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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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Samstag, ^3. Kebruar


HrÄ-t'

18«1.

Zur Savoyen - Schweizer Frage.

Jn dcn über obige Frage nunmehr zur
Oeffentllchkcit gelangten Noten lst einer Unter-
redung zwischen Pcrsigny und Lord Ruffeü
erwähnt, bci welchcr ersterer zur Rcchtserki-
gung dcr Annerion Savopens untcr anderem
Folgendcs äußerte:«Wenn cin Tunnel zwische«
Calais und dem Dover bestche, so müffe doch
eine jebe der beiden Regierungen einen Aus-
gaug besctzt halten; wären beide in einer
Hand, so käme dic andere Regierung in Ge-
fahr; so sei es mit Pen Alpen, wo dazu noch
ein Tnnnel den untcrseeischxn im anderen
Fall ersetzle; Savopen biete einem Königrcich
Ztalien und seinen AÜiirtcn große Vortheile
bei cincm Angriff gegen Frankreich, denn von
Chamberp aus könnc eine europäische Armee
binnen 24 Stunde» zwischen Vienne unb
Lpon^die Verbindung von Paris und dem
Mitleinieer abschneiden; dieS habe der Kaiser
beim Ansbrnch des itslienischen Kxieges vor-
ansgesehen, und für den Fall eS nicht zu ei-
ner Consöberation, sondern znr Pilbung eines
großen Königreichs in Jralien käme, den
sranzösischcn Abhang dex Alpen verlangt,
waS er auch gelhan haben würde, wenn
Frankreich nicht die Kvsten bes Unabhängig-
keitskrieges getragen hätte; nun habe der
Kaiser immer eine Congöderqtivn vorgezogen,
vie Savopen bei Ztalien gelaffen hätle, unb
nur auf Andringen Cnglandö die Bildung
ei«es großen Königreichs in Ztalien geneh-
migt. — Diese Grünbe scheinen in Lonbou
nicht verfangen zu haben, be„n die heftigen
Debatten ini Parlament und dic gereizteu
Erklärungen der Minister sind alle fpäteren
Datums. Eine Frage aber dürfcn wir auf
Grund ber Persignp'schen Nvle bem Vincke-
fchen Anhang, ber Vcnetien aufgeben wtll,
wvhl stkUe». Wenn Frankreich fürchtet, daß
daS ihm heule so befreundele Jtalien einst
von ishamberp aus ben Feinden Frankreichs
den Weg nach Lpon öffnen könnte, so ist es
heutc, wo nur ein von Frankreich ausgehen-
oer provvcirter Krieg denkbar unb Zlalien
sein fester AUiirtcr, fa fogar sein Schutzbe-
sohlener ist, boch weit wahrscheinlicher, baß
vom Quadrilaber aus, wenii es in italie-
nische Hänbe geriethe, franz. Heere nach Sud-
deutschlanb hcreinbrechen, das süddcutsche
Heer von der Rheinarmee abschnciden oder
zwischen zwei Feuer bringen, Rastaik, Ulm
unb Zngvlstabt im Rücken nehmen unb znm
Fall bringen würben; bann wirb Preußen
nicht, wie Vincke glaubt, die Franzosen mit

den Waffen in dcr Hand am Rhei'n erwar-
ten könaen, dann heißt es wieder, «der Starke
weicht zurück", und Deutschland bczahlt noch
einmal bie Kvste» preußischer Eifersüchteleien
gegen Oesterreich.

Deutschland

Karlsruhe, 20. Kebr. Das heute erschienene Regte«
rungsblatt Nr. 8 enthält ferner (Schtuß):

1l. Verfügungen und Bekanntmachungen der Mtnisterien.
1) Bekanntmachung des großh. Justizmintsteriums: Dte
Ernennung von Schwurgertchts - Prafidenten für das erste
Quartal lausenden Jahres betreffend. Darnach wurden
ernannt: 1. im Unterrheinkrets: HofgerichtSrath Löwtg zu
Mannhetm, und für den Fall setner Verhtnderung Hof-
gertchtSrath Reinhard daselbst; 2. im MittelrheinkreiS;
Hofgerichtsrath l)r. Puchelt zu Bruchsal, und für den Fäll
seiner Verhinderung HofgerichtSrath Schilling daselbst;
3. tm OberrheinkretS: Hofgerichtsrath Ktrn zu Freiburg,
und für den Fall setner Verhtnderung HofgcriGsrath Wie-
landt daselbst; 4. tm SeekreiS: Hofgerichtsrath Mann zu
Konstanz, und für den Fall setner Aerhinderung HofgerichtS-
rath Bujard daselbst. 2) Bekanntmachungen dcs großh.
Ministertums des Znnern: s) Dte Stiftung Sr. Königl.
Hoheit des Großherzogs in der Münsterkirche zu Kon-
stanz betreffend (eine Monstranz, tm Werthe von 4500 fl.).
b) Dte Staatögenehmigung einer Stiftung durch den großh.
Evangelischen Oberkirchenrath betreffend. e) Die StaatS-
prüfung im Forstfache für das Jahr 1860 betreffend. Dar-

December v. I. vorgenommenen StaatSprüfung unterzogea
haben, folgende zwet: August Menger von Obrigheim und
August Vogel vsn KarlSruhe unler die Zahl der Forst-
praktikanten aufgenommen.

II!. Dteusterlediguugen. Die cväugelische Pfarrei Wald-
wimmersbach, Dekanats Neckargemünd. mit einem Com-
petenzanschlag zu 758 fi. 36 !r. Dte evangclische Stadt-
psarret Sinsheim. Diöcese SinSheim, mit etnem Compe-
ttnzanschlag von 1325 fi. 26 kr.

Bom Neckar, 22. Fcbr. Soeben
vernchmcn wir dic für ben gesammtcn Lchrer-
stanb höchst erfreuliche Nachricht, daß die Vor«
standsstelle am Schullehrcr-Seminar in Karls-
ruhe in andere Hände übergehen soü. Herr
Schulvorsteher Pflüger i» Pforzhcim soll
für diese wichtige Stelle Vvn unserer hohen
Staatsregierung auserschen sein. Bestätigt
sich diese Nachricht, so ist damit ein bcdent-
sanicr Schritt L-eitenS hoher Staatsbehörde
gefchehcn, um vem Volksschulwesen aufzuhel-
;en, und darf der Volksschullchrerstand daran
mit Recht wcitere schöne Hoffnungen knüpsen.
Weit davon entfernt, die Tüchtigkeit des seil-
herigen Borstandcs - dieser Anstalt in Abrede
stellen zu wollen, gehörcu wir sogar zu Zcnen,
die seine vonrefflichen Kcuntniffe alS Schul-
mann zu schätzcn wiffen, und mit uns die Zahl
derjenigen, die seine Schüler warcn. Allein
seine crtreme kirchliche Richtung war schon
längst ein Stein dcs Anstoßes, und daß biese
einseitige Richlung sich auf seinen Wirkungs-

kreis nachhaltig ausdchnte und diesen darnach
markirte, s» mußte die Stellung dieses Man-
nes gerechtes Bedenken verursachen. Ze mehr
diese Wirksamkeit ihre nachcheiligen Folgen in
viele» Schulen zeigte, um so lebhafter äußertc
sich der Wunsch, daß eine Aendernng in der Be-
seßung einer so wichtigcn Steü« eintreten möchte.
Dazu kommt noch ein weiterer. Herr Prof.

- Stern war Theolog, denn seicher wurden die
Vorstandsstellcn an den Schullehrerscwinaricn
nur Theologen übertragen, während gerade
solche Stellen vorzugsweise durch theoretisch
und vorzugsweisc praktisch gebildete Schul-
männer, dic eben ihre Kenntniffe vorzngsweise
in ber Schule gesammelt haben, hätten besetzt
werden sollen. Diese Art rer Besetzung hing
denn natüriich ganz mit der Leitung und Beauf-
sichtigung der Volksschulen, welche in höchst
einseiciger Weisc nur von Geistlichen geübt
wvrben ist uno in den meisten Staaten Deutsch-
lands geübt wirv, zusammen.

Herr Pflüger ist ein in jeder Beziehung
erprobtcr Schulmann, der dem S'tande der
Boiksschullehrcr angehört und durch sieißiges
Studium sich.einen herrlichen Schatz von Kcnnt-
niffen erworben hat. Mit seiner Erneünung
fällt das seitherige Spstcm an ven Schullehrer-
seminarien und vürfte auch an andern ähn-
lichen Anstalten der vortheiihafteste und zeit-
gemäßc Grundsatz, die Vorstandssicllen nur
durch praktische Schulmänncr zu bcsetzen, zur
Geltnng kommen, noch mchr aber bei der Lei-
tung und Beaufsichrigung der Volksschulen.
Wir begrüßen diese Nachricht mit greuden und
glauben, daß die längst ersehntc Zeil nahe,
wo dcm Volksschullehrcrstand seine. vorenthal-
tenen Rechte in vollcm Maße gewähkt werden.

Mannhcim, 20. Febr. Hente Vor-
mittag hat Herr Diffen« seine Würde als
Oberbürgermeister bcr Stadt Mannheim nieder-
gelegt.

Ltus dem Oberrheinkreife, 15 Febr.
(F- Z-) Trotz wiederhollen Klagen in vffcnt-
lichen Blättern kommt cS leider noch öfters
in den Gemeinden vor, daß man arme Kinder
rc., welche auf Kosten der Gcmcinde an Ein-
wohner in Kost und Wohnung u. s. w. ge-
geben werden, öffentlich an den Wenigstbieten-
dcn „verfteigert". Jn der Gemeinde Malter-
dingen wuroen kürzlich, nach vorhcrgegangener
Bekanntmachung ourch oie Scheüe, einige
Kinocr versteigeri, wobei, wic ein Augenzeuge
erzahltc, folgenbe herzbrechenve Szene vorkam.
Lie Frau, welche ein anwesendes Mädchen
von etwa 7 Zahren bisher in Verpstegung
hatte, forderte für t Zahr, nachdem sie von

Das große Faß zu Heidetberg.

Historische ötovelle von Wily. Zungmann.

(Soetftbung.)

„Ohnc alle Mittcl, man hattc mir bei meiner Ge-
fangennehmung Alles gcraubt, schiug ich den nächsten
Weg zur Mecrcsküste ein, um Lort vielleicht auf
einem Schiffe nach Marftille zu gclangcn, wo ich
dei Verwandtcn auf llnterstützung znr «citcren Flucht
rechncn konnte. Zch war so giücklich aus einem sol-
chen aufgenommcn zu werden, «elches Lahin abging.
Wir fuhren ab, doch kaum hatten wir die hohe Sec
eereicht, da «urde unftr Schiff von Corsarcn an-
gegriffcn, genommen und sämmtliche Mannschaft
und Paffagicre in dic Gefangenschaft nach Algier
geschleppt und dvrt als Sclavcn verkauft.

Zch war so glücklich von cincm Kaufmann, der
hauptsächlich mit Krankreich «nd den detden Re-
publikcn Genua und Vencdtg bcdeutenden Handel
trieb, angekauft zu werdcn.

Was dem Wann so sehr an mir gefallen? Zch
wciß es nicht. Er behandelie mich nicht als ge-
wöhnlichen Sciaven, sondern er nahm mich in ftin
deschäft anf und gebrauchte mich da als Dolmetscher

und Correspondcnten in verschiedcnen Sprachen, und
cr hatic es nichi zn bcrcuen, denn ich hatte eiwas
gelerni und wußte mich in jede Lage des Lcbens
zu schicken.

Mehrere Handelsgeschäfte, zu denen ich ihm ge-
rathen, schlugcn zu ftinem größten Glücke aus, cr
gcwann ungeheucre Summen und sein Verträucn
zu mir «nchs mit jedem Tage, und ich HLtte mich
da in ftincm Hauft glücklich fühlen können gegen
dic unmenschkichc Bchandlung der meislcn meiner
Mitgesangcnen, HLtte mich nicht die grausameHLren-
nung von Gattin und Kindern, von denen ich dort
auch nicht eine Sübc erfuhr, fast bis zur Lerzweif-
lung gebracht.

Da nun erfuhr ich daS fchaudcrhafte Erergmß,
wclchcs mcin Vaterland mft cwigcr Schande be-
bccken «ird, in «elchem in der Nacht vom 24. auf
den 2ö. Aitgust 1572 nicht »ur mciu hochvcrchrtcr
Oheim, der Admiral Coligny, sondern noch gegen
80,000 Christen von ihren chrtstlichen Mitbrüdcr»
auf das grausamste umgebracht «urden.

Laffen mich Euer Dnrchlaucht rasch über dieft
Gräuel christlicher llnduldsLmkeit hinwegeilen, um
wiedcr auf mich ftlbst zurückzukommen.

Vicle Zahre mußte ich noch in der Gefangenschaft
vcrharren; als aber mern Herr Lurch ftine Specu-
lationen zu unermeßlrchem Rctchthum gelangt, sich
von ftinem Geschäfte gänzlich zurück, da glaubte er
wohl, sich auch dankdar gcgcn mich bewcift« zn
müffen. Er schenkte mir die Kreiheil und machte
mir einen Platz auf eincm Schiffe aus, «elches
mich nach Europa bringen sollte. , Wie erstaunte
ich aber, als man mir auf dcmstlben mein Gepäck
anwics und ich in demftlbeu einc Summe vorfand,
die hinrcichend ist, meinc noch übrigc Lcbensdauer
als unabhängigcr Mann zubringeN zu könneu.

Zch ciltc, bcn vaterländischen Boden wiedcr be-
trcten zu könuen, wo sich während dieftr langen
Zeit gar Manches andcrS gesraltet hatte; doch erst
mußte ich hierher nach Heidelberg, um eine Spur
von meiner Gattin, von mciucn Kinder» »ufzu-
finden. Zch finde keine, allem Bermnthcn nach
smd dicftlbcn wohl nie hicrher getvmmcn.

Jch habe Frankrsich durchreist, wo ich unter den
jetzigcn Vcrhäliniffcn Hoffnung habe, wieder i»
meine Rechtc cingefttzi zu wcrden; doch anch dvrt
fand ich fic nicht. Jch kehrte abermalstiach Heidel-
bcrg zurück und hahe hier nun cndlich durch etnen
 
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