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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0006

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Bci'in Esscn, wi'c anf dcm Dampfschl'ffc
waiidrrtc ci'ii rclossales, reich in Silber
nnd küiistlich im't Ncben.qewindcn gefaßteö
Trinkhmii vvn Hand zn Hand, iinv bot
dcm frvhlichcn Zcchcr bald dic Gaben
BachuS, bald dcn cdlcn Gcrstcnsaft Gain-
brinus. — E6 mag cin schvncr Bewei'6
dcr aegenseitigen Achtung der hiestgcn
Corps' sein, indein diesclbcn der Luevin
zu ihrer 50jährigen Jnbiläninöfeicr diescn
kostbaren Trinkbecher dcdizi'rten.

In Oeckarstcinach gelandet, hiclt rnan
sich nnter heitcrn Gcsprächen, Gesang und
Musik ein paar Stunden in dem schönen
Gasthofe zur Harfe auf, und nm halb
8 Uhr landete da6 Dampfschiff wieder in
Heidelbcrg.

Hcute stnd die meistcn Ehrengästc wie-
der in ihre Hci'math gezogcn; doch wird
die Erinnerilng an die vcrgnügteu Tage
denselben noch manchc Stunde de6 Lebens
versnßen.

Konstanz, 27. Iuni. Das Schwur-
gericht für r>as 2. Quartal im Bezirke
des Seckreiscs hatte dies.mal nur einen
einzigen Fall abzuurthcisin. Der Ange-
klagtc 27jährige. Peregrin Wcber von
Thcngcn Hintcrburg hat stch cingestande-
nermaßen eines doppclten Naubes schuldig
gemacht und wurdc deshalb zu 5 Jahren
Zuchthaus verurtheilt.

Uebcr die erwähnte Submisstonsformel
fröre et Skwviteur, soweit dabei Daden
in Detracht kam, wird dcr Wiener Preffe
ans Paris berichtet: „Vor längerer Zeit
schon hatte dcr badische Geschäftsträgcr,
Herr v. Schweitzcr, der franzvstfchen Rc-
gierung einc spezicllc Notistcation zn ma-
chcn. Die Form dcrselben fanv nicht dcn
Beifall des Hrn. Thonvenel, der stch wci-
gerte, die Notification cntgegtnznnehmcn.
Hr. v. Schweitzer berichtcte nach Karlsruhe
und zog mehrere seiner diploinatischen Col-
legcn zu Nathe, und das Nesultat dicses
Hin- und HerberathenS und Negocirens
war, daß der franzvstsche Ministcr stch
vor die Wahl gestellt sah, die Mittheilnng
so anzünchmen, wie ste war, oder stc gar
nicht zu erhaltcn. Er zog ersteres vor,
und damit war die Sachc abgemacht."
Jst dicse Mitteilnng richtig, so ergibt stch
daraus, daß auch Baden vor die im Main-
zer Iournal erwähnte Alternative: Unter-
werfung nnler die angcsonnene Formcl oder
Störnng des di'ploniatischcn Verkehrs, ge-
stellt war, daß es aber dieselbc glücklich
gegen Frankreich gewendct hat. Seiner
Würde als sonveräner dcutscher Fürst
eingedenk, wolltc der Großherzog von
Baden lieber die fragliche Notistcation
zurückgewiesen sehcn, als sich den Bedicn-
ten Lndwig Napoleons nennen — und
Frankreich gab nach.

Aus Ems, 26. Juni, wird der
„Elberf. Ztg." gcschrieben: „Der nene
Spielsaal zieht die Bewunderung Aller auf
sich, die denselben betreten. Die Spiel-

tische machten bis jetzt mittclinäßiqe Gc-
schäfte, gestern jedoch wnrdc dcm 'l'rknte-
vt-gu.nrnnte-Tische eiu Ler.'ust von circa
30 —40,000 Fraiskö beigebracht, wclche
Sumine cin vor knrzcr Zeit cingetroffener
Ansländer gewann, dcr meistens 2 bis
3000 und sogar bcn hvchsten Satz von
7000 Franks sctzte."

Kurhcssen. Der Bnndcsbcschlnß
über Knrhcssen trägt seine unvermeidlichcn
Früchtc. Statt der von seinen Urhebcrn
in Ausstcht gestellten endlichcn Defriedigiing
des iingliickli'chen Landes dancrt der Kampf
um seiucii Nechtszustand cbenso fort, wic
dic' unwürdige Bchandlnilg der Bürger.
Für das Lctztere sprechen schon die Vcr-
folgiiiigsmaßregelngegendieNcchtsverwah-
rililgcn nnd gegcn di'c protestirenden Bürger,
dit Verfolgnngcn nndConcesstoiisciitzl'ehun-
gen gegen die Presse, dic polizci'lichcn Ans-
wcisnngen der von Kobnrg zilrückkchrcndcn
Tnrner und Andcres. Das Hauptorgan
für die Vertheidigung deS linterdrückten
Rcchts in Knrhessen, die Kasselcr Mor-
genzcitniig, ist übrigens für dic Hcidel-
bcrgerDenkschrift sehrdankbar. Sie konimt
wicdcrholt anf dieselbc znrück, gibt größere
Anszüge ans ihr und bedaucrt, daß ihre
Grnndanstcht in dcn Anträgcn dcr ba-
dischen zweiten Kammer, ja sclbst in den
preußischen Kammerverhaiidlilngen nicht
vollständig durchgcführt wnrdc. Sic und
mit ihr die Rechtsverwahrungen der Kasse-
ler nnd Hanancr Gemeindebehördcn nnd
der Kasseler Obergerichtsanwälte behäup-
ten iiämlich cbenfalls das vollständige alte
kurhesjische Verfassnngsrecht sammt scincm
Wahtgesetz vor 1849, und zwar alles ohne
irgend eine Abhängigkeit von den Bnndcs-
ansnahinsgesctzen. Um sich gcgcn diese
letztercn nnd fi'ir die ttnzcrtreniiliche Wie-
dcrhcrstellnng des knrhcsstschcn nnd des!
deutschcn Rechtszustandes encrgisch zu cr-!
klären, unterzeichnetcn auch inNürnberg'
vielc achtbare Bürger die Heidelberger
Denkschrift, wie denn auch schon frühcr
das Tagblatt entschicdcne Beistimmun-
gen ans Würtemberg mcldete. Soeben
mahnt sogar die neucste prenßi'sche Circu-
larnote von aller ferncrcn Bnndesein-
mi'schung znm Nachtheil des Verfassnngs-
rechts der Bürger dringend ab. Ietzt endlich
wird ja wohl anch überhanpt bci dcn deut-
schen Bürgern und Landständen dic Ein-
stcht und Kraft wachscn, dnrch dkc ent-
schiedcne Znrückweisnng jener zwei- nnd
drcifach ungiltigen Bundesansnahmsgesetzc
endlich cine der trübsten Qnellen deutscher
Erniedrigung zu verstopfen. Jmmer mchr
müsscn wir thatsächlich nnserer dent-
schen Neform vorarbciten. Mit 'bloßen
Worten und Wünschen und mit all unsern
tausend deutschen Rückstchten werden wir
dieselbe niemals erringcn.

Wien, 30. Inni. Directe zuverlässtge
Telegramme aus Ncapel melden: Die
Rebcllenbaiiden, welche am 28. die Ge«

waltthaten (s. u. Neapel) begingen, auch die
Bcfrciniig dcr Sträflinge versncht hattcn
wurdcn znletzt von ven Truppeii bewältig/,
wobei mehrcre Ncbellen nmkainen. Zn-
glcich mit der Verkündigung des Belage-
rnngsznstandcs wnrvc eine Bürgergarde
gebilvet. Am 29. ist die Ordnnng nicht
weiter gestört worden. Die in Ansstcht
gestellten Neformen hatten die Bcvölkernng
keincswegs befricdigt.' Die französtsche
Flotte wird für den Fall. daß Herrn v.
Brenicr die gebührcndc Genugthunng für
dic.erlittene Mißhandlnng versagt werden
sollte, wahrscheinlich den Befchl erhalten,
handclnd cinzuschreOcn.

F r a n k r e i ch.

Paris, 27. Jnni. Das Verfahren
der „Gazctte de France," welchc unter
allen Pariscr Blättern einzig nnd allei'n
der Todcsanzcige des Prinzen Jcrome
keinen bcsondcrn Platz an der Spktzc ihres
Dlattcs cinräiinite, ste vielmehr unter die
„Vcrschicdtncn Nachrichtcn" verwies, fin-
dct in der halbofficiellcn Presse sehr scharfen
Tadcl, wclche die Gelegenheit benntzt, die
Hartnäcki'gkei't der legitimisti'schcn Partei
zn geißeln. Der „Constitntl'oniiel" sagt
i'il Bcz'ng darauf: „S. K. H. war der
erste Prinz von Gcblüt unsercr nationalen
Dynastic; wenn Der Parteigcist in scinem
erbärmlichcn Groll eutschlossen war, cs
zn vcrqeffcn, so hätte er seinen Tag besser
answählcn, und es nicht vor einem offe-
nen Grabc thnn sollcn. Anch hat das
Volksgefühl dieses scltsame Verfahren der
„Gazette de France" encrgisch gcbrand-
markt. Dieser allgcmeine Ünwille ist die
bcredtste und bcstc Züchtlgung."

P.rris, 28. Jnni. Das Studiumdcr
irländischen Frage ist dnrch zwei Bro-
> schürcn angcbahnt worden, dic cine Pri-
! vatspeknlation sein mögen, aber doch einen
gewissen Erfolg haben. Dic eine, „la
(^ULstion irlrillclaise" schließt mit den
Worten: „Wir verlangen noch nicht einc
Einmischiing Enropas, .nin Irland scine
nationale Instl'tntion wiedcr zu vcrschaf-
fcn. Enropa kann stch nicht mit Allem
auf einmal beschäftigen. Abcr wir glau-
ben, daß freundschaftlichc Rathschlägc und
Vorstcllnngcn zn Gnnstcn dieses so un-
würdig behandclten Landes, wclches trotz
sciner langcn Lejdcii cine tüchtige Lebens-
kraft besttzt, zektgcmäß und im höchsteil
Grade gcrechtfcrtigt sein würden. Die
Sachc Irlands würde.mehr als jede an-
dcrc verdienen, daß Europa die bckann-
ten Worte des Kaisers auf sie anwende:
„Das Interesse FrankrcichS ist überall
da, wo eine gercchte Sache geltend zir
machen ist." Möglich, daß vie politische
Sr'tliation den Hoffnungen Irlands hcnte
nicht günstig ist , aber der Augenblick wird
kommen: „Irland glaubt daran, Irland
erwartct ihn. U„6 genügt es, gezeigt
zn haben, vaß es, sobald Europa will.
 
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