,
übergehen wir.
Ueber die Zeugnisse in der Rede gegen Midias hat Westermann
schon 1844 in der Gratulationsschrift an G. Hermann, betitelt: „de litis
instrumentis quae exstant in Demosthenis oratione in Midiam commentatio“
gehandelt, und zwar dort auch über die in der Midiana vorkommenden
Gesetze. Hier beschränkt er sich auf die eine Gattung der testimonia
und sucht seine Kritik gegen die unterdessen gemachten Einwendungen
zu rechtfertigen. Es ist, glauben wir, nicht in Zweifel zu ziehen, dass
 
Annotationen