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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher: Lebens-Geschichte — N.F..1924

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Schmitt, Simon Joseph: Lebens-Geschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.31582#0045
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ERSTES KAPITEL.

MEINE KIND- UND KNABENJAHRE IN KEINQENBERQ.
Von fünf Geschwistern, welche meinen Eltern geboren
wurden, war ich der dritte. Vor mir waren zwei Schwestern,
und nach mir ein Bruder und noch eine Schwester. Mein Vater,
ein schlichter, ehrlicher Handwerker, war HerrschafÜicher Küfer
in dem Kurmainzischen Städtchen Kiingenberg am Main; und
hatte als solcher die Besorgung der Zehende-Weine, wovon ge-
wöhnlich ein großer Teil als Besoldungserträgnisse an die Be-
.amten, Pfarrer und höhere Qeistlichkeit angewiesen waren, wo-
durch derselbe mit vielen dieser Herren in verbindiiche
Verhältnisse und Berührung kam.
Von einem dieser geistlichen Herren — dem er wohl öfters
besonders guten Wein mochte gegeben haben —, erhielt er
einstmals das freundschaftliche Versprechen, daß, wenn er einen
seiner Söhne wolie studieren lassen, daß dann er, der geistliche
Herr, dessen Versorgung auf sich nehmen woile. Dieses mag
vieHeicht die erste Veranlassung gewesen seyn, daß mich meine
EEern zum Studieren bestimmten.-Aleine Mutter träumte sich
glücklich, wenigstens in einem ihrer Söhne einstens einen frommen
Geistlichen am Altare zu sehen . . Der Pfarrer im Städtgen, der
meinem Vater wegen der guten Competenz-Wein-Besorgung eben-
falls gut war, bestärkte meine Eltern in ihrem lobenswürdigen Vor-
satze, aus wenigstens einem ihrer Söhne durch Studieren einen
frommen Diener Qottes zu machen. — Die Klosterpfaffen von dem
naheliegenden Engelßberg und Miitenberg, welche meineEItern —
des guten Klingenberger Weines wegen — öfters besuchten,
unterstützten und ermunterten nicht wenig ihre frommen Ent-
schlüsse ....
So in Qeschäfts-Verhältnissen, mit Geistlichen von allerhand
Art, sah mein Vater gar baid und gar wohl, daß dieselben alle
ein gemächliches Leben führten — gut aßen und tranken —, hoch
geehrt waren, und keine Nahrungs-Sorgen hatten . . . Sein
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