Förster: Ueber Zeitmaasse und ihre Verwaltung.
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Zeitfolge des Geschehens in der Seele selbst gibt. Die eine —
von der Aussenwelt berrührende Erscheinungen betreffend — lässt
einfache Gesetze der Zeitfolge des Geschehens, Bewegens und Wer-
dens erkennen; die andere — Erscheinungen, die aus den inner-
sten Tiefen der Seele, in denen sie gesammelt wurden, aufsteigen —
lässt ein einfaches Gesetz durchaus nicht wahrnehmen. Die Reihen-
folge bei diesen Erscheinungen ist eine durchaus geheimnissvolle,
so dass wir das Gesetz selbst als »menschliche Freiheit« bezeichnen.
Daraus folgt dann, dass wir nur diejenige Folgeordnung, in
welcher wir einfache Gesetze zu finden und Zählung anwenden
konnten, Zeit nennen, die also nur die Folge der unmittelbar durch
die Sinne empfangenen Wahrnehmungen ist. Für die Wahrneh-
mung der Aufeinanderfolge der räumlichen Gebilde, d. i. der wer-
denden Dimensionen der Welt, sind die Kräfte der Seele thätig,
welche das Vergangene bewahren und erst dadurch die Entstehung
eines Bildes der Folge ermöglichen.
»Also eben dadurch, dass in der eigentlich innern, gewisser-
massen reflectirten Erscheinungs-Welt der Seele das Gesetz jener
Zeitfolge aufgehoben ist, dass dort die Gebilde nicht so spurlos
verwehen, wie die räumlichen, dass dort, was die Aussenwelt ein-
mal hineingestrahlt und geströmt hat, also zeitlos im Verhältniss
zur äussern Folge, wenn gleich zeitlich nach seinen eigenen Ge-
setzen der Folge, wieder an den Tag des Bewusstseins treten
kann, dadurch und dadurch allein wird ein Zeitmaass für die
Welt denkbar, dadurch eine Erkenntniss des Werdens möglich.«
Aber zur Erkenntniss des momentanen Seins bedürfen wir der
Feststellung der Zeitfolge. Wie aber messen wir die Zeit? Wir
haben nur dieKenntniss der Zeitfolge, die messende Erkennt-
niss derselben ist uns nicht unmittelbar möglich, und wir haben
sie durch schwierige und grossartige Schlüsse erst zu erreichen.
Dazu müssen wir irgend ein Maass zu Grunde legen und irgend
ein Zählungssystem darauf gründen. Da gleiche Zeitabschnitte
eine Forderung des Gedankens, nicht aber durch Wahrnehmung
gegeben sind, so müssen wir ideale Zeitabschnitte als Maass
aufstellen, welche durch möglichst unveränderliche Bewegungen ge-
geben sind. Solche liefert uns allein in genügender Annäherung
die astronomische Messung der Himmelserscheinungen.
Gehen wir nun zur geschichtlichen Entwicklung über, so haben
wir zunächst zu konstatiren, dass die Wahl der Zeiteinheit nicht
wirklich, sondern durch die Dauer des Tages unmittelbar gegeben
war. Diese Licht- und Wärmeperiode wirkt so allgewaltig auf
unser äusseres und inneres Leben ein, dass „der Rhythmus des
Tages ein ohne Weiteres gegebenes Zeitmaass aller Sphären unse-
res Lebens wird.“
Dabei handelte es sich um Zählung von ganzen Tageseinheiten,
und um die Herstellung gleicher Tagestheile. Die erste ist Auf-
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Zeitfolge des Geschehens in der Seele selbst gibt. Die eine —
von der Aussenwelt berrührende Erscheinungen betreffend — lässt
einfache Gesetze der Zeitfolge des Geschehens, Bewegens und Wer-
dens erkennen; die andere — Erscheinungen, die aus den inner-
sten Tiefen der Seele, in denen sie gesammelt wurden, aufsteigen —
lässt ein einfaches Gesetz durchaus nicht wahrnehmen. Die Reihen-
folge bei diesen Erscheinungen ist eine durchaus geheimnissvolle,
so dass wir das Gesetz selbst als »menschliche Freiheit« bezeichnen.
Daraus folgt dann, dass wir nur diejenige Folgeordnung, in
welcher wir einfache Gesetze zu finden und Zählung anwenden
konnten, Zeit nennen, die also nur die Folge der unmittelbar durch
die Sinne empfangenen Wahrnehmungen ist. Für die Wahrneh-
mung der Aufeinanderfolge der räumlichen Gebilde, d. i. der wer-
denden Dimensionen der Welt, sind die Kräfte der Seele thätig,
welche das Vergangene bewahren und erst dadurch die Entstehung
eines Bildes der Folge ermöglichen.
»Also eben dadurch, dass in der eigentlich innern, gewisser-
massen reflectirten Erscheinungs-Welt der Seele das Gesetz jener
Zeitfolge aufgehoben ist, dass dort die Gebilde nicht so spurlos
verwehen, wie die räumlichen, dass dort, was die Aussenwelt ein-
mal hineingestrahlt und geströmt hat, also zeitlos im Verhältniss
zur äussern Folge, wenn gleich zeitlich nach seinen eigenen Ge-
setzen der Folge, wieder an den Tag des Bewusstseins treten
kann, dadurch und dadurch allein wird ein Zeitmaass für die
Welt denkbar, dadurch eine Erkenntniss des Werdens möglich.«
Aber zur Erkenntniss des momentanen Seins bedürfen wir der
Feststellung der Zeitfolge. Wie aber messen wir die Zeit? Wir
haben nur dieKenntniss der Zeitfolge, die messende Erkennt-
niss derselben ist uns nicht unmittelbar möglich, und wir haben
sie durch schwierige und grossartige Schlüsse erst zu erreichen.
Dazu müssen wir irgend ein Maass zu Grunde legen und irgend
ein Zählungssystem darauf gründen. Da gleiche Zeitabschnitte
eine Forderung des Gedankens, nicht aber durch Wahrnehmung
gegeben sind, so müssen wir ideale Zeitabschnitte als Maass
aufstellen, welche durch möglichst unveränderliche Bewegungen ge-
geben sind. Solche liefert uns allein in genügender Annäherung
die astronomische Messung der Himmelserscheinungen.
Gehen wir nun zur geschichtlichen Entwicklung über, so haben
wir zunächst zu konstatiren, dass die Wahl der Zeiteinheit nicht
wirklich, sondern durch die Dauer des Tages unmittelbar gegeben
war. Diese Licht- und Wärmeperiode wirkt so allgewaltig auf
unser äusseres und inneres Leben ein, dass „der Rhythmus des
Tages ein ohne Weiteres gegebenes Zeitmaass aller Sphären unse-
res Lebens wird.“
Dabei handelte es sich um Zählung von ganzen Tageseinheiten,
und um die Herstellung gleicher Tagestheile. Die erste ist Auf-