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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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M; 32.


Donnerstag, 7. Februar


18KL.

' Für dik Monate Februar »nd März
wird aumit ein neiies Abonnemcnt auf die
Heidrlberger Vritung erössnet. Preis fur beide
Monate 3ti kr.

Deutschland

Karlsruhe, 4. Febr. Der großh. evang.
Oberktrchenra^h dahier ist jetzt vollstän-
dig organtsirt. Prästdent deffelden ist Herr
Geheime Rath Nüßlin, Prälat und erstes
geistliches Mitglied der dermalige Hr. Pfarrer
Holßmann in Heidclberg. Die weiteren
geistlichen Mitglieder stnd Hr. Oberkirchenrath
Miihlhäußer (bisher Affeffor) unv Herr
Affeffor D 0 l I. Die weltlichen Mitglieder
flnd: Hr. Oberkirchenrath Spohn, zugleich
»orsitzender Rath, Oberkirchenrath Behaghel
und Affeffor Helm. (Prälat Ullmann und
Oberkirchenralh Bähr stnd in den Ruheftand
getreten.)

Heidelberg, 7. Febr. Heute Morgen
fanden Schiffer in dem Neckar einen männ-
lichen Leichnam, welcher sosorl an das Land
gedracht wurve unb weiterer Obduction un-
terzogen wird. Dein äußeren Aussehen nach
war der Ertrunkene cin Maurer,

Ettlingen, 1. Fcbr. Herr Pfarrver-
weser Burgcr sucht bie Sache wegcn AuS-
laffung des Gebetes sür den Grvßherzog unb
die großh. Familie abzuläugnen, allein es
verhall stch so, wie ich Ihnen derichtet. Es
sinb mehrere Personen gleich von Ansang an
aus diese Mißachlung aller Unterthaiienpflicht
auimerksam gemachl worben; der'BeweiS ist
daher leicht zu sühren. Herr Pfarrverwrser
Burger hal für seine „dem Iesuilismus ge-
leifleten Dienste" von Rom ein Brcve cr-
halten, nach welchem Ieder, der bessen Fasten-
predigten anhört, 20 Iahke Äblaß erhält.

(B. L. Z.)

Mainz. Am 2. langte vas erste Damps-
schiff rheinabwärts die „Louisc" von Mann-
heim hier an, stromauswärlS traf schon am
1. ein hoUandischer Dampser bahier ein.

Nassau. Gin bebauernSweriher Unsaü hat
sich bayier zugetragen. Es ift nämlich ber
mittlerc Pfeiler der Eisenbahnbrücke dahier
eingestürzt. Sachkenner haben dcn Schabcn
a» 24—26,000 fi. tarirt.

Rüdesheim, 3. gcbr. Bei einer hier
statigehadtcn Bersammlung von elwa 150
naffaulschen Mitgliebcrn unb Freunben des
„'Nationalvereins" wurbe folgenbe Erklärung
beschlvsscn; „Die Versammlung hält es für

ckne Pflicht der Landesvertretung, dahin zu
wirken: 1) daß die Vvn dem Bnndestag mit
Uebcrschreitiing seiner Competenz unter dem
23. März 1851 und 6. nnd 13. Iuli 1854
erlaffcnen Beschlüffe wegcn Aufhebung der
Gruiidrechte, gcgen die Preffe und gegen das
Bereinsrecht, sowie dic daraufhin erlaffenen
Berordnungcn für das Herzogthum Naffau
außer Wirksamkeit gesetzt werden; 2) daß dcr
Unflcherheit unseres öffenilichen Rechts ein
Ziel gesetzt wcrbe burch Herstellung eines ge-
ordneten verfaffüngsmäßigen Zustandes."

Nürnberg, 3l. Ja». Das deutsche
Sängerfest, wclches am 20. Juli beginnt
und 3 Tage dauert, wird auf der östlichen
Seite VeS Marfcldes abgehalten, woselbst eine
große gedeckte Festhallc errichtet werden wird.
Bereits an 16 der hervorragendsten deutschen
Compomsten (Lachner, Abt, Tirsch, Storch,
Kücken, den Herzog von Koburg, Becker,
Meyerbcer, Otto rc.) flnd Einladungcn zu
Eomposttkonen (unv wo möglich zur persön-
lichen Dirigirung dersclben) crgangcif.

München, 1. Febr. - Von morgen an
werden, auf Veranstaltung einer Anzahl von
Frauen aus dem Bürgerstand, in der Herzog-
spitalkirche dahier öffentliche Gebete um den
Schntz bcs Himmels für die jeßt von so
schweren Gefahren zu Gaeta dedrohie helben-
mütyigc Königin beider Sicilien abgehalten.
Die Abreffc ber Frauen Wünchens, zu wel-
cher nun anch noch eine aus Zndersdvrf ge-
koaimen, wird mit zahlreichen Unterlchriften
bedeckr, bemnächst an bie hvhe Frau nach
Gaeta abaeöen.

München, 2. Fcbr. Heute ist die amt-
liche Bckanntmachung erschienen, daß vom
1. Mai au ber Bicrpreis auf 9 kr. per Maß
stch crhöhen werde. Die gewaltigen Rüstun-
gcn, welche jüngsthin bei Eintritt des Prei-
ses von 7 kr. zur Ausrechthaltung der Ruhe
und Sicherheit getroffen worden waren, wer-
dcn sich also vermuthlich wiederholen.

Aus Sachsen, 30. Zan. Die gcgen-
wärkigen Wirren in den Vercinigten Staaten
von Nordamerika haben bereits eine fühlbare
Einwirkung aus einen Theil der sächsischen
Jndustrie geäußert, namentlich auf die Pro-
duklion von wollenen, halbwollenen und lei-
neue» Waarcn.

Berlin, 1- Febr. Der D. A. Z. wird
von hier gcschrieben: „Die Bundeserekutivn
wird, wenn ste überhaupt nöchig wirb, vor
vcm Sommer wohl nicht statihaben, da die
nach Holsteiu zu entsendenden Bundescommis«
säre noch eine friedliche Erledigung der Sache

vcrsuchen werden, vhne von der Mitwirkung
der Bundcstruppeii Gebrauch zu machcn."

Berlin, 4. Febr. Einer Deputation
des Magistrats und der Stadtver-
ordneten zu Brandcnburg erwiederte
der Köiii'g u. A., daß cr sich von der pakrio-
tischen Gefinnung derselbcn überzeugt halte,
unb daß zwar kein Feind von Außen zu dro-
hen scheine, daß es aber auch darauf ankomme,
nach Jnnen sest zusammenzuhalten, da sich
nicht verkennen laffe, baß Bestrebungen laut
würden, die wiedcr zu den früheren unseli'gen
Wirren führen könnten. Sein Programm beim
Ankriit ber Regierung habe die inne zu hal-
tcnden Gränzen fest vorgezeichnet, «nb daß
er sein Versprcchen erfüllen werde, vafiir bürge
sein königl. Wort; darüber hinaus aber und
gegcn seine Ueberzeugung laffe cr sich nichr
bringen.

Berlin, 4. Jan. Zm A b g e o r d n e t e u-
hausc beginnt heute bie Adrcßdebatte. Zm
Laufe der Geschäftsmittheilung wird erwähnt,
daß der Abgeorbnete Waldeck wcgen Krankheit
einige Tage fehlen wirv. Die Tribünen sind
überfüllt, in der Hofloge erscheint vvr Beginn
dcr Prinz griedrich Carl zum ersten Male im
Hause. Zn der Diplomatcnlogc ist n. A.: ber
sardinischc Gesandke mit bem General de La-
marmora zugegen. Für ben Entwurf ist ein
Redner (v. Rosenberg-Lipl'nski), gegen deir-
selben sind acht Redner eingeschrieben. Herr
v. Auerswald erklärt im Namen des Stäats-
uiiuisteriuins, daß deffen Mitglieder sich der
Abstimmung enthalten wcrden. Die Neihe der
Gegner ber Adreffe eröffnete Graf Canitz (ehe-
mals äußerste Rechtc). Der Redner unb seine
politischen Frcunbe könncn sich überhaupt nicht
für einen Adreß-Erlaß erklären, am wcnigsten
abcr für eine bloße Paraphrase der Thron-
rede. Da die Partei des Redners die Aus-
sichtslosigkeit erkannt habe, einc Abressc in
ihrem Sinne einzubringen, so habc sic wenig-
stens eine Reihe von Amcndements gesteük,
welche ihre Ansichten bekunben. Sie (biese
Partei) müssc vor Allem raran erinnern, daß
cin starker Bruchtheil des Landcs das Mini-
sterium nicht mir Freuden begrüßt habe (Mur-
ren rechts), der Redner unb seine Partei ge-
hören zu biesem Bruchiheil, wie vermöchte letztere
also ber Adreffe zuzustimmen? Die Majoritä-
tenherrschaft habe nie lange gcbaucrt und unter
ihren Trümmer» oft die Monarchie bcgraben.
Der Redner erhebl gcgen jeden Theil dcr
Abreffe seine Bedenken unb erklärt seine Zu-
stimmung nur zu den Gelübbcn der Trcne
und Hingcbung, zu den Heeresfragen und zu

Das große Paß gu Hcidelbcrg.

Historiiche Nvvelle oou Wiih. Zungmann.

(Fortsetzung.)

^ / 7.

Ein Zahr war bereits vcrfloffcn, seit Gerhard
mit seincn Gehülscn an bem großcn Faffe arbei-
tete und gewattig weit war der Bau besselben fchon
vorgerückt. Auf's mcistcrhaftcfte zugehäuen warcn
schon eine Menge von den 27 Füß tangen Dauben,
oon denen 112 gefertigt wcrden mußten, und mit
aller Sorgfalt arbeiteten sie an den einzetncn Thci-
len der coloffalen Fußböden, dic mitfünf sitzenden
und das pfälzische Wappen haltenden Löwen ver-
ziert werden sollten. Fast täglich bei der Arbeit
von bcm Pfalzgrafen besucht, hatte dcrsclbe Ger-
hard immer mchr achtcn und schätzen gelernt und
ihn mit seinem vollsten Vertraucn deehrt. Ocfters
kam der Meister von Landau herüber, um die Ar-
beit nachzuschen und drücktc stetS seinc vollste Zu-
fricdcnhcit über dieselbe aus; Gerhard aber war
nur ein einzigesmal «ährend dieser Zeit nach Landau
gegangen, um sich über Einiges mit dem Mcifter
zu berathcn und hatte mit Lenchen gar wenig ver-

kehrt. Diese aber war still und traurig gcworden,
ein gehcimcr Kummer nagtc an ihrem Hcrzen, denn
nun erst wußte sie was «ahrc Liebe heißt, scitdcm
sie derjcntge, für dcn thr Herz so heiß erglühte,
absichtlich zu meiden schien.

Auch dcr Herbst war wiedcr herangekommen und
mit ihm dic Reife der goldcnen Traubcn, aber auch
zugleich die Zeit, wo in Heidelberg dte sogenanntc
Herbstmeffc ihren Anfang nahm, die stetS in dic
ohnehin schon bclcbtc Rcsidcnz- und UniversitätS-
stadt ein gewaltiges Drängen und Trciben brachte,
denn nicht nur Handelsleute von allcn Orte» und
Enden kamcn herbei, ihrc Waaren feil zu bicten,
sondcrn cine Maffe vvn sogcnannten Künstlern,
Taschcnspielern, Seiltänzern,, Bänkclsängern, Leier-
männcrn, Thicrbändigern, Schecrenschleifcrn, Sa-
voyardcnknaben mit Murmelth'ieren, Wahrsagern
und Zigcunern, zu dcnen sich äuch eine Mengc von
Abcnteurern gesellten, die das Gedränge benützten
und aüf ihre Wcise auSzubeuten suchtcn.

Schon mehrere Tage vorhcr waren aufdcm Markt-
platzc die Buden aufgcschlagen, strömten dic an der
Meffe Theilnchmendcn von allen Seiten herbei, um
ein Unterkommen zu findcn oder ihrc Verkaufs-

budcn etnzurichten; viele warteten in den umliegen-
den Ortschaftcn den Beginn der Mcffe ab, um die
theuere Herberge in Heidelbirg zu sparcn, ja viele
brachten sogar die Nacht vorher im Freien zu, da
sic viclleicht nicht einmal so viel hatten, die Her-
berge auf den.Dörfern zu bczahlen.

So mochte cs wohl mit einer Gruppe setn, die
sich »bseits vom Wege, nach Neckargcmünd zu, im
Waldc gelagert hattc und einen der originellsten
Anblickc darbot, der den Bcschauer mit Abscheu,
abcr auch zugleich mit tiefer Wchmuth erfüllen
mußtc.

Um ein hellaufloderndes Feuer gelagert, erblickte
man eincn wildaussehenden Kerl von ungefähr
fünfzig Jahren, mit schon ergrauten, struppigen
Haaren und Bartc, eingefallencn, verwittctten Zü-
gen und kupferrothcr Nase, abgeschoffener, zerris-
scner Kleidung und zusammengedrücktein, durchlö-
chertem Hute mit breitem Rande. Jhm gegenüber
kauerte ein noch vtcl ältercs Wcib mit widrrlichem,
zufammcngeschrumpstem, schwarzgelbem Gcsichte,
weißen Haarcn, die sich überall auS dcm rothen
Tuche, das sie um den Kopf gewickelt harte, her-
vorstahlen und i» fast noch elenderem Anzuge, als
 
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