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P f a 1 z g r ä f i n E1 i s a b e t li

Äbtissin von Herford.

Ein Vortrag1)

von

J. Wille.

Die „Frauenfrage“, wie sie heutzutage in allen Formen des sozialen
Lebens so leidenschaftlich das zarte Geschlecht bewegt, ist wenig-
stens nach der Seite der höheren Bildung hin, schon längst akademisch
behandelt worden. Ein gelehrter Kandidat mit dem gerade nicht sehr
schönen und vielleicht auch dem damaligen Frauengeschlechte t'ar nicht
begehrenswerten Namen Johannes Sauerbrei hat schon Ende des sieben-
zehnten Jahrhunderts mit einer stattlichen Reihe von Thesen „über die
Gelehrsamkeit der Frauen“ in der Leipziger Universität öffentlich dis-
putiert.2) In zwei lateinischen Abhandlungen, die nach Form und In-
halt und nach dem heutigen Geschmacke, dem Familiennamen des Ver-
fassers alle Ehre machen, hat er dem Frauengeschlechte seine Aner-
kennung nicht versagt. Er hat zugegeben, dass es nicht gegen die
Vernunft sei, wenn Frauen, die Vermögen, dazu freie Zeit von häus-
lichen Geschäften besitzen und beseelt sind von Lust und Liebe zu den
Studien, ihre Zeit lieber den Wissenschaften als andern nichtssagenden
Dingen zuwenden. Ein ganzer Katalog „gelehrter Frauen“ von dem

1) gehalten zum Besten des Badischen Frauenvereins in der Aula der Uni-
versität am 14. Dezember 1900. •— Nur in diesem eng begrenzten Bahmen und nur
als Skizze bitte ich meine Darstellung zu beurteilen. Mein Versuch auf Grund der
im k. Staatsarchiv zu Münster i. W. befindlichen Akten des ehemaligen Beichsstifts
Herford und dort vermuteter Briefschaften seiner berühmtesten Abtissin, den psycho-
logischen Inhalt dieser bedeutenden Frauengestalt tiefer zu ergründen, ist mir leider
nicht geglückt. Ich benütze die Gelegenheit, der mir vom Vorstande und den Be-
amten des gen. Archives zu Teil gewordenen Unterstützung meinen herzlichen Dank
an dieser Stelle auszusprechen.

2) Johannes Sauerbrei, De foeminarum eruditione Diatr. II. Lips. 1676. (Diatr. I
war auch in der Leipziger Universitätsbibliothek nicht zu finden.)
 
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