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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0331

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M 83.


Mtttwoch, i«. April

JnsertionSgebähren für die Zspaltiae Petit-
zeile werdea mit 2 kr., bezw. 3 kr. berechnet.

L8«L.

Bestellungen anf dte Heidel-
bergerZeitung fnv die Monate Aprtl,
Mai und Juni werden fortwährend
bei den auswärtigen Postcimtern an-
genommen, für Heidelberg bei der
Expedition (Hengaffe Nr. 2).
---

Deutschland.

Karlsruhe, 5. April. Seine KSnigttche
Hoheit der Großherzog haben in di'esen Ta-
gen ailf^eine an AÜerhöchstdi'eselben gerlchtete
unterlhänigste Bittc sich gnädi'gst bewoge» ge-
funden, das hohe Protectorat über den hie-
fige» israelitischen Chorvcrein, der hauptsäch-
lich zum Zwecke dcr Hebung des israelitischen
Cultus dahier gegründet wurde, huldvollst an-
zunehmen. (B. Lz.)

Karlsruhe, 7. April. Die Berathungen
der für die Begutachtung des Gewcrbegesctz-
entwurfs niedergesetzten Cümmission wcrde»
im Saale der ersten Ständekammer im Bei-
sein bes Präsidentcn und der Räthe des Han-
dclsministeriums gepsiogen. Die Verhandlun-
gen sind zwar nicht öfsentlich, doch wird aus
den Abstimmungen kein Hehl gemacht. Ob-
gleich man mit dem Princip der Gewerbefrei-
heit im AÜgemeinen einverstanden ist, giebt
es doch eine Minverheit, bcsondcrs von Fach-
männern aus dem Oberland, welcher der Ent-
wurf in einzelnen Puneten zu weit geht. Da-
gegen halten cinige Fachmäuner aus bem Un-
terland den entgegengesetzten Standpunct ein
und verlangten sogar das Alter von 21 Zah-
ren zum selbstständigen Gewcrbebetricb, womit
sie aber durchgefaüen sind. Auch das fast un-
bedingte Princip der Freizügigkeit hat viele
Gegner gefunden, welche darin einc Zcrstörung
des Gcmeindelebens crblicken. (S. M.)

Karlsruhe, 8. April. 'Heute sind in
München Commiffäre dcr bei der beantragten
Abschafsung der Mäinzölle betheiligteu sechs
Staaten zusammengetrcten. Baden ist durch
Herrn Finanzrath Schwitt vcrtrcten. (K.Z.)

Berlin, 4- April. Am Schluffe der heu-
tigen Sitzung dcs Hauses brachte der Justiz-
minister dcn Entwurf eines allgemeinen deut-
schen 'Handelsgesetzbuches ein. Der Entwurf
ist das Resultat dcr in Haniburg und Nürn-
berg qepflogenen Conferenzen. Den Entwurf
des Einführungsgesetzes stellt der Minister
ebcnfalls in nahe Auösicht. Preußen, bemerkt
der Minister, werde so der erste deutsche Staat
sein, welcher dicseS wichtigc nationale Werk
in Ausführuug bringe.

Berlür, 6. April. Unter Anderem führte

hcute die TageSordnung der Abgeordneten zur
Berathung über daS Gesetz, betreffrnd die Eide
der Zuden. Es handelt sich bekanntlich um
cinfache Normirung der Form: „Zch schwöre
bei Gott, dem Allmächtigen rc., so wahr mir
Gott helfe", untcr Abschaffung der — wie die
Commission motiv'irt — „ein Mißtrauen be-
kundenden und abgeschmackten bisherigen For-
men" der Verwarnung. Gegen die Vorlage
sprcchen die Herren Reichensperger (Geldern)
und Wagener (Regenwalde), dafür die Her-
ren Dr. Veit und Dr. Gneist »16 Berichter-
statter, sowie der Justizminister, sämmtlich
unter Hinweis auf das durch 400 Petitionen
motivirte Bedürfuiß. Ngch sehr ein'geheuder
Drbatte wird die Regierungsvorlage mit über-
wiegcnder Majorität angenommen. — Zu
Preußen sind yielc angesehene dcutsche und
russische Familien aus Warschau eingetroffen,
um stch den Wirkungen der polnischen Bewe-
gung zu entziehen.

Berlin, 6. April. Zn der heuiigen Sitzung
des Abgeordnetenhauses ergriff, vor Eintritt
der Tagesordnung, dcr Minister des Auswär-
tigen, Herr v. Schleinitz, das Wort, um fol-
gcnde Erklärung zu geben: „Zn den letzten
Tagen ist ein Vorfall zur Kenntniß der Re-
gierung gekommen, dcr in weiten Kreisen Auf-
schen erregte, und zwar mit Recht, da der-
selbe geeignet ist, ein zweideutiges Licht auf
die prcußischc Diplomatie zu werfen. Nach
öffkutlichen Blättern und sonstigcn Mitthei-
lungen solle» in Palermo Briefc iu die Hände
der- Behörde gefallen sein, welche durch einen
der preußischen Gesandtschaft attachirten Of-
ficier überbracht wordcn sind. Zn denselben
soü dicser Officier als Vertraucnspcrson für
Abstchlen und gewiffc auf dic politische Lage
der Ziisel SiMen bezügliche Bestrebungen be-
zeichnet sein. Es ist wohl nicht nöthig, hcrvorzn-
heben, daß die preuß. Regierung solchen Bestre-
bllngcu fern steht, und daß dieselben nicht' nur
nicht von der Regierung autvrisirt, sondern auch
im entschiedenen Widerspruch mit den laut be-
kundeten Znteutionen der preußischen Regierung
stehen; wenn deffen ungcachtet solche Mitwir-
kung wirklich Statt gcfunden, ja, wenn sie
auch nur versucht und bcabsichtigt worden sein
sollte, was bisher nicht erwicsen ist, so würde
dies von der preußischen Regierung aufs aller-
nachdrücklichste und unzweidcutigstc desavouirt
und mißbilligt werden müssen. Denn keine
Regierung kann einer in dienstlichen Beziehun-
gcn steheuden Person gcstatten, Politik auf
eigene Hand zu treiben oder stch gar zum Or-
gan und Träger ftemder polüischer Jntereffen

und Zwcckc zu machcn. Dic Staatsregierung
hat auch ihrcrseits dic crste Kunde von dem
Vorfalle durch die Zeitungen erhalten ; fle hat
sofort das Erforderliche angeordnet, um in
kürzester Frist cine vollständige und aurhen-
tischc Aufklärung über den gänzen Sachver-
halt sich zu verschaffen, und sie wird, je nach
Maßgabc des Ergebniffes dcr Ermittlungcn,
eingedenk dcffen, was ihre Pflicht und ihres
Amtes ist, die geel'gneie Remedur nach allen
Seiten cintreten zu laffen wiffen. Um in-
dcffen von vorn herein jeder Mißdeutung vor-
zubeugen, und um von vorn herein keincn
Zwcifel über die Stellung, wclchc die Staats-
regierung zu dieser unerfreulichen Angelegen-
heit einniwmt, bestehen zu laffen, ist es mir
zweckmäßig erschienen, vor dem Lande und
dessen Vertretern gleich jeßt die gegenwärtige
offene Erklärung abzugeben." Die Rede wurde
durch vielfache Bravo's der Rechten unter-
brochen.

Das Breslauer Stadtgen'cht macht be-
kannt, daß der gcgen den Grafen Oscar v.
Reichenbach, frühcr in Dometzko, Oppelner
Krcises, erlassene Steckbrief vom 19. August
1860 in Folge der Amnestie erledigt ist.

Bremea, 4. April. Eine heute erschienene
obrigkeitliche Verordnung veröffentlicht die
Aufhebung der Zünfte.

Wien, 6. April. Von den Laudtagsab-
geordneten nahmen ihre Plätze aus der Lin-
ken ein: Berger, Brestel, Kuranda, Zang,
Dobihoff, Oppolzer, Schuselka, Svmmaruga,
Czedik, Mühlfeld; auf der Rechteu: Rauscher
Breuncr, Walterskirchen, Fünfkirchen, v. Fi-
scher. Die übrigen Abgeordneten sitzen im
Centrum.

Wien, 8. April. (T. d. Sch. M.) Die
„Ostdeutsche Post« enthält ein Telegramm aus
Prag, den 7. Abcnds, des Znhalts: So He»
sindct einc Clubbsitzung deukscher Landtags-
mitglieder statt. Auersperg, Schwarzenberg,
Salm und Andere als Repräsentanten der
Großgrundbesttzer erklären ihrcn Beitritt auf
Grund des Programms, welches den Gcsammt-
staat und das Festhalten an der Verfaffung
an der Spitze trägt. Es findet eine lebhafte
Discussion statt, wclche nicht geschloffcn wird,
weil eine Deputation der Czechen eine Bei-
trittserklärung zum Gesammlstaatsprogramm
überbringt; dieselbe wirv enthnsiastisch cm-
pfangen. Es wird beschloffen, eine Gegen-
deputation abznschicken, mit vcr Versicherung,
daß die Deutschen bereit seien, sich mit den
Czechen zu vereinbaren, und mit dem Ersnchen

Ein Abenteuer unter Oettlrrn.

Mitgecheilt von Ed. Aranke.

(Fortsetzung).

„Man kann nicht vorsichtig genug sein", sagte
er. „Gs gibt jetzt so vicl schlechtes Gcsindel, wcl-
ches falschcs Geld macht, unsereins um den sauer-
crworbrnen Lohn bringt Und in VerlcgeNheiten ver-
wickelr, die sehr unangenehm ausfallen können.
Richt Arder ift-von unserer Ebrlichkeit s» übrrzeugt,
wic Sie von der meinigen. — Run schlicßen Sie
ew." 57- Er reichtc mir das Geld. — Jch that es.

Er ftreckte fich ganz gemächlich aus, lcgte dcn
Körper an die Rücklehne und sagte:

^lLLnschen Sie »iellcicht zuvor meinc Biographre?
Für sünfzig Gulden gcbe ich sie Jhnen, nebst dem
Vcrlagsrechte --- Sic können mehr dabei ver-
dienen, als bei der des Mädchens. — Jch gönnc
meinem Nebenmenschen. gern eiiicn Vortheil. —
Kreilich denken die Leute gegen mich nicht so —
darum suchc tch mir denselben. — Die Gefühle
müffen verschiedcn ftin. — Einer gibt — der An-
dere nimmt. — Jch habe immer mchr Talent für'S
Rehmen gehabt. - Wenn Zhnen also meine Le-
hensgeschichte —"

„Jch behalte fie mir für gelegcnere Zeit vori" -u-

„Gclegener? — Gelegen ist allcs, wenn man die
Gelegcnheit benützt, namlich, «ie wir das Wort
definiren — gelegen - heut — das heißt, den Au-
genblick wahrnehmen und nchmen. -- Es gcschähc
«eit mehr in der Welt, wenn die Menschen nicht
immer anseine Gelegenhert «artcten; darüber geht
die befte Zett und nicht selten die Gelegenheit sclbst
vcrloren."

„Kvmmt endlich zur Hauptsachc!" rief ich ctwas
ungeduldig.

„Jch bin schon da." — Er lcgte sich noch gemäch-
ltcher zurück, strcckte den Fuß auf das Sopha hin-
über, wo ich saß — und begann.

13.

„Wenn Abknnst Ehre gcben vder nehmen kann,
s« dürste das MLdchen, über die Zhr Ausknnft be-
gehrt, freilich von der Wclt als ehrlos betrachtet
wcrdcn; wenn aber Seelenreinheit, Edelmuth, Tu-
gend, hohc gcistige Biloung und reger Slnn für
aües Schönc dcm Meuschen den «ahren Adel vcr-
leihen — daun darf fle mit Maria Stuart sagen:
„Regierte Recht in dieser Welt, so «Lr' ich Kö-
nigm." - Sie ift es zwar auch, allein in eincm,

von allen Rcgternngen verpönten Kreisiaatr, wel-
chen die Dunkclheit beschirmt und tn dem doch «ehr
Aufllärung wohnt, als in allcn übrigen Staaten
Europa's. — DaS Mädchen heißt Rosalte — «ir
nennen sie kurzweg Sali.

Jhr Vater war ein Scharftichterknecht, tst bereits
todt und stand im Dtenstc deS verftorbcnen Scharf-
richters, eines hochgcbildeten ManneS, dcm es, wie
Manchem von uns—nicht an derWicge gesungen
«urdr, auf diesem Wegc einst mit scinem Pfunde
wuchrrn zu müffen. — Die Gesetzc der Welt haben
aber einmal so »iel Schroffes, daß si« die tauglich-
stcn Snbjeote nur zu ost zwingen, fich in Nacht
und Dunkel zu vcrgrabcn. — Dcr Scharfrichter «ar
kinderlos, fand Gefallen an dem hübschen Mädchen,
nahm sie zu sich und ließ fie unter fremdem Nä-
men tn einer ferncn Anstalt erziehen. So gelangte
Sali zu einer Btldung, wekche selten, in diesem
Stande abcr nie angetroffen wird. Jhr Vater trieb
neben seinem Gewerbe Diebshehlerci, daS heißt er
empfing durch Personcn, welche fich vas fteiwillige
Rchmen zum Geschäst gemacht, alle Dtnge, die erst
zu G-ld gemacht werden mußten und wußte, da
ihn sein Dtenst oft über Land führtc, diesc dort
 
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