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188

Reinhold Steig

halten: es hindert nicht, dass Friedrich Schlegel in denselben Heidel-
berger Jahrbüchern, die Görres’ enthusiastische Anzeige des Wunder-
horns brachten, eben diesem Werke ein paar stechende, von der Vossischen
Gegenseite schadenfroh begrüsste Wahrheiten sagte. Durch die Jahr-
bücher mittelbar kam zuerst auch der Gegensatz zwischen den schon
berühmten Brüdern Schlegel und den noch nicht berühmten Brüdern
Grimm auf, bis er plötzlich in ihnen auch für alle Aussenstehende grell
sichtbar wurde. Namentlich Wilhelm Schlegel und Jacob Grimm traten,
wie sich das zeigen wird, einander hier auf demselben Boden störend
in den Weg: Schlegel verdross die Tonart der beiden jungen Leute,
Grimm der Wissensgrad Schlegels, der von den auf äusseren Namen-
glanz bedachten Redaktionen zu Ansprüchen geradezu verzogen wurde.
Gewiss, ein Name wie der Scblegelsche war sehr wichtig für die
Heidelberger Jahrbücher, und Creuzers eigene Bemerkungen aus späterer
Zeit beweisen, wie hoch er die „gelehrten und geistreichen“ Beiträge
dieser beiden Brüder einschätzte: worin ihm Böckh und Wilken folgten.
Ja wir empfangen nachstehend die Belege dafür, dass zu Gunsten
Schlegels in Jean Pauls und in Arnims Rezensionen von den Heidel-
bergern eingegriffen wurde. So trat auch Jacob Grimm in einem
Falle 1810 aus freiwilligem Selbstzwang vor Wilhelm Schlegel zurück
und hatte, da er es selber nicht geheim hielt, öffentliche Missdeutung
und Verdruss davon. Beide Brüder Grimm, insbesondere aber Wilhelm,
mussten dann die scharfe Rezension ihrer Altdeutschen Wälder in den
Heidelberger Jahrbüchern über sich ergehen lassen. Und dies Ver-
hältnis gegenseitiger Abneigung zog sich immer weiter hin, selbst bis
in Goethes Nähe, dem Boisseree, allerdings vergeblich, seine Freunde
Schlegel gegen die ihm nicht recht genehmen Grimms wieder anzu-
empfehlen sich bemühte. Später sind Wilhelm Schlegel und Grimms so
leidlich mit einander ausgekommen, aber ohne die in und neben den
Heidelberger Jahrbüchern sich abspielenden Vorgänge wäre dies alles
in gleichem Masse nicht verständlich.

In diesen Vorbemerkungen deute ich die Dinge nur mehr an, als
ich sie für jetzt ausführe. Namentlich auch übergehe ich hier alles,
was die Rezensenten zweiten und dritten Wertes anlangt, die schliesslich
auch ihr Recht erhalten müssen. Es kommt mir zunächst darauf an,
urkundliche Zeugnisse in einer gewissen Masse vorzulegen, aus denen
und durch die eine historische Wiedererkennung der ganzen Verhält-
nisse ermöglicht wird. Schon die Feststellung der Autorschaft der
einzelnen Rezensionen hat ihre Schwierigkeit. Die Rezensionen erschienen,
 
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