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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — N.F..1931

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Kraus, Marianne: Tagebuch einer Italienreise aus dem Jahre 1791
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https://doi.org/10.11588/diglit.47617#0160
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palast heraus treffe, wo ich mich so ganz saft gesehen und gefühlt habe, meine
ganze Seele mit bilfern der Kunst angefüllt habe und mich Eingefasf sehe von
Menschen, die 2 fritfeil von jhrem, Ekelhaften Körper Nakf und 1 friffel mit
durchscheinenden lumpen behängt haben, ich will keine weitere beschreibung von
dieser Clase leufh machen, den jede zurükrufung in mein gedächtnis macht mich
Schaudern, kurz bei solch einem. Änblik schwind alles vorher gefühlte Vergnügen
wech. mann solle freilich das Elend anzusehen gewöhnd werden, aber es ist zu
auffallend, man müsfe Erst aufhören Mensch zu sein, wenn man so was als nicht
gesehen ansehen könfe.
morgen fahren wir mit den prinzen Schwarzenberg nach Tiboli, bleiben da bis
Donnerstag, worauf ich mich sehr freue, den das ist eigendlich der ort, wo jeder
landschaftsmahler von hir aus den Sommer verlebt.
Rom den 14ten Äprill.
Da sind wir nun wider, schwer beladen von allem Schönen in Tibuli. wie ich
da gelebt, kann ich wohl beschreiben, aber was ich gesehen nicht. Die Grotte von
Neptun und die Caskafellen vergess ich in meinem leben nicht, wir waren alle
recht von herzen vergnügt da, wenn ich schon auf einem strohsack geschlafen,
könf ich mich doch nur auf 14 Tage wider hin wünschen, ich wolte gerne alle die
herrlichkeifen von Rom. so lange Endbehren. Eine Reüferin haften wir, die darf
ich nicht vergessen aufzuschreiben, mir war es aber doch ein bischen bange dabei,
weil ich meine H. Brüder noch nicht vil kenne, der prinz Friderich hat sich köst-
lich dabei amusirt, aber ich häf jhm meine, füse nicht geben mögen, den Er machte
den weeg wohl 4 fach. Er hafte vil zu fhun um der gräfin jhren Esel und den
Meinigen vorf zu treiben, aber dem armen Schelmen, der mich fragen musfe.
gings am schlimsfen, dafür hat ich aber auch den Vortheil, dass ich geschwind
von dem weege kam. ich wünschte Pofraif Mahlen zu könen, das gab ein herrlichs
Tablo. wennt schrieb diese geschichfe sogar in sein Tage buch, eine patalie mit
bomeranzen schalen ging auch nach Tische vor, die gräfin und Monsignor ödes
Calfi1 blieben Neuferal. Ey der tausend! das wäre doch schade, wenn ich nicht
auch ein par wördchen von diesem gemästeten helfen sachte; Er war zwar so
höflich, uns alle Abend seine gesellschaft zu Schänken, uns zum Mittag Essen zu
jnfifieren, da sollte man billig nichts als lobwürdiges von jhm sagen, ich bin nicht
undankbar, ob ich gleich nichts von seiner Höflichkeit profifirte, sondern zu hause
6 schüsslen 20 vorzog, aber ich will jhm doch ein loblied singen. Gross und Er-
haben ist sein spek, aber seinem geist spilt Er eine bösse Sache, dieser kann nicht
durchdringen, auf seinem Niedlich kleinen Mund läst auch besser ein süsses
lächeln als weisse Götter Sprüche! was Er nicht für eine prächtige fügur spilt in
einem Komoden sessel, man glaubte Er wäre so ganz für den sessel gemacht — c
Erst in dem wagen, da siefh Er aller liebst aus, ich musfe meine ganze Philo-
sopfie zusammen nehmen, um bei diesem visavie Kalt bleiben zu könen. seine
Edle visionomie gab mir gleich das wahre von jhm zu Erkennen, dass Er sehr
gescheid ist, beweist mir hirt, den ich hafte einen Kleinen skrupel, hirt benahm
mir jhn sogleich, als Er sprach, wie und auf was weis so Eigendlich die wahre
Weisheit beschaffen müste sein, ich begrifs und freute mich dieses Mannes Weis-
heit und Schönheit, und izt bin ich Saft sein lied zu singen, amen, fürst Schwar-
zenberg ist nicht so Reich an Verstand, wie Eirs würklich dafür hält, hirt denkt
gerade so wie leuthe denken müssen, um sich nicht zu Ergren. ich half jhn für
sehr glüklich, könf ich doch auch so denken lernen! ich wolte gerne nun Ruhig
schlafen gehen.
1 Odescalchi.
 
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