Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

DOI chapter:
Juli
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0005
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
M 134

ltch. PrciS mi>U>,!crhallmigSblallvicric^'
lähriich 36 Ir.

Dienstag, 8. Juli


1860

D eu tsch la n d

-I- Heidclberg, 1. Zuli. Die Feicr
eines schönen Festes lkrgt Hinter uns. Wir
wollcn es versuchen, dcn Lesern diescs
Blattes eine Beschreibung desselben zu
gcben. Dcis Coivs der S ch w a b e n feierte
gestcrn seiiicn füitfzigführigsnStiftnngstag,
tvozn cins Nah und Fcrne bei 200 Be-
suckcr sich einfanden, wclche in deni Zeit-
raNni eincs halben Jahrhundcrts auf län-
gere odcr kiirzcre Zcit aii dcr.Hochschule
Hcidclbergs studirten und in dcni Corps
der Silevia heitere Tage 'dcr goldnen Ju-
gend'veriebtcn. Schon den Tag vorhcr,
ani 29., fand in der Hirschgasse, dicsein
iliivcrgeßlicheii Or-te ans den Stndien-
fahreii, ein Coininerö statt, wvhin das
Schwabencorps niit scincn Vetcranen in
einciii langeii Fackelzug, die Müsik voran,
untcr deni Doniicr des Schloßgcschützcs
zog. — Am ZO. Jiini, Dorniittags uin
i l Uhr, zogen die Schwabcn init ihrcn
Farben, sckwarz, gclb und wciß gcschniiickt,
auf das Schlvß, wobci cs wirklich rnh-
rend war, zu sehcn, wic än dcr Spisze
des Zugs chrwiirdigc Greise nebrn kraf-
tigen Mäniiern und Jiinglingcn cinher-
schritten und sich ini Gciste in die srnher
hier vcrlrbtcn Jiigendfahre ziirlickträuintcn.
Das Bandhaus aüf dein Schlossc, wie
uian gewöhnlich die noch librigcn Ncstc
der vön Kürfiirst Nüprcü't l., dcin
Stiftcr der Universität, 1350 erbau-
-tcn Nuprechti'nlschcii, spätcr von Kiirsiirst
Friedri'ch zuni Königssaai iiiiigewandcltcn
Kapclle nennt,-war äuf cine Wcise dccv-
rirt, daß man dassclbc nicht nichr kaiiirie
und iu cinein Iliit inorgenländischer Pracht
gcschiniicktcn Saale zu wandcln qlaubie.
Die gothischcn Fcnstcr gegen den Schloß-
alta» warcn init büntcii Scheiben geschinückt,
in wclchen das badiscbc iind däs Corps-
Wappc» »cbc» den Pfälzcr, deutschen »nd
Hcidelbcrgcr Farbcn glänzten. — E,'n
großer Springbrnirncn wars seinr» Silbcr-
qucll lii ein antikc^ stcinernes Bcckcn und
die schöne Starue Nuprcchts l., von' un-
serin tiichtigcn Bildhauer Greiff gc'fcr-
tigt, thronle in der iiördhicheii Verticfung
dcs Saahes; dcutsche, badische, .preußischc
Fahnen wehtcn in schöncr Abwechslung
usit deneii'der hiesigcn Stndenteiicorps mid
nnd der in.it dcn.selben. in Cartcl stche.nden
auswärtigcn Coips, sowie init dcii Fah-
nen vielcr deutschen ^tävte; — Guirlan-

den, Dlunien und Bäuinc, Schlä.gcr, Wap-
pensch.ildk, Schärpen und Lriiikhvrner bc-
dcckteii die altcrgrauen Maucrn und gaben
dcusclbcu ein jngcndlichcs, ich niöchte sagen
jUngsräulichcsAnschen, undderVesnchcr sah
init Staunen, was ci» ordneiider Sinn aus
dicser sonst so ödcn Halle zü schaffcn vcr--
niochtc. Hr. Kastellan Nichard hat das
Niibestrcitbare Verdienst, dicsc 6900 Qua-
dratfuß große Halle so geschuiackvoll de-
corirt zu haben. Derselbe hat Heidclb'erg
crst gezeigt, was cs bei künftigkii.Fest-
lichkciten an dicsein Nauine besipt, uiid
wir glaiiben, daß demselben Keinrr., der
ihm dieses oder jcnes'gerathcn, wie bci
der bengalischeu Bcleuchtung dcs Schlos-
scö, Geschniack in allen scincn Anordnun.gen
strcitig inachcn kailn. — Die Suevia wurde
1810 gestiftct; die Stu.dcnteii H a lni und
v. Ludi warcn die erstcn Scni'vrcn, und
von jener Zcic gn bestand diescs Corps
bis auf dcn heutigcn Tag ununtcrbrochen
u.iid liefcrte Dcutschland, 'besonders Baden,
niauche krcffliche Staalsinäiincr unv Ge-
lehrte aus allen Fächern des Wisscns. Dcr
Zug dcr Vereraiieii und jugeiidlichcn Mu-
sensöhne zvg nun in die chcnialige ru-
prcchtinischc Capelle, wo der Schloßwirth,
Hr. O b e r niü l l cr, auf langcn Tgfcln ein
herrlichkö Mahl bcreitet hatte, an wclchcin
sich Alt und Juiig bei'ni Klange der Becher
uiid Schalle dcr Musik erlabten; doch ii.icht
»ur dcr Körper fand hicr sei.ne Nahrung,
auchdeiii Geistc wurdcii in gedicgcuenTvastc»
niid Ncdcn schöne Opfcr dargebracht. Den
ersttn Loast auf Se. Köiiigl. Hohcit den
Großh.crzog, dcn crhabciien lloator
niiiAniüaaiiiiLsüiiiis unscrcr Huproaliiina
erirolüi», brachtc cui Chargirter dcr Schwa- ^
bcn, Hcrr Glöckncr, aus, worauf sich
Herr Hofgcrichtsrath v. Frepdorf er-
hob und in.geistrci'cher Ncde das Corps
dcr Schwäben, dcsscn Tcndenz und kräf-
tige Cntwicklung schildcrte und sei'ncn!
Toast niit eincin Hvch auf die Vcrbl'ndung
schloß; i'hin folgkc Hr. Äintö.richter Dill
aus Dnrlach, welcher in gebnndener Nede
übcr die Schwabcn und ihre Entstchung
sprach, ein hunioristi'schcs Vild der Stu-
denten vonSonstiindZ.rtztentwa.rf, wclchcs
allgcrncine Hciterkcit erwcckte. Sonst,
wo ver Burschc sciiien Eichenstock oder
Zicgciihainer schwäng, wclchcr iluu dcui
lcinen Stöckchcn Platz machte, wo dic
nigchtigcn Kanoiien dcn eleganten Glanz-
stiefeln, das zerzauste Haar der schon unv l

glätt .gescheitclteil Frisur wcichen. nu>.ßten;
doch wcnn aüch di.e Schaale anders ge-
worden, so sei dcr Kcrn ei'n glcich cdler
gcblieben. Hcrr Doniänenrath Lichten-
fels sprach cin paar gewichtige Worte
zu seincr Zcit — in öconoini'sch.er' Be«
ziehung. Nach di'cscin erhob sich vcr ehr-
wiirdige Hr. Geh. Rath Cheli'us, der
ältrste Aiiwesenbc von dcn Angehörigen
der Suevia, welcher uns ein Bild ent-
warf, wie -in seincn Stiiviciija.hren nur
Landsniannschaften dahicr bestanden, wel-
chen gegenüber sich dic Luoviri und
bald andere Co.rps init neiieu zeitgeniäßeii
Statutcn gebildet hatccn. — Herr Hof-
gerichtsrath Klehc hob in seiner Nede
Hervor, daß Studciiteii und Professorcn
znsalnlneii crst eiu Ganzcs bildcten, indcin
vi'e Ersteren durch die Lctztercn in das
Neich des gcistigen Wi'sscn's geleitet wnr-
den und brachte den Professoren Hcivel-
bergs ein .dviincrndcs Hvch ans, wel-
ches Herr Professor vr. H u n d e s h a g e n,
als derzeitiger Nectvr der Ilniversitäk, in
edler würdigcr Wcisc crwiederte. Hcrr
Legationörat.h Ncgenauer brachte cinen
Toast äus das deulsche Vaterlanv, worauf
das Arndl'sche Licd: „Was ist des Deutschen
Vaterland" gesuiigcn wurdc. Herr von
Kleudgen gedachte auch der^Frauen,
deii.n: „Sie st.ricken und weben hinini-
lisch.e Kränze in's irdische Lcben." — Auch
Hr. Or. Otto, unscr heirnkscherDichtcr,
brachte ki'neii poetischen Gruß an die
Schwciben aus, ugd ein würdiger ehe-
nialiger Corpsbnrsche brachte der Musen-
stadt Heidelberg cin Hoch, welcheö Herr
Stadtdirector O>. Wilhclini init denr
Wunschc crwicdertc, da.ß in öO.Jähren dr'e
jüngcrn Mitgliedcr dcr Vcrbindung dke
zwcitc Festfeicr wicdcr so fröhlich feiern
inöchtcn, wcnn auch die älteren Herren
daraiif vcrzichlcn niiißten, was diesclbcn je-
doch nicht gclten la»cn wollten. Hr.Kr a u 6-
inanii hirlt nuu in gcwohntcr schöner
Wcisc, als Biirgerincister unserer Stadt,
cinc kräftige bünvige Nede. — Noch rnanche
Toastc wurden gcbracht, welche uns der
Nauiii dicses Blattcs nicht näher zn bezeich-
»cn erlaubt, bi's endlich gegen 4 Uhr die Ge-
sellschaft aufbräch uiid Ar.ni inArin durch die
Stadt nach dein Dainpffch.iffe wanderte.

,So zo§cw sic dic Strafi' cnllang-, hln nach dem
Ncckarslraiidk,

Untcr Musik und hcil'rcu, Saiig, mit gclb'schwarz«
wcißcm Vandc!"
 
Annotationen