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Wiegand: Gott, Welt und Mensch.
stalten“ seien. Eine Einleitung zur Philosophie gehört nach dem-
selben so lange zum Gymnasium (Lyceum), als „in Deutschland
der so wünschenswerth e Liebergang vom Gymnasium zur Hoch-
schule nicht vermittelt ist.“ Mit Recht wird dem Ausspruche dieses
Bedürfnisses beigefügt, dass man hiebei „an dem jedesmaligen
Gymnasium eine kundige Hand“ voraussetzen müsse, welche „über
dieser Zugabe die Hauptaufgabe nicht vernachlässigt.“ Durch die
Philosophie sollen die Fächer nicht auseinander gerissen oder ver-
mehrt, sondern in höheren Klassen einheitlich von dem verstän-
digen Pädagogen concentrirt werden.
Zu einer solchen Einleitung in die Philosophie wird gezählt:
1) eine Betrachtung des Ganges aller bisherigen Philosopheme
„oder eine s. g. Geschichte der Philosophie“; 2) die Betrachtung
der bis jetzt als „der Philosophie eigenthümlich“ herausgestellten
Aufgaben; 3) Betrachtung des bekannten Unterschiedes zwischen
Mathematik und Philosophie einerseits und den Erfahrungswissen-
schaften (Geschichte und Naturwissenschaft) anderseits; 4) Betrach-
tung des philosophischen Bedürfnisses im menschlichen Geiste; 5)
das hieraus hervorgehende Ideal, Eintheilung und Gliederung der
Philosophie.
Nach des Ref. Meinung ist hier der Kreis für eine philoso-
phische Propädeutik am Gymnasium (Lyceum) zu weit gezogen.
Er soll und darf in jene Disciplinen in keinem Falle hinüberspielen,
welche den Kern des akademischen Unterrichts bilden, Meta-
physik und Geschichte der Philosophie. Man kann die
philosophischen Systeme nicht vorläufig deutlich machen oder einen
vorläufigen Ueberblick der Geschichte der Philosophie geben, weil
die Systeme, ohne dass man in den innern Zusammenhang aller
Sätze des Systemes und der Systeme unter einander eingeht, nicht
verstanden werden können, nichts aber nachtheiliger auf den Un-
terricht wirkt, als die Berührung von Dingen, welche Zeit, Ort,
Maass der Unterrichtsfächer und Fähigheit der Zöglinge nicht ge-
statten. Es wird eine solche übersichtliche Geschichte der Philo-
sophie dem spätem akademischen Unterricht nur Schaden bringen.
Entweder ruft sie die Meinung hervor, man kenne den Gegen-
stand schon und eine weitere Betreibung desselben sei über-
flüssig, oder man wird, weil man sich mit Sachen beschäftigt, die
man nicht versteht, schon im Voraus einen Ekel fassen und sich
auf der Hochschule wohl hüten, eine solche Wissenschaft weiter
zu erforschen. Der zweite von dem Herrn Verf. berührte Punkt
betrifft das Metaphysische und eine vorläufige Andeutung und Be-
handlung solcher Probleme hat eine nicht minder bedenkliche
Seite. Die Probleme greifen so tief in das Wesen der Natur und
Geschichte, in das Wesen aller Dinge ein, dass man, wenn man
sic einmal berührt hat, weiter gehen muss, und hier überall die
Gränzen überschreitet, welche der Pädagog dem Gymnasial-
unterricht zu ziehen hat, wenn letzterer der gelehrten oder klassischen
Wiegand: Gott, Welt und Mensch.
stalten“ seien. Eine Einleitung zur Philosophie gehört nach dem-
selben so lange zum Gymnasium (Lyceum), als „in Deutschland
der so wünschenswerth e Liebergang vom Gymnasium zur Hoch-
schule nicht vermittelt ist.“ Mit Recht wird dem Ausspruche dieses
Bedürfnisses beigefügt, dass man hiebei „an dem jedesmaligen
Gymnasium eine kundige Hand“ voraussetzen müsse, welche „über
dieser Zugabe die Hauptaufgabe nicht vernachlässigt.“ Durch die
Philosophie sollen die Fächer nicht auseinander gerissen oder ver-
mehrt, sondern in höheren Klassen einheitlich von dem verstän-
digen Pädagogen concentrirt werden.
Zu einer solchen Einleitung in die Philosophie wird gezählt:
1) eine Betrachtung des Ganges aller bisherigen Philosopheme
„oder eine s. g. Geschichte der Philosophie“; 2) die Betrachtung
der bis jetzt als „der Philosophie eigenthümlich“ herausgestellten
Aufgaben; 3) Betrachtung des bekannten Unterschiedes zwischen
Mathematik und Philosophie einerseits und den Erfahrungswissen-
schaften (Geschichte und Naturwissenschaft) anderseits; 4) Betrach-
tung des philosophischen Bedürfnisses im menschlichen Geiste; 5)
das hieraus hervorgehende Ideal, Eintheilung und Gliederung der
Philosophie.
Nach des Ref. Meinung ist hier der Kreis für eine philoso-
phische Propädeutik am Gymnasium (Lyceum) zu weit gezogen.
Er soll und darf in jene Disciplinen in keinem Falle hinüberspielen,
welche den Kern des akademischen Unterrichts bilden, Meta-
physik und Geschichte der Philosophie. Man kann die
philosophischen Systeme nicht vorläufig deutlich machen oder einen
vorläufigen Ueberblick der Geschichte der Philosophie geben, weil
die Systeme, ohne dass man in den innern Zusammenhang aller
Sätze des Systemes und der Systeme unter einander eingeht, nicht
verstanden werden können, nichts aber nachtheiliger auf den Un-
terricht wirkt, als die Berührung von Dingen, welche Zeit, Ort,
Maass der Unterrichtsfächer und Fähigheit der Zöglinge nicht ge-
statten. Es wird eine solche übersichtliche Geschichte der Philo-
sophie dem spätem akademischen Unterricht nur Schaden bringen.
Entweder ruft sie die Meinung hervor, man kenne den Gegen-
stand schon und eine weitere Betreibung desselben sei über-
flüssig, oder man wird, weil man sich mit Sachen beschäftigt, die
man nicht versteht, schon im Voraus einen Ekel fassen und sich
auf der Hochschule wohl hüten, eine solche Wissenschaft weiter
zu erforschen. Der zweite von dem Herrn Verf. berührte Punkt
betrifft das Metaphysische und eine vorläufige Andeutung und Be-
handlung solcher Probleme hat eine nicht minder bedenkliche
Seite. Die Probleme greifen so tief in das Wesen der Natur und
Geschichte, in das Wesen aller Dinge ein, dass man, wenn man
sic einmal berührt hat, weiter gehen muss, und hier überall die
Gränzen überschreitet, welche der Pädagog dem Gymnasial-
unterricht zu ziehen hat, wenn letzterer der gelehrten oder klassischen