Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Februar
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0153

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
18VI

InsertionSgebühren für die Zspaltige Petit-
zeile werden mit 2kr., bezw. 3kr. berechnet.

M . Samstng, i«. Febcuar

Ein weiterer Beitrag zur Lage
Oesterreichs.

Die Kriegsgefahren für Venetien sind ver-
tagt, auch die Lage Ungarns hai sich etwas
geklärt. Zur Vervollstänbigung der über Un-
garns Verhältniß zu Oesterreich unlängst ge-
gebeuen Schilderung habcn wir in Kürze noch
Folgendes nachzutragen:

Wenn wir erwähnt haben, daß seit dcm
Jahre 1687 die Krone Ungarns (früher ei«
nes Wahlreiches) bei dem habsburg-österrei-
chischen Mannesstamme erblich ist, so beruht
dieses auf dem Einverstäudniffe des ungari-
schen Reichstagcs hicrmit. Und zwar ging
derselbe hierauf ciu aus Dankbarkeit gegen
seine bisherigen Kvnige dieses Skammes,
welche Ungarn mit Hülfe ihrer Hausmacht
und uiiler dem Beistaulie les deutschen Reiches
von der türkischen Uebermacht bcfrcit hattcn.
Andcrnfalls wärc Ungarn wohl bleibcnd eine
Provinz der Osmancn gcworden. Die Zu-
stände Ungarns unter dem Hause Habsburg
bis auf die neueste Zcit haben wir ausführ-
lich erörtert; hauptsächlich von ver Zeit des
Melternichffchen Systems an zeigte sich aber
eine Opposttion aus dem Reichstage, die im-
mer stärker und mächtiger wurde und schließ-
lich zu den von nns schon erörtcrten Ergeb-
niffen führte. Bci der hiedurch veranlaßten
politischen Anregung und bei dcu eigcnthüm-
lichen Anlagen des Nationalcharactcrs der
Magyarcn kam es denn, daß dieser Volks-
stamm mit der Zeit gleichsam als das „salz"
unter den Völkcrn Ocsterreichs angeschcn
wurde. Doch kann, Angesichts der seyt in
Ungarn theilwcise hcrrschenden tuibulenten
Verhältniffc die Ermahnung nichl oft genug
wiederholt werdcn, die von Neuem verliehenc
Freiheil nicht zu überstürzen und die nationale
Gelbftständigkcii mit Maaß zu genießen.

Diescr Anstcht huldigt jetzt dcr größte Theil
der dcutschen Preffe, selbst diejenigen Organe
derselben, welche sonst Ocstcrreich minder zu-
gencigt waren; diese Stimmnng gibt sich zu-
gleich in einzelnen Erzeugniffen der Flug-
schriftenliteratur kund, von dencn wir nament-
Uch eine Brvschüre: „Ermanne dich, Oester-
reich" hcrvorheben, die bereits in mehr als
20,006 Ercmplaren verbreitet ist. Ganz die-
selbe Gcsinnung hegen aber sichern Nachrich-
ten zusolgc auch dic deutsch - österreichischen
Stämmc; an einc etwaige L-ympathic dersel-
ben mit den Ungarn, wie theilweise in dcn
Jahren 1848/49, ist also für jetzt nicht zu
Lenkcn. — Vcrschiedcne Umstände laffen zum s

Gkücke sür Ungarn auch darauf schließen, daß
die Besiünung dort allmählig zurückkehrt:
Wir zählen hiezu namentlich dic einstimmigc
Annahme der Pcflher Adreffe nach dem Ent-
wurfe der gemäßigt-liberalen Deak-Eötvös'-
schen Partei. Jedenfalls ist dieses ein stchc-
res Zeichem, daß diese Führer noch großcn
Einflaß nnd hohe Bedeutung bei ihrcn Lands-
leuten besitzcn. Es ist somit noch alle Hoffnung
vorhanden, daß cs nicht znm äußersten Bruche
mit Oestcrreich kommt, besonders wenn die
Rcgierung des Kaiscrstaates stch entschließe.n
wird, ein aufrichtiges und wahres constitutio-
nelles System einzuhallen, wozu in neuestcr
Zeit wieder ein weiterer, wenn auch kleiner
Schritt geschehen ist. Jn Ungarn liegt der
entscheidende Moment für die künstigc Gc-
staltung der Dinge in Oesterreich, hauptsäch-
lich hievon aber hängt es w'ederum ab, welche
Richtung die allgemcine deutsche Frage über-
haupt nehmcn wird. Dieser hochwichtigc Um-
stand war auch mituntcr ein Grund, wcßhalb
wir der Lage Oesterreichs und Ungarns eine
Reibc größerer Aufsätzc gewidmet haben. Ge-
lingt es Oesterreich, Ungarn durch constitu-
tionelle Bande festzuhalten, so kann von ei-
nem nahcn Verfalle des Kaiserstaatcs auch
keinc Rede sei'n. Die der Ccntralregierung
feindlichen Bestrebungcn haben aber, mit Äus-
nahme Bcnetiens, welches zur Zeit freilich
nur durch Militärmacht festzuhalten ist, in
d'en andcrn Prövinzen eine weit geringere
Bedeutung als in Ungarn: Ju Galizien ha-
ben dic Nätionali'täksbestrebungen des polni-
schen Adels kaum ein größercs Gewicht als
in Pösen. Auch ist der galizische Adel durch
tie ruthenische Landbevölkerung, welche Oc-
stcrrcich bekanntlich zugeneigt ist, im Schach
gchaltcn. Noch . weniger bedeutend ist die
mehr erkünstelie nationale Manie der Tschechen
in Böhmen anzuschlagen.

Die Böhmin können wahrlich sich noch weit
weniger über eine zweihundertjährige Ver-
gangenheil hinwegsetzen, als die Ungarn über
eine nut 12jährige Restaurationsepoche. Ver-
möge seiner Cultnr und Geschichte ist Böhmcii
scither fast ganz teutsch, während dem es selbst
vorhcr tiescs schon zum großcn Theile war.
Ucberdicß sind seine Einwohner znr Hälftc
schon der Abstammung und dem Blute nach
Deutsche. Abgesehcn von allem specifisch-
österrcichischen Zntereffc könnten wir Dculsche
auch in keinem Falle zugcbcn, daß diescs bis
in das Herz von Deutschland, nach Franken
und Sachsen hin sich erstreckende Land, dcni
s Deutschthum feindlichc Sonderintcreffen ver-

folgt. — Alles in Allem gesagt, fanden wir
bei genauer Erwägung der Sachkäge die
österreichischen Zustände m'chk fo unendlich
trost- und hoffnungslos, als Man diese von
gewiffer Seite darstellen will. Oesterrcich
hat schon viel schlimmere Erisen glücklich
überstanden. Ohne von der frühercn, bereits
angedeuteten, zu sprechen, war dje Lage des
Kaiserfiaates im Jahrc 1848 in politischcr,
die in den Zahren 1809 -1812 i'n finanziel-
ler Bezichung noch schlimmer und gefährlicher
als die jetzige.

Allein cin ernstes, entschiedenes Brechcn mit
der leidigen Restaurationspolktik; ein volles,
aufrichtiges Einlenken in wahrhaft zonstitu-
tioNelle Bahnen ist freilich zitr nothwendigsten
Bedingung geworden. Letzteres ist, wie wir
schon früher ancrkannt haben, bci der eigenen
volklichen und staatlichrn ZüsammenseHling der
Monarchie schwicrig, aber nicht unmöglich.
Das probateste und sicherste Mittel hlesür
wärc die conseqnente Durchsührvng dcr von
einem auswärtigen Diplomaten an Oest'erreich
erthcilten RakhschlVgc, die wir h:er als be-
kannt voraussetzen (vgl. Nr. 29 uuscres Bl.).
Hiedurch würde Oesterreichs Fortbestand ge-
sicherter sein', als sclbst dürch cinen etwaigcn
glücklichcn Krieg in Ztalien, der kaum mchr/»
sowi'e jener im Jähre 1848, die Folge ffäben
dürfte, eine abermalige Restauration, wenn
auch nur für 10 —12 Jahre, anzubähnen.

Der Fortbestand Oestcrreichs gilt aber,
was auch in ncuester Zeit auf det Regicrungs-
bank der prcußischen Kammer», sowie selbst
schon in England anerkännt wvrden ist, als
cinc Nothwendigkeit im europäischen Staaten-
systcm. Es gilt di'eses abcr anch namentlich
hinsichtlich der deutschcn Jntrresscn an der
untern Donau und im Oricntc, wobei wir
freilich wieder voranssrtzcn, daß Oestrrreich
in andercr Weise, als seithrr, nämlich als
c o n st i t u t i o n e l l e r R ech ts st a ä t wir-
ken und seinen Einfluß äus dic dvrt wohnen-
dcn Völkcrstämme gcltend machen wird, die
es sich durch Maßnahmen entgegengesetzter
Natur seither cntftemdet hat.

Deutschlan-

Karlsruhe, 14. Febr. Der „Sch. M."
erfährt aus sicherer Quelle, daß ein Ausschuß
aus den landwixthschaftlichen Bereinen dem-
nächst hicher berufen werde, um sein Gut-
achten darüber abzugcben, ob und in wie weit
cine Abänderung in der Organisation der
landwirthschaftlichen Vereine und der Een-
tralstelle stattfinden soll.

Sas große Faß zu Heidelberg.

Histoeische Novelle vvii Wilh. Jiiiigmanu.

(Fortsktzung.)

Als sic aber nun auch noch crfuhr, mit welchcr
Güte sie heute von dem Fürsten aiifgcnomnieii wor-
den, und sogar dnrch seine Vcrmittlung Zutritt bci
dem Gefangenen erhaltcn hatten, da rieth sie Bei-
den, sich nochmalS an den Fürsten zu wendcn, ihm
Allcs von ihr Mitgetheilte genau zu erzählen und
ihn zu bittcn, hier helfend einzuschreiten und nicht
zu duldcn, daß viellcicht gcine Gerichte einen Un-
schuldigcn verdammten; das könne, das werde er
sclbst nicht wollen!

Hätte es für Lenchen und ihre Mutter wirklich
einer Aufforderung bedurft, für Gcrhard daS Acu-
ßerstc zu wagen, so wärcn gewiß Aulietta's Wortc
ganz dazn gecignct gewcscn, eincn solchcn Entschluß
bei ihnen in'S Lebrn zn rufen, allein dics war nicht
nöthig, eS zog sic selbst dahin, von wo sie glaubten,
noch einen Strahl der Hoffnung schimmcrn zu sehcn.

Mit den hcrzlichsten Worten von dem MLdchen
Abschied nchmend, recht bald wieder bei ihr zu cr-

scheinen, um auch über ihr künftiges Schichäl einige
Wortc der Licbe und des Wohlwollcns auszutau-
schcn, waren Bcidc wirklich wieder zum Pfälzgrafen
gceilt, hatte sich Lcnchcn ihm abcrmalS zii Füßen
geworfen, ihm AlleS erzählt und ihn nochmals um
seine Hülfc und Gnade angefleht.

Langc war dcr Fürst mit fich selbst zn Rathe ge-
gangen, dann abcr hatte er dcn beiden Ticfbetrüb-
ten die Erklärung gegcben, daß cS ihm durchaus
nicht erlaubt sci, irgcnd cinen dirccten Einfluß auf
den Gang dcs ProzcffcS auszuübcn, daß er aber
jetzt, nachdem cr ihre Mitthcilungen vernommcn,
cntschloffcn sei, cinen andcren Weg einzuschlagen,
um helkercs Licht übcr dicsc Sache zu verbrciten
und dcrn Schicksälc Gerhard's cine andere Wen-
dung zu geben. Als abcr Bcide, durch diese Er-
klärung bcruhigt, untcr tausend Segenswünschen
von ihm gcschieden, da licß der gute Fürst seincn
Hofprcdigcr rufen und bcsprach sich lange im Ge-
heimcn mit ihm.

12.

Jn einem klcinen Zimmer des llnivcrfitätshospi-
tals zu Hcidelberg lag Felir Weinbrecht auf einem
niedrigen Lager, einc tiefe Wunde in dcr Brust,

der Auflösnng nahe, da der Stich nlit dem Meffcr
cdle Theile derselben verlctzt haktc, ohNe jedoch
augenblicklich dcn Tod herbeizuführen.

Sein Vatcr war von Frankfurt dahingeeilt, den
zwar leichtfinnigen, abcr dennoch nicht ganz ver-
dorbenen Sohn noch cinmal zu fthen und ihm seinc
väterliche Verzcihung in das Land dcr ewigcn
Versöhnung mit hinüberzugcben. '

Namenlos war dcr Schmerz deS würdigen alteN
Mannes, der in dcm einzigcn Sohnc nun bald
alle ftinc Wünsche und Hoffnungcn zu Grabe ge-
tragen schen sollte.

Kelir war nach seiner Entlaffung auS dem Hause
Meister WerncrS wicder nach Frankfurt zurückge-
kehrt und hattc, trotz dcr Anzeige deS Meisters
über die lirsäche dcs Austritts.aus scincm Hause,
den Vater wicdcr zu versöhnen gewußt und von
ihm daS Versprcchen erhaltcn, auch ohne wcitere
AuSbildung in der Küferei in seincm Weinge-
schäfte als Theilnehmer aufgcnommcn zu wcrden,
«enn er von jctzt an «rnskltch daran denkc, ftinen
Lcichtsinn abzulcgen und fich mit Eifer daS Ge-
schäft angelegen sein laffe.

Er that es «irklich, und s° hatte ihm der Vater
 
Annotationen