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Quellen bezeichnet werden, aus denen die alten Maler ihre
„poetische Ansicht der Dinge“ geschöpft haben: die Religion, die
sinnige Naturphilosophie, die katholischen Andachts-Ideen (83).
So daß wir endlich doch bei der Bedeutung der Gegenstände an-
gelangt sind. Kehrte die Kunst zu der „ursprünglichen Bestim-
mung zurück, die sie in alten Zeiten überall hafte, die Kirche und
den katholischen Glauben zu verherrlichen, und die Geheimnisse
derselben noch schöner und deutlicher vor Äugen zu stellen, als
es durch Worte geschehen kann“, so würde das unsichere Schwan-
ken der heutigen Künstler in der Wahl der Gegenstände, die sich
„in der Fülle des Unbestimmten“ von allen Seiten darbieten, ein
Ende nehmen (63, 86, 103). Wären die Gegenstände gleichgültig,
so hätte sich Schlegel z. B. nicht veranlaßt sehen brauchen, den
Weimarer Kunstfreunden des Längeren den Wert und die welt-
anschauliche Bedeutung der verlästerten Märtyrerdarstellungen
auseinanderzusetzen (95 ff.). Was anderes wie „die Wahrheit des
Gefühls für diese Gegenstände“ (um Schlegels eigene Worte zu
gebrauchen), kann denn die Künstler dazu bringen, die christliche
Kunst dort, wo sie nach Schlegels Meinung in ihrer Entwicklung
unterbrochen worden ist, fortzusetzen und „so die neue Malerei
an die alte zu dem schönsten Ganzen anzuschließen“? Erst als
der Künstler „für den Gegenstand nichts mehr fühlte“, wurde
dieser zur drückenden Bedingung, zur Ursache von Gezwungen-
heit, Kälte oder Spielerei (18). Im Norden aber ging die Kunst
unter, als die Reformation „den Kunstsinn von den gewohnten
Gegenständen der christlichen Andacht weglenkte“.
Indessen gibt es doch auch Gegenstände der christlichen Vor-
sfellungswelf, vor denen Schlegel glaubt warnen zu müssen: die
apokalyptischen. So tiefen Sinn sie auch verraten mögen, für den
„Verstand“ zumal der jungen Künstler werden sie immer „ein
sehr gefährliches Experiment“ bleiben (103). Schlegel spricht die
Warnung anläßlich der Dürerschen Holzschnitte aus. Ob sie ihm
allzu befremdlich waren, allzu phantastisch und nur voll des Ent-
setzenden, das er doch aus seiner klassizistischen Grundhaltung
heraus, die immer wieder durchblickt, auch in den verteidigten
Märtyrerdarstellungen wenigstens gemildert sehen möchte? Das
Weltgericht bejaht er dagegen als Darstellungsgegensfand, weil
sich in ihm Schrecken und Seligkeit die Wage halfen (28). Schätz-
bar ist ihm gerade an dem „schönen Stil der ältesten Zeit, daß der
bescheidne Künstler nicht seinsollende Riesenphantome in Schim-
mer und Nebel theatralisch erscheinen ließ“ (71). Das könnte
Quellen bezeichnet werden, aus denen die alten Maler ihre
„poetische Ansicht der Dinge“ geschöpft haben: die Religion, die
sinnige Naturphilosophie, die katholischen Andachts-Ideen (83).
So daß wir endlich doch bei der Bedeutung der Gegenstände an-
gelangt sind. Kehrte die Kunst zu der „ursprünglichen Bestim-
mung zurück, die sie in alten Zeiten überall hafte, die Kirche und
den katholischen Glauben zu verherrlichen, und die Geheimnisse
derselben noch schöner und deutlicher vor Äugen zu stellen, als
es durch Worte geschehen kann“, so würde das unsichere Schwan-
ken der heutigen Künstler in der Wahl der Gegenstände, die sich
„in der Fülle des Unbestimmten“ von allen Seiten darbieten, ein
Ende nehmen (63, 86, 103). Wären die Gegenstände gleichgültig,
so hätte sich Schlegel z. B. nicht veranlaßt sehen brauchen, den
Weimarer Kunstfreunden des Längeren den Wert und die welt-
anschauliche Bedeutung der verlästerten Märtyrerdarstellungen
auseinanderzusetzen (95 ff.). Was anderes wie „die Wahrheit des
Gefühls für diese Gegenstände“ (um Schlegels eigene Worte zu
gebrauchen), kann denn die Künstler dazu bringen, die christliche
Kunst dort, wo sie nach Schlegels Meinung in ihrer Entwicklung
unterbrochen worden ist, fortzusetzen und „so die neue Malerei
an die alte zu dem schönsten Ganzen anzuschließen“? Erst als
der Künstler „für den Gegenstand nichts mehr fühlte“, wurde
dieser zur drückenden Bedingung, zur Ursache von Gezwungen-
heit, Kälte oder Spielerei (18). Im Norden aber ging die Kunst
unter, als die Reformation „den Kunstsinn von den gewohnten
Gegenständen der christlichen Andacht weglenkte“.
Indessen gibt es doch auch Gegenstände der christlichen Vor-
sfellungswelf, vor denen Schlegel glaubt warnen zu müssen: die
apokalyptischen. So tiefen Sinn sie auch verraten mögen, für den
„Verstand“ zumal der jungen Künstler werden sie immer „ein
sehr gefährliches Experiment“ bleiben (103). Schlegel spricht die
Warnung anläßlich der Dürerschen Holzschnitte aus. Ob sie ihm
allzu befremdlich waren, allzu phantastisch und nur voll des Ent-
setzenden, das er doch aus seiner klassizistischen Grundhaltung
heraus, die immer wieder durchblickt, auch in den verteidigten
Märtyrerdarstellungen wenigstens gemildert sehen möchte? Das
Weltgericht bejaht er dagegen als Darstellungsgegensfand, weil
sich in ihm Schrecken und Seligkeit die Wage halfen (28). Schätz-
bar ist ihm gerade an dem „schönen Stil der ältesten Zeit, daß der
bescheidne Künstler nicht seinsollende Riesenphantome in Schim-
mer und Nebel theatralisch erscheinen ließ“ (71). Das könnte