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Hilgert, Markus [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Menschen-Bilder: Darstellungen des Humanen in der Wissenschaft — Berlin, Heidelberg, 54.2010(2012)

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Quack, Joachim Friedrich: Gliederpuppe oder komplexe Einheit? Zum Menschenbild ägyptischer Körperteillisten
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https://doi.org/10.11588/diglit.16708#0030
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Kapitel 2

Gliederpuppe oder komplexe Einheit? Zum
Menschenbild ägyptischer Körperteillisten

Joachim Friedrich Quack

Texte, die über den Körper sprechen, gibt es aus der altägyptischen Kultur nicht
ganz wenige erhalten, auch wenn es leider kein vollständiges Lehrwerk der Physio-
logie (geschweige den einer Körpersoziologie) gibt. Aber es sagt natürlich auch
schon etwas über eine Kultur aus, dass sie eben nicht dasselbe Bedürfnis wie die
moderne empfunden hat, eine derartige Darstellung zu produzieren - und es sagt
ebenso etwas über die Erwartungshaltung moderner Forscher aus, wenn sie ins-
besondere anhand der verstreuten Aussagen vornehmlich in medizinischen Texten
versuchen, eine generelle physiologische Auffassung der Ägypter soweit möglich
zu rekonstruieren.1 Der ägyptischen Tendenz zum „Listenwissen" entspricht es
auch, dass in manchen Texten einfach Wörter für verschiedene Körperteile hin-
tereinander gestellt werden, wohl mit einer Systematik der Anordnung, aber ohne
verbalisierte genauere Erläuterung.2

Vielleicht am ehesten als Äquivalent einer Darstellung der Funktionsweise des
Körpers im Rahmen der medizinischen Texte kann der Traktat über das Gefäß-
system verstanden werden, der in zwei variierenden Fassungen überliefert ist. Im
Papyrus Ebers stehen die beiden Fassungen direkt hintereinander, in einer anderen
Handschrift (Papyrus Berlin 3038) wird nur die zweite Fassung überhaupt tradiert.3
Dieser Text beschreibt, wie viele Körpergefäße zu jedem konkreten Körperteil füh-
ren und geht teilweise etwas genauer auf ihre Funktionen ein, z. B. dass sie Blut
oder Luft transportieren würden. Dabei handelt es sich offensichtlich um einen tra-
ditionellen, lang überlieferten Text, der bereits in sich gewisse Varianten und Un-
stimmigkeiten aufweist. Sogar die Zahl der jeweiligen Gefäße weicht zwischen den
beiden Fassungen nicht selten ab. Angesichts der Tatsache, dass der Text angibt,

1 So etwa Grapow 1954.

2 So Gardiner 1947, volume ii, 237*-256* mit Körperteilen wohl eines Ochsen.

3 Edition der beiden Version in Grapow 1958a, 1-19; Grapow 1958b, 1-11; Übersetzung auch
Westendorf 1999, 691-699.

J. F. Quack (El)

Ägyptologisches Institut, Marstallhof 4, 69117 Heidelberg, Deutschland
E-Mail: joachim_friedrich.quack@urz.uni-heidelberg.de

M. Hilgert, M. Wink (Hrsg.), Menschen-Bilder,

DOI 10.1007/978-3-642-16361 -6 2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012

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