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Tomek: Geschichte der Prager Universität.
sich bis jetzt erhalten hat (S. 8). Eingetheilt war die Universität
in vier Nationen, die böhmische, bayerische, polnische und sächsische.
Als Kanzler war ihr durch die genannte päpstliche Bulle der je-
weilige Erzbischof von Prag vorgesetzt. Die höchste Würde an
der Universität war das Amt des Rectors. Er wurde in den ersten
Jahren auf ein ganzes, später aber, und zwar wahrscheinlich schon
vor dem Jahre 1385 auf ein halbes Jahr von den vier Nationen
gewählt*) QS. 9). Eins der vorzüglichsten Amtsgeschäfte des Rectors
war die Ausübung der Gerichtsbarkeit über alle Mitglieder der Uni-
versität, welcher sie sowohl in Disciplinarsachen , als auch in Cri-
minal- und Civilprozessen unterstanden. Zur Verwaltung der Uni-
versität waren dem Rector zwei Collectoren beigegeben, welche mit
ihm zugleich gewählt wurden.
Das gesetzgebende Organ, wodurch die Statuten verändert, ab-
geschafft oder vermehrt werden konnten, war anfänglich die Ver-
sammlung der Universität selbst (^congregatio Universitatis), in wel-
cher alle Mitglieder, Magister und Studenten, gleiche Stimmen hat-
ten. Durch das Edict des Erzbischofs Arnest vom 10. April 1360
wurde zuerst angeordnet, dass diese Versammlung jährlich regel-
mässig zweimal, und ausserdem nur bei besonders wichtigen Vor-
kommnissen gehalten werden sollte. Dagegen wurde (S. 12) durch
dasselbe Edict ein besonderer Universitätsrath (consilium Universi-
tatis) eingesetzt, bestehend aus acht Mitgliedern, aus jeder Nation
zwei, welche bei jeder Rectorswahl erneuert wurden (jconsiliarii,
procuratores nationum). Unabhängig von der Universität und ihrer
Verfassung war die Eintheilung des Generalstudiums in vier Fa-
cultäten, die theologische, juridische, medicinische und artistische.
Es war dieses eine dem Corporationsgeiste des Mittelalters entsprun-
gene Einrichtung, welche gänzlich den Zünften der Handwerker und
Künstler ähnlich war QS. 13). An der Spitze jeder Facultät war
ein Decan. Dieser stand dem Rector der Universität zwar in der
Würde nach, in der Ausübung seines Amtes hingegen war er ihm
in keiner Weise untergeordnet. So wie die Decane dem Rector,
so war hinwieder auch dieser dem Kanzler bloss der Würde nach
untergeordnet; in seiner amtlichen Wirksamkeit dagegen war er
von ihm ganz unabhängig. Bei etwaigen Uebergriffen des Kanzlers
war die Universität schon in frühen Zeiten bemüht ihre Unabhän-
gigkeit zu wahren.
Eigentliche gelehrte Grade gab es zwei; einen hohem,
den des Magisters oder Doctors, und einen niedern, den des Bac-
calaureus. Der Magistertitel war in der theologischen und artistischen,
*) Bei der Universität Heidelberg fand von ihrer Gründung im Jahre 1386
an bis zum Jahre 1393 jedes Vierteljahr und darauf bis zum Jahre 1522 jedes
halbe Jahr die Rectorswahl statt. In dem zuletzt genannten Jahre wurde in
Folge einer Anordnung des Kurfürsten Ludwig V. die jährliche Rectorswahl
eingeführt. Annales Universitatis Ileidelbergensis T. I. F. 50. 60. T. V. F. 35.
Tomek: Geschichte der Prager Universität.
sich bis jetzt erhalten hat (S. 8). Eingetheilt war die Universität
in vier Nationen, die böhmische, bayerische, polnische und sächsische.
Als Kanzler war ihr durch die genannte päpstliche Bulle der je-
weilige Erzbischof von Prag vorgesetzt. Die höchste Würde an
der Universität war das Amt des Rectors. Er wurde in den ersten
Jahren auf ein ganzes, später aber, und zwar wahrscheinlich schon
vor dem Jahre 1385 auf ein halbes Jahr von den vier Nationen
gewählt*) QS. 9). Eins der vorzüglichsten Amtsgeschäfte des Rectors
war die Ausübung der Gerichtsbarkeit über alle Mitglieder der Uni-
versität, welcher sie sowohl in Disciplinarsachen , als auch in Cri-
minal- und Civilprozessen unterstanden. Zur Verwaltung der Uni-
versität waren dem Rector zwei Collectoren beigegeben, welche mit
ihm zugleich gewählt wurden.
Das gesetzgebende Organ, wodurch die Statuten verändert, ab-
geschafft oder vermehrt werden konnten, war anfänglich die Ver-
sammlung der Universität selbst (^congregatio Universitatis), in wel-
cher alle Mitglieder, Magister und Studenten, gleiche Stimmen hat-
ten. Durch das Edict des Erzbischofs Arnest vom 10. April 1360
wurde zuerst angeordnet, dass diese Versammlung jährlich regel-
mässig zweimal, und ausserdem nur bei besonders wichtigen Vor-
kommnissen gehalten werden sollte. Dagegen wurde (S. 12) durch
dasselbe Edict ein besonderer Universitätsrath (consilium Universi-
tatis) eingesetzt, bestehend aus acht Mitgliedern, aus jeder Nation
zwei, welche bei jeder Rectorswahl erneuert wurden (jconsiliarii,
procuratores nationum). Unabhängig von der Universität und ihrer
Verfassung war die Eintheilung des Generalstudiums in vier Fa-
cultäten, die theologische, juridische, medicinische und artistische.
Es war dieses eine dem Corporationsgeiste des Mittelalters entsprun-
gene Einrichtung, welche gänzlich den Zünften der Handwerker und
Künstler ähnlich war QS. 13). An der Spitze jeder Facultät war
ein Decan. Dieser stand dem Rector der Universität zwar in der
Würde nach, in der Ausübung seines Amtes hingegen war er ihm
in keiner Weise untergeordnet. So wie die Decane dem Rector,
so war hinwieder auch dieser dem Kanzler bloss der Würde nach
untergeordnet; in seiner amtlichen Wirksamkeit dagegen war er
von ihm ganz unabhängig. Bei etwaigen Uebergriffen des Kanzlers
war die Universität schon in frühen Zeiten bemüht ihre Unabhän-
gigkeit zu wahren.
Eigentliche gelehrte Grade gab es zwei; einen hohem,
den des Magisters oder Doctors, und einen niedern, den des Bac-
calaureus. Der Magistertitel war in der theologischen und artistischen,
*) Bei der Universität Heidelberg fand von ihrer Gründung im Jahre 1386
an bis zum Jahre 1393 jedes Vierteljahr und darauf bis zum Jahre 1522 jedes
halbe Jahr die Rectorswahl statt. In dem zuletzt genannten Jahre wurde in
Folge einer Anordnung des Kurfürsten Ludwig V. die jährliche Rectorswahl
eingeführt. Annales Universitatis Ileidelbergensis T. I. F. 50. 60. T. V. F. 35.