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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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December
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0612
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dcis Cn'mi'iialgrncht qelcidrn wcqen ei'nci'
anf Mlßl'ranch dcr Aintsgcwalt lantcndcn
Anklaq.e. Die Staalöanwaltschaft fand
nämlich darin, daß dcr Anqcklagte die
Schnld-Anqelcqciihciten cincs fnnqcn Mi-
litärs ans angcsrhener Famili'e dnrch aint-
li'chc Vcrhaiidlunq niit dcn Glänbigcrii rc-
gnlirt habe, wclchc lcsttcre dabci erhcb-
lichc Ausfällc crlitten habcn sotlcn, Griind
zur Crhebnng dcr Klage. Sticber hat
l'ercitL eincn llinfassciideii Entlastniigs-
bcwcis angetreten, liii'tlelst desscn cr na-
mentlich darthnn will, daß er die iiicri-
minirtc Schiildregcliiiig „auf hohcn Befehl"
vvrgeiiominen habc.

Münchcn, 16. Dec. Durch k. Cnt-
schlicßnng wird der Landtag auf den 29.
d. ei'.ibernfcn.

Prag, 15. Dcc. Die konservativ
liberalcii Bürger Prags haben das erste
Wahlkoniitc gcbildct; an dcr Spitzc des-
sclben stcht Herr A. Haase. Sic habcn
ci'ii Prograinm erlasscn nnd ihr politisches
Glaul'ensbckcnnlniß folgknderinaßen for-
mnlirt: „Wir wotlen ciiie ungehcminte
frcic Eiicwicklnng nnscres staatlichen
Lebens anf dcr Grundlagc dcs kai'serlichcii
Diploms vom 20/ Oct., welches die
Theilliahine dcr Bevölkeriing an der Ge-
setzgcbnng als Staatsgrundgcsetz anf-
stcllt; wir wollcn die cndll'che Beseitl'gung
der prvvisorischen nnd dekretirtcn Zu-
ständc und statt deren dic volle Herrschaft
dcs Gcsctzcs; wir wollen die Aittvnomie
der Genicinden, die selbstständi.ge Negelung
der Landesangclegenhciten durch frei ge-
wählte Landtage und cinc .genicinsaine
Vertretung des Neiches zur Mitwirkuiig
bci dcu allgj'ineinen Gesetzcn; wir wotten
die Glcichhcit aller Stände nnd Konfessto-
nen vor' dem Gesctz; wir wollen dic
Oeffeiitlichkcit in allen Angclcgeiihciten
des ,allgcnieinen Intcrcsses; wir wolleir
cü»e frcie Presse, di'e, von adininistrativen
Aaßrcgcln iingeheinint, dem Gesctz allein
nntcrthan, ihrc Stl'uiine gegcn allc Aus-
schrcitungen zu erheben vcrinag, vb ste
von oben oder von untcn komnicn; denn
cbcnso wcnig, als die Willkür von obcn,
w ollen wir dcu Terrorisinns von untcii;
wir crblicken dic Freihcit nicht in dcr
Gesetzlostgkeit; wir wollcn nicht, daß
unscre Politik von Knaben gemacht und
nnsere össentlichcn Aiigelegeiiheiten dnrch
Straßcnspektakel .gelcnkt werdcn." In
Bczug auf Nationali'tät wollcn sic Gleich-
berechtigling. Amt und Schule richtc sich
uach dcr Bcvvlkcrung. Sie. wollen das
Durchdri'iigen bcidcr Elcinente der Be-
völkcruug, kciiie Einseitigkel't.

Prag, 16. Dcc. Herr Nichter ist
brrcits heutc Morgen zum Besuch seiner
Fainilic hier angckoinmcn. In der Achtung
scincr hiesigen Freunde ist cr durch das
Urtheil, das übcr ihn in erster Instanz
gefällt worde» und, wic man hofft, in
zwcitcr and^rs lautcn wird, nicht im

Mindcstcn gcsnnkcn. Die Thcilnahnic,
init wclcher man ihin von allcn Sciten
ciitgegenkoinnit, ist cinc tiefc und allgc-
mcine.

Wien, 16. Dec. Einc Anincstic für
dic niigarischen Eniigranten ist nahc bevor-
stchcnd. Dcnsclbeii wird cs mit schr
wcnigcn Aiisiiahmcn frcistchcn, anstands-
los in ihr Vaterland znrückzukehrcn, ohnc
daß sic crst die spccicke Erlanbniß dazn
nachzuholcn habc».

B^ien, 17. Dcc. Dic hcnligc „Prcsse"
bcspricht cbenfalls die ncne iranzösischc
Broschüre, wclche dcn Verkauf Ve-
n c t i c n 6 befürwortct. Nach eincm kur-
zen Nesnine dersclben bcnicrkt daö Wiencr
Blatt: „Untcr dcn hcutigen Uuiständcn
wäre die freiwilligc Abtrctnng Vcnctiens
durcb ciiien Machtspruch des Sonveräns
dcr Todtenschcin, den Ocstcrreich sich selbst
ausstcllen würde. Eine Macht kann in
Epochcn ihrer inncreii und änßeren Pro-
spcrität, wenii sie stark und geachtet da-
steht, sich zu ciner Transaction dieser Art
herbeilassen; bci dcn kritischen Vcrhält-
nisseii, in wclchen sich Ocstcrreich heute
bcfindct, wäre sie dic Offenbarung einer
Ohumacht, zu der dieses Land trotz Allem
dtnn doch nicht herabgesunken ist."

Pesil), 14. Dec. Der Bürgcrmeistcr
von Pesth hat sich veranlaßt gcsehen,
hente wiedcr eine Proklamation, nnd zwar
gegen das überhand nehincnde Dtiiuncireu
nnd die Angendieiierci zu veröffentlichkn.
Dcrsclbe spricht darin den ganzen Ab-
schcu vor niederkrächtigen Deiiunicationen
ans, dic sich hinter der Anonpmität ver-
bergen und selbst den redlichsten Menschcn
um seine Ehre uud guten Nameii briiigeu
köiinen.

Agram, 11. Dec. Jn der gestrigen
Sitzung der Banalconfercnz wurdc cin
allerh. voni 5. d. datirres Handschreibcn
vorgelcsen, kraft dessen das im Staats-
niini'steriuin bestehende croatisch-slavonische
Dcpartement aus demselbcn aiiszuscheidcii
nnd in ein selbständigcs provisorisches Hof-
Dicästerium uuizugtstaltenist, dessc» Präsi-
dcntdie wichtigerendie Königreiche Croatien
und Slavoiiicn betrcffeiiden Angelegcn-
heiten im Miiiisterrathc^vorzutragen und
zu vertreten haben wird.

Gvan, 18. Dcc., Abcnds. Dic Con-
fcrenz ist nach vicrthalbstündiger Dancr
dcfinitiv geschlossen wordcn. Barkoczp
kritisirte das Wahlgesctz von 1643, sprach
gegen dic Adelsprärogativc des Wahlgc-
setzcs und für Gleichberechtiguiig der Iuden.
Einstiiniiiiger Bcschluß: Bitte an dcn
Kaisier niu Aiinahinc dcs Wahlgcsetzcs
von 1848. Der Prinias hielt die Schluß-
rede, in welcher er die Hoffnuiig auf bal-
digc Eiiibcruflllig des Landtags aussprach
und zur Eintracht und Vcrtrancn crmahntc.
An dcr Tafel bci dein PrimaS wnrden
versöhnliche Toaste ausgebracht. Ein Toast

anf dic nligarischcn und übrigen Reichs-
räthe wurde stiirinisch bcjubelt.

F r a n k r e t ch.

Paris, 19. Dcc. Dcr „Moni'teur"
mcldct, daß dcr Kaiser ain 1. Iannar
cnipfaiigen wird, nnd daß die Maje-
stäten ainssolgcnden Tagc nicht empfan-
gen wcrden.

Paris, 15. Dec. Jn?Co>istitution,iel
sagt Herr Grandguillot „Wenn kinc dcr
schwicrigsten Aufgaben in der Lagc Eu°
ropä's durch einc Fi'iianzopcration (wie
sie dcr Autor der Broschüre „Franz Jo-
scph l. und Europa" cinpsichlt) gelöst
wrrden könntc, so würde man sich im
Intercsse Italiens und des Friedens dcr
Welt Glück wünschen könnrii. Unglück-
lichcr Wcise halten wir abcr diesc Idee
für nikhr gcistrcich als practisch. Glcich-
wohl vcrdient sie, wie sie da ist, eine
crnstc Bcachtung. — Die Patrie beincrkt
übcr die Broschürc: „Die darin kundge-
gebenen Idcen verdienen cine ernsthcifte
Prüfnng, aber wir gla.ubcn, im Widcr-
sprnch zu dcr von einer großen Zahl aus-
wärtiger Zeitnngcn ausgesprochenen Mei-
nung, zu wisscn, daß 'die Broschürc ein
rein persönliches Werk ist."

B e l g i e n.

Brüssel, 15. Dcc. Ucber die Bro-
schüre „Kaiscr Franz Ioseph I. und Eu-
ropa", entnehine ich eincni Pariser 'Lchrei-
bcn folgcnde Einzclhcitcii, dic man gewiß
nicht ohne Interessc lesen wird: „Vor
ciiiiger Zcit bcfand sich Herr G. Pcrcire
im Cabinet dcs kaiscrlichcn Gchciinschrci-
bcrs Mvcguard nnd sagte diescni, cr wüßte
cine friedliche und leicht ausführbarc Lö-
sung der italienischen Fragc. Als er so
sprach, trat der Kaiscr ein, und Herr
Mocquard sagte diescin: „„Sire! Herr
Pereirc bchauptet, einc lcicht ausführbare
Lösung für dic italicnischcn Schwierig-
kciten zn wissen!"" Der Kaiscr lächelte
und ineiiitc, sich zuin berühintcn Fl'nancier
wcndend: „,,Nun, das ist ja recht schön:
lasscn Sic hörcn!"" Herr Percirc cnt-
wickelte nnn in einigcil raschcn Zügcn die
in seiner Broschüre dargelegten Ansichtcn.
Dcr Kaiser hörtc init gespannter Auf-
inerksainkcit zu und sagte, nachdcm ber
Sprechcr gccndigt hattc: „„Was Sic mir
da ausciiiaiidcrsetzcn, verdient gcprüft zn
werden!"" nnd ging wicdcr nach seinen
Geinächcrii. Dic Herrcn Pereirc nnd
Mocgnard kainen übcrcin, sic wollten den
oo» Pcreirc cntwi'ckcltcn Plan grinein-
schaftlich aufs Papier werfen. Dies ge-
schah, und anf Gruudlagc diescs Ent-
wurfes brachtc jeder der bciden Herren
seine Gcdanken zu Papier. Dic beiden
Aufsätzc wurdcn späler dcin" bekaniiten
Ioiirnalisten Duveprier zur Verschmcl-
zung übergeben. Die von Duvepricr voll-
zogene Redaction wurde dem Kaiser zur
 
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