Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen Vereine

907

Es erscheint von Wichtigkeit, dass eine solche Sechszahl der
Backzähne, welche bekanntlich den echten Affen der neuen Welt
normal zukommt, obwohl dieselbe bei diesen allerdings lieber als
eine Vermehrung der kleinen Backzähne denn als ein Zuwachs am
Ende der Reihe bezeichnet wird, abnormer Weise demnach bisher
nur von den vier höchsten Gattungen der Affen der alten Welt
bekannt wurde. Mau darf diesem Umstande vielleicht eine grössere
Wichtigkeit zuschreiben, wenn man eine Reihe anderer Aehnlich-
keiten berücksichtigt, welche diese höchsten Gattungen ebenfalls
mehr als die nachfolgenden der alten Welt den Affen der neuen
Welt nähern. 'Ueber die Grösse des Gesichtswinkels der Affen der
alten Welt, welche ihren Schädeln zum Theil ein menschähnliches
Ansehn giebt wie es die Anthropomorphen kaum aufweisen, hat man
sich öfter erstaunt. Diesen wie jenen fehlen die Backentaschen und
die Gesässschwielen, welche erst gerade bei Hylobates schwach
auftreten. Die Einfarbigkeit der einzelnen Haare des Pelzes, welche
den Affen der neuen Welt zukommt, erlischt bei denen der alten
Welt mit den Gattungen Semnopithecus und Colobus, welche auf
Hylobates folgen und dabei ist Colobus die einzige Gattung, welche
einen buschigen Schwanz hat, wie das den Aneturen der neuen
Welt gewöhnlich ist. Der Schädel eines Hylobates gleicht durch
die Breite und Kürze des Nasenbeines, die stark nach Aussen tre-
tenden Jochbögen, die kleinen Schneidezähne, die geringe Entwick-
lung des Oberkiefers, die fast vertikale Stellung der Hinterhaupt-
schuppe vielmehr dem eines Eriodes der neuen als dem eines Cyno-
cephalus der alten Welt. Auch ähnelt die Form, wenn auch nicht
die Grösse der äussern Oeffnung des knöchern Gehörganges mehr
zu jenen. Wir sehen so, aufmerksam gemacht durch die abnorme
Vermehrung der Zähne, welche die Entfernung beider Affengruppen
von einander verringert, auch die übrigen Eigenschaften, wie es
scheint sich am meisten nicht etwa an den niedersten Gruppen der
alten Welt, sondern auf dem Punkte dieser Unterordnung sich be-
gegnen, wo die Anthropomorphie anfängt. Man dürfte bekanntlich
die amerikanischen Affen auch nach ihrer Lebensweise nicht? als die
am Tiefsten stehenden ansehn, man vermisst an ihnen ebenso sehr das
den Raubthieren ähnelnde Wesen der Paviane als die intellektuelle
Erhebung der Chimpansen und Orangs.
Die grosse Zahl der Arten und die Veränderlichkeit der Cer-
kopitheken, Makaken und Cynocephalen beweist ohnehin, dass wir
in ihnen eine Entwicklung neuerer Epochen vor uns haben, über
welche ganz grosse Territorialumänderungen noch nicht weggegan-
gen sind. So haben diese Gruppen durch die Zahl der Arten sich
eine Geltung arrogirt, welcher der innere Werth und die Bedeut-
samkeit für die Entwickelungsgeschichte des Thierreichs nicht gleich-
steht. Am meisten dürfte aus ihnen zu machen sein durch speziel-
lere Beachtung der schwanzlosen Jnui und Vergleichung der kurz
und langgeschwänzten Paviane. Ihre ganze Entwicklung dürfte ge-
 
Annotationen