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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 11.1902

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Steig, Reinhold: Zeugnisse zur Pflege der deutschen Litteratur in den Heidelberger Jahrbüchern
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https://doi.org/10.11588/diglit.29093#0201
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Zeugnisse zur Pflege der deutschen Litteratur in den Ileidelb. Jahrbüchern 187

Diese ungefähre Übersicht mag andeuten, wie Creuzer in den Jahr-
büchern das Fach der deutschen Litteratur zu begründen und auszu-
gestalten begann. Sein jüngerer Freund August Böckh, der nach Creuzers
Weggang nach Leiden im Sommer 1809 die Redaktion der fünften
Abteilung übernahm, wirkte in demselben Sinne und mit erhöhter
Emsigkeit weiter. Creuzer klagte immer von Anfang an, dass ihn diese
Thätigkeit zu sehr zerstreue. Und die Creuzer-Böckh’sche Tradition
fand dann, als Böckh zu Ostern 1811 nach Berlin übersiedelte, in
Wilken einen die Dinge sicher und nüchtern behandelnden Fortsetzer.

Im ersten Jahrgang, der im Ganzen eine lokalheideibergische Fär-
bung zeigt, finden wir doch schon Rezensionen von Jean Paul, Friedrich
Schlegel, Arnim, Görres, Horstig aus Miltenberg (der vorher in Heidelberg
privatim doziert hatte), Karl Justi aus Marburg (nach Creuzers freund-
schaftlicher Einschätzung „als gefälliger Übersetzer alttestamentlicher
Dichter etc. rühmlichst bekannt“) u. a. Die hatte also Creuzer sich an-
geworben. Carl Windischmann aus Aschaffenburg, der sich mit seinen
medizinisch-philosophischen Rezensionen auf der Grenzlinie mit dem
Litterarischen hielt, korrespondierte fast allein mit Angust Böckh, noch
ehe dieser an der Redaktion beteiligt war, zuerst von Böckh wegen
seiner Platoarbeiten etwas mitgenommen, dann aber mit ihm bekannt
geworden und innig befreundet. Nach und nach treten Jacob und
Wilhelm Grimm hinzu, aber auch Grat er aus Schwäbisch Hall. Ernst
Wagner aus Meiningen, dessen Talent dem Jean Paul’s ähnlich geartet
war. Dann Wilhelm Schlegel. Franz Horn und Solger aus Berlin.
Niemals aber, obwohl öfters eingeladen, Clemens Brentano als Rezensent.
Und zwischen allen geschäftlich, ja nicht blos geschäftlich vermittelnd,
helfend, ausgleichend der Verleger Johann Georg Zimmer.

Sehen wir uns diese Männer heute an, so erkennen wir historisch
sofort, was an ihnen verschieden war. Unter Lebenden ist das aber
für dritte Personen nicht so leicht. Gewisse Meinungsverschiedenheiten,
ja Gegnerschaften zwischen den zur Mitarbeit Eingeladenen stellten sich
erst allmählich ein und setzten sich bis in den Schooss der Jahrbücher
selber fort. Grimms z. B. gerieten mit Gräter in ein gespanntes Ver-
hältnis: während noch Jacob ihm die Rezension einer seiner Schriften vor
dem Drucke zuschickt und ihm die Einsendung an die Jahrbücher an-
heimstellt, verurteilt Gräter anonym an derselben Stelle Wilhelms Alt-
dänische Heldenlieder. Arnim wird von seinen Freunden Görres und
Grimm gut, wie durch ein Versehen aber von Ernst Wagner schlecht
behandelt. Mit Schlegels sucht Arnim sich immer auf gutem Fusse zu
 
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