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Wiegand: Gott, Welt und Mensch.

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Ausbildung des Jünglings zuträglich sein soll. Die Philosophie,
oberflächlich erfasst, führt, wie die oberflächliche Naturkenntniss
von Gott ab, tiefer ergriffen, zu Gott zurück; aber gerade dieses tie-
fere Ergreifen ist bei dem philosophischen Gymnasial- (Lyceal) Un-
terrichte eine reine Unmöglichkeit. Refer. würde daher mehr die
letzten 3 hier angedeuteten Punkte in den Kreis einer Einleitung
zur Philosophie an Gymnasien (Lyceen) aufnehmen. Es gehört
alles das in dieselbe, was die Elemente zum spätern Verständ-
nisse der Philosophie auf Universitäten enthält. Dahin zählt er 1)
die Encyclopädie, welche in kurzen, dem Zöglinge verständ-
lichen und mit Beispielen practisch anschaulich und anziehend
gemachten Zügen den Begriff der Philosophie, ihrer einzelnen
Wissenschaften und ihres Verhältnisses unter einander entwickelt •
2) die formelle Logik, weil diese so viel Verwandtes mit der
Grammatik und Mathematik, 2 Fächern der Anstalt selbst, hat,
und in neueren Zeiten vielfach auf Universitäten nicht zum Vor-
theile der Wissenschaft hintangesetzt worden ist, auch von An-
fängern am leichtesten verstanden, mit Beispielen anziehend und
belehrend gemacht und durch ihre mathematischen Grundsätze,
Figuren und Formeln der Jugend bis zur Evidenz dargethan
werden kann, also.ein Hauptmittel zur Entwickelung des Geistes
und Schärfung des Verstandes ist; 3) die Erfahrungsseelen-
lehre, welche gleichsam neben der Naturwissenschaft eine innere
Naturlehre ist, durch das Hinweisen auf die Vorgänge in der
Seele des Zöglings zugleich eine eigene Selbstanschauung gibt,
und dadurch eben so unterrichtend als anziehend wird. Nie darf
man aber auch hiefür zu viele Zeit verwenden und hat es immer als
Zugabe zur Hauptsache zu betrachten, wie der Herr Verf. mit vollem
Rechte dem philosophischen Gymnasialunterrichte seine Stellung
anweist. Was weiter hinaus geht, streift in ein Gebiet, das nicht
für die gelehrten Schulen, sondern für die Universitäten da ist
und nur zum Nachtheile der ersteren betrieben werden kann.
Vollkommen ist Ref. mit dem Herrn Verf. einverstanden,
dass man an gelehrten Schulen die Vorbereitung zur Philosophie
am Passendsten dadurch bewerkstelligt, wenn der gesammte Un-
terricht überhaupt von philosophischem Geiste getragen
wird. Dass alle Fächer pädagogisch, also in philosophi-
schem Geiste getrieben werden müssen, ist gewiss. Dies gilt
von der Philologie, Mathematik, Physik, Geschichte und allen
Fächern, die an gelehrten Anstalten oder Mittelschulen gelehrt
werden. Weil alle Fächer pädagogisch, also in philosophischem
Geiste behandelt werden sollen, finden sie gerade in diesem Geiste,
also in der Philosophie ihren Einheitspunkt. So wird nicht eine
neue Wissenschaft geschaffen, sondern diejenige Wissenschaft zum
Bewusstsein des Zöglings gebracht, welche ihm den leitenden, eini-
genden Faden für alle seine Studien bietet.
Nach dem die Stellung der Gymnasial- (Lyceal) Philosophie
 
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