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Nr. 45. HEIDELBERGER 1862.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Isokrates und Athen. Beitrag zur Geschichte der Einheits- und
Freiheitsbewegung in Hellas. Mit einem Anhänge u. s. w. Von
Dr. W. Oncken. Heidelberg, Emmerling’sehe Buchhandlung.
(Georg Weiss). 1862. VI. u. 151 S. in gr. 8.
Die vorliegende Schrift enthält in ihrem Anhänge (S. 111—
151) eine geschichtliche Untersuchung, auf deren Gegenstand, Gang
und Ergebniss der Verfasser hier mit einigen Worten hinweisen
möchte.
Die Rede des Isokrates über den Frieden (der Symmachikos
wie sie bei Aristoteles heisst) wird in neuerer Zeit fast allgemein
an das Ende des athenischen Sonderbundskrieges, also gegen oder
in das Jahr 355 gerückt, so von Klinton, Böckh, Schäfer und be-
sonders Benseler (1854). Ein Jahr später setzt sie Böhnecke, ein
Jahr früher Weissenborn und Benseler in seiner ersten Bearbeitung
des Isokrates (1829).
Aeltere Ausgaben, wie die von Leloup 1826, der sich die
Uebersetzung von Christian 1832 anschliesst, sprechen mehr für
einen Zusammenhang der Rede mit dem Beginn des Sonder-
bundskrieges, nehmen also das Jahr 358 oder 357 als das der
Abfassung an.
Eine ausführliche Besprechung der'Gründe, welche zu dieser
oder jener Annahme nöthigen sollen, habe ich nirgends gefunden;
die verhältnissmässig gründlichste Auseinandersetzung gibt Bense-
ler in seiner 1854 erschienenen werthvollen Ausgabe und Ueber-
setzung dreier Reden des Isokrates, unter denen die unsrige sich
befiudet (vgl. Plataikos, Archidamos, u. R. ü. d. Fr. p. 197 ff.) Da
mich das Ergebniss dieser Erörterung ebensowenig befriedigte, als
die Beweisführung selbst mich zu gewinnen vermochte, habe ich
die Untersuchung von vorn angefangen und bin auf diesem Wege
zu einer Ansicht gelangt, welche in Bezug auf die Rede selbst sich
mehr an die von Christian anschliesst, zugleich aber über einen
nach meiner Ansicht eng damit zusammenhängenden Punkt, den
Anlass des Sonderbundskrieges, ein neues Licht verbreitet.
In dem ersten Abschnitt S. 116—126 habe ich versucht nach-
zuweisen, dass die Worte unserer Rede, auf welche sich Bense-
ler beruft, keineswegs so verstanden werden müssen, wie er
sie auslegt; ferner, dass andre Stellen, auf welche Benseler sich
nicht beruft, eine solche Deutung unmöglich machen. Ein
Hauptgewicht bilden die Aeusserungen des Redners über die Stim-
mung des versammelten Volkes, welche als eine so ungestüm
LV. Jahrg. 9. Heft. 45
 
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