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Der Heidelberger Student: Akademische Mitteilungen — Heidelberg, Mai 1929 - Februar 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.2779#1110
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kuvsrto-(srols

Beilage zu „Der Heidelberger Student"

Ver Vozent soll Velrenner leln

Aanz Dboreifrige vertrateu im Zuge einer »euen
Hochschiilplannng den Äriindsah, daß iiunmehr neues
Wissen mir uoch in Lemiiiarieip lsbuiigeu uiid Arbeits>
gemeiiischaftcn zu oermitteln sei. Das erheische national-
sozialistische Wissenschastsarbeit. Das bcdeutet aber in
Wirllichleit, das Kind mit dem Bade ausschntten nnd ist
selbstverstandlich ii, seder Hinsicht irrig. Fest steht nun
aber, dast neue Institiitionen nnd neiie Jdeen anch eine
kritische Betrachtnng der seitherigeii Wissensvermittlung
znlasseii, Das gilt auch flir die bisherige Fvrm des tlol-
legs,

Jeder ehemalige Stndent erinnert sich der vielen
Semester, ii, dencn er zum Sterben laiigtveilige Kolleg-
stuildcn zu horen gezwuiigen war, Bvn Schlvnng uiid
Begeisterung, geschweige deiin von Leidenschast nnd
innere m Fener beim Bortragenden, war nichts zn spttren,
Diese Zustttiide kömieii zu cincm Teil nnr aus den ver-
gangeiien Iahrzehnte» der llniversitätsentwickluiig er>
klärt werden. Wenn heute der Universität liber die Wis-
sensvermittlung hinau» die Pslicht zur Forschnng, Lehre
nild Erziehniig zngesprochen wird, dan» gelviniit auch
das Kvlleg eine ga»z andere Seite, Es soll nicht uur
Wissen Vermittelt, sondcrii anch erzogen werden, Zweisel-
los liegt die Erziehnng vornehinlich bei der Studenten-
schaft nnd die Fvrschung nnd Lehre voniehmlich bei der
Dozentenschast, Allein, kein von seiiiem Beruf ttber-
zeugter Prosessvr wird nuf seine Funktion als Erzieher
im Rahmen der deutschen Hochschnle verzichten kömien
nnd diirsen, Wodurch Ivill die Studentenschaft vom To-
zenteii erzvgen iverdenl' - Durch seine Persönlichkeit,
durch die Neinheit nnd Härte seines Charakters, durch
seine Lehre nnd dnrch sein Menschentiu», A'icht zuletzt
abcr durch die Art seiner Wissensvermittlung, Sicherlich
sind die Berhältnisse sür alle Disziplinen nicht gleich; aber
doch möchte man glauben, daß ein Verhältnis vvn Schüler
und Meister im guten Sinne erstrebenslvert würe, Per-
sünliche Verbindimg lut not,

Erinnert sei an die Tatsache, daß Professor von pro-
kitori kommt, Der Vortragende sokl und muß sich be-
kennen; er mnß sich eindeulig festlegen; denn nur aus
einem klaren Bekenittnis heraus kanii bestes Blenschen-
tum angesprochen werden, Die nationalsozialistische
Kampszeit hat i» nie dagewesenem Ausmaß große Ned-
nsr hervorgebracht, Niemand wird hente noch die gewal-
tige Bedeutung der Fiihrerreden fiir Jn- mid Auslaud,
siir Wissenschaft, Kunst und Technik, Politik nnd Wirt-
schast uiiterschnhen Ivollen,

Das Kolleg, die Vorlesnngen an der hentigen Uni-
versität lönnten vieles von diesein Schlvung gebranchen,
Das hat mit einer anch von der Stndenteiischaft abge
lehnten verflachenden Papnlarisierung der Wissenschaft
nichts zu tu», Jn einem derartigen Kolleg, in einer der-
artigen Borlesnng kännte nicht nnr das Wissen vermittelt,
sondern auch ei»e eminente E'rzieliungsarbeit geleistel
werden; denn nur das Kvlleg kann einen nachhalligen
Eindruck beim Hörer hinterlasseu, bei dei» die ganze Per-
sönlichkeit des Vvrtragenden hinter der Sache steht, Wie-
viel ,Kraft, wieviel innere Begeisternng würde auf den
Stndenten dabei nbergehen!

. Es lüßt sich denken, daß die Kollegs hi» und Ivieder
nnterbrocheii Ivüren durch eine siimvolle Anssprache, die
der Belebnng des Wissenschaftsbetriebes sicherlich zum
Vvrteil gereichen Ivnrden, Bei vielen Disziplinen dürfte
es bereits der Fall sein, Fnr die Geisteswissenschaften
kann diese Fordernng nicht nachdrücklich gemig erhoben
werden,

Und noch cin anderes erscheint nötig, Von berufenen
Mäimer» nmß den jungen Studenten das Leben großer
dentscher Männer vor Angcn geführt werden, Es genügt
nicht, Paracelsns in einer Borlesung der Geschichte der
Medizin darznstellen, Gneisenau in einem Äbriß der
Kriegs- uud Heeresgeschichte zu wiirdigen, Dieses große
deutsche Monschentum innßte mit zwingender Kraft der
Beredsamkeit vor den jungen Studenten als Mahnung
nnd Berpflichtung ersteheu; denn sie sind ein Schatz in
nnserer Geschichte, der keinem Stiidenten verlorengehen
darf, Es ist kein Zufall, daß der heutige Mensch wieder
vornehmlich Biographien großer Alenschen liest, Sicher-
lich lvird in Seimnarien, Arbeitsgemeinschaften und
Ubungen vieles Zwecknähige gemeinsam erarbeitet wer-
den müssen, Aber die stndentische Jugend wird es sich
anch znr Ehre anrechnen, um mit einem Wort Rosen-
bergs zu sprechen, „als Schüler zu Füßen eines Meisters
zu sitzen", Dann tvird das Wort von der kämpsenden
Wissenschaft Blut und Leben gewiimen,

Or, Lrliximrnn,

vn Studentenfütirer teilt mit:

Jch berufo mit Wirkung vom 16, Februar 1038:
den bisherigenLeiter desAus>enaiiites,eiuut, meck.Jürgen
Bietig, znm stelloertr, Stndenteiiflihrer;

den itmi, inr, Hnns Erik von Maröes znm Leiter des
Außenamtes';

den eaml, pliil, Georg Bvhn zum Leiter des Amtes
Presse imd Propagandn;

die ütuck, ilolm, Andrea Heßler znr Leiteri» des Amtes
Stndenkinnen und A N Tt.-Nesereitti»,

gez, Erich Eitze
Ttttdentensührer,

ünderung in der jülirung der NNSt

Weim ciiimal in Znkunst die Chronik der Heidelberger
ANSt, geschriebe» wird, loird man feststellen, daß dcr
ewige Wechsel der Führerimieii und Mitarbeileriimen
am hervorstechendsten in Erscheimmg tritt >md ebenso
wird sie ein Belveis sür die Richtigkeit nnserer Fordernn-
gen sei»,

Bor etiva 6 Semestern Ivnrde der Satz aufgestellt,
daß Ivemi nnsere Stndeittiimen erst durch die Schulimgen
von BDM und Arbeitsdienst gegangen sind, sie für die
Arbeit der ANSt in hervorragendster Weisc zu brauchen
seien, Und ivie hat sich diese tzlnschauung gerechtsertigt!

Jm Sominer-Scmester 1086/87 lvnrde Kameradin
Hilde Carls stellvcrtretende ANSt-Refereiitin n»d hatte,
wie das bei Siellvertretnngen ist, viel Arbeit imd lve-
nig Ehre davon, Da erivies sich znm ersten Male die Güte
der Arbeitsdiensterziehiuig, — anch der ANSt-Papier-
krieg komite ihren Gleichmnt nicht mehr erschnttern, sie
hatie gelernt, ansznhalten, Und als sie im Winlersemester
1087/38 als Leiterin des Amtes Studentiniien und
ANSt-Reserenti» eingesetzt lvurde, traten auch die im

BDM-Dienst geweckten Fähigkeiten zum Nutzen der
gesamten ANSt hervor, Unbcdingte Kaineradschastlich-
keit lvar ihre selbstverständliche Arbeitsgrundlage niid so
gelang es ihr anch bald, alle Mitarbeiterimien fest zusam-
menzuschließen, Jhre erzieherische Befähigimg bewies
sie vor allem in der von ihr mit Frende geleiteten Schn-
lnng,

Kann es eiiien besseren Belveis sür die Richtigkeit
imserer Forderung geben als diese Ersüllimg in Persön-
lichkeit und Handeln? Wir könncn nus jeden Fall znfrie-
den sein, wenn noch viele imserer Grimdsätze eine so
lebendige Bestätigung sinden,

Aber das ist es nicht, iveshalb wir Kameradin Carls
so ungern Ivieder Von »ns gehen laisen, svnderi, weil alle,
die mit ihr gearbeitet haben, und die sie kennen, lvissen,
das; sie nicht imr zu unserer Arbeit, sondern auch zu jedem
von uns bedingungslos gestanden hat, Nnd Iven» sie jetzt
als Führerin in den RAD zurückgeht, soll sie wissen, daß
wir ihr danken, indem Ivir ihr trotz dem ewigen,, Wechsel"
die Trene halten, wie sie sie niis gehatten hat, I-, !N,

Vuchbesprechung

Dentsche Philosophie im Ausbruch

Die fvlgenden Bemerkimgen geltsn
dem vor wenigen Wochen erschiene-
nen Buch „Anticartesianisnius" von
Franz Böhm, das eineii Wendepnnkt
in der dentschen Philosophiegeschichte
darstellt, (Erschienen bei F, Meiner,
Leipzig 1088,)

Jm Sommer des vorigen Jahres ist in Paris der
interiiationale Philosvphenkongreß als ein großartig ans-
gestattetes Schauspiel iiber die Bretter gegangen, der-
gestalt, daß ein Vertreter der dentschen Wissenschaft dar-
iiber geurteilt hat; aus diesem Äelttreffen der Philo-
svphen sei die Qualität durch die Quaiititnt ersetzt worden,
Der Kongreß siand anläßlich des 800, Geburtstagos des
„ckiin'oiini" ganz im Zeichen Tescartes', weitaus die
meisten der Vorträge sind um seinetwillen gehalten Ivor-
den, Jn allon möglichen und unmöglichen Arten und
Wetsen wnrde hervorgeyoben, ivas Enropa nnd die ganze
Welt diesem Mamie zu danken habe, der gemeinhin an
den Anfang der neuzeitlichen Philosophie gestellt wird,
Tas Buch des Heidelberger Frcmz Böhm ist iin rechten
Augenblick erschienen, Denn es unternimmt den Ver-
such einer Auseinandersetzung mit Descartes von einer
ganz anderen Position, indem es zcigt, wieviel Unheil
und Schaden gerade die dentsche Philosophie dem carte-
sischen Tenken zn verdanken hat, Der Untertitel des
Werkes lautet: „Dentsche Philosophie im Widerstand",
Es handelt sich also keineswegs um eine Auseinander-
setzung mit Descartes und seiner Philosophie allcin, viel-
mchr begreift das Buch die gesamte deutsche Philosophie
seit Descartes nnter sich: Descartes erscheint beinaye als
das Symbol dcs großen Widersachers, dem die deutsche
Philosophie auf weite Slrecken und oft nach entscheiden-
den Ansätzen nnterlegcn ist. Bis auf den heutigen Tag
lagert über dem deutschen Tenken eine fremde, ihin nicht
zukommende Begrifflichkeit, Böhm nimmt erfolgreich
die Beseitigung der fremden Schichten in Angriff, Mit
echtem philosophie-geschichtlichem Blick überschaut er un-
sere Vergangenheit, immer darnm bemüht, die Konti-
nuität des dentschen Denkens durch die vcrgangenen
Jahrhundertc zu sichern, Wie oft hat es den Anschein,
als seien die deutscheu Denker der fremden Begrisslich-
keit ganz erlegen, Wer dieses Buch gelesen hat, der merkt,

daß es sich in vielen Fällen lediglich um einen falschen
Schein handelt, Leibniz znm Beispiel ist, obwohl er sich
der sremden Formeln oft bedient, nicht zum Nachfolger
Descartes' geworden, sondern er hat seine deutsche Eigen-
art behalten, allem falschen Anschein zum Trotz,

Ans dem Dreigestirn abendländischer Philosophie
Descartes', Bacon nnd Newton steigt der erste erst im
18, Jahrhundert an die absolnte Spitze empor: die kate-
gorische Aiierkemmng Descartes' ist erst mit dem Sieg
der Ausklärung volkbracht, Allerdings kann von einer
einheitlichen Auffassung seines Gesamtwerkes keine Nede
sein: sür viele bedeutet „Descartes" nur ein Name, mit
dem sie ihre cigenen Gedaiiken anszeichnen nnd aus-
Iveisen, Eins aber ist sicher: von Descartes strahlt eine
Kraft zu phüosophicren aus, die das deutsche Denken
weitgehend tn ihren Bann gezogen hat und dem dieses
oft intterlegen ist, Unsere Anfgabc lantet also: Befrei-
ung der eigenen großen Denker aus der ihnen aufgcnö-
tigten Gestult, Sichtbarmachöii ihres wirklichen Kerns,
Descartes' Werk ist uni 8 Bremipunkte gelagert: Me-
thode—Metaphysik—Physik, Alle 3 ergebon den „Car-
tcsiaiiismus", mit Ivelchem Ansdruck man ohne weiteres
die Philosophie cines gnnzen Zeitalters bezcichnen kann,

Böhm zicht die unzähligen Folgerungen, die sich für
das deutsche Denken aus dieser Situation ergeben; es
entsteht ein neues Bild Descartes', Er ist es, der die
mittelalterlichen Lcbenseinheiten gesprengt hat, Aber
sein Werk ist nicht Anfang, sondern tatsächliches Ende
einer vergangenen Zeit, Das letzte Ergebnis ist der
Zweisel, aber es ist ein autonomer Zlvcifel, nicht einer,
der sich aus der Wirklichkeit ergibt, Goethe hat bestritten,
daß Descartes die Natur jenials richtig beobachtet habe
— er hat sie entwirklicht und vergewaltigt, zurechtkoiistru-
iert, Verglichen mit Kepler nnd Paracelsus ist Dsscartes
trotz seines Anspruches nie Natursorscher gewesen: jene
stehen der Natur als ihrer großen Lehrmeisterin unvor-
eingenommen gegenüber, lassen sich von ihr belehren,
dieser biegt sie sür sein imwirtliches cstedankensystem zu-
recht, Es ist sv: Kepler „konstruiert" seine Gesetze aus
seiner Natnraiischammg — Descartes seine Natnr aus
seiner Denkmethode, das ist einer der fundamentalen
Untcrschiede zlvischen deutschem und westischen Denken,

Folgenschwerer abcr ist dic radikale Rntionalität, die
Uberwertung der rstio, die den cartesischen Anfatz ans

eine so schmale tstrundlage stellt, daß der Mensch gegen-
über der Welt in Wirklichkeit nichls niehr besitzt als sein
Bewußtsein, „Das Methvdenbewiißtsein ist das sichtbare
Zeichen sür den Verlust des Wirrlichkeitsbewnßtseiiis".
Die Welt Descartos' ist von einer nicht mehr zn nbcr-
bietenden Unwirklichkeit, die allerdings die Zertrüinme-
rung der mittelalterlichen Einheit des Abendlandes znr
Voraussetzung hat, So steht Descartes in einer großen
geschichilichen Senkung, i» der seine Philosvphie das wer-
den mnßte, was sie gewordcn ist,

Es gibt bei Dcscartes keine Olemeinschaft: jeder steht
stir sich allein nur mit seinem eigenen Bewußtsein be-
hasiet der Welt gegeiniber, nichts verbindet ihn mit ihr,
das cariesische Weltbewnßtsein ist Ivahrhast abgründig,
Es gibt auch nicht Geschichte, ein Werden kann bei Des-
cartes iiicht sein: die Zeit wird zur staiischen Dimension:
der rationale Endzweck ist der letzte Rest von Geschichts-
belvußtseiii, unwirklich »nd miwirksam, Tas Schicksak
ist dnrch die nilin gebändigt, Freiheit meint bei Des-
cartes »icht Eittscheidungsmöglichkeit, sondcrii die Mög-
lichkeit, sich der Welt nnd dem geschichtkichen Anspruch zu
entziehcn, Und endlich fehlt Olott bci Descartes, weil
das Ringen »m dcn ivirklichen Oioit fehlt, Der Gott
Descartes' ist konstruiert, isl vom Menschen gemacht. Ein
bewiesener Gott abcr ist kein Oiott inehr,

Tas ist die Bilanz dieses tiesen Bnches: Olegen diese
Welt hat die dentsche Philosvphie 800 Iahre gestande»,
Dic Frage: Siud wir hente rcif, endlich unsere eigene
Philosvphiegeschichte zn schreiben, ist dnrch das Werk
selbst mit „Iä" beaiitwortet, Ein solches Buch ist znsehr
am Ansang, mn schon erschöpfend zu sei», Steht doch
der Fordernng, die Koittimiitüt des deutschen Denkens
nicht abreißen zu lassen, dio andere sehr wesentliche gegen-
über: den revolntioiiären Nenansatz nnseres Dcnkens
nicht ans den Angen zn verlieren, Jn dieser schlver-
lviegende» Prodlcmatik muß jedes derartige Buch sich
befiiidcn, Ivenn es nicht von vorneherem znm Kom-
proiniß verdammt sein ivill, Abcr es hat doch den An-
schei», als ob auch ein solcher Bersuch nur scheinbar nach
rücklvärts gerichtet sein kaim, weil auch die Befreimig
des dentschcn Denkens eiiie revokntionäre Tat bedeutet,

Nr. kV. Uunr.

Preuß. Perlvaltnnftsrccht. Textausgabe von Professor
!)>'. Wcber. l. Erg.-Liefernng Januar 1038. Mün-
chen, C. H. Becksche Vcrlagsbuchhandlnng, 1938.
NM. 2,40.

Das Preuß. Berwaltungsrecht war in vielcn Fällen
Borlünfer ciner reichsrechtlichen Rcgelung. Unter diesem
Gesichtspunlt verdient das Prenß, Verwaltungsrecht
auch in anderen Verwaltungen Beachtung, ,Die Er>
gäiizungsliefermig enthält vor allem lvichtige Änderim-
gen des immer noch landesrechtlichen Bergrcchts nnd
einige landespolizeiliche Handwerksordnungen,

8teinvr,

„Anorganischc Chcmie" von Prof, tlr, H, W, Kohl-
schütter, 183 Seiien, Jn Leinen RM, 3.—, Verlag
Qnelle u, Meyer, Leipzig,

Wie der Verfasser in seinem Vvrwort betony ist
dieses Buch in erster Linie sür solche Lcser geschasfen,
sür die die aiwrganische Chemie >mr ein Bestandteil ihrer
naturwissenschaftlichen Ausbildimg bedentet, Trotz der
notwendigen Beschränkung des Raunies darf der Ver-
such, einen kurzgehaltenen Einblick in die anorganische
Chemie zu vermitteln, als gut gelnngen bezeichnet wer-
den, Der crste Teil dient der Einführuiig in die wichtig-
sten Grundbegriise, Er gibt einen Uberblick über die ver-,
schiedenen Möglichkeiten dcs Stofsaufbaus, Damit schaffy
er das notwendigc Verständnis fttr don Haupitcil, in dem
die einzelnen Elemente in der nblichen Reihensolge be->
schrieben werden, Hierbei werden nur einige charakteri-
stische Berbindmigen der einzeliien Elemente heraustt
gestellt, Um so mehr Wert legt der Vorf, auf die Zu-
sammenhüiige, wie sie sich aus der Stellnng der Eleirmite
innerhalb der einzelnen Gruppcn des periodischen Sy-
slems ergebe»,

Der dritte Teil zeigt, von welcher Bedeutmig die Ver-
wertung der bisher gewoimenen Erkenntnisse stir einige
bekannte Probleme der Chemie sein kann, Der Verf.
weist hier vor allem auf die Bedeutung der aiiorganischen-
chemischen Jndustrie hin. Hier sehen lvir im letzten Ab-
schnitt über die Bau- und Werkstosse noch einmal, wie
man überall iin Leben anf Probleme stvßt, die für den
Chemiker Anreiz zu neucm Schafsen geben.

Jn diesem Naymen wird das Buch seinen Zweck sehr
gut erfüllen, Otto Rvinlnrrck. i

Lxsmens /c-s/^voF?

Die Versichernngsmöglichkeiten sind hentzutage un-
begrenzt. Man kan» sich gegen alles versichern lasse»,
nur nicht gegeii sich selbst, nicht gegen das Unberechen-
bare der eigenen Persvn. Aber selbst auf diesem schwie-
rigon Gebiet scheinen, wie findige Studonten in Provi-
dence im Staat Rhodc Jsland (USA.) heransgebracht
haben, noch Möglichkeiten zn bestehen. Ma» hat den
Plan einer Examens-Versichenmg entworfeiy die den
Stndenten garcmtiert, daß sie das Ziel des Semesters
erreichen. Zunächst bietet die Versichermig eine starke
psychologische Unterstntzung, die leicht suggestibeln Jndi-
viduen besonders zugnte kommen dürfte. Soklte der Kan-
didat trotzdem dnrchsansen und dcr Versicherungsfall ein-
treten, zahlt die Vcrsicherung sänttliche Sonderprüflmgs-
gebühren, die vom College siir die Wiedcrholung der Prü-
fung festgcsetzt sind. Wer einmal durchgesallen ist, kann
die Prlisung nvch dreimal wiederholen. Die Versiche-
rungsprümie liegt zwischen 80 und 60 Cent (50 Cent zahlt
der Iüngste, W Cent der Älteste, eine versicherungs-
technisch sehr geschickt gehandhabte Abstufung nach oben)
je Semester; die Gebühren betragen für die erste Prü-
sung zwei Dvllar. Eine dem Versicherungsnehmer ein-
lenchtende Rentabilität; aber auch die findigen Studen-
ten, die diese Bersicherung geschaffen haben, werden mit

den Ergebnissen ihrer originellen Einrichtung zufrie-
den sein.

Darüber hinaus beleuchtet diese Setbsthilse schlaglicht-
artig die Situation vieler moderner Menschen, die ein
Paktnm haben müssen, um sicher zu gehen. Das Ver-
trauen in sich selbst ist stets eine mänuliche Sache gewesen,
die sich im Jdealfall mit natürlicher Selbstverständlich-
keit auch znm Mohl aller auswirkt. Diesem Vertrauen
in sich selbst, das dnrch mancherlei Erscheiiimigen unsercs
zivilisierten Zeitalters erschüttert werden kann, soll die
Exainens-Bersicherung von Providcnce vor alleni nach-
helfen. Erst in zweiter Linie kvnmit dis (praktisch gesehen
gewiß nicht minder wichtige) Garantie dafür, daß der
Durchgefallene die Olebühren für die Wiederholungen
der Prüsung zahlen kann. Eine rassinierte Anwendung
der Cvusschen Methode; „Du wirst nicht durchfallen, du
wirst nicht durchfallen l Und wenn dn dvch durchfällst,
wirst dn am Ende trotzdem bestehen. Du wirst nicht durch-

Es ist gewiß nicht möglich, sich durch Verlicherungen
gegen alle ltzefahren nnd Mißhelligkeiten dieses Lebens
zu schützen. Es wärc auch gar nicht schön und zu nnintcr-
essant, wenn man dies könnte. Ein Leben ohne Nisiko
(von Gefahr gar nicht zu reden mnßtc selbst dem schwer
sich Mühenden, angesichts seiner inneren Bereitschaft
zum Dasein, als nnangemessen und des Preises nicht
wert erscheinen. Wenn aber eine Bersicherung die mora-
lische Absicht versolgt, das Selbstvertrauen zu wecken und
zn sördern, dann ist sie, tiber ihren praktischen Zweck
hinans, zu loben. 2-

/?Sc/k^a»F /)/sse^/a//o»eo

Ein Blick in das neue Hochschul-Schristenverzeichnis
zeigt einen Rückgang der Dissertationen, der alle Faknl-

täten gleichermaßen, mit Ansnahme der medizinischen,
erfaßt. Damit kami von einer unberechtigt hohen An-
zahl von Promotioiien nicht mehr gesprochen werden; die
Gesundnng des Dissertationswesens schreitet in dieser
Richtung kräftig vorwärts. Der Einsluß, den die Prvblem-
u»d Aufgabenstellungen des stndeiitischcn Berufswett-
kampfcs auf die Thcmenwahl der wissenschaftlichen Ar-
bciten ausübt, zeigt sich deutlich im Wachsen. Aufschlnß-
reicki ist, daß die Zahl der Promotionen an den kleinen
Universitüten dei Berücksichtigung der Studeiitenziffern
relativ bedeutend höher ist als an den großen. Sv finden
wir von Berlin 807 Doktvrarbeiten, es folgen daun
München mit 768, Leipzig mit 718, Münster, Kbln,
Göttingen, Heidelberg, Bonn, Wlirzbnrg und Erlangen
mit etwa 450 Dissertationen. An Habilitationsschriften
sind an den Universitätoii mid Hochschulen um 30 bis
40 v. H. mehr herausgekommen.

O/s

r/es /ecL/i/sc/kso /VacLivvo/tseL

Die Heranbildmig geuügendon technischen Nach-
wnchses beginnt immer dringender zn werden. Jn einer
vom Gauanit Technik der NSDAP., Halle-Merseburg,
veranstalteten Arbeitstagung ivurde diesem Problem bc>
soiidere Beachtung geschenkt. Professor Bacher betonte
die Notwcndigkeit, in dcr Zeit des Vierjahresplanes weit
mehr Kräste sür die techinschen und natnrwissenschaft-
lichen Bernfe hcranzubilden als in den vergangenen
Jahren. Der Referent wies hierbei besonders aus die
Pflicht der Schulen hin, die technisch-praktische Veran-
lagung der Schüler zu fördern und zu lenken. Die natur-
wissenschafilichen Fächer dürften nicht dauernd zugunsten
der philokogischen Grundlage der Schulausbildung stief-

mütterlich behandelt werden. — Jn einem weiteren
Referat befllrwortete Professor Streck eine ausbildungs-
mäßige Tremiung zwischen Theoretikern und Praktikern
im technischen Beruf. Er wies besonders auf ein Experi-i
ment hin, das die WHinchener Technische Hochschule zur
Zeit mit einer Anzahl junger Leute durchführe, die, ge-
schult in neuartiger Erzichungsmethode, in vier Seme-
stern ihr Diplomexamen machen werden.

Oe/i/scL/'so/t - D/c/k/ec - I/a/s^/a»«//

Schade, daß nicht iminer die Meinung des Auslandes
über unsere Emigranton über die Grenzen dringt. Uns
genügt aber vorerst, was Maurice Herbley in seinem
Artikel über die politischen Wandlungen Emil Ludwigs
in „La Libre Parole" eindentig feststellt:

„Emil Ludwig war znr Zeit Stresemanns Deutscher,
zur Zeit Hitlers ist er Schweizer, morgen lvird er Eng-
lünder, Patagonier oder Jrokese sein, je nachdem, was
sich am besten bezahlt macht. Wie der Stalinsche Prolet,
der Jude, hat er kein Vaterland, ihm genügt . . . der
Geldschrank I"

Diese Worte inögen sich besonders diejenigen Kreise
des Auslandes zu Herzen nehmen, die vornehmlich in
den armen „Dichteremigranten" die letzten Träger wahr-
hast deutscher Kultur zu erblicken gelvohnt sind.

?1/t«t/em/Lc/re /»cs/ssv/FsLea
/m Se^u/Lk^stt/tsmp/

Die Universität Halle hat beschlossen, akademische
Preiswettbewerbe in Zukunft in den Reichsberusswett-
kampf einzugliedern.
 
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