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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0154
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W Bom Neckar, 13. Februar. Laut
Nachrichten sollte von Seiten der Vorsitzen-
den des Weinheim-Heidelberger Landwirih-
schastlichen Bezirks-Bereins eine Abordnung
an großh. Staatsregiernng gesandt wcrde»,
um die Unierstellung der Landwirthschast un-
ter das großh. Handelsministeriiim zu bevor-
worten. Durch allerhöchste landesherrliche
Verorbnung ist diescm Wunsche entsprochen
und dürftc nun Ausstcht vorhanden scin, daß
von Seiten gen. hoher Behörde das Iand -
wirthschaftliche Vereinsleben
total umgestaltet werden dürfte. Herr 0r.
Herth hat seiner Zeit in höchst gediegener
Weise und Sachkenniniß Reformvorschläge ge-
macht,' deren Realistrung um so bälder erwar-
tei werden dürfte, als ein gedeihlicher Fort-
schritt auf diescm wichtigen Gebiete des Cul-
turlebens dadurch bedingt ist. Zu beklagen
war, daß durch das langandauernde Unwohl-
sein des Vorstandes gedachien Vereines die
Besprechung jener Reformvorschläge diesen
Winier unterblieben, in einer Zeit, in welchcr
der Landwirth gerade Zeit und Muse hat,
diesem Gegenstande obzuliegen. Wenn Herr
vr. Herth, der das größte Verirauen der in-
telligenten Landwirthe besttzt und der mit gro-
ßem Eiftr und Jntereffe die Landwirihschaft
nach allen Seitcn zu fördern sucht, ohne Zeit
und Opfer zu schcuen, interimistisch die Vor-
standsgeschäfie übernvmmen hätie, so wäre
eine so nachiheilige Unierbrechung nicht ent-
standen.

Hoffcn wir, daß das Versäumte rechi bald
cingeholt werdc und zweifeln wir nichi daran,
daß das großh. Handelsministerium dicscm
Gegenstande dieselbe Ausmerksamkeü und Sorg-
falt zuwendet, wie seiiher dcm G e w e r b -
wesen unseres Landes, das einrr günstigen
Zeit cntgegengeht.

Namentlich dürfte dem Kleinbauern durch
bcffern Unterricht in Schul- und land-
wirthschaftlichen Unterrichts - Gegen-
ständen aufgcholfen werden. (Wir verwcisen
in dicscr Beziehung auf dcn landwirthschafi-
lichen Bericht an dieseu Blättern u»d wün-
schen von Herzcn, daß der Sache die vcr-
diente Würdigung zu Theil werdcn mögc.)

Aus Baden, >m Febr. Die in Nr. 38
d. Bl. aus dcm „Nürnb. Corr." mitgeiheiltc
Flüchilingsliste ist eben so wenig vvllständig,
als die früher veröffenilichtcn es waren;
beispielsweise führen wir nur etliche der
übergangenen Namen an: Gcrwig vvn Horn-
berg, jctzt Prediger in St. Louis, nachdem
er eine Zeitlang Dvrfschulmeister in der
Schweiz gewesen; Hofer, vordeutz Advokat in
Offenburg, jetzt Wirth in Newpork; Söhner,
ErcivilkomMiffär von Buchen, jetzi Privat-
lehrer in ZndianapoliS; Karl Blind, einst
Kanzleidirector dcs „Landesausschuffes", jetzt
Reporter des „Morning Advertiser", in Lon-
don; Amand Goegg cinst Mitglicd der „Dic-
iaiur", jetzt Glas- und Silberspiegelfabrikant
i» Carougc und Genf, u. s. w. (M. A.)

- Freiburg, 13. Febr. Gestern Abenv
brschicn die Acadcmiker, mit Ausnahmc der
Theologcn, Herrn Hofraih Dr. Ecker aus

schon mehrmals kleine auswärtige Besorgungen
übertragcn, die er stets mit der gröxten Pünktlich-
keit auszuführm bcsliffcn war.

Dcr Hcrbst.war hcrangekommen, die Weinlcse
an dcr Bergftraße hatte begonncn und Felir «urde
mit einer Summe ÄeldeS von seinem Vatcr dahin
gesandt, ncncn Wcin einzukaufcn.

Hicr war er nun, von Ort zu Ort wandernd,
auch nach Heidelberg gekommen, wo mancher junge
Mann aus sciner Vaterstadt den Studien oblag,
oder in irgend ciner Handlung oder cinem Gcwerbc
beschäftigt war, die ihn Alle von früher her recht
gut kannten und wußtcn, daß er auf das Gcld kci-
ncn großcn Wcrth lcgte und gerne vor Anderen
den Freigcbigen spieltc.

Bald hatte sich hier ein Kreis dieser Bekannten
um ihn vcrsammclt und lärmcnd und zechend haitcn
die jungen Leute schon manchcn Anlaß zu iknan-
nehmlichkeiten gcgebcn, als Fclir am crstcn Meß-
tage Gerhard erblicktc, der wie fcstgewurzelt auf
der Straße stand und ganz in den Anblick cines
frcmdcn Musikäntenmiidchens vcrsunkcn schicn.

Wenigcr um öas Mädchen zu kränkcn und zu
bkleidigen, ale rjeimchr sich an seinem Keinde zu

Veranlassung seiner Erncnnung zum Hofrath
einen Fackelzug. — Die Tage der Narrheit
gingen bei u»s ziemlich einfach vorüber,
wenigstens in den Straßen ber Stadt. Lei-
der hatte ein junger Mann beim Absteigen
von einem Narrcnwagen das Unglück, durch
den Tritt eines Pferdes getroffen zu werden
und ist jetzt in Gefahr das Auge zu verlie-
ren. Z» den Gesellschaftskreiscn, namentlich
in der Harmonie und Concordia, war dage-
gen dic größte und zu allseitigem Vergstügen
bereitete Lebendigkeit und muntere Laune in
Bällen und Unterhaltüngeii. — Die vvn der
Stadtbehörde angeordnete Versammlung am
17. Fcbrnar zur Besprechung des Eisenbahn-
baues vom Rhein hierher und nach dem
Schwarzwalde wird, so hofft man, zahlreichcr
besucht werden, als eine jüngst zu gleichem
Zwecke abgehaltcne Bürgerversammlung.

Stuttgart, 12. Febr. Jn der Handels-
geschichte unserer Stadt, ja des ganzen Landes,
wird wohl der gestrige Tag als ein wichtiger,
viclleicht als cin Epochc machender bezeich-
net werden: gestern fand für Stuttgart die
erste Tagesbörsc statt. Bis jetzt haben sich
etwa 150 Mitglieder dazu gemeldet.

' Stuttqart, 12. Febr. Gestern Abcnd
constituirte sich die hiesigc Seckivn des deut-
schen Nationalvereins. Als ihr Schriftführer
wird Rechtsconsulknt Tafel jun. fungiren, und
werden je am ersten jeden Monats Zusam-
menkünfte veranstaltet werden.

Frankfurt, 12. Febr. Herrn A. Dung
aus Kippenheim, einer der in Newpork leben-
ben politischcn Flüchtlinge, welcher flch gegeu-
wärtig besuchöweise in unserer Stadt aufhält,
wurdc in diesen Tagen, zusolge eines Ersu-
chcns des badischen Hofgerichls zu Bruchsal,
von dem hiesigen amerikanischen General-
Consul die officielle Mittheilung gemacht, daß
ihm die neunjährige Zuchthausstrafe, zu wel-
cher er 1849 von genanntcm Gerichte wcgen
Hochvcrraths verurtheilt wurde, auf Grund
des AmnestiedecretS vom 8. Decembcr v. Z.
erlaffcn sei. Dieser Beschcid ist auf ein cin-
faches Gesuch beim badischen Justi'zministerium
hin crlaffcn, ohne daß irgend welche Bedin-
gung baran geknüpft ward und berechtigt da-
her zu dcr Hoffnung, daß auch andern poli-
tischen Flüchilingcn die Rückkehr in's Vater-
land mit gleicher Liberalität gewährt werden
wird.

Berlin, 11. Febr. Bci der vierten De-
putation des Criminalgcrichts kam gestern
der neulich vertagte Proceß gegen den Poli-
zeidirccior z. D. Stieber zur Verhandlung.
Es ist dieß der lctzte der noch gegcn Stieber
schwebendcn Processe. Der Gerichtshof cr-
kannte anf Nichtschuloig.

Berlin, 12. Febr. Bcim Bcginn dcr
heutigcn Sitzung des Abgeordnetenhauses
theilt der Prasident uiit, daß die Adrcßdepu-
tation gestern um 3 Uhr von Sr. Majestät
dein König cmpfangen worden ist. Die Ant-
wort lautet: „M. HH.! Den Ausdruck ber
Trauer, welchen mir das Haus der Abgeord-
neten um den Hintritt meines Brudcrs Hoch-

rächen, dem er es immer noch nicht verzeihen konnte,
daß er einst als rcicher KaufmannSsohn untcr seinc
Botmäßigkeit gestellt worden, und um scinetwillen
auS dcm Hausc Meistcr WernerS gekommcn war,
hatte er sich hier nun schon cinige Unarten gcgen
das Mädchcn erlaubt, die er dcnn am Abcnd im
„Rittcr" fortsetzte, und für «elchc ihm dann auch
dte wohlverdiente Strafc zu Thcil geworden war.

Ikeber das, was später auf dcr Straße vorgefallen,
hatte Fclir dem Untcrsuchungerichter Folgenoes aus-
gesagt:

„Als man ihw ncbst scinen übrigen Bckannten
gcwaltsam aus dem Wirthshanse entfcrnt, hätten
ihn alle vcrlaffen, und er sci, ziemlich angetrunken,
auf dcr Straßc herumgeirrt, ohnc den Wcg in scinc
Wohnung zu finden. Da habc ihn plötzlich Gcr-
hard angegriffcn und tüchtig geschüttelt. Bei dieser
Gelcgenheit müsse dieser daS Dolchmcsscr gefühlt
haben, welchcS cr stctS wegen dcs vielen Geldes,
das er mit sich führte, in seiner Brusttasche zu tra-
gcn pfkcgc. Rafch habe dcrselbc daS Meffcr heraus-
gezogen und eS ihm in den Leib gcstoßen, so daß
er auf der Stelle zusammcngesunken sei."

Bet dieser Behauptung blieb er stehen, trotzdem

sek. Königl. MajcstLt darbn'ngt, nchme ich
mit bewegtem Hcrzen entgcgen. Zhr Blick
wendet sich trostvoll und — wie ich crwar-
ten kann — mit Vertrauen zu mir. Ueber
die Grundsätze, nach welchen ich die mir
von Gott anvertraute Macht ferner zu übcn
entschlossen bin, habe ich mich wiederholt
ausgesprochen. Das Land ist darüber nicht
im Zweifel. Zch bauc fest darauf, daß die
Bertretung desselben mir bei der Durchfüh-
rung meiner Absichten im Sinne der ungc-
ichmälerten Erhaltung und Machtstellung
meiner Krone zur Seite stehen wird. Denn
dieS ist zum wahren Wohle deS Baterlandes
nothwendig, Zn Bezug auf die Fragen der
innern und auswärtigen Politik-, die ich in
Jhrcr Adreffe — welche mir nach dem be-
stehenden, von Zhnen selbst bedauerten Ge-
schäftsgang bereits bekannt war, von dem
ich mit Zhnen hoffe, daß er sich künftig wird
verbessern lassen — berührt finde, hat Jhnen
meine Regierung die Gesichtspunkte ktar hcr-
vorgchoben, welche nach meinen Zntensionen
für dieselbe maßgebend sind, nnd bei denen
sie beharren wird. Zch erwarte, daß das
Haus der Abgeordnecen dicselben durch seine
Zustimmung unterstützen wird. Jch hoffe,
daß Jhre nun beginnenoen Arbeitcn die bedeut-
samen Vorlagen, rie Zhnen von meiner Re-
gierung gemacht stnv, zu einer befriedigcndcn
Lösung führen werden. Wir legen die bes-
sernde Hand an manchcrlei Einrichtungen; auf
gesetzlichem Bodcn: darüber darf kein Zwcifel
bestehen. Einigkeit macht stark, und da wir
stark sein müffen, sv müssc» wir auch cinig
sein. Dies gili für Preußen, wie für deffcn
Stellung zu Deutschland. Meine Bemühun-
gen in dicser Hinsicht sind mit dem günstig-
sten Ersolg gekrönt worven. Zch weiß, daß
mein Volk in guten wie in böse» Tagen in
unverbrüchlicher Trcuc mir zur Seite steht.
Das erneute Gelöbniß dicser Treue durch
das HauS der Abgeordneten nehme ich gern
enkgegcn." Der König hattc sich die cinzcl-
nen Mitglieder der Deputation durch dcn
Präsidenten vorstcüen lassen, an Einige huld-
reiche Acußerungen gerichkct und die Dcpu-
tation mit den Worten entlaffcn: „Also, meine
Hcrren, Sic gehen nun wieder an Jhrc Ar-
beit. Jch hoffe, daß wir — nach einigeu
Monatcii — in Eintracht und Freundschaft
scheiden." — Zum Vorsitzcnden der Commis-
sion für Berathung des Militärbudgets wurdc
Frhr. v. Vincke (Hagen) gcwählt. Bei der
Wahl dcö Präsibcnten erhält Hr. Dr. Sim-
son von 278 193 Stimuicn; Herr Grabow
wurde zum ersten Präsidenten u»d Hr. Ma-
this zum zweiken Vicepräsidenten wiedcrge-
wählt.

Wien, 9. Febr. Nach der „Preffc" bil-
dcten nunmehr im Ministerrathe mit Schmcr-
ling die HH. v. Plener, Graf Degenfeld,
v. Laffer, v. Pratobevera und Graf Wickcn-
burg eine in sich gcschloffenc Partci, der ge-
genüber Gras Rechberg mit dem Frhrn. »vn
Mecserp und den zwei ungarischen Ministcru
Vap uud Szecsen einc durchaus nicht iiiimer
gefchloffcne Phalaur darstellcn.

ihm Gerhard das Gcgentheil in's Gcsicht behaup-
tete, und sein eigcncr Vatcr ihn dringcnd gebctcn,
die Wahrhcit zu sagcn und nicht cin ncucs Ver-
brechen demjcnigen hinzuzufügcn, 4as ihm jctzt dcn
Sohn cntreißc.

Kein Mittel hat man unversucht gelaffen, den
Verwundetcn zur Zurücknahmc seincr Aussagc zn
bewegen, und nur noch wenige Augenblicke waren
noch übrig, die unbenützt verstrichcn, das Gcheim-
niß für tmmer in die Erde vcrgrubcn; da ließ
sich der Hofprediger LeS Pfalzgrafen mcldcn, um
dem Verwundeten in seinen Lciden mit der Tröstung
der Rcligion zur Scite zu stehcn.

Anfangs wies Fclir diesen Besuch auf das Ent-
schiedenste zurück; alS aber dcr Gcistliche dcnnoch
eingctreten und mit seincr herzgcwinncnden, freund-
lichcn Weise zu ihm geredct hattc, da schien auch
ihm daS Herz sich zu erwcichcn und Lhräncn stoffen
aus seinen Augen.

(Forsetzung fvlgt.)
 
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